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mehr Mannschaft an Bord z» nebmeu; Garibaldi »»d Nino Bixin befehligen tie Schiffe. Tic M.une von Talamane empfing Garibaldi und tic Bevölkerung kam dcn Freiwilligen freundlichst eutgegen. wclchc sämmtlich bald wieder abgiugc». (Fr. I.)
Turin, 12. Mai. Tic Nachrichten aus Neapel lanlen sehr trübe. In teil Abruzzen hat sich das Volk erhoben. Ans Sizilien ist dic Lage cinc entsetzliche: in dc» letzten Tagen starben mehrere Personen in Palermo deS Hunger todeö — an einem Tage allein vier. Ganze Familien sind brodlos. Tiefe ver- jvcifelie Lag: sacht die Wnih des Belkes auss Nene an.
Die Expedition Garibaldi's. Die „Opiuion nationale" enlhälk einen Brief rines Augenzeugen der Expedition, der schreibt: „Es war eine tief ergreifende Scene. Tie Leute versammelten sich in einer schonen Nacht auf einer Billa am Sceuser, einige Meilen von Genna. Es waren ihrer, wie man mir sagte, gegen 2000; sicher ist, das; alle Alleen des unermeßlichen Gartens mit Truppen von Freiwilligen gefüllt waren, die, mit Muskete» und Munilwuskiste» belad.n, ans Gestade ginge», um jene ans Boote zur Uebersahrt ans dic Schiffe zu bringe», — und all dieß, ohne daß ei» Wort gesprochen wurde — außer einige »othwendige, wispernd crtheilte Befehle. Jedermann war ernst; kein Geschrei, kein Paradeeiithusiasmus; aber ans jedem Antlitze lag der Ausdruck starrer Energie und tiefer Ueberjengung. Erst ans der See wird Garibaldi seine Befehle erthcilen. Garibaldi muß einen brillanten Plan im Kopfe habe», den er aber noch Niemanden mitgetheilt hat, — denn sein Gesicht strahlte." — Der nämliche Brief schreibt, daß Garibaldi seinen einzigen Sohn mit sich nimmt, und »ne bedauert, daß er nicht 1Ö Söhne hat, um alle milzunehmen. George Manin, der Sohn des Präsidenten der vcnetianischen Republik, begleitet ihn ebenfalls. (N. Z. Z.)
Im Orient stehen neue Verwicklungen bevor. Tie französische Flotte i» Tottlon rüstet sich zu einer weilen Fahrt nach dem Orient, wo, wie der Moniteur sich dunkel ausdrückt, „die Aufregung ein Einschreiten der Mächte fordern könnte."
Omer Pascha ist öffentlich und ehrenvoll vom Sultan dringend eingeladen worden, nach Constantinopel z» eilen und dem kranken Manu mit seinem Kopf und Schwert Dienste zu leisten.
Die Ioliannisnacht.
,Fortsetzung.)
„DaS ist ja Konrad, der Jägcrbursche", cntgegnete die Gräfin beruhigt, „was bringst denn Tn so früh, was trägst Tu?"
„Meinen Vater, gnädige Gräfin", ries Konrad schmerzlich aus.
„Ist er verunglückt, der arme Vater? verunglückt beim Feuer?" fragte sie wie erschrocken.
„Ja, gnädige Gräfin", versetzte Konrad, „mein armer Datei ist verunglückt durchs Feuern, — verunglückt durch mein Feuern."
„Unten hinein in den Gartensaal!" befahl sie schnell und verschwand am Fenster.
Wir begaben uns Alle in den Gartensaal. Als wir hinein waren und in der Milte deS Saales standen, commaudirte Konrad: „Niedergesetzt!"
„Nun kannst Du gehen", fuhr er fort, „ja Franz, es ist mir lieb, wen» Du gehst. Gehe zu meiner lieben Marie, sie wird ja erschrocken sein über den Feucrlärm. Noch mehr wird sie freilich erschrecken über das, was mir und meinem Vater geschah. Ich weiß nicht, ob T»S ihr erzählen darfst, siehe selbst zu, Franz, was das Beste ist. Ich weiß cs nicht, stehe zu, und nun gehe, Franz."
4.
Kaum war Franz hinweg, so trat die Gräfin mit ihrer Kammerjuugfer in den Saal. Letztere stellte ein brennendes Wachslicht, das sie mit sich brachte, auf de» Sophatisch, brannte auch noch einige Lichter auf den Wandleuchten! an, so daß es, da überdies der Feuerschein noch immer stark genug durch dic hohen Fenster leuchtete, im Saale vollkommen hell war.
