Pari-» 19. Juni. Polen steht jetzt wieder ganz auf der Tagesordnung, Die Wahlen und Mexiko, die einige Zeit die öffentliche Meinung in Anspruch »ahme», sind beinahe vergessen und alle Welt, besonders aber die Börse, bat n»r iiocb ibre Blicke auf Petersburg gerichtet. Hier niinnit man allgemein an, daß, falls Rußland die Provositionen der Mächte nicht anniinmt, früher oder später eine Kriegs-Erklärung erfolgen werde. In den osficiellen Kreisen ist diese Ansicht besonders stark vcrbreiiet, wie auch schon daraus hcrvorgcht, daß die inspirirten Blätter in die Kriegs-Trompete stoßen. Biele schmeicheln sich »och damit, daß Rußland nachgeben wird. Wenn man aber Petersburger Briefen Glauben beimessei, darf, so ist Rußland zum Acnßerstcn entschlossen. Das russische Volk ist im Augenblick kriegerisch ge­stimmt und bereit, alle mögliche» Opfer zu bringe». Obige Brief« besagen, daß das russische Cablnet bereits einen vollstän­digen Fcldzugsplan ansgearbeitet bat. (K. Z.)

Von der französischen Grenze, 21. Juni. Die Fpxcht» daß Napoleon IH. durch die Einnabme von Puebla zu kriegerischen Unternehmungen gestimmt werde» könnte, würde von Hielte« steigen, wenn die diplomatischen Unterhandlungen sich i» die Länge ziehen und ohne Erfolg bleiben sollten. Darum hat man von Wien wie von Petersburg aus den Gedanke» augeregt, oh es nicht bester wäre, wenn der Czar und Napoleon III. sich .persönlich über die Lösung der polnischen Frage verständigten. Tsse Kaiserin ist für daö Projekt gewönne» worden und auch Napoleon lll. scheint dem Plane nicht abgeneigt. Das Schmci- chelhafte einer solchen Aufgabe wird, wie man hofft, den Kaiser dtzr Franzosen friedlicher stimmen. (Kln. Ztg.s

Die holländische zweite Kammer hat den Handelsvertrag zwischen Holland und der Schweiz lediglich aus dem Grund ver- morsen, weil die Gleichberechtigung der Israeliten von mehreren .schweizerischen Kantonalregicrungen nicht zngestande» worden ist. vielleicht bricht dieses Verdick die religiöse Unduldsamkeit in der Schweiz.

Athen, z13. Juni. Die Festlichkeiten, welche hier zur Feier der Erwählung des Königs Georg I. stattfandc», dauerten drei Tage'und, kann man binznfüge», drei Nächte nach einander. Jeden Abend war die Stadt erleuchtet und Musikbandc» spielten auf den öffentlichen Plätzen, aus welchen die Masse» deS Pub­likums sich Kopf an Kopf drängle, wozu das schöne Geschlecht nicht das geringere Contingeut gestellt hatte, ein Beweis, daß daS Vertrauen auf die öffentliche Sicherheit sich wieder befestigt hat. Die nach Kopenhagen gesandte Cammisfio» ist bereits ans der Rückreise begriffen; Grivas und CanariS kehre» über Triest, Haimis'über Marseille zurück. (K. Z.)

Corfü, 18. Juni. Gestern erklärte der Lord-Oberkvmmis- sgr amtlich die Vereinigung der jonischen Inseln mjt Grie­chenland,' woraus Tcdcum und Illumination. (Fr. I.-

Krakau, 20. Juni. DerCzaS" meldet: Bei Gora hat

am 18. ein kleines, für die Insurgenten»günstiges Gefecht statt- gefnnden. Die Nachricht von der Zersprengung der Russen im Bezirke Biala bestätigt sich.

Krakau, 2,1. Juni. 300 Insurgenten sind gestern beim Uedcrsetzen über die Weichsel vop den Russen über die östreichi« sche Gränze gedrängt worden. Viele sind in der Weichsel er­trunken. (Fr. I.)

Polen. (Aufstand.) Ein am 15. Juni erschienener Be­fehl des StadthauptmannS ist Wgrschau erneuert das Verbot, sich in keine Geschäfte mit der russische» Regierung einzulassen und selbst früher eingegangenc Verpflichtungen nicht zu erfüllen. Ans Krakau, 16. Juni, wird derEchtes. Ztg." berichtet; Wie gestern hier von polnischer Seite eingetroffene Berichte mel­den, haben am 12. die Insurgenten unter Anführung von Cza- chowski in Miedjiana Göra bei Kielce die sie angreifenden Rus­sen total geschlagen. Die Untersuchung wegen des Kassendieb­stahls ist fortwährend im Gange. Es fehlen ungefähr 18 Mil­lionen Privatbriefe, 40,000 Stück Imperialen an Gold (8 Beu­tel h 5000 Stück) und der Rest bis 26 Millionen in Bankzetteln. ES scheint übrigens die Absicht gewesen z» sein, de» ganzen Staatsfond ans der Kasse zu nehmen und nicht einen Rubel zn- rückznlassen, was aber die zu schnelle Entdeckung, die durch eine von der russischen Intendantur präsentirke Anweisung von 120,000 Rubel in Gold herbeigeführt wurde, diesen Plan ver­eitelte, so daß noch 2 Millionen in der Kasse bliebe». Gene­

ral Maniukin ist von den Insurgenten gefangen und zum Tode des Erschießens vernrtheilt worden. Der Gouverneur von Wilna, General Murawiew, hat in den amtlichen Blättern einen UkaS piibliciren lassen, worin über die Frauen, welche Trauer­kleider tragen, die Strafe der Knutenhieve verbängt wird. Frankowski ist in Folge kriegsgerichtlichen Urtheils am 16. in Lublin gehängt worden.

