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Konstanz, 4. Okt. Prinz Napoleon ist mit Gefolge hier eingetroffcn, und verfugte sich zu einigem Aufenthalt sogleich nach der Besitzung des Kaisers Napoleon, Arencndcrg.
Frankfurt, 23. Okt. Ein glücklicher Zufall setzt uns in die Lage, die Gesichtspunkte mittl,eilen zu können, welche der Herzog von Cobnrg-Gotha in seiner Antwort auf die ö tr. Drohnote'hauptsächlich'betont. Es sind folgende: 1) das östr. Eabiuct müsse die Anrede deö Herzogs an die Gothaer Deputation vollständig falsch verstanden haben. Er habe nur darin ausgesprochen, daß er eine Einigung Deutschlands in irgend einerForm wünsche; dazu sei aber keineswegs cin^Ausschließcn Oestreichs nöthig, oder darin angcdeutet. 2) Müsse er sich als souveräner Fürst ernstlich dagegen verwahren, irgend Jemanden, am wenigsten einem anderen Cabinct, Rechenschaft über Das schuldig zu sein, was er sage. 3) Der Herzog sei Der gewesen, der im letzten Kriege Oestrcich am Meisten vertreten, am Ernstlichstcn darauf gedrungen habe, ihm bciznstchcn, und warum sei das nicht möglich gewesen? Theils, weil gerade die jetzige Bundesverfassung so trostlos sei, und dcßhalb eben gerändert werden müsse, anderen Theils, weil gerade Oestrcich durch seinen überraschenden Frieden von Villafranca cs unmöglich gemacht habe. 4) Der Herzog glaube gar nicht, daß der .Kaiser von Oestreich von der an ihn gerichteten Note etwas -erfahren habe. Der Kaiser wisse, wie sehr er ihn persönlich -achte und verehre. Um so mehr müsse er aber jetzt daraus drin- -gen, daß ihm diese Antwort nicht vorcnthalten, sondern gezeigt -werde. (Fr. I.)
Preußen wird, wie mit Bestimmtheit versichert wird, Die Wiedereinführung der durch Hassenpflug zerstörten Verfassung von 1831 in Kurhessen entschieden verlangen. Preußen bat in einer Note an Oestrcich die Berechtigung der nationalen Bewegung nochmals ausdrücklich anerkannt.
Die Berliner werden nun vollends auf den Strumpf kommen. Ei» Landsmann kommt ans Amerika mit einer Maschine zurück, die täglich 30 Duzend Berliner Strümpfe fertigt.
Am 3. Octvber wurde das Wunderbauwcrk, die neue feste Rhein brücke in Köln geweiht und dem Verkehr übergeben. Der Prinz-Regent wohnte mit fast allen Ministern der Feier bei und beschickt als der Erste die „völkerverbindende" Brücke. Der Regent nahm an der Brücke und Nachmittags an der Festtafel das Wort und sprach klar und einfach und fand begeisterten Zuruf. Abends war die Stadt, namentlich die Rheinscite und der Dom prächtig erleuchtet. Der Ban der Brücke hat vier Jahre gedauert.
Uffenheim, 30. Sept. Der Schuhmachcrmcistcr Joh. Fr. Hirsch von Klein-Hasbach, Laudg. Uffenheim, starb am 23. Sept. d. I., und erreichte ein Alter von 107 Jahren, 7 Monaten und ö Tagen, war stets gesund, holte sich Tags vor seinem Tode eine Büschel dürres Brennholz ans dem Wald, und trug die Bürde selbst nach Hans. Der Vater desselben erreichte das Alter von 110 Jahren. (A. Z.)
Auf daß die P r o tv ko ll e n-N ach t des Bundestags, wie der Fürst v. Neuß sich ansdrückte, dem Tage weiche, will Preußen die vollständige Veröffentlichung der Bundestags-Protokolle beantragen.
B e r n, 5. Okt. Die K aiseri n Mutter vonRußland schickt sich zur Abreise nach Italien über den Simplon an. Laut zuverlässigen Angaben bedarf es für den Transport des ganzen Zuges nicht weniger als 100 Pferde ans jeder Station von Vivis bis Arona am Langensec. Die Kosten werden auf 20,000 Fr. angeschlagen, denn die Pferde müssen aus weiter Ferne herbeigcschafft werden. (S. M.)
