Bon 102 Karten wurden nur 6 an die bürgerlichen Kollegien ver­theilt, die übrigen kamen an Professoren und Beamte. Das machte die Tübinger unwirsch, der Stadtrath nahm den für da« Fest verwilligten Kredit von 1200 fl. zurück, die Verzierung der Häuser unterblieb fast ganz, der Festball fiel weg und die Phili­ster hielten sich zu Hause. Die Festgäste ihrerseits gingen meist statt durch die Hauptstraße auf einem Nebenweghinter der Mühle herum" zum Museum, um das Festmahl cinzunehmen. Hier ging es nun wieder hoch her; eine Reihe von Toasten, von den ver­schiedensten Seiten ausgebracht, verherrlichten die Universität, das Land, auch Deutschland, ist,,er ließ sogar die Unabhängigkeit des Charakters leben. (Stuttg. A.)

Stuttgart, 15. Okt. Es heißt, daß die Fürsten v. Wal- lerstein und Wolfegg (vielleicht auch noch andere Skandcsherren) eine Verwahrung gegen die Behandlung der katholisch-kirchlichen Angelegenheit einlegen wollen, indem sie die Regierung und die Kammern nicht für berechtigt halten, diese Sache im Gesetzgebungs­wege zu regeln, weil dies ein Eingriff in die Selbstbestimmungs­rechte der katholischen Kirche sei. (N.-Z.)

Stuttgart, 15. Okt. Die Leute auf dem Kirschharb­hof haben auf ihrem Hof die dritte Synode abgehalten, ungefähr 200 Männer, meist Mitglieder desTempels" waren zugegen; Bischof Hoffman», der die Seele des Ganzen ist, demonstrirle die Nothweudigkeit desTempels", schließlich wurde eine Adresse an die Ständevcrsammlung beschlossen, die Trennung von Staat und Kirche, Aufhebung der Staalskirchen, gleiche Behandlung der Sekten. (Stuttg. A.)

Stuttgart, 16. Okt. Der Herbst beginnt nun überall. In guten Lagen kann man sich eine ziemlich gute Qualität ver­sprechen, der Quantität nach fällt der Ertrag nicht bedeutend aus. Die Weingärtner scheinen ihre Waare etwas hoch halten zu wolle»; für jetzt ist ihnen der Himmel sehr günstig. (Stg. A.)

In einer der ersten Modewaarenhandlungen Hamburgs erschien unlängst ei» einfach, aber nett gekleidetes Dienstmädchen und verlangte ein Umschlagetuch zu kaufen. Es werden ihm eine Anzahl derselben von einer Güte vorgezcigt, wie man glaubt, Laß sie der Schönen bei ihrem Stande behagen würden. Aber keines ist ihr recht, bis endlich ein Shawl von 200 Thalern Gnade vor ihren Augen findet. Cie bczablt das Tuch in klingender Münze. Sofort nimmt sie ei» Polizeibcamter fest, den man Herbeigerusen hatte; indessen wird bald ermittelt, daß die Dienstmädchen eines ganzen Hauses das Geld für jenen Shawl zusammengeschossen und- bas Ucbereinkommen getroffen hatten, ihn als Gemeingut zu be rächten und alle Sonntage abwechselnd zu tragen.

Graf v. Bernstorff ist preußischer Minister des Auswär­tigen geworden. Man ist gekannt, ob er von seinem Vorgänger Freiherr» v. Schleinitz, auch die Politik der freien Hand über­nommen hat.

DieNeue Preußische Zeitung" schreibt:Den mancherlei Behauptungen und Conjecturen einzelner Blätter gegenüber können wir versichern, daß irgend welchepolitische Abmachungen" in Compiegne weder erfolgt, noch beantragt sind. Wir hören viel­mehr von verschiedenen Scheu die überaus taktvolle Aufnahme rüh­men, welche der königliche Gast mit seinem Gefolge in Compiegne gefunden hat."

Berlin, 13. Okt. Die ministeriellePreußische Sternzci- tung" sagt in ihrem heutigen Leitartikel bezüglich der Zusammen­kunft in Compiegne, daß die herzliche Begegnung beider Monar­chen dem Lande eine gute Vorbedeutung für die Befestigung fried­licher und freundschaftlicher Beziehungen der beiden Nachbarstaaten sein werde, und daß der herzliche Empfang des königlichen Gastes seitens der französischen Bevölkerung zu der Annahme berechtige, daß Frankreich nicht minder als Deutschland den Werth eines freundschaftlichen Verhältnisses zwischen beiden Nachbarstaaten wür­dige und darin eine werthvolle Bürgschaft für die befriedigende Gestaltung der Zukunft erblicke. (Fr. Pstz.)

Berlin, 14. Okt. In Folge von Demonstrationen mehr aufrührerischen Charakters ist heute das ganze Königreich Polen in Belagerungszustand versetzt worden. (T. d. N.-Z.)