Lissabon, 19. Juni. Der Gesetzentwurf, welcher für ge­meine und politische Verbrechen die Todesstrafe abschafft, ist von der zu seiner Prüfung ernannten parlamentarischen Kommission einstimmig gebilligt worden. (St.-A.)

Portugal. (Todesstrafe.) Der Ausschuß der portugiesi­sche» Cortes hat sich einstimmig für Abschaffung der Todesstrafe ausgesprochen.

Für die Frauen!

Fanny Lewald (ährt fort:

Cie sehe» in den zahlreichsten Familien den Sin» der Haus­frauen und ihrer Töchter bis in's Kindische aus Aeußerlichkeiten gestellt, bis zum Frevelhaften pntzsichtig. Der Kiciderlnxns der Frauen ist bei uns in den letzten Dezennien unverantwortlich ge­stiegen. Man darbt im Stillen, man geizt gegen die Unterge­benen, man drückt den Handwerker, man geht bis an die äußerste Grenze des Möglichen, ja in tausend Familie» weit über diele hinan«, um auf der Straße lange, weite, seidene Kleiber, die nicht die Franen selbst, sondern der Schweiß, die Sorge», die Arbeit deS Mannes erwarben, in Staub und Schmutz hinter sich her zu schlcpven. Man ist heiter, wenn man ans seinem Sam­metmantel eine Spitzen-Garnirung trägt, die gar keinen Zweck und gar kein Verdienst hat. als zwanzig, dreißig und weit mehr Tbaler zu kosten, ohne daß mit diesem hoben Preise dem halb­nackten Arbeiter im Erzgebirge auch nur Brod und Kartoffeln be­zahlt würden. Man sieht mit Neid, daß eine andere Dame eS möglich gemacht, noch vier Pakete Perlen und Schmelzen, noch sechs Slück Litzen und sechs Dutzend Knopfe mehr an ihre Klei­der zu befestigen. Man wünscht, man setzt seine» Ehrgeiz i» Glasperle», Blumen, Plunder als ob man eine Hotten­totte oder ein Kaffer wäre. Man läßt den Vater der Familie arbeiten bis zur Erschöpfung, um bas Geld für diese oder an­dere Thorbeiteu herzuschaffen. die Dienstboten müssen waschen und plätten bis in die Näckle hinein, damit die Damen die weißen Röcke mit de» vielen Falbel» einmal im Staube spazieren führen könne»! Ein Konzert, ein Ballbcsnch, das Theater, eine Gardine, ein Bronzemöbel, ein Teppich, eine Equipage, das sind die gro­ßen Lcbcnsangclegeiiheiten, die Lebenszwecke in gar vielen Häu­sern -und arme, junge, unerzogene Mädchen sollten nicht

glauben, daß dic,sq Äxten von Genuß das höchste wären, wenn sie ihre Vorgesetzten bis zur Pflichtvergessenhcit, bis zur Selbst­vergessenheit »ach diesen Güter» streben sechen?

Putzsucht und Gennßiucht, das sind die beiden nächsten Til­gende», welche die arbeitende Klasse in mehr als einem wohlha­benden Hause erlernt und als Mitgift der höher» Stände in ihr einstiges Familienleben mit sich nimmt. Anstaunen, beneiden, »achahme», möge» die Arbeiterinnen den Luxus ihrer Herrinnen sie achten und lieben lernen sie durch den Anblick des LnxuS sicherlich nicht.

Unser Putz ist zum Thcil so stitlerhaft geworden, daß er bis zu einen gewissen Grade mit geringen Mitteln »achgeahmt werden kann. Wir lachen über die Reifröcke der Dienstboten, weil sie plump, weil ihre Kleider nicht dafür gemacht sind, wir lachen über ihr abgeschmacktes Aussehen, wen» sie Sonntags die Damen spielen wollen aber wir sehen die Abgeschmacktheit nicht, in welche wir und die Unseren mit unserem Bestreben, unsere Toilette bemerkbar zu machen, verfallen und wir sagen auch de» Arbeiterinnen nicht, daß sie Unrecht thnn, scheinen zu wollen, was sie nicht sind. Wie dürften wir das auch? Will doch die HanSfrau nur zu oft auch etwas Anderes: reicher, prächtiger scheinen, als ihre Mittel es ihr gestatte»! Das Gefühl für daö Vernünftige, für das Wohl­anständige , für das Würdige ist unter den Gebieterinnen nicht so lebbast, daß sie ein Recht halte», cs von ihren Diene.innen, von den Arbeiterinnen zu fordern. Tic Hansfraucn v.rschwenden für äußerliche Dinge, die Mägde machen cS nach. (Forts, f.)

Druck »nr Lttrlirg »tr S. W. Zaifrr'schcn VuchhanNilnz. RcdalMu/ Hrlzlc.