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betreten. Aber seine Maßregeln kamen zn spät. - Als der Prinz durch seinen Vertrauten die Kunde erhielt, daß der alte. Welser zu seinem Bruder gegangen sei, hatte er sich- zu Philippine ge­schlichen, ihr ohne Hehl die Plane seines Oheims geschildert und sie zur Flucht ausgefordert. Das erschrockene, mit der in­nigsten Liebe an dem Prinzen hängende Mädchen weigerte sich nur wenig, zu überredend war das Flehen des Heißgeliebten und rasch eilte das liebende Paar dem ihrer harrenden Ge­fährte zn.

Der Prinz schlug den Weg nach Schwabmünchc» ein. Die Nacht war kühl, aber ein großer Mantel schützte das be­bende Mädchen, welches sich immer größere Vorwürfe über ihre Flucht machte, je weiter sie sich von Augsburg entfernte. Der Prinz tröstete sie mit den zärtlichsten Liebkosungen und malte ihr die Zukunft mit den hellsten Farben aus. Sie selbst mußte zugestehe», daß ihrer Liede die größte Gefahr gedroht habe, wenn sie noch länger gezögert hätten, diesen allerdings bedenk­lichen Schritt zu thun, und endlich beruhigte sie wieder der Ge­danke, sich endlich zu besitzen, sich fürs Leben anzugehören.

Der Plan des Prinzen war, sich von einem würdigen Pfarrer, dem er vor einigen Wochen, bei dessrn Anwesenheit in Augsburg, einen wesentlichen Dienst geleistet hatte, trauen zu lassen und bann in Tirol ei» freies, ungezwungenes Leben zu führen. Von Schwabmünchcn lenkte er daher von der Straße ab, nm nach dem seitwärts, unweit der Donau liegenden Dörfchen zu gelangen, wo der erwähnte Geistliche seine Pfarre hatte.

Die ersten Sonnenstrahlen blitzten auf, als sich die Flücht­linge dem Ziele nahten. Das Morgengiöckchen läutete ihnen friedlich entgegen, sie fühlten sich im Zauber der Natur Gott näher und die Klänge aus dem kleinen, heiligen Tempel stärk­ten noch inniger bei ihnen die Empfindungen der Liebe und der Hoffnung.

Jetzt fuhren sie in das Dörfchen ein; Landleute, welche der anbrechende Tag zur Arbeit ries, begegneten ihnen und zeig­ten die Wohnung des Geistlichen, der noch schlief. Der Prinz und Philippine harrten an der Thüre; diese zitterte vor Angst und Frost. Endlich nach halbstündigem Warten öffnete sich die Thüre und die alte Haushälterin war erstaunt über den unge­wohnten frühen Besuch. Sie führte das schöne Paar nach einem klci»>-n, mit Büchern und Schriften angesüllten Zimmer und versprach den Geistlichen von dem Besuch) zu benachrichti­gen, sowie er aufgestandcn sein würde.

Nach kurzer Frist trat der Pfarrer, ein würdiger Greis, in das Gemach. Er grüßte mit großer Ebrerbietnng, als er den Prinzen erkannte, welcher crrötheke, indessen Philippine verschämt die Augen niederschlug. Bald aber hatte sich der cr- stere gefaßt und fühlend, daß cs besser sei, ohne des Mädchens Gegenwait den Geistlichen mit seinen Angelegenheiten bekannt zu machen, faßte er diesen bei der Hand und zog ihn hinaus in das kleine Hausgärtchcn, wo er ihm ein offenes Geständniß seiner Liebe machte und um Einsegnung bat. Der wackere Mann konnte unmöglich des Prinzen ganzes Verfahren billi­gen, obgleich er selbst zugestehen mußte, daß ihm, in seinen Verhältnissen, um an's Ziel zu komme», nicht wohl ein anderer Weg offen gestanden war. Den Unterschied des Standes fand dagegen der für unerheblich, welcher Predigen sollte, daß vor Gott alle Menschen gleich seien.

Nach einigem Widerstreben willigte endlich der Geistliche ein, die Trauung zn vollziehen.Mag man mich auch deßhalb tadeln," sprach er sanfl und mild,so werde ich doch in mei­nem Gewissen Beruhigung finden, wo ich fühle, daß ich nur ein Gott gefälliges Werk befördere."

Tie Glocke der kleinen Kirche rief zur heiligen Messe. Die Flüchtlinge schloffen sich dem Geistlichen an, der sofort das Gotteshaus betrat und nach beendigter heiliger Handlung die feierliebe Einsegnung des Paares, deren Stand und Namen er laut oerkündete, vornahm. Mit betonender Stimme sprach er die Worte:

Und öS sollen die Menschen nicht trennen, was der Himmel znsanimengefügt."

Der Bund war geschlossen. Vor dem Ewigen war das

feierliche Gelübde ausgesprochen,' was sie.längst in ihrem Her­zen sich gethan hatten. Jetzt verschwanden die Schrcckensbildcr und sie schwelgten in dem Genüsse einer vorwurfsfreien Wirk­lichkeit.

