Frauen der Sorgfalt seiner Gemahlin und ordncle für den fol­genden Tag ein Hofgericht an, welches der GenchtSdircctor im Beisein des Fürsten und seiner Gaste leiten sollte. Zuerst ward Gottwald Ferner ins Verhör geführt. Als man ihm sagte, dag die Wittwe Mohl und ihre Tochter ihm jeden Augenblick gegen­über gestellt werden könnten, gestand er, daher die schöne Anna seit längerer Zeit liebe und daß er sein bei der Leiche gefundenes Dienstgewchr schon früher, als er mit Anna sich im Amlsgartcn befand, zurücklaffen muhte, indem er flüchtete, um das Mädchen vor dem Baker nicht blos zu stellen. Mit glühenden Farben schil­derte er dann die Noth der beiden weiblichen Wesen und die Ver­anlassung ihres Aufenthalts in den Ruinen. Hierauf winde» An­na und ihre Mutter, die sich unter dem Schuhe der edlen Für­stin erholt hatten , rücksichtsvoll in den Audienzsaal geführt. Anna und Gottwald stürzten mit Thränen einander in die Arme. Alle Anwesende waren gerührt beim Anblick dieser Scene.

Nein, rannte der Fürst seinem Nachbar, dem alten Grasen zu, Gottwald Ferner ist kein Mörder um des Gewinnes willen.

Frau Mohl überreichte mit niedergeschlagenen Angen den in der Hinterlassenschaft ihres Gattin gefundenen Brief, der bis auf den Verbleib der 6000 Thaler Alles aufklärtc. Jetzt befahl der Fürst, den Exstallmeister herbeizusührcn, ihn aber, damir er fühle, was er jetzt sei, vorher zu fesseln. Bon Kiekebusch, der nach zweistündiger Ohnmacht erwacht und mit Anstrengung, die mo­dernden Wände betastend, Lieder ins Nischcngewölbe gekrochen war, hatte vergeblich gehofft, durch seine Creatur, den schwarzen Fritz, befreit zu werden; er hatte nach ihm gerufen und dann sich die Hände blutig gekratzt, um den verrammelten Eingang zu durchbrechen. Erschöpft von diesen fruchtlosen Versuchen und auf den treulosen Stallknecht fluchend, der erst am Morgen, nichts Gutes ahnend n»d von dem Sturze seines Herrn und Meisters hörend, die Flucht ergriff, war er auf derselbe» Stelle, wo er die Frauen gepeinigt, in betäubenden Schlaf versunken. Drei Mann der Schloßwache, durch die Ruinen eiudriugend, rüttelten ihn auf, legten ihm eine sogenannte Haudbrczel an und führten ihn vor den Augen aller Begegnenden den Schloßbcrg empor zur Audienz.

Der gewandte Criminalist überraschte ihn sofort mit dem Bedeuten, daß er die Schlüssel zur ehemaligen Nentkasse verwech­selt und irrthümlich den des Cassiers abgeliesert habe. Er müsse somit am besten wissen, wo die fehlenden 6000 Thaler verblieben seien.

Tic Contenance der Exstallmcister war durch die Ereignisse der letzten Nacht bereits dergestalt nnterminirt, dah er die Vor- theile schlauer Ausreden nicht mehr zu handhaben verstand. Er erschrack sichtlich und besann sich ans Gründe einer erkünstelten Rechtfertigung.

Den Fürsten überwältigte der Zorn; er vergaß einen Mo­ment den Gang des Gesetzes und unterbrach den Beamten.

Gestehen Sie, Bube, donnerte er mit funkelnden Blicken aus den iuqujrirtcn, wohin Sie jene 6000 Thaler gethan.

Durchlaucht, eine augenblickliche Verlegenheit, eine Ehren­schuld

Also doch, meine Ahnung trog nicht, fuhr der Fürst fort. Gerichtsdircctor, schließen Sie das Verhör und verfahren Sie nach dem Gesetz. Der Elende scheint den Tod des Rentmeisters mit verschuldet zu haben. Bitte, meine Herren noch eine» Au­genblick!

Er wendete sich an die drei übrigen Verhörten, während von Kiekebusch ins Gefängniß abgcführt ward.

Frau Mohl, sprach er huldvoll, Sie können auf einer mei­ner Besitzungen Wohnung nehmen und beziehen die gesetzliche Pension als Wittwe meines ehemalige» Hosrentmeisters. Für die ausgestandencn Trübsale der letzte» Tage werde ihnen Ersatz aus den Habseligkeiten des verschmitzten Verbrechers, die ich Ihnen schenke. Gottwald Ferner hat gezeigt, daß er noch ein brave­rer Mensch, als geschickter Förster ist. Ich ernenne ihn hiemit zum Forstverwalter mit 800 Thaler Jahrgchalt. Mag er Schön- Aennchen zum Altäre führe»; er hat sie verdient.

Freudenthränen standen in den Augen der Wittwe, welche sich dem Fürsten zu Füßen warf. Gottwald folgte, die Hand seiner Anna ergreifend, ihrem Beispiele. Tiefe, freudige Bewe­gung aller Anwesende» schloß diese Scene.

Nach vier Wochen heirathete Gottwald Ferner seine liebens­würdige Braut. Der alte Ludmiller wohnte dem kirchlichen Akte bei und war der Erste, welcher das junge Paar beglückwünschte.

