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vielleicht neuer Zündstoff zu dem schon reichlich anfgehäuften gekommen.

Paris, 24. Aug. Der Kaiser und die Kaiserin lind in Dijon augekommen. Der Maire von Dijon sagte in seiner Anrede an den Kaiser:Europa fürchtet wohl die Macht Ihrer Waffen, noch mehr aber befürchtet es in der That die Spm- pathleu, welche Sie bei den Völkern hervor gerufen haben." Die Anrede des Bischofs von Dijon rühmt die syrische Expe­dition als eine Unternehmung, welche ungeachtet der hemmen­den Forderungen der Politik ansgeführt worden sei. Es spricht die Hoffnung aus, daß der Kaiser auch über alle Verlegenhei­ten lriumphircn werde, welche diese aus der Bahn des Rechts und der Gerechtigkeit gewichene Politik dem ältesten Sohne der Kirche bereiten möchte. Dem Kaiser, als Nachfolger Pipins und Karls des Großen, werde cs hoffentlich gelingen, vom Pa­trimonium Petri den drohenden Sturm zu entfernen. (H. T.)

Schneller ist selten ein Souverän fertig geworden, als der neue Fürst Nikizza (Nickelchen) von Montenegro. Fürstin Darinka, die Wiltwe des ermordeten Damlo, trat an den Sarg ihres Mannes, nahm ihm die Mütze vom Haupte und setzte sie ihr-m Neffen Nikizza auf, während der Senat und die in aller Eile zusammengelriebenen Männer der Residenz ihn als Nikolaus I. auöriefen. Der junge Fürst ist in Paris erzogen und ganz und gar ein Absenker Napoleon'schec Politik.

London, 24. Juli. Dem Reuler'schen Bureau geht fol­gende Nachricht zu: Obschon in Tcplitz ein Einverständniß im rincip über mehrere Fragen sestgestellt wurde, so hängt die erwirklichnng einer Allianz zwischen Oestreich und Preußen dennoch von den politischen Reformen Oestreichs ab. Der Prinz-Regent von Preußen erklärte dem Kaiser, daß Oestreich die Bestimmung der Bnndes-Acte verletze, welcher zufolge alle Bundesstaaten ständische Verfassungen erhalten müssen; so lauge Oestreich nicht auf den Boden der Gesetzlichkeit znrückkehre, könne eine wahre Allianz nicht einlreten. Dasselbe Bureau berichtet aus Wien: Der Ministerrath hält seit mehreren Ta­gen fast permanent Sitzungen, weil er vor Ende August vom Reicbsrache aufgefordecl werden wird, über die Reorganisation Oestreichs sich anszusprechen. Man hegt Besorgnisse, daß die Regierung keine zufriedenstellende Maßregeln erlassen werde. Für diesen Fall sind die ungarischen Mitglieder entschlossen, den Reichsrath sogleich zu verlassen, und man erwartet dann eine Steuer-Verweigerung in Ungarn. Ungarische Flüchtlinge ma­chen gegenwärtig in der Walachei Propaganda für die Revo­lution. Außer anderen militärischen Maßregeln werden auch bereits fünfzehn Cavallerie-Regimenter unter Feldzeugmeister Be- nebek vereinigt. (K. Z.)

St. Petersburg, 14. Aug. Nach dem Krimkriege ordnete der Kaiser eine Volkszählung an, die jetzt beendigt ist. Die Gesammt-Einwohnerzahl beläuft sich auf 68,931,728 See­le», und zwar 33,655,824 männlichen und 35,275,904 weib­lichen Geschlechts. Die Zahl der Bürger, Bauern und Leib­eigenen ist 53.426,2,6, wovon 21 Millionen allein dem Adel gehören. Sibirien und die Nomadenvölker umfassen etwa 4 Millionen. Der Adel und die anderen privilcgirten Klassen zählen in Summe nur 900,000 Seelen. (L. Z.)

Im Gouvernement Moskau haben sich in diesem Jahre 15 Personen aus religiösem Irrsinn selber verbrannt.

Der König von Dahomei (Afrika) hat zu einer würdi­gen Todtenfeier für seinen Vorgänger das Altschlachten von 2000 Kriegsgefangenen angcorduet, und einen Teich graben lassen, der, mit Menschcnblut gefüllt, ein Boot tragen soll; um der Gefangenen habhaft zu werden, ist ein Krieg mit den Nachbarstämmen unternommen worden. Der König von Da« Homer mag sich vor dem Schutzgeist der bedrängten Nationali­täten hüten!

Der Spion.

