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Brigaden werden durch drei Depeschen Garibaldi's vollständig bestätigt.
Florenz, 29. Aug. Neapel, 28. Aug. Die k. Truppen erlitten Niederlagen in Kalabrien. Tie Insurgenten Ba- silicata's marschiren auf Salerno. Mau glaubt, sie werden mit 'Garibaldi gegen Neapel vorrückeu. iA. Z.)
Neapel, 28. Aug. Officicll. Bei Piala wurden die kgl. Truppen umringt. Es ward Waffenstillstand augeboten. Während der Verhandlungen zogen sich die Truppen in Unordnung zurück; dann zerstreuten sie sich und ließen die Batterien ohne Verthcidiguug zurück. (A. Z.)
Neapel. Am 28- August waren die neapolitanischen Generale zu einer Conferenz versammelt und beschlossen, mit Ausnahme Bosco's, einstimmig, dem Könige zur Abreise zu rathen. Bei der Abfahrt des Dampfers „Authion" Abends war das Gerücht verbreitet, daß Land- und Seeoffiziere in Masse ihre Entlassung eiugercicht hätten.
An der Börse in London ging das Gerücht, daß König Franz Neapel hätte verlassen und die Piemontescn hätten die festen Plätze der Residenz besetzt.
Marseille, 30. Aug. Briefe ans Bcyrut vom 22. d. melden, daß Fuad Pascha in Damaskus 70 Mörder hangen, 110 Soldaten erschießen und 3000 Einwohner der Stadt als compromitiirt gewaltsam unter das Militär stecken ließ. Am 22. d. hatten ^500 französische Soldaten in Beyrut gelandet.
Der Moniteur sagt: Der Brief des Prinzen Murat, in welchem er die Urheberschaft der in seinem Namen in Neapel erregten Unruben von sich zurückweist, habe die volle Billigung der kaiserliche» Regierung; wenn er aber die Hoffnung auS- drückt, er könne eines Tages mit der Einwilligung und Unterstützung Frankreichs nach Neapel kommen, so ist dieß in einem solchen Widerspruch mit dem Willen des Kaisers, daß er einer solchen Annahme offiziell entgegen zu treten nicht umhin kann.
London, 29. Aug. Dem Renter'schcn Tclegraphen-Bu- reau wird aus Wien vom 29. Aug. telegraphisch gemeldet, die Gerüchte von einer bevorstehenden Zusammenkunft der Kaiser von Ocstreich und Rußland, bei welcher auch der Prinz-Regent von Preußen gegenwärtig sein würbe, seien ganz unbegründet. Dis jetzt seien weder von Seiten Rußlands noch von Seiten Oestreichs Schritte zu diesem Behufs gcthan worden. Feldzeugmeister Bencdek wirb bestimmt auf seinem Posten in Ungarn dis zu Ende der Ncichsrathssitzungen verbleiben. Der Kaiser wird am 15. September nach Ischl gehen und man erwartet den Schluß der Reichsrathssitzungen noch vor der Abreise des Kaisers. Man glaubt, der Kaiser werde eine Constitution bewilligen. (K. Z.)
London. Lord John Russell hat in einer confidcntiellen Note dem Grafen Cavour erklärt, Piemont dürfe im Falle eines Konflikts mit Ocstreich nicht nur nicht auf die Sympathicen Englands rechnen, sondern es müsse auch einer Kundgebung der Mißbilligung von Seiten des Londoner Kabincts gewärtig sein. (N. Pr. Z.)
Eine deutsche Prinzessin.
Die königliche Familie von Neapel ist durch Ränke und Neid, durch Herrschsucht und Abfall zerrissen und zerspalten, jedes einzelne Mitglied büßt eine eigene Verschuldung in dem allgemeinen Unglück; nur einer Gestalt vermag die menschliche, reine Thcilnahme zu folgen und diese eine ist die junge Königin, eine bayerische Prinzessin, die Tochter des Herzogs Mar. Als sie vor wenigen Jahren in das Land kam, hofften Viele, daß sie einen glücklichen Einfluß auf den jungen König ansüben werde. Ihr Einfluß war aber null, die Stiefmutter des Königs, eine östreichische Prinzessin, die Tochter des Erzherzogs Carl, war die Allmächtige am Hofe, und regierte allein den König und durch ihn alles. Tie Königin-Mutter ist die verhaßteste Person im Lande. Die junge Königin wurde fern vom König gehalten, sie erfuhr nicht, was im Lande vorging, am wenigsten von der allgemeinen Unzufriedenheit. Ein einziges« mal, als man in ihrer Gegenwart von den kühnen Ansprüchen der Unzufriedenen, „dieser Republikaner und Hirnlosen" sprach, welche eine Verfassung verlangten, wagte sie zu sagen:
„Aber warum befriedigt man sie nicht? Dies ist ja so leicht. Man ist so glücklich in meinem Vaterland! Und doch ist in Baperu die Verfassung eiugeführt!" Da gebot ihr die Königin-Mutter streng Stillschweigen mit den Worte»: „Sie wissen nicht, was Sie sagen!" Erst ganz kürzlich, bei dem Verluste SicilicnS, hat die Königin endlich erfahren, was sich zutrug. Welche Ueberraschuug für sie! Welche bittere Thräne» flössen! Die arme junge Königin! sie ist sehr oft allein, sie ist aber die einzige von der königlichen Familie, welche vom Volk gegrüßt wird, wenn sie durch die Straßen fährt.