„Was fehlt Deinem Vater? Wie verunglückte er?" fragte rasch und in einem so vornehmen Tone die Gräfin, daß mir
es gar nickt so theilnehmend klang wie vorhin. „Ihr Leute seid immer unvorsichtig, nickt wahr? AI er beim Feuer islS verzeihlich, wenn ick Helsen kann, will ick Helsen . . ."
„Helfen, o helfen, gnädige Gräfin!" rief laut und schmerzlich Konrad dazwischen.
„Aber was gibt es denn?" fragte befremdet die Gräfin, „für einen gewöhnlichen Fall bist Tu zu aufgeregt, Konrad. Was f.hlt Deinem Vater, er reg! sieb ja nickt, liegt er in Ohnmacht? Ick werde nach dem Arzte schicken."
„Wir brauchen keinen Arzt", fuhr Konrad welimntbig, aber mit fester Haltung fort, „mein Vater ist tobt, ick selbst habe ibn gelödtet! Nickt bei jenem Feuer dort drüben verunglückte er, sondern draußen im Walde, wo ick in dieser Nacht einen Husch, — o großer Gvkt, großer Gott!"
„Was hast Du geihan, Tu hast gemordet!" rief erschrocken die Gräfin.
„O, nickt gemordet, nein, nein!" entgegnetc Konrad. „Klagen sie dieses Gewehr, klagen Sie die Kugel an, die in der Brust meines Vaters sitzt!"
Hell klirrte unter dem Schlage seiner Hand das Gewehr, Mit raschem Schritte trat er zur Leiche, und zog die Decke hinweg. „Hier, hier sitzt die Kugel!" sprach er weiter, „die Schuldige hat sich verkrochen, hat sich tief hineingebohrt, wer kann mit ihr reckten!"
Tie Gräfin, wenn sie auch de» Zusammenhang des Geschehenen nickt kannte, begriff doch den Schmerz, der in Kon- rad's ganzem Wesen sich ansprägtc. Sie warf einen Blick auf den Leichnam, winkte mit der Hand, daß wir ihn wieder zndecken sollten, und trat zurück mit dem Befehl: „Erzähle Konrad, erzähle aufrichtig und wahr!"
„Bei der Leiche meines Vaters, aufrichtig und wahr!" versicherte Konrad, während ick den Vetter wieder zndecklc und mich dann traurig in einen Winkel stellte, und bei der Erzählung, welche jetzt erfolgte, oft i» Thränen ausbrach.
Konrad aber erzählte wehmüthig Alles, wie es geschehen. Er svrack von der alten Susanne, von dem Begräbnisse, von den Rechnungen des Arztes und Apothekers, von der neuen Verschreibung des kleinen, wasserlosen Grundstückes, von seinem Vater und der Wünschclrnthe, von seiner Liebe zu Marie, vom Schulmcister und dessen Lohne, von dem nächtlichen Gange nach der Wünschelruthe und nach dem Hirsch. — und als er kam zu dem unglücklichen Schüsse, -der seinen Vater getroffen, da brach er in laute Thränen aus. Er konnte nicht weiter reden, — wir weinten Beide. Da trat dic Gräfin zu mir. Nicht ohne Thcilnahme, nicht ohne Milde fragte sie: „Hast Du auch Etwas zu erzählen?"
Ich wagte cs nicht, zu der vornehmen und schonen Fran anfznblicken, ich schüttelte nur mit dem Kopfe, wobei ich schluchzend erklärte: Es sei Alles ganz so gewesen, wie es Konrad erzählt. Letzterer war ruhiger geworden, er erzählte weiter, bis zu unserm Eintritt in den Garten.
Die Gräfin ging lange, ohne ein einziges Wort zu jpre- chen, im Saale auf und nieder. Dann setzte sie sich und schrieb. Das kleine Papier, welches sie zusammeiifaltete, gab sie der Kammerjuugfer. Diese ging fort damit. Die Gräfin sprach, so lange Jene abwesend blieb, über Marie, welche, da sie ja bei der Gräfin in Diensten gewesen, noch im guten Andenke« bei ihr stand.
Bald, nachdem die Kammerjungfer znrückgekehrt war, kam der Amtmann durch den Garten. Die Gräfin verließ uns, sie ging mit dem Amtmann hinauf in eins der Lusthauszimmer. Wohl eine halbe Stunde lang blieben wir mit der Kammerjung, fer, welche uns Wein und Semmel brachte, allein. Dann kam die Gräfin mit dem Amtmann in den Saal zurück. Der Letztere trug einige Bogen Papier in der Hand, — er hatte wohl Alles niedcrgeschriebeii, wie die Gräfin cs ihm mitgetheilt.
Sofort trat er a» den Leichnam, zog die Decke weg, besah Brust, Gefickt, Wünschelruthe, Mütze, und fragte nach dem Alter Kourad's und deS Todten. (Forts. solgtJ
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