Stimme. Tie schrie: „Licht her, Jakob ist todtgcschossen!"
»Hört Jhr'S," sagte Lehnert» „Euer Util lebt, aber des Caspar- Sohn habt Ihr gemordet. Das ist des alten Hasses Frucht, und der Zorn thut nicht, was vor Gott recht ist! Nu» macht Euch fort, so schnell Ihr könnt!"
„Die Franzosen, die Franzosen!" hörte man in andern Gas« sen des Dorfes rufen, und angstvoll stürzten die Leute aus ihren Häusern, nicht erwägend, daß, wären es die Franzosen gewesen, sie ihnen gerade entgegen gelaufen wären.
Mit mehreren Laternen waren indeß Leute ans der Nachbarschaft herbeigeeilt. Man erkannte un» deutlich, daß Jakob, der Sohn des Schultheißen Caspar, am Lode» lag. Das Blut rann stromweise, und der Unglückliche stöbnte heftig. Util kniete neben ihm. Als sie aber das Blut sab, sank sie ohnmächtig in LehnertS Arme, der sic in sein Haus trug unter dem Beistände Stumpfs.
Jetzt zertheilte Caspar den Haufen. „Ach, mein Kind, mein Kind!" schrie er außer sich. „Der Steiger bat ihn lodl- geschoffen! Ihr Gerichtsmänucr. faßt ihn, daß er uns nicht entwischt!"
Mehrere Männer eilten nach des Steigers Hause; ei» Eilbote jagte nach Simmern, um den alten ChirurguS Heidelberger zu holen, und andere Männer trugen den Bcrwnndcten »ach seiner Wohnung.
2 .
Tiefer Haß und heiße Liebe find nicht von gestern. Was so recht in'S Herz hineingcwachsen ist, das willZeir dazu gehabt haben. So war'S mit dem Hasse Caspars und des Steigers und — daß ich'S gerade heraussage— mit der Liebe der schönen Util und deS Jakob, ihrer Kinder.
Daö Dorf, in dem diese Geschickte sick zutrug, lag an ei- »em Bergabhange, den der Hochwald bedeckte. Die Flur dehnte sich rechts und links »eben dem Dorfe aus, und vor demselben zog sich ein Wieseuthälchen hinab, dessen Seiten wieder mit Wald bedeckt waren. Dort hinab führte ein näherer Fußpfad »ach Sim- mern, und ein Bächlein hüpfte von Erlen und Zweige» begrenzt, in die tiefere Senkung des Wiesenthals hinab. Das Dorf war lang. Wiesengärten mit Hainbucheugehäge umschlossen lagen meist zwischen den Häusern. Etwa zweihundert Schritte vv» den beiden letzten, durch das Bächlein getrennten Häusern war an der linken Seite des Berghangs die große Halde und der Stolle» gelegen, von dessen gespenstigem Wesen seit acht Tagen und länger das ganze Dorf sprach.
Mit diesem Stollen war eS so: Bon dem Dorfe eine halbe bis dreiviertel Stunden entfernt lag ein anderes, wo seil langen Jahren ein Stlberbergwerk betriebe» wurde, ohne daß jedoch der Ertrag eben bedeutend gewesen wäre. Ein Oberdergbeamter hatte nach genauer Besichtigung der Erzgänge nach Mannheim an die Hofkammer berichtet, er vermuthe, daß die besten Erze gewonnen würden, wenn man auf der ander» Seite des Berges einen Stollen eintreibe. DaS war vor etwa vierzig bis fünfzig Jahren geschehen.
Da kam denn von Mannheim der Befehl, man solle den Stollen anbauen. Leopold war damals ein junger Mann. Er stammt aus dem Obenwalde und dient auf dem Silberwerke als Steiger. Ihm wurde der Auftrag zu Theil, jenen Stollen anzulegen. Er kam in's Dorf, brachte Knappen mit und begann sein Werk. Man versprach sich außerordentlichen Bortheil; aber nach jahrelanger Arbeit, nach schweren Kosten gewann man die Ueherzeugung, daß Alles vergeblich sei. Die Arbeit wurde eingestellt und Niemand dachte mehr an den Stollen. Im Laufe der Zeit wuchs an der Halde Gesträuch auf, welches bald den Eingang des Stollens verdeckte. Wo überall das Bolk an solche verlassene Bergwerke wunderbare Mährchen anknüpft, so geschah «S denn auch hier. Der und Jener hatte cS darin rumoren gehört, Andere sahen Flammen drin — kurz, es kam soweit, daß sich am Hellen Tage Niemand in die Nähe wagte. Und die Geschichte der alten Bille war vollends das Mittel, ihn zu einem Orte des Schreckens zu machen. Der Stolle war zwar außer Thätigkeit gekommen, und der Steiger hätte können an das Silberwerk zurückkehren; der blieb aber da, legte Fäustel und Eisen bei Seite und wurde ein — Bauer.
