durch Betonung de- Satze«, die Derfaffuich des Kaiserreichs sei Lrr Verbesserung fähig, bemerkenSwerth war,
Paris, 12. Jan. Prinz Napoleon soll sich während seiner letzten Abwesenheit in Genf bei seinen dortigen Freunden bitter über die vom Kaiser gegenwärtig befolgte Politik beklagt habe». Er erblickt darin eine große Gefahr für die Dynastie; er sprach jedoch schließlich die Hoffnung aus, der Kaiser werde noch umkeh- ren, ehe cS zu spät geworden sei.
Paris, 13. Jan. Die gestern vom Kaiser gehaltene Thronrede bestand aus 1324 Worten und wurde in 10 Minuten von Paris nach London befördert; von der telegraphische» Station der Rue de Grenelle um 1 Uhr 20 Minuten avgegangcn, war sie um 1 Uhr 36 Minuten vollständig an ihrem Bcstim-mungSork angekommen. Die Telegraphenverwaltung hat dabei nicht weniger als je fünf Dräthe benüht und die Hülfe ihrer geübteste» Beamten in Anspruch genommen. Dieselbe Rede wurde um halb 2 Uhr nach Brüssel Übermacht und wurde daselbst schon um halb 4 Uhr gedruckt» ausgetragen und verkauft. «
Paris. 13. Jan. Dem „Moniteur"-Bülletin zufolge iE die dänische Antwort auf Lord Ruffel's Depesche am 5. b. von Kopenhagen abgegangen. Die dänische Regierung hält darin ihren Standpunkt vom 15. Okt. entschiede» fest. Für Holstein wäre dieselbe bereit, ein gewisses Opfer zu bringen und wenn auch nicht in dessen vollständige Adk.ennung, doch in dessen Sonderstellung in Rücksicht auf Verwaltung zu willige», doch nur un- ter der Bedingung, daß dessen Lage genau bestimmt würde, da- mit sich der Bundestag nicht mehr in die innnere» Angelegen- beiten der übrige» Theile der Monarchie mische, und damit die Beziehungen der dänischen Regierung mit demselben einen bauern- den C-ärakter annähme». Ueber Schleswig dagegen habe der deutsche Bund gar keine Compctenz, die Uebereinkunft von 1851 gebe Deutschland auch noch kein Recht zu einer solche» Einmischung und Dänemark weise jede Unterhandlung über diesen Punkt zurück.
Paris, 13. Jan. Der Sturm vom 10: Januar hat in Lyon die größten Verheerungen angerichtet. Zahlreiche Kamine find auf die Straßen herabgestürzt, und zerschellten auf dem Pflaster mit furchtbarem Geräusch. Die Tobten, noch mehr aber die Verwundeten, besonders Frauen uijd Greise, sind so zahlreich, daß die Lyoner Journale eS Unterlässen , eine Liste derselben zu geben. Die Spitäler sind gefüllt. Mehrere Personen wurden durch die berabstürzenden Dachziegeln getödtet. Zahlreiche Häuser ^-bekamen Risse oder stürzten ganz zusammen. Ein Arbeiter wurde vom Winde ergriffen und in die Rhone geschleudert, aber von seinem Kameraden gerettet. Seit Menschengedenkeu har man solches Unheil nicht erlebt.
Paris, 15. Jan. Die „France" meldet, daß auch der Herzog Ernst von Coburg-Gotha die Candidatur aus den griechischen Thron ablehnt. — Nachrichten aus Constantinopel zufolge trifft die Türkei Kriegsvorbereitungen, wozu England sie ankrei- den soll. Rußland beschuldigt die Türkei, die Bewegung unter den Tscherkessen zu fördern, indem eS ihnen Hülse sendet. (A.Z.)
Bescheidenheit ist sonst die Sache der Franzose» nicht; dennoch verschweigen sie jahraus jahrein einen ihrer stärksten AuS- fuhr-Artikel. DaS sind die Sträflinge, die sie auf die Pfeffer- insel Cayenne schaffen. Vor kurzem erst ging wieder ein Schiff mit 500 Sträflingen aus Toulon dahin ab, und das wiederholt sich jährlich. Daß jemals eine Menschenlabuiig von drüben wieder herüber gekommen sei, hat man nie gehört und dennoch wächst die unglückliche Kolonie in Cayenne nicht.
Athen, 10. Jan. In den Provinzen nimmt die Unordnung überhand; hier kommen nächtliche Raudanfälle vor, Handel und Gewerbe stocken, die Steuern gehen nicht ein. Es cirkuliren Gerüchte von einem Ministerwechsel. (St.-A.)
Konstantinopel, 10. Ja». Omer Pascha hat seine Enr- laffung als Kommandant der rumelischen Armee eingereicht. Der Sultan hat noch nicht geantwortet. (St.-A.)
Eine Prophezeiung.
(Fortsetzung.)
