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ihm diesen Wunsch auch so bald als möglich — es war am dritten Tage — erfüllt, aber schon in der nächsten Nacht fei er, der von Kindesbeinen an nie krank gewesen, in ein so heftiges Nervenfieber verfallen, daß llna» jeden Augenblick seinem Tode entgegengesehe». Erst z» Ende der zweiten Woche sei die schlimmste Gefahr überwunden worden, und von da an habe er sich anch zusehends erholt, so daß er gestern znm ersten Male wieder »ach seinen Bienenstöcken habe sehen dürfen. „Ach, Wido, es war eine schlimme Zeit und das Liedchen meiner Mutter ist mir nicht aus dem Sinn gekommen; warst du doch auch fort und brachte mir keines einen Gruß von dir; nun aber ist Alles, Alles wieder gut, nun ich dich und den Baker wieder habe, du lieber, guter Wido!" Hiermit schloß Cillh ihre Erzählung und freudig thcilte nun auch Wido seine Erlebnisse mit, bis er endlich aus seiner Tasche die Dukatenrvlle nebst dem übrigen von ihm verdiente» Gclde heransbolte und beides dem Alten entgegenhaltcnd mit trinmphirendeni Blicke sagte: „Seht, Vater, nun bin ich auch so reich, wie der Georges, ohne daß ich in dem dunkeln Krämerladcn zu bocken biauche, und nun kann iä> mir auch wieder einen Stutzen kaufen und hinaufgehen auf die Alp und »ach der Gems ichicße», derweil unten Cillh Euch und das Haus wohl hütet, bis ich wieder komme und Euch errählc, was ich ans den Berge» gesehen habe! Ach, was soll's für eine Leben und eine Lust nun werden!"
Erst spät am Abend, nachdem der Baker schon längst sich zur Ruhe begeben, tackte Wido daran, seine Wohnung anfzu- suchen, die Liebende» hatten ja gar zu viel von der Vergangenheit und von der Zukunft mit einander zu reden, und als sie endlich dock sich trennen mußte», da meinte ein Jedes in seinem Herze», ein so schöner Tag sei noch gar nicht dagewesen und könne wohl anck nickt wicdcrkommcn, und leider sollte diese Ahnung in Eifnllung gehen.
Absichtlich hatte Cstly bei ihren Erzählungen Georges' mit keiner Silbe Erwähnung gethan, um die erste Freude nicht zu stören, und ans gleichem Grunde hatte auch Wido nicht nach ihm gefragt. Mit widerlicher Zudringlichkeit halte er, als Cillh und Simon in ihr Hans znrückgekehit waren, daraus bestanden, daß die Hochzeit noch am festgesetzten Tage staltfinden sollte. „Ist auch der Alte jetzt »och krank", sagte er, „jo vsird'S schon Haid besser werden — eine Hochzeit macht Jeden gesund — und ich Hab nun einmal sein Wort, das er mir nickt umsonst gegeben haben soll!" Mit Entrüstung hatte ihn Cillh auf diese Worte ans ihrem Hause verwiesen, in welches er trotz der gefährlichen Krankheit Simon's eingedrungcn war. Cie würde jedoch ihren Zweck nicht erreicht haben, da er es selbst versuchte, ihre Strenge durch eine Umarmung zu besiegen, wäre nickt zu rechter Zeit der Arzt gekommen, dessen Erscheinen seiner h»Verschämtheit für diesmal ei» Ziel steckte. Sorgfältig hatte Cillh seitdem die Thür verschlossen gehalten; mußte sie aber doch ein oder das andere Mal das Hans verlasse», so konnte sie mit Sicherheit darauf rechnen, von Georges oder auch dessen Baker und Mutter verfolgt nnd durch ihre lästigen Anträge gepeinigt zu werden. Sobald es daher das Befinden Simon's nur einigermaßen gestaltete, hatte sie ihm nochmals ihr Herz ausgeschutlet und zufolge der Umwandlung, die, wie äußerlich, so mehr noch innerlich mit dem früher so harten und selbstsüchtigen Manne geschehen war, ein williges Gehör gefunden. Gänzlich überrascht davon, daß sein Lebensretter zugleich der schon längst Geliebte seiner Tochter war, hatte er Cillh die Einwilligung gegeben, in seinem Namen an Georges' Vater eiuen Brief zu schreiben, in welchem er sei» Wort zu- rückfordcrte, das er doch nur unter der wenn auch unausgesprochenen Boraussetzung von Cillh's Einwilligung habe geben können. Da nun die Wahl seiner Tochter bereits auf einen Andern gefallen, so bitte er, sie auch mit ferneren Anträgen zu verschonen, die doch nur vergeblich sein würden. Ein Antwortsschreiben war bereits in der nächsten Stunde erfolgt; er, Georges' Vater, habe ja schon längst sich Mühe gegeben, seinem Sohne von der so thörichten Verbindung mit ciner „Bct- leldirne" abzurathen; wirklich sei ihm dies auch in den letzten Tagen noch gelungen, so daß es jenes Briefes gar nicht be
durft hätte. Und allerdings hatte George», obgleich erst nach dem Empfang des Brieses, seine frühere leidenschaftliche Liebe, wenn eitle Sinncnlnst io genannt werden darf, in giftigen Haß verwandelt und ans Racke gelonnen, die er an Cillh nnd de- ren Geliebten, wer er nur immer sei, nehmen wollte. Schon halte er augesaugen, in dem Städtchen die nachkbeiljgsten Gerüchte über die Keuschheit Cillh's zu verbreiten, und erfreute ihn die Wahrnehmung, welche willkommene Leute seine Erzählungen den bissen Zungen waren, so brachte ihm nur noch der Umstand Verdruß, daß er trotz aller eifrigen und listigen Nachforschungen nicht aus die Spur seines glücklichen Nebenbuhlers zu kommen vermochte. Lest der Rückkehr Wido's konnte er diese freilich ohne alle Mühe ansfinden, da er ja den Jüngling fast stündlich bei Cillh aus- und cingehen sah. Ohne mit sich einig zu sein, welchen Racheplan er gegen diesen ansführen sollte, begnügte er sich einstweilen damit, anch ihn mit gleich glücklichem Erfolge durch die schamlosesten Lügen zu verdächtigen, während Wido, kamen letztere ihm hie oder da zu Ohren, sie ganz unbeachtet ließ, Iren dem Vorsatze, den er ans Cillh's Mltthci- lnng über das Vorgesallene gefaßt hatte, sich mit Georges, als einem feigen und hinterlistigen Burschen, gar nichts zu schaffen zu machen, wenn ihn nicht die äußerste Nvthwendigkeit dazu zwänge.
(Fortsetzung folgt.)
Ä i i e r l c i.
— Ein ehemals preußiscker Ostizicr i» Kiel Haiti einen Sohn, der in der französischen Fremdenlegion diente. Plötzlich wurde das Regiment »ach Italien kommandirk, um gegen die Oestreicher zu fechte». Dem Vater war dieser Gedanke fürchterlich; er eilte »ach Paris, um den Abschied für seinen Sohn auszuwirkeii. In Paris wurde er an die kommaiidireii- de» Generale in Italien verwiesen. Er eilte dahin und von Lager zu Lager, um seinen Sohn zu suchen nnd fand ihn in dem Augenblicke. wo die Schlackt von Magenta ihren Anfang genommen halte. Vor seinen Angen marschirte der Sobn gegen die Oestreicher. Da ward der patriotische Man» wahnsinnig. In diesen Tagen ist er in Kiel in der Irrenanstalt gestorben.
— Als der berühmte Franzose Montesquieu im Begriff war, Nom zu verlassen, erhielt er eine Abschiedsaudienz beim Papst Benedict XIV. Dieser behandelte ihn mit großer Liebenswürdigkeit und sagte zu ihm: „Mein lieber Präsident, ich will Ihnen ein Andenken meiner Freundschaft mitgcben. Ich gewähre Ihnen das Recht, lebenslänglich in der Fastenzeit Fleischspeisen zu genieße i, und diese Gunst dehne ich auf Ihre ganze Familie aus. Montesquieu bedankte sich höflich. Bald daraus empfing er die „TiSpensbnlle" mit einer sehr bedeutenden Gebührcnrechnnng für die Ausführung. Aber Montesquieu fand die Gebühren etwas zu hoch, gab die Bulle dem päpstlichen Seccetär zurück und sagte zu ihm: „Ick danke Sr. Heiligkeit für so viel Güte; aber der Papst ist ein so braver Herr, daß ich ihm schon aufs bloße Wort glaube, und Gott wird'» auch thun! Nehmen sie »nr das Document wieder mit."
— Nach einem Berichte der Times ist nun schon die 2. Schiffsladung mit Knochen von dem Schlachtfeld bei Seba- stopol in London angekommcn. Es ist nicht angegeben, ob diese Knochen zu Düngemehl oder, wie die vom Schlachtfelde zu Waterloo, zu Stiefelwichse verarbeitet werden sollen. Das, ihr Herren Franzosen, ist die xlolra für das gegenseitige Hinschlachten! Die Namen der Helden kennt Niemand, aus ihren Knochen aber fabrizirt der Spekulant nach wenigen Jahren Stiefelwichse.
— Die „Fr. Familienblätter" bringen folgenden Scherz:
Nicht mehr wahr.
„Raum ist in der kleinsten Hütte Für ein glücklich liebend Paar;" —
Seit die Crinoline Sitte,
Ist der Satz doch nicht mehr wahr.
Druck und Verlag der G. W. Z a iser'scheu Buchhandlung. VlebakNo» - HS lzlk