London, 24. Aug. Daß die französische Amnestie hier im Gespräche, wie in der Presse vielfach erörtert wird, liegt in der Natur der Sache. Louis Blanc, der in seinem Proteste gegen das kaiserliche Dekret bisher allein dastand, hat jetzt einen Genossen in dem berühmten Dichter Victor Hugo gefunden. Derselbe erklärt Folgendes: Niemand wird von mir erwarten, daß ich, was mich betrifft, dem Dinge, was man Amnestie nennt, auch nur einen Augenblick der Beacktnng widmen werde. In der Lage, in welcher Frankreich sich befindet, ist unbeding­ter, unbeugsamer, ewiger Protest für mich Pflicht. Treu der Verbindlichkeit, welche ich meinem Gewissen gegenüber eingegan­gen bin, werde ich bis zum Ende das Exil der Freiheit theilen. Wenn die Freiheit zurückkchren^wird, so werde auch ich zurück­kehren.

vr. Smethurst in London, ein vcrheiratheter Arzt, lockte eine alte Jungfer in seine Netze, ging eine Scheinehe mit ihr­em und brachte ihr, unter fortwährenden Bctbenernngen seiner Zärtlichkeit, monatelang mit teuflischer Berechnung wissenschaft­lich zugerichtete Gistgaben bei, um sich ein paar Tausend Pfund Sterling zu sichern. Die Sache wird jetzt öffentlich verhandelt.

Die ,,St. Petersburger Nachrichten" melden, daß während der Ueberfahrt der Menagerie Kreutzberg's nach Wiborg das Schiff leck wurde und sämmtliche Thicre mit ihren vergitterten Kasten über Bord geworfen werden mußten.

Newyork, 30. Juli. Mit Recht können die Bewohner Amerikas behaupten, baß sie in Allem, im Guten und im Schlimmen, mit Riesenschritten vorwärts gehen. Welches Land der Erde kann denn eine nur für Taubstumme bestimmte Kirche aufzeigen? Hier hat die Gemeinde der St. Annakirche eine weitere Kirche angetanst und zum genannten Zwecke ein­gerichtet. Die Kirche ist einzig und allein für Taubstumme be­stimmt und den 1. Aug. wird der erste Gottesdienst darin ge­halten werden. (A. Pstz.)

Ein verhängnisvoller Scherz.

(Fortsetzung.)

Und ehe ich noch Etwas sagen konnte, hatte der brave Bursche schon frisches Wasser derbeigebracht, mtt dem er das Gesicht meines Freundes bestrich. Ich fixirte krampfhaft diese noch im Tode schönen Züge, um jeden Funken von Leben aus demselben zu erhaschen. Und siehe da Georg hatte Recht gehabt: auch ich bemerkte deutlich und wiederholt dasselbe Zu­cken, ja mir schien, als machte Albert sogar einen vergeblichen Versuch, seine schweren Augenwimpern zu erheben. Unverzüglich ließ ich den Arzt holen und mit dessen Hülfe wurde der Ver­wundete durch Anwendung der geeigneten Mittel wieder zum Leben gebracht. Nur war er natürlich von dem bedeutenden Blutverlust aufs Aeußerste erschöpft und konnte vor Schwäche nicht sprechen, so sehr er sich anstrengte. Albert blieb in mei­ner Hütte, so lange wir noch auf dem Schlachtfeld verweilen mußten. Nach drei Tagen brach man auf, nachdem mau die Gefallenen bestattet hatte. Da aber das Fahren auf einem holprigen Wege meinem fieberkranken Freunde sehr nachtheilig war, so brachte ich ihn einstweilen in einem auf unserem Wege befindlichen Kloster unter, dessen Mönche ihn liebevoll aufnahmen. Ein Urlaub aus mehrere Wochen, den mir mein Regimentschef ausstellte, machte es mir möglich, bei Albert zu bleiben.

Schon von dem Schlachtfeld aus hatte ich meiner Schwe­ster nur mit ein paar Zeilen angezeigt, wie die Sachen stehen und daß ich hoffe, daß wir Beide bald wieder zu ihr nach Hause kehren dürften. Alberts Verwundung stellte ich als zwar bedeutend, doch nicht tödtlich dar; starb er wirklich, so konnte sie noch lange früh genug die niederschmetternde Nachricht er­halten, und blieb er am Leben, so war ihr doch ein gutes Theil der nagendsten Sorge erspart.