Bei dem Leser dürften wir aber wohl eine Kenntniß dieser distorischen Personen voraussetzen können. Verschiedene, in der ersten Hälfte unser« Jahrhundert- veröffentlichte Memoiren haben
der Prinzessin Potokazerwähnt und sie als eine den hervorragendsten Frauen am Hofe Alexanders 1. geschildert. Schön, geistreich, mit Leidenschaft die schönen Künste liebend, gab sie zu der Zeit, von der wir sprechen, den Ton in den Kreisen des Hofes an. Die vornehmen Russinnen betrachtete» und verehrten sie als ihre Führerin. Aber die Prinzessin Potoka hatte, wie alle dortige Persönlichkeiten ans dem Zeitalter Katharinens II., ganz seltsame, originelle Liebhabereien. Sv hatte sie mit Vorliebe einen kleinen Circasfischeu Sklaven, einen sebr hübschen Knaben, an dessen Eigensinn und widerspenstigem Wese» sie Gefallen fand, in ibrem Palaste auferzichen lasse». Bon dem Tage an, wo er allein lau- fe» konnte, batte der junge Circassier ein sehr hübschstes Cvstnm nach der Mode des Hofes Louis XV. erhalte«. daS «ach biner von der Prinzessin selbst entworfene» Zeichnung für ih» angefer- tigl worden war, und sah sich zu ihrem Pagen ernannt. Er war beständig hinter dem Sessel seiner Gebieterin, und begleitete sie in ihrem Schlitten oder in ihrem Wagen. Wo sie auch hingitig, mußte er ihr folgen, ihren Fächer tragen. Briefe von ihr abgeben, oder für sie in Empfang nehme», ebenso Bouquets. Einladungen zu Bälle», Diners u. dergl.
Kurz: er war für die Prinzessin das. was der Zwerg B6b6 für den König von Polen gewesen.
Im Laufe dieses Winters, wo er in, zehnten Jahre stand, hatte der Page sich durch Unvorsichtigkeit eine starke Erkältung zugezogen, an der er, als die Masern noch hinzugctreten waren, ungeachtet aller Pflege starb.
Die Prinzessin war untröstlich. Wo gleich nun einen P iaen finden, der den Circassier ersetzen konnte?
Justinia» Obrenowiksch, ihr Intendant, war beauftragt wor. den, einen solchen Ersatzmann möglichst schnell herbeiznschaffen — und er war es, der Michael ZiblN, wie wir oben sahen , in dein abgelegenen Gäßchen anfgegriflcn. Seit acht Tagen hakte er schon von einem Ende zum andern die Stabt durchsucht, doch «och vergebens. Er hatte nur Baueijunge» mit gelbem Haar oder kleine Kosacken mit breikgedrückter Nase aufgefuiiben. Verzweifelnd über diesen ungünstigen Erfolg in der Hauptstadt, hatte er schon data» gedacht, einen Ausflug in die Provinzen z» mache« und nöihigen- falls selbst nach dem Kaukasus zu reisen, als ihn sei« guter Ge- niuS in jenes öde Gäßchen trieb.
Nach einem halbstündige» Marsche war endlich der Intendant mit dem Knaben im elegannten Viertel Petersburgs, bist de«, Portale eine« glänzend erleuchtete» Palastes angekommt«.
..Hier sind wir. Kleiner." sprach sein Führer.
Michael 3ibin zitterte am ganzen Leibe.
„Hast Du Angst?" fragte der Intendant. „Fürchtest D« etwa, schlecht ausgenommen zu werden?"
„Hm! Herr, ich kenne die Priuzeistn noch gar nicht —' und in diesem Aufzuge. . . ." Und dabei deutete der Waisenknabe auf seine zerlumpten uud beschmutzten Kleidungsstücke.
„Sei ohne Sorgen ," eutgegnete sei» Gönner lächelnd j „man wird Dich erst morgen der Prinzessin vvrstellen, und bann in einem andern Kostüme. Vorläufig wollen wir Dir erst bine gute Nacht bereiten. Hast Du schon zu Abend gespeist?"
„Jawohl!"
„Teufel,'Du sagst das in einem Tone, als wärst Du bei dem Kaiser selbst zur Tafel gewesen. Was hast Du gegessen?"
„Geräucherten Rennthierschinken, Herr, und Waizenbrod nnd delicate trockene Feigen."
„Ein achtes Zigeuuermahl! Zukünftig wirst Du besser tafeln, ich stehe Dir dafür. Aber nun hinein, ohne Umstände."
Obrenowitsch ließ mittelst des eisernen ThürklopferS zwei gewichtige Schläge an der großen Thür ertönen, und gleich daraus wurde dieselbe von einem betreßten Lakai geöffnet.
„Man führe dieses Kind in eines der besten Dimmer de« Palastes!" schrie Obrenowitsch gebieterisch dem Bedienten zu.
Michael Zibin konnte gar nicht in den Schlaf kommen, so sehr war er aufgeregt von Allem, was ihm seit dem Zusammentreffen mit der Wahrsagerin begegnet war.
Den andern Morgen, als er nach kurzem Schlafe die Augen wieder aufschlug, gewahrte er den Intendanten neben seinem Lager, der ihn mit wohlgefälligen Blicke» musterte.
(Forts, folgt.)
Druck un» Berlag der G. W. Zaisc r'schen Buchhandlung. Redaklion: Holzt«.