Parma, 6. Okt. Gestern Abend fiel eine schauderhafte That vor. Der Graf Anviti, ein alter Oberst der Parma'- schen Truppen, von der Bevölkerung gehaßt, kam durch Parma auf dem Wege nach Piacenza. Er wurde auf dem Bahnhof erkannt und verhaftet. Die Volksmenge, hievon unterrichtet, Iprengte die Thore der Gendarmeriekaserne, wo er eingesperrt war, ergriff den unglücklichen Grafen, zog ihn auf die Straße, wo von allen Seiten auf ihn geschlagen wurde. Ein Seil wurde an sein Handgelenk befestigt und er noch lebend durch die Straßen geschleppt. Als man vor dem Kaffeehaus ankam,
das er früher besuchte, wurde ihm der Kopf abgehauen, derselbe im Triumph ans den großen Platz getragen und auf eine Säule gestellt. Das Geschrei der Menge vermehrte den Schrecken der Lage, die Natioualgardc und Truppen wurden aufge- bvtcn, sic kamen aber erst, als es zu spät war. Um 6 Uhr Abends war die Ruhe hergestcllt. Der Leichnam wurde ins Spital gebracht. Die Stadt ist von Patrouillen durchzogen. — Bologna, 7. Okt. Die Beamten schwören dem König (von Sardinien) Treue. (T. d. S. M.)
Bologna, 1. Okt. Hier sind in letzter Zeit viele italienische Republikaner ciugctrvffen. Garibaldi legt an verschiedenen Orten, wo er cintrifft, Werbclisten für „Vertheidi- ger deS Vaterlandes" auf. Auch hat er eine Sübscription eröffnet zum Zwecke der Fabrikation einer Million Gewehre. Bologneser Frauen errichteten der vor 10 Jahren verstorbenen Frau Garibaldi's ein Grabdenkmal.
Paris, 4. Okt. Die neuen blechbeschlagenen Fregatten haben die Feuerprobe bestanden. Auf eine derselben wurden in Toulon, auf geringe Entfernung, achtundvierzig Kugeln aus einem 68Pfünder abgeschlossen, ohne sie im Geringsten zu beschädigen. Man ist durch dieses Resultat vollkommen befriedigt.
(Allg. Ztg.)
Paris, 4. Okt. Gestern Nachmittag wurden auf dem MarSselde Versuche mit einem Dampfwagen auf gewöhnlichen Straßen gemacht. Der Versuch gelang. — Der „Union" zufolge haben die Offiziere der 5 Divisionen der franz. Armee in Italien Weisung erhalten, aus dem Depots ihre Wintcr-Uniform- stücke kommen zu lassen. Es zeigt dies genügend an, daß die franz. Truppen den Winter über in Italien bleiben werden. — Eine Tochter erster Ehe des Prinzen Jcrome Napoleon lebt unter dem Namen „Maria vom Kreuze" als Nonne im Kloster deö Oiscaur in der rue de Sevre zu Paris. Vorgestern Nachmittag stattete der Prinz und Prinzessin Clotilde ihr einen Besuch im Kloster ab. (H. T.)
Petersburg, 29. Sept. Wie eine dem Kriegsminister aus Charkow zugegangcne telegraphische Depesche meldet, ist Schamyl vorgestern mit seinem Sohn dem Kaiser in Tschngu- jew (dem Hauptort der Militärkolonie im Gouvernement Charkow) vorgestellt worden. Schamvl war, so berichtet der Gouverneur, von der Gnade des Monarchen sichtlich gerührt; auf den Wunsch des Kaisers befand er sich bei der Inspektion der Truppen und gericth von allem was er sah in Entzücken. Gestern sollte er mit seinem Sohn wieder nach Charkow kommen und dort einen Ball besuchen. Nach der Nordischen Biene wird er alsdann nach Moskau und hieher kommen, dort fünf, hier acht Tage verweilen, und dann nach Kaluga gehen, das ihm zum Aufenthalt angewiesen ist. Kaluga ist eine ansehnliche Stadt von nahe an 40,000 Einwohnern.
Der Wucherer.
(Fortsetzung und Schluß.)
„Da ist er!" — rief Einer von ihnen, auf den Amtmann deutend, während die Andern bei dessen Anblick drohende Gebcrden machten.
„Was will Er, Schulze?" — fragte der Amtmann den Sprecher.
„Nachsehen, was hier vorgeht. Die Magd kam in das Dorf gelaufen, heulte und schrie: Sie hätten die Frau Amtmännin umbringen wollen, die arme Frau wär dcßhalb auf und davon, daun wär ein Schuß gefallen, vielleicht Mord und Todtschlag im Hause —"
„Mord?" — unterbrach der Amtmann den Schulzen — „Wer sagt das?"
„Ich sage nur, was die Magd sagt. Und wo kommt denn da das Blut her an Ihrer Hand?"
„Hinein in's Haus!" — schrie ein Anderer. — „Dort wird sich schon zeigen, was vorgcfallen!" — Und indem dieser voran in das Haus lief, folgten ihm die Andern auf dem Fuße hinein.
Als der Amtmann mit der Flasche voll frischen Wassers vom Hofe herauf in das Zimmer zurvckkehrtc, wo der Blutende lag, riß ihm einer der Bauern die Flasche aus der Hand,