Als der würdige Geistliche mit dem neuen Ehepaar tu seine Wohnung zurückgekehrt war und sie sich ihm daselbst dan­kend an die Brust geworfen hatten, sprach er ruhig:

Gott der Allmächtige möge bas für Sie beginnende neue Leben zu einem Himmel voll aufblühender Freuden machen, und ich wünsche, gnädigster Prinz und gnädigste Frau, daß Sie stets in Freude dieses Tages gedenken möchten. Jetzt wünsche ich aber vor Allem, daß Sie Ihre Verbindung alsbald dem Kaiser, sowie Ihren Eltern förmlich Kund gebe», wie ich nicht säumen werde, meiner Vorgesetzten Behörde das Gleiche zn thnn. Offen und ohne Menschenfurcht wollen wir handeln und es dem Allmächtigen überlassen, Alles zum Guten zu lenken."

Der Prinz that wie ihm angerathcn ward, konnte aber weder von dem Oheim noch von seinem Vater Verzeihung er­halten , denn es halte diese Mißhcirath im In- und Anslande großes Aussehen gemacht, Am ersten wurde der alte Franz Welser nachgiebig. Sobald er erfahren hatte, daß der Prinz wirklich mit seiner Tochter verehelicht sei, sie sich somit nicht herabgcwürtigt hatte, die Geliebte eines Prinzen abzugeben, so war auch sein Groll verschwunden und er besuchte das liebend? Paar, welches der Kaiser ans Deutschland verbannt hatte.

(Fortsetzung folgt.)

Allerlei.

Die Nahrung der Tauben.*) Alles, was dazu beitragen kann, einen herkömmlichen Jrrthum zu beseitigen, muß in unserer Zeit der natürlichen Erklärung der Erscheinungen möglichst verbreitet werden. Dabei zeigt es sich zuweilen, ja sogar in den meisten Fällen, daß es schon längst eine leichte Sache gewesen wäre, den oder jenen Jrrthum durch zweckmä­ßig geleitete Beobachtungen und Versuche anfzukläre». Bekannt­lich gelten die Tauben, so sehr wir sic auch lieben, für schäd­liche Thicre, indem sie theils die ansgesäeten, theils reise aber noch nicht geerntete Sämereien massenhaft verzehren und da­durch die Ernte, namentlich der Erbsen, zuweilen wesentlich schmälern sollen. Darauf bezieht 'sich das bekannte Selbstge­spräch jenes Landmannes, der, nachdem er Erbsen gesäet hatte, das Feld überschauend, zu sich sagte:nun, kommen sie, so kommen sie nicht; kommen sie aber nicht, so kommen sie." In der Voraussetzung, daß die Tauben dem Feldbau nachtheilig seien, ist cs auch an vielen Orten dem nicht feldbesttzenden Landbewohner, dem Häusler und Bürger kleiner Landstädte verboten, Tauben zu halten. Was ist nun Wahrheit und Jrr­thum an der Sache? Um den seit einiger Zeit entbrannten Streit über Nutzen oder Schaden der Tauben für die Landwirthschast auf dem allein entscheidenden Wege der Beobachtung und des Experiments zn Ende zu führen, hat Pastor Snell zu Hohen­stein im Naffauischen genau Buch und Rechnung über die Er­nährung, besonders der Feldtanben, geführt und durch Betasten und Oeffueu des Kropfes gefunden, daß die Tauben durch Vertilgung von Unkraulsämcreien, vor Allem aber der Vogcl- wicke, von welcher seiner Berechnung zufolge ein Flug von 20 Paar Tauben die ungeheure Zahl von jährlich 31,980,000 Körn­lein vernichtet, zu den für die Landwirthschast nützlichsten Thie« ren gehören. Interessant ist, daß sich die Nahrung der Tau­ben zum Theil wenigstens als animalisch herausgestellt hat. Snell fand, daß sie kleine Schnecken, Regcnwnrmer, Raupen, ihre eigenen Läuse, auch Mehlwürmer fressen.

») Einsender dieses, aus einer naturwissenschaftlichen Zeitung entnom­menen Artikels glaubt, wenn auch der Landmann hiedurch sich nicht sobald von der Nützlichkeit der Tauben für die Landwirthschast beleh­re» und überzeugen läßt, daß doch wenigstens die Ortsbehörden de» Flurschütze» eine schonendere Ausübung ihres Berufes gegen diese im fatschen Verdacht stehende Thiere ancmvfchlcn werden, indem durch eine Rätsche gewiß ebenso viel bezweckt würbe, als durch da« unbarmherzige Todtschießcn.

Auflösung der Charade in Nro. 64:

_ Hosenträger.

Druck«»» Perl«« der G. W. Zaiscr'schen Buchhandlung. Rkdalli-n: Hol;!,.