König Ferdinand der V71. war gestorben, und die Blut« ströme, welche seit kurzer Zeit zu fließen aufgchört, begannen Vpn Neuem Spaniens herrliche» Boden zu benetze», denn er­bitterter als jemals haßten sich Christinvs und Karlisten, nach­dem die Bevölkerung der baskischen Provinzen Don Carlos

zum König ausgernfen hatte. Die Truppen der Regentin dran­gen unaufhaltsam gegen die Städte Bilbao und Vitrona vor; aber jetzt erhob sich auf Zavala'S Ruf daS wilde BaSkeuvolk, der kühnste, frömmste und im Guerillakriege vorzüglichste Men- schenschlag, dessen furchtbarem Kriegertrotze selbst Napoleon'- Granitcolonnen nicht zu widerstehen vermvcbte». Unter ihre» Führern Zumalaearreguy, Sagastibelza, Eraso, Merino nnd an­deren Heroen bildeten sie eine Art von fliegenden Corps, die rasch wie der Sturmwind ans Bergscblncblen, Brücken und Waldungen sich ans den überrasckken Feind stürzten, nnd schnell, wie sie gekommen, auch wieder verschwanden, um auf einem an­dern Orte zu gleicher Blntarbcit hervorrnbrecben.

Kaum zwei Stunde» südlich von Bilbao liegt daS Städt­chen Gedera, welches sich durch seine Hinneigung zur Sache des Don Carlos ganz besonders auszeicbiiete. Die meisten waffenfähigen Männer hatten sich unter Znmalacarreguy'S Fahne gestellt, und nur eine geringe Anzahl waren in Gedera zurück­geblieben, um mit Hülfe der ebenfalls bewaffneten Frauen ein hier befindliches Depot zu bewachen. Der Alcalde Gomez ge­hörte zu der Negenfin Tvdtfeinden, den» auf ihre Veranlassung war sein Bruder, ein edler Hidalgo nnd Anhänger BcsflürcS mit diesem hingerichtet worden, obgleich man allgemein an seine Unschuld glaubte. Gomez brütete Rache, nnd da ein gelähm­ter Fuß ihm nicht gestattete, selbst Kriegsdienste zu thnn, so wirkte er durch sein Wort, und führte dem Karlistenhcere un­aufhörlich Streiter und Vorräkhe zu, weßhalb er beim Heere, unter dem Namen ol Llnllrv bekannt, in hohem Ansehen stand.

Der Alcalde Gomez war ein wohlhabender Mann, sein größter Schatz aber eine einzige Tochter, daS lieblichste Mägd­lein der ganzen Provinz. Ines Gomez zählte erst fünfzehn Jahre, aber schon stellten sich zahlreiche Werber ein. die jedoch sämmtlich zurückgewiesen wurde», denn der Alcalde gedachte sein Töckterlein nur an einen vornehmen Mann zu vermählen. Ganz anderer Meinung war indessen Ines selbst. Sie liebte ja ihren Nachbar nnd Schulgenossen, Pepo Castro, den Sohn eines Hidalgo, dessen kleines Gütcken freilich eben nur so viel Ertrag gewährte, als zum Unterhalt der Familie diente. Der achtzehnjährige Pepo und Ines gedachte» jedoch nicht der Ge­fahr, welche ihrer Liebe durch des Alcalde» Hochmuts) drohte, nur waren sie besorgt, das Geheimniß ihrer Herzen, welches allein Theresa, Ines alte Amme und Vertraute kannte, vor aller Welt verborgen zu halten.

Lange Zeit hatte Niemand von dem Herzensbunde der jungen Leute eine Ahnung, denn ihre heimlichen Zusammenkünfte fanden stets unter dem wachsamen Auge der alten Teresa statt, da fügte es der unglückliche Zufall, daß ein verkrüppelter Schreiber, welcher sich hinter dem Gartenzauiie des Alcalde» ins Gras gelagert hakte und dort fanllenzeud seine Cigaritto rauchte, die Liebenden belauschte. Giftig und neidglühend, wie alle gemeinen Naturen, denen die Traube unerreichbar hoch Hängt, vernahm der Schreiber der Jungfrau zärtliche Worte, erblickte sein trübes Auge des Jünglings Abschiedskuß, und als die schlanke, hübsche Manuesgestalt an ihm vorübereiltc, fühlte der Krüppel einen unbeschreiblichen Haß gegen Alle, die sein elendes Dasein verschuldet und gepflegt, denn auf ihm lastete ja für immer der Fluch der Verachtung und des Mitleids. Wenige Minuten später stand er vor Gomez und verricth ihm, was er im Garten erlauscht. (Fortsetzung folgt.)

Allerlei.

WaS wiegt die Erde? Der Präsident der Londo­ner astronomischen Gesellschaft Bail ly hat sechs Jahre hin­durch Beobachtungen angestellt, um das Gewicht der Erde zu ermitteln. Dieses beträgt über 6062 Trillione» oder genauer in Zahlen: 6,062,165,592,211,410,488,889 Tonnen englische« Hcindelsgewicht.

Ein weiblicher Haifisch wurde am 7.. in Portor4 unter dem Castell gefangen, dessen Gewicht man auf 20 Centner schätzte. I» seinem Magen fand man einen ganz unversehrte» Delphin, eine Seekatze und ein Lamm._

Truck»,,» Vertag der Ä. W. ri aifer'fchen Buchhandlung. RedaMon: Hdlji«.