Lieber Herr Ferner, sagte er mit froher zitternder Stimme, dieser Tag gehört zu den schönsten meines langen und vielbcwe eg­ten Lebens, weil er mich wunderbar lehrt, daß »der alte Gott noch lebt.

Allerlei.

(E inge s ende t.)

Wer gegenwärtig sich einen Gang ins Freie erlaubt, dem muß eS gewiß schon ausgefallen sein, daß die Zahl der Elster» in unserer Gegend gegen früher eine bedeutend größere ist, und cS könnte den Naturfreund und den Landmaun eine solche Ver- mehrnng nur freuen, wenn die Elster zu jener Gattung Vögel gehörte, die uns nützlich u»o daher den menschlichen Schutz ver­dienen. Aber ist eure »»widerlegbare Thalsache, daß die El­ster eine der schädlichsten Voger ist und unsere HerrenJächtler" sich ein Verdienst erwerben würden, wenn sie aus Vernichtung die­ser Dieböbande ernstlich Bedacht nehmen würde». Der Sänger- chor des Feldes und Waldes würde znm Danke dann froher und zahlreicher hicsnr ihre Liedre ertönen lasse».

Hören wir, was Carl Vogt in den Vorlesungen büer nützliche verkannte und verleumdete Thiere über diesen Schützling des aber­gläubischen Volkes sagt (s Gartenlaube vom Jahr 186l, S. 230):

Als zweiten schädlichen Vogel habe ich die Elster genannt, und werde meine Behauptung aufrecht erhalten, selbst de'njcnigen Mitgliedern des sächsischen Herrenhauses gegenüber, welche der Welt einen handgreiflichen Beweis des in nnseree Zeit noch herr­schenden Aberglaubens gaben, indem sie eine öffenttiebe Anffvrde- rnng ergehen ließen, in einer gewissenheiligen Zeit" (wenn ich nicht irre, zwischen dem 20. Deccmber und'8. Jaauar) Elstern für die Diakonissen-Anstall in Dresden zu schießen. Ans den in derheiligen Zeit" gejchosienen Elstern brennen dann die from­men Frauen ein Pulver zurecht, daS unfehlbar von der Epilepsie heilt und schon Tausende von Menschen geheilt hat. Heilige Ein­falt! Ich kannte einen Apotheker in Val de Travers, der sich jährlich ei» schönes Sümmchen mit einem Fallsnchtpnlver aus Maulwürfen znsammenrösteke; aber der Mann machte doch nicht religiösen HoknSpvkuS dabei, sondern nabm die Maulwürfe, wie er sie eben bekam, und wenn bei verkommendem Mangel an Maulwürfen und starker Nachfrage daun und wann auch einige Mäuse und Ratten in seinen Brenner geuelhen, so that das der Wirksamkeit der Pulver nicht de» mindesten Eintrag. Denn wenn etwas Wirksames darin ist, so kommt das weder von den Dia­konissen, noch von derheiligen Zeit," noch von den Gebeten, sondern einzig und allein von dem brenzlichen Oelc, welches sich beim Verbrennen thierischcr Stoffe überhaupt in geschloffenen Räu­men entwickelt. Vielleicht gehört es aber auch zu denZeichen unserer Zeit," daß gerade von der erwähnten Leite ans eine solche Aufforderung kommen mußte.

Wen» aber die Mitglieder der ersten sächsischen Kammer für die leidende Menschheit gearbeitet zu haben glauben, indem sie für die Diakonissen recht viele Elstern auf ihren Gütern wegschic- ßen ließen, so haben sic dabei sicher sich selbst den größten Dienst geleistet. Denn die Elster ist nicht nur diebisch, wie dies schon längst Rossini durch seine Oper bewiesen hat, indem sie nament­lich glänzende Dinge in ihrem Neste znsammenträgt, sondern anch ein abscheulicher, mordsüchtigcr Vogel, der den jungen Hühnern und Eulen mehr Schaden thnt, als die Raubvogel, und unab­lässig alle kleinen Vögel verfolgt, welche sich in der Nähe seines Standortes zeigen. In den Obstgärten und Gebüschen, wo sich die Elstern gerne aufhalte», kommt kein Singvogel fort, und doch ist auf der anderen Seite die Elster nicht im Stande, die Dienste der Sänger in Vertilgung des kleinen Ungeziefers zu er­setzen. Um so unbegreiflicher ist cs, wie die Elster in vielen Ge­genden und namentlich bei der allemannischen Race durch die Sehen eines Vorurthcils geschützt wird. In dem schweizerischen Dialekt werden die Hühneraugen an den FüßenElsternangen" genannt, und das Volk hat die feste Ucgerzcngnng, daß demjeni­gen, der eine Elster tödtet, großes Unglück geschehen müsse. Je­remias Gotthelf hat eine seiner ersten Geschichten auf diesen Aber­glaube» gegründet, und in viele» Gegenden des Canlons Bern sieht man unbedingt nur Elstern in der Nähe der Dörfer und einzeln stehenden Höfe, die mit zänkischem Geschwätze auf den Bäumen sich herumkreiben.

Druck nur Pcrlug der Ä. W. 2 -1 i'cr'sch«» Buchh-ndtu»,. Jirrat»»»: Hor;lk.