Ich richtete mich mit dem Kranken in meinem Kloster ein; wir waren zwar Feinde und Eroberer des Landes, aber wir waren Sieger und darum ließ man es schon aus Furcht an Nichts fehlen, was zu Alberts schleuniger Wiedergenesung und zu meiner Bequemlichkeit irgend erforderlich und beizuschaffen war. Kurz, wir hatten eS ganz leidlich unter diesen ernsten,

schwelgenden Vätern in unserer engen, aber freundlichen und reinlichen Zelle. Nur das peinigte mich und noch mehr Albert, daß wir mehrere Wochen schon keine Briefe mehr von Elise oder sonst einem Angehörigen bekommen hatten. Anfänglich machten wir unS nicht so viel daraus, da unter den obwalten, den Umständen leicht ein Brief verloren gehen oder doch liegen bleiben konnte. Zudem waren wir eine güte Strecke vom Haupt­lager getrennt und unser Verkehr mit demselben wurde sehr häufig unterbrochen. Nachdem wir aber einmal 4 lange Wo. chen ohne Nachrichten waren, da bemächtigte sich unser doch eine ziemliche Unruhe. Noch zwei Briese schickie ich nach Hause, jeden wieder dringender, aber ganz ebne Erfolg. Die Aufre­gung, die in Folge dieser Ungewißheit, namentlich bei Albert be- ständig herrschte, verzögerte auch seine Genesung. Er war somit hingehalien und ich mit ihm; meine Armwuude war zwar längst geheilt, aber meinen Freund zu verlassen, daran durfte ich nicht denken. Das Hauptquartier entfernte sich immer wei­ter von uns, schon hörten wir je und je von kleinen Schlap­pe», die unsere Truppen von den Spaniern erhalten, und so mußte ich fürchten, wenn ich Albert verließe, könnte man ihn in Feindesland leicht ganz aus dem Wege räumen, solange er noch zu schwach wäre, um sich selbst zu vertheitigen. So ver. gingen 10 tödtlich lange Wochen in der quälendsten Unruhe. Albert war soweit hergestellt, daß er mit mir a» den herrlichen Sommerabcnden kleine Spaziergänge in dem weitläufigen Klo- stergartcn machen konnte. Alsbald verlangte er von mir auch den Aufbruch. Aber da ich zu gut wußte, daß die übermäßige Anstrengung einer Reise ihn wieder aufs Nene zu Bette werfe» würde, so suchte ich ihn mit allen erdenklichen Ausflüchten zum längeren Znwarten zu bereden. In der zwölften Woche endlich ließ er sich nicht mehr halten, da zufällig einige Compagnien unserer Landsleute des Weges an unserem Kloster vorbcizogcn, um zur Hauptmacht zu stoßen. Nach »'armem Abschied von den ehrwürdigen Väter», die für unsere lange Verpflegung durchaus keine Entschädigung annahmcn, ritte» wir eines Morgens von dannen, wieder frisch und frei, glücklich, aus den dumpfen Klostermauern heransgekommen, doch bekümmert, warum wir keine Nachrichten mehr von Elise erhielten. Wir waren eben recht von unserem Kloster ausgebrochen, um mit unserem Heer wieder aus Spanien abzuziehen; im Heer war man höchlich überrascht, uns wieder zu sehen : man hatte uns als Verschollene schon seit mehreren Wochen ausgegeben und unsere Namen in die Listen der Gefallenen ausgenommen. Von Briefen, die an uns eingelaufen wären, wollte Niemand etwas wissen.

Unser Rückmarsch ging zunächst geradenweges nach Hause ; das war uns Beiden sehr erwünscht und für Albert sogar ein notbwendiges Erforderniß zu seiner völligen Wiederherstellung. Wir ritten Tag und Nacht, so schnell Alberts Zustand es er­laubte, einen Urlaub auf unbestimmte Zeit in der Tasche. Als unsere Pferde den Dienst versagten, übergaben wir sie den Bedienten und nahmen Post. So kamen wir nach einigen Wochen glücklich in einem Dorfe an, das zu den Besitzungen meines Oheims gehörte. Wir stiegen in dem einzigen Wirlhs- Haus des Orts ab und zogen Erkundigungen ein; aber die Leutchen wußten nicht weiter, als daß die gnädige Frau, meine Tante, vor zwei Monaten verstorben sei und daß es seitdem auf dem Schlosse sehr stille zugche. Das gnädige Fräulein sei da, aber sie lasse sich nie mehr, wie früher, unter den Leuten sehen, sondern sