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Turin, 12. Okt. DerAufruf Garibaldi's an seine gewesenen Waffengefährtcn in der Lombardei" hat seine Wir­kung nicht verfehlt. Es strömen seitdem die jungen Leute mas­senhaft über den Po, nud eS sollen am letzten Sonntag bei Cremona allein ihrer 600 die Brücke passirt haben. ^ Auch die Gcwehrsnbskription kommt in Gang; ein reicher Mailänder No­bile hat allein 100,000 Franken unterzeichnet, außerdem sollen Garibaldi von London aus die annehmbarsten Anerbietungen, freilich anlehenswcise, gemacht worden sein. Von Marseille sind 25,000 Gewehre für ihn nach Livorno abgegangcn. (S. M.)

Der Diktator Farini hat in Parma alle Angestellten, welche fick bei der Ermordung Anviti's Schwäche zu Schulden kommen ließen, abgesetzt. Außer der Nationalgarde darf Nie­mand in Parma Waffen haben.

Paris, 15. Okt. Der Ami de la Religion und der Uni vers zeigen an, daß ihnen von der Regierung ver­boten sei, bischöfliche Erlasse zu veröffentlichen. Sie melden, daß ihnen weitere Erlasse und Hirtenbriefe vom Erz­bischof von Lyon und den Bischöfen von Soissons, Revers, Monlins, Bannes und Ln;on zugegangen sind. Der Siccle spricht die Hoffnung aus, der Congreß werde die Verträge von 1815 ein für alle Mal gründlich beseitigen.

Paris, 16. Okt. Gibt cs eine mehr von allem irdi­schen Glanze umflossene Familie, als das französische Kaiser­haus? Und doch, wie wenig beneidcnSwerth ist ihr Geschick! Das Lächeln auf den Lippen, die Todesangst im Herzen! In­mitten der Herrlichkeiten Bordcanx's, war aus London die Nachricht cingetroffen, daß cs aus dem Weg nach Paris auf einenunfehlbaren" Mord an sch lag angelegt sei. Daher, wie schon mehrmals, plötzliche Abänderung des kaiserlichen Neiseplans. Ja, um die Gefahr zu vertheilen, wurde sogar der Kronprinz im öffentlichen Schnellzug besonders abgesendet, aber bei fernerer Ucberlegnng sofort unterwegs durch den Tele­graphen wieder anfgehallen. Man denke sich die Unruhe der Mutter während einer solchen Reise! Mehrfache polizeiliche Untersuchungen sollen augekuüpst sein, unter anderen in Tours; so lautet wenigstens das öffentliche Gchcimniß des heutigen Tags. Daß die Gefahr drohend sein mußte, beweisen die Vor­sichtsmaßregeln. Man schaudert bei dem Gedanke» einer sol­chen Katastrophe, und doch hängt dieses Damoklesschwert über dem Geschick Europa's! Niemand weiß, ob und wann die Stunde kommen wird, aber würde sie den deutschen Bund be­reit finden ? Welche Mahnung an Deutschlands Fürsten und Völker!

Paris, 17. Okt- Der Moniteur meldet: Die Friedens- bcdingungen zwischen Frankreich und Ocstreich sind von den Bevollmächtigten Frankreichs und OestrcichS heute in Zürich unterzeichnet worden. (Demnach wäre der Frieden mit Sardi­nien noch nicht abgeschlossen.) (T. D.d.H.T.)

Die Thierschtttzvereine, die Friedensfreunde, Presse nnd der Krieq.

(Aus derKirchcnfackel" Nr. 41. *1859.)

München, im Sepl. 1859. (Bekanntmachung ii der Allgcmcinen Zeitung.) Wir haben über den Unglück seligen Einfluß der Grausamkeit gegen die Thicre auf die Frag von Krieg nnd Frieden Belege aus der Geschichte schon naci Hunderten geliefert, die letzten in Nr. 121, 140 und 162 de Allgcm. Ztg. Seit mehreren Monaten enthalten alle öffentli chen Blätter Schilderungen der traurigen Folgen des Kriegs also der Erziehung ohne die Grundlage des Mitleids. All dieses stellt aber natürlich nur einen ganz kleinen sichtbarei Thcil des unendlich großen Ganzen dar. Und von diesem klei nen Theil wollen wir hier wieder nur ein kleines Thcilchcn lie fern, so daß aus diesem verkleinerten Maßstabe ein wahrhaf grauenvoller Schluß auf den Umfang des Ganzen sich von selbs aufdrängt. Ein hochgestellter und hochgeachteter Staatsdienc aus München, der kürzlich mit zwei Freunden Tvrol durchreiste schreibt uns:Wir besuchten das Schloß Rotholz, in dem ge gen 400 verwundete Oestrcicher nntcrgcbracht waren, nnd de Anblick der vielen leidenden Gestalten, die sich meist in gan jungen Soldaten der verschiedenartigsten Waffengattungen uni darboten und als.wahre Bilder des Jammers und der Vcr

stüminlung erschienen, machte einen schmerzlichen Eindruck auf uns. Auffallend war, daß neben den vielen Schußwunden mit Knochenverletzungen sehr viele Verwundete Verletzungen an den Fingern der rechten Hand hatten, was davon hcrrührcn soll, daß sie bei dem gegen sie im Kampfe unternommenen Bajo- nctte-Angriffe zur Abwehr nach den Bajonetten der Feinde griffen und, weil deren Bajonette dceisch,leidig und geschliffen sind, an diesen sich die Finger theils ab- thcils durchschnitten. Charakteristisch war der gemeinsame Zug von Gram in den Gesichtern dieser Leute, selbst der unbedeutender Verwundeten, welcher Zug nicht sowohl Folge der Verwundung allein, als auch deS Bewußtseins zu sein schien, so viel geduldet, so viel gekämpft zu haben ohne Erfolg. Und der blaue Himmel lachte in sonniger Klarheit über dem herrlichen Thale, unbe­kümmert um den Seclenschnierzvon mehreren Tausenden (17,000), die mit ihren körperlichen Leiden darin Unterkunft gefunden haben ..... Der Eindruck (den sonst die Schönheit nnd die Sehenswürdigkeiten von Innsbruck machen) wurde bei uns 3 Reisenden durch die Menge der uns ans den Straßen begeg­nenden Verwundeten herabgestimmt, bei welchen nicht selten Krücken die fehlenden lebenden Stützen vertraten, und zwar meistens bei jugendlichen Gestalten. Derselbe Zug von Gram auch hier, wie in Nothholz, ja selbst die Stadt schien nicht frei von diesem Zug, denn in Wahrheit, mir ist ein heiteres Ge­sicht von Innsbruck nicht in Erinnerung geblieben. . .. Viele Soldaten marschirten (in Italien) 36 Stunden hin un) wieder und wurden, ohne menagirt zu haben, in's Treffen geführt, das gegen 19 Stunden dauerte; da ist's doch wohl erklärlich, baß die Leute, von Hunger und der gräßlichen Sonnenhitze, wie durch vieles Marschiren, bis auf den Tod erschöpft- nm- sanken und mit Freuden einer erlösenden Kugel entgegensahen, und der Art ermattete Leute sind die Meisten der Gefangenen

gewesen. Ein östreichischcr Offizier erzählt uns:Nach

der Schlackt bei Magenta, wo er einen keinen edlen Theil ver­letzenden Schuß durch den Unterleib erhielt, und erst in Folge eines an den Schienenbeinen empfangenen Prellschußes zu Bo­den sank, kam wahrend der Nacht ein französischer Offizier mit Bedeckung und suchte beim Scheine einer Laterne seine Kampf­genossen hervor. Er bedauerte, bei dem östreichischen Offizier angekommen, diesem nicht auch helfen zu tonnen, gab ihm jedoch Wein nnd Brod und verließ ihn wieder. Als nun diese Truppe der Franzosen das Schlachtfeld verlassen hatte, erho­ben sich Verwundete aller Art und in allen Stellungen, die in den Sprachen der veschiedenen östrreichischen Kronlä.idcr um Hülfe nnd Rettung flehten nnd, als diese immer noch nicht kommen wollte, allmählig leiser und leiser stöhnend auf ihre schauerlichen Ruheplätze znrücksankeii." Diesen Moment bezcich- ncte der verwundete Offizier, dem noch Rettung ward, als

den gräßlichsten seines Lebens.." Die Allgemeine Zci-

tung beschreibt den Transport der Verwundeten auf der Eisen­bahn:gewiß die erschütterndsten Ecencn menschlichen Elends, Verwundete in allen Stadien* der Oual und des Todcskam- pfcs, nur halb gekleidet, zerrissen, bestaubt, mit ihrem cigc- nen Blute überklebt. Unter ihnen Priester hin und her wan-- dcln, um den Sterbenden die letzte Wegzehrung zu spenden. Hier das verglaste Auge des Todes, welches zeigte, daß der Leidende erlöst war; dort der verzweifelnde oder brechende Blick anderer, vor denen der Priester kniete und welchen der Tod näher und näher trat; wieder andere ausgestrcckt liegend, die man für verschieden gehalten hätte ohne ein kaum merkliches Zwinkern des Auges oder Zucken eines Gliedes. Wer hier eintrat, ward unwillkürlich still und zog, beim Anblick so vic- lcn Elends den Hut ab. Die Todcsstille wurde nur zuweilen unterbrochen durch die feierlichen Worte des Priesters, einen wahnsinnigen Aufschrei des Schmerzes, ein Schluchzen oder einen leisen Seufzer.*) Man vergaß den Sieg und beklagte nur diese armen Menschen, die, statt daheim friedlich ihren häus­lichen Beschäftigungen nachzngehen, zu all diesen Leiden'beru-

*) Und die Schmerzensrufe, das Schluchzen, die stillen Seufzer der Angehörigen dieser Schlachtopfer, der Geschwister, der Väter, der Mütter -- wer hört und zählt diese?? Nur Einer hört und zählt sie, der zuletzt mächtiger ist, als alle ehrgeizigen Eroberer!

EL-