Das war aber kein Werk der böse» Geister, sondern ein Paar blauer Augen, so blau wie der Himmel im Mai, hatlcn's
bewirkt. Was können nickt schöne blaue Augen, zumal wenn sie ans einem so schönen Kesichlchen heraus blitzen? (Forts, f.)
Allerlei.
— Es ist ausfallend, daß eS so viele leere Schwalben- uuv Storch nester in diesem Sommer gibt. Man sieht aber auch sehr wenig Schwalben nnd die Gegenden, die sonst reich an Störchen waren, müßt» diese Bögel Heuer größtentheils entbehren.
— Nürnberg. (Indent hum.)' Im Mai 1850 wnrde der erste Jsraelite in Nürnberg in den Gemeiudeverband anfgcnom- men, nachdem „die kaiserlichen Kamincrknechtc" gegen Ende des 14. Jahrhunderts ganz a»S der Reichsstadt vertrieben worden waren. Sie fiedelten sich zwar im benachbarten Fürth an, fanden aber dort nickt den gehörige» Spielraum, weßhalb sic immer wieder, trotz aller Plackereien, mit Nürnberg in geschäftlichen Berkehr traten. Nack einem RathSeilaß von 1773 erhielt ei» Jude Einlaß in die Stadt Nürnberg nur an zwei Thoren, nnd mußte für einen Tag Aufenthalt 45 kr. an de» Stadtpfänder und 15 kr. für ein ihn auf alle» Gängen begleitendes altes Weib bezahlen. Kein Jude durfte in Nürnberg übernachten, i» keinem Hause eines Christen ein Gewölbe zu Geschäfte» benützen, auf dem Markte sich nicht sehen lasse», und ebenso gchässia waren die Bestimmungen über den Landesprobuktcuhandcl rc. Im Oktober 1800 wurde der Judenzoll zwar aufgehoben, aber dagegen der Thorzoll auf 7 kr., der Legitimalionsschci» auf 30 kr., die Erlaubniß zum Uebernackten auf 1 fl. Gebühr festgesetzt. Gegenwärtig wohne» in Nürnberg 153 jüdische Familien, die eine Schule und ein GebethauS einrichteten. (Fr. I.)
— iEin Danke e-Witz.) Ei» Newyorker Blatt bringt folgende Mitiheilung: „Bei Barnum soll demnächst die größte Curiosität unserer Zeit, ei» ehrlicher Armee-Lieferant ausgestellt werben, und es ist sogar Aussicht vorhanden, zu gleichem Zwecke einen ehrliche» Quartiermeistcr aufzntreibcn' Wir werden also künftig die Wunder nickt im alten Testament allein zu suchen haben."
— (Ahnenstolz.) In diesem Kapitel leistet das niederländische Fürstenhaus Croy wohl daß Höchste. Unter den Bll- der», die die Thateu desselben verherrlichen, sind zwei besonders bcmerkcuswerth. Das eine stellt die Anbetung des Christkindes durch die drei Könige dar, in deren Gefolge sich auch ein Crop befindet, und die Legende am Bilde läßt Joseph zu ihm sagen: „Bedecken Sie sich, Sie sind ja Grande!" Das andere Bild ist nicht weniger ergötzlich. Hinter der Arche Nvab schwimmt ein Livrebedienler, hält mit einer Hand ei» Kistcke» über Wasser und ruft: „Rettet die Urkunde des Hauses Croy!"
— In Gesetz, Berfassnng und Bibel sind die Engländer Freunde der strengsten wörtlichen Auslegung; wörtlich lege» sie auch das älteste Sonntagsmandat aus: Am siebenten Tage sollst Du ruhen von aller Arbeit! Ein respektabler Engländer schreibt am Sonntag keinen Brief, er kocht nicht und läßt nicht kochen, sondern genießt kalte Küche, er spielt nicht die Harfe und bläSt nicht die Flöte, er besteigt kein Pferd, Frau und Tochter sticken, flicken und stricken nickt. Sonntagsblätter erscheinen zwar unzählige, sie werden aber Sonnabends geschrieben, gesetzt, gedruckt und verschickt; nur gelesen werde» sie Sonntags und den peinlichsten Engländer stört es nicht, wenn sie Sounlags fürchterlich schmähen und schimpfen z. B. auf Preußen, wie's die jüng. sten Sonntagsblätlcr thun. Das zu lesen, ist nicht wider die Sonntagsfeier.
Telegramm aus Bierstadt.
Je dünner unser Bier,
Je dicker uns're Brauer,
Das Bier das saufen wir.
Dem Brauer ist'S zu sauer. (Eulensp.)
Charade.
Mein Erstes ist ein Wörtchen klein,
Muß unbestimmt nur immer sein.
Mein Zweites ist verschieden da.
Bezeichnet Völker fern und nah- Es wär ein Glück, ich will drauf wetten.
Wenn Alle wir das Ganze hätten- __
Briefkasten. Der Artikel, Nachtwächterwcsen betreffend, findet^ weil anonym, keine Aufnahme. _—
Druck und Berlag der Ä. W. Zaifcr'schen Buchhandlung. Redaklion: Holzt-.