Der Spion.
(Schluß.)
Am Tage nach der Zerstörung Gederas trat in einer Sei- tcncapelle der flammeuversckvnten 'Stadtkirche, dem Quartiere Zumalacarregny's, ein Kriegsgericht zusammen. Es bestand aus dem Obcrgeneral, den Generalen Eraso, Sagastibelzo, Eguia, dem Auditeur und einem Jesuitenpater. Auf einen WinkZumalucarreguy's wurde GnSman Castro mit gebundenen Händen hereingeführt. Ihn begleiteten seine weinende Frau mit einem Säugling im Arme und ei» zehnjähriger Sobn.
Beim Anblick des Spions erbleichte der Obergcneral. Gusman's Weib warf sich jammernd zu seinen Füßen.
„Bringt diese Frau und den Knaben weg!" sagte Zu- malacarreguy.
Nur mit Mühe konnte die Unglückliche entfernt werden. Als cs geschehen war, öffnete der Jesuit ei» Portefeuille, nahm zwei Schreiben heraus und reichte sie dem Obergeneral, dessen Antlitz wieder den gewöhnlichen ernsten Ausdruck angenommen hatte. Dieser las die Briefe ruhig Lurch, that einen mächtigen Zug aus seiner Cigarre und fragte:
„Neffe Gusman Castro, kennst Du diese Briefe?"
Der Spion schwieg.
„Du kennst sic nicht, Neffe! Wie wäre auch ein Mann, in dessen Adern der Znmalacarreguy Blut fließt, einer solchen Verrälherei fähig. Löst ihm die'Fesseln, Du bist frei, Gns- man!" Ein langer bedeutsamer Blick des Obergenerals traf das Auge des Jesuiteupaters.
Aus tiefer Brust athmete der Spion und wilde Freude der Rache leuchtete aus seinen Blicken. Tie Stricke, welche seine Hände gefesselt hielten, wurden zerschnitten, und Zumala« carreguy trat an seiner Seite, gefolgt von den Beisitzern des Kriegsgerichts, aus der Kirche, vor der drei Gucrrillabataillone in offenem Quarr« unter den Waffen standen.
„Kameraden!" rief der Obergeneral, „hier steht mein Neffe Gusman Castro, welcher als Spion der Christinos verdächtigt war. Auf meines Stammes Namen ruhte nie der Makel des Verrathes. Gusman Castro ist frei!"
„Hoch lebe Tio Tomas!" riefen die Bataillone.
Gusman Castro näherte sich mit ansgestreckter Hand dem Verwandten, der aber nahm schweigend seinen Arm, und einen zweiten bedeutungsvollen Blick nach dem Jesuiten richtend, verließ er in dessen Begleitung den Platz. Die Drei gingen langsam durch die rauchenden Trümmer der Stadt.
„Wohin geleitet Ihr mich, Vetter?" fragte Gusman.
„Du wirst es erfahren, Castro!" antwortete der Generäl.
Neben den Leichen des Alcalden und seiner Tochter vorüber führte der Weg nach einem nahen Gehölz. Hier ango- kommen, zog der Carlistenchef ruhig ein Pistol und sagte:
„Bereite Dich zum Tode, Castro, Du mußt sterben!"
„Sterben?" wiederholte erbleichend der Spion. „Höre mich, Oheim, und Du wirst verzeihen!"
Der General spannte den Hahn.
„Meine Kugel trifft sicher, Castro. Bete zu Deinem Gott! Znmalacarreguy's Neffe durfte nicht als Vcrräther vor der Fronte meiner Soldaten sterben, aber die Strafe des Spions bleibt der Tod. Pater Eusebio, hört seine Beichte!"
Gusman Castro sank in die Knie und beichtete. Der Pater legte segnend die Hand auf des Verbrechers Haupt und wandte sich nach dem Carlistenchef. Da krachte der Schuß, und mit durchbohrtem Herzen sank der Spion zusammen.
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