Königsberg, 14. Okt. Tie Majestäten sind gegen 12 Uhr vor der Stadt eingetroffen, durch die königlichen Prinzen, die Generalität, den Oberpräsidenten und Deputationen der Stadtbe- hördeu empfangen. Der Zug ging in vorgeschriebener Ordnung vor sich, der König zu Pferd, umgeben von den Prinzen des kö­niglichen Hauses. Die Königin fuhr in einem achtspännigen Ga­lawagen. Tausendstimmiger^Hurraruf. Geschützdonner und Läu­

ten aller Glocke» verkündigten den Einzug der Majestäten durch das Brandenburger Thor, wo unter einer errichteten Ehrenpforte die Begrüßung stattfand. Durch Spaliere der Gilden und Innun­gen bewegte sich der Zug unter nicht enden wollendem Hochruf der Volksmenge zum Schloß. Alle Häuser sind reich geschmückt und bis zum Dache mit Zuschauern besetzt. Am Schlosse wurden die Majestäten von den Prinzessinnen des königlichen Hauses, dem Offizierscorps, den Civilbehörden und der Geistlichkeit empfange». Das schönste Wetter begünstigte die Einzugsfeierlichkeit. Der Zu­zug der Fremden war immens. Um 3V» Uhr, nach dem Einzug, fand Empfang der Militär- und Civilbehörden statt, wobei der König seinen Dank, sein Vertrauen auf ferneres Gedeihen aller vaterländischen Interessen unter der Mitwirkung aller Stände auS« sprach.

DemLombards" wird aus Turin vom 9. d. gemeldet: Das Ministerium erhielt eine offizielle Depesche, welche die plötz­liche Abreise Garibaldi's in unbekannter Richtung meldet. Einige glauben, er conferire mit den magyarischen Emigranten in Genua, Andere vermuthen, er sei nach der türkischen Grenze gereist.

Turin. Eine Korrespondenz desDresdener Journals" versichert, Miroslawsky sei nach Genua berufen, zur Organiflrung einer slavischen Expedition nach Montenegro, um die türkisch-slavi- schen Provinzen zu insurgiren, dann gegen die östrcichischen Do- nauländer und Galizien loszubrechen. Eine magyarische Mitwir­kung habe Miroslawsky sich ausdrücklich verbeten. Die serbische Regierung, Montenegro und die Donaufürstenthümer sind angeblich einverstanden mit Miroslawsky. (T. d. N.-Z.)

Turin. Lamarniora hat das Commando in Neapel an­genommen. (T. d. N.-Z.)

Am 12. Oktober, Nachmittags 4 Uhr, traf der König von Holland in Compiegne ein. Mit seiner Ankunft beginnt eine neue Serie von Festen, denen auch Prinz und Prinzessin Na­poleon, sowie Prinzessin Mathilde beiwohnen werden.

Der Moniteur erklärt den in der Broschüre:Kaiser Na- poleon und König Wilhelm", veröffentlichten angeblichen Brief des elfteren an den letzteren für vollständig erdichtet.

Ragusa, 14. Okt. Vorgestern sind die Türken in monte­negrinisches Gebiet eingefallen, haben Lonkowo angegriffen, fünf- zehn Montenegriner gelödtet und andere verstümmelt. Fürst Niko­laus von Montenegro dringt bei der internationalen Commission für die Herzegowina auf Genugthuung für diese grausame Hand- lungsweise. (Fr.P.)

Warschau, 8. Okt. Die Lage der Deutschen wird hier immer kritischer. Man hat alle Augenblicke Katzenmusik, welche schon zur Gewohnheit geworden ist. Dieß ist aber noch das Ge­ringste. Heute Abend um 9 Uhr wurden die Scheiben eines Schneidermeisters in der Krakauer Vorstadt, neben der Post, zum drittenmal eingeworsen; außerdem hat man einen deutschen Kauf­mann Namens Pipenburg, auf der Straße schrecklich mißhandelt, indem man ihm ein Ohr ganz abriß, das andere halb weghieb, und ihn dabei stark im Gesicht und am Kopf verwundete; ja man wollte ihn noch obendrein an dem Laternenpfahl der vor seinem Hause steht aufhängen; zum Glück wurde er noch zur rechten Zeit von der Polizei befreit, und man hofft, daß er sich in einigen Ta- gen erholen wird. (A. P. Z.)

Aus Warschau wird geschrieben:Der Adel hat den zum Leichenbegängniß des Erzbischofs nach Warschau gekommenen Land­leuten im Hotel de l'Europe einen grandiosen'Abschiedsschmaus gegeben, wo Fürsten und Grafen mit Bauersleuten beim Cham­pagner auf das Wohl des Vaterlandes anstießen. Der Adel fuhr dann mit den Bauern in Omnibussen und Drotschken nach dem Bahnhof, wo in einem gegenüberliegenden Garten der Adel die scheidenden Bauern nochmals rcgalirte. Mehr als 10,000 Zu­schauer waren anwesend. Die Bauern wurden durch einen Extra- Eiscnbahnzug nach Hause befördert; vorher wurden noch feurige Nationalliedcr angeslimmt, sowie auch eine Predigt von einem Dorf- geistlichen improvisirt. Die anwesenden Polizisten und Gensd'ar- men blieben stumme Zuschauer. Die Nachrichten drücken Befürch­tungen für den 15. Oktober aus, an welchem Tage der Geburts­tag KosciuSko's gefeiert werden soll.

Warschau, 16. Okt. Trotz Belagerungszustand haben gestern Demonstrationen am Kosciuskotage stattgesunden. Zahl­reiche Verhaftungen; beim Hcrausgchcn aus den Kirchen schritt Cavallerie ein; es gab aber weder Todte noch Verwundete.

Aus New York vom 1. Oktober wird berichtet: Die Confö« derirten haben Monsuls-Hill geräumt, welches von den Bundes«