O Gott!" seufzte daS Mädchen,wir dürfen »ns nim­mermehr sehen."

Wie? Dn willst mir entsagen?" fragte er auffahrend.

Ich muß."

Philippine! Du könntest mir entsagen. dem Tu vor wenigen Minuten ewige Treue schwörtest?" rief Ferdinand aus.

Ja, entsagen muß ich, eines Patriziers Tochter, wohl dem Prinzen; doch lieben werde ich ihn, bis des TodcS Nacht mich umgibt."

Nein, ungetreues Mädchen, Du darfst mich nicht verlas­sen, das schwöre ich und müßte ich mein Wappen in den Ab­grund des Meeres schleudern."

Das darfst Du nicht, Ferdinand," sprach Philippine be­gütigend.Du bist berufe», Tausende zu beglücken, gerne will ich diesen mein liebendes Herz zum Opfer bringen."

Verschmähst Du mich," antwortete er,so zerstörst Du dieses Herz für immer und ein elender Mann bin ich dann, nicht gemacht, um zu beglücken. Nein, Philippine, mein mußt Du werden, mein treues liebes Weib sollst Du sei», mir höher als alles Erdenglück."

Ich, des Patriziers Welsers Tochter, kann ja nicht Dein Weib werden. Wie könnte ich meinen Blick zu dem Neffen Karls V. erheben? Und glaubst Du, Ferdinand, daß, wenn auch Du die Kraft und de» Mnth haben solltest, Dich gänzlich über eine Mißheirath wegzusetzcn, glaubst Du, daß die Deinen unsern Bund anerkennen würden? O Ferdinand! be­denke die Folgen eines Schrittes, der Dich dem Zorne des Kaisers überliefert und mich unaussprechlich unglücklich ma­chen kann."

Der Prinz hatte dem schönen Mädchen aufmerksam zuge­hört und ihr dabei fest in das seelenvolle Auge geschaut.

Nach einer kleinen Pause sagte er:

Philippine, Du bist meine Welt, mein Alles. Hier schwöre ich feierlichst. Du oder keine. Trenne Dich nicht mm mir, vertraue auf mich, denn ich wäre sonst unaussprech­lich unglücklich."

Bei diesen Worten hatte er sich auf ein Knie niederge­lassen, der Geliebten Hand ergriffen und schante ihr mit treuen Blicken in's Auge. Lange sah ihn das Mädchen a». Da mochte sie eine eigene Rührung beschleichen, denn plötzlich zog sie ihn an sich und nef:

Ich bin Dein, möge Gotl Alles zum Guten lenken."

Prinz Ferdinand drückte das herrliche Mädchen fest an sich, ein inniger Kuß, mit Feuer gegeben, besiegelte den scstge- schlosscne» Bund und beim Aufleuchten der Blitze eilte er über die Mauer zurück.

Auf ähnliche Art sahen sich die Liebenden öfter, und be­reits war in kurzer Zeit ihr Lebensplau zur Reife gebracht. Eines Nachts aber, als er seine Geliebte verließ, stand noch der Mond am Himmel. Der alte Welser, Philippinens Vater, belästigt durch die Hitze, hatte das Fenster seines Schlafkabi- »ets, welches auf de» Garten ging, geöffnet, und schöpfte frische Lstft. Da sah er einen Mann durch den Garten über die Mauer eilen, welcher aus der Thür gekommen war, die zu Phi­lippinens Zimmer führte. Einen Augenblick gab er dem Ge­danken Raum, der Flüchtige sei ein Dieb, bald aber muthmaßte er etwas Anderes und zwar das Nichtige.

Der alte Franz Welser war nicht der Mann, um polternd mit der Thüre in das Haus zu fallen, wie man im gewöhnli­chen Leben sagt. Er legte sich vielmehr am andern Abend auf die Lauer, und beabsichtige, den ungebetenen Gast festzunehmen, wenn er den Garten betreten haben würde. Aber der Mond, welcher ihm behülflich gewesen war, den Prinzen in der vori­gen Nacht zu sehen, half diesem, mit scharfen Augen spähenden, den Aufpasser im Gebüsch zu entdecken. Rasch' schwang sich Prinz Ferdinand über die Mauer zurück und eilte nach Hause. Der alte Welser aber schlüpfte durch ein Seitenpförkchen auf die Straße, verfolgte jenen und sah ihn seine Wohnung er­reichen.

Hinter einem großen Arbeitstische, bedeckt mit Papieren, faß Kaiser Karl V. Er wap ein Mann von majestätischem An«

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sehen. Der Ausdruck seines Gesichts zeugte von tiefem Ernste und man behauptete, er habe nur einmal gelacht. Er war von edlem Betragen und seinen Sitten, sprach wenig und wenn es geschah, kurz und bündig. Von ansdanernder Heftigkeit, lang­sam im Beschließen, schnell im Ausfuhren, eben so reich an Hülfsmitkeln, als scharfsinnig in ihrer Wahl, begabt mit einem kalten Urtheile, stets Herr seiner selbst, folgre er ganz seinem Ehrgeize und siegte leicht über Hindernisse. Trotz seines schein­bar offenen Wesens war er doch falsch und hinterging unter dem Scheine von Großmuth und Aufrichtigkeit selbst Diejenigen, die seine Ränke schon erfahren hatten. Er kannte die Men­schen und ihre Leidenschaften genau, und wußte sie für seine Zwecke zu gebrauchen. ,

Dem Kaiser zur Seite, welcher ein Schreiben durchlaS standen zwei Männer. Der Eine war ein großer, hagerer Greis mit silberweißen Haaren. Er trug einen eng anliegenden schwarzen Rock mit einer Reihe Knöpfen, der gerade so lang war, um den Leib bedecken zu können.

Die Beinkleider waren eng und anliegend und cs gingen die kleinen Stiefel, welche nicht ganz bis zur Hälfte der Wa­den reichten, über dieselben. Der kurze, weiße Hcmdkragcn war über den kleinen Rockkragen ausgcschlagen »nd eine schwere goldene Kette, au welcher des Kaisers Bill»,iß, hing um de» Hals. Es war dieses der Patrizier Bartholomäus Welser, der Gcheimerath Karls V.

Der Andere war nicht so groß als dieser. Sein Anzug war beiläusig derselbe, nur trug er hohe, bis an das Knie he­raufgehende Stiefel. Er stand etwas weiter rückwärts und sein ganzes Benehmen zeigte eine gewisse Verlegenheit. Es war dieses Franz Welser, der Vater Philippinens.

Der Kaiser hatte den Brief durchlesen, welcher vor ihm auf dem Tische lag. Er erhob sich sodann rasch, sah den älte­ren Welser scharf an und sprach:

Also an Eure Nichte?"

So ist'S, Herr," gab dieser zurück.

Und Ihr habt." frug Karl, gegen den Jüngeren ge­wandt, weiter,den Brief unbemerkt wcggcnommen?"

Ganz unbemerkt," crwicdertc Franz Welser.

Ist wieder so hinzulegcn. Will ihn schnell kuriren, den Neffen. Was denkt Ihr, Bartholomäus, eine Verehe­lichung mit der jungen Prinzessin von Baier», welche heute mit ihrer Mutter hier durchkommt? Eine gute Wahl, wie," sagte der Kaiser in abgerissenen Sätzen.

Ich hätte mir schon längst erlauben wollen, darauf Hin­zuwelsen, aber ich befürchtete . . ." sagte B. Welser.

Ich verstehe," fiel der Kaiser ein.Doch beruhigt Euch; ich habe Alles scharf überlegt und bin nun entschlossen." Sofort wandte er sich an Franz Welser und sagte:Kein Aussehen gemacht; gerade gcthan, als wäre nichts vorgefallcn, verlaßt Euch auf mich ..."

Bei diesen Worten nickte der Kaiser und gab das Zeichen zum Abtreten. Franz Welser entfernte sich und der Kaiser sandte nach seinem Neffen, der auch bald erschien. Mit feinem Anstand betrat Prinz Ferdinand das Gemach und grüßte den Kaiser mit Ehrerbietung. (Fortsetzung folgt.)

Allerlei.

Die wilde Kamille soll das beste Mittel sein, um die Mäuse von den Getreideböden und aus den Scheuern zu entfernen. Man braucht nur damit die Böden, die Tennen und Barren zu belegen.

Ein Bremer Kaufmann, der in einem Bade am Taunus ver­weilte, hatte dort einen Esel gekauft, den er seiner Frau schicken wollte. Er telegraphirte: Liebe Fraul Dein Esel kommt heute Abends mit dem Scchsuhr-Zuge, nimm ihn gut auf.

Charade.

Die Ersten darf der Man» nur tragen;

Die letzten Beiden müssen tragen;

Das Ganze aber wird getragen.

Auch bin ichs selber, kann ich sagen.

Lruckun» Verlag derW.W. Zarte r't<V«»Vuchh»i>dtu»g. Stedattio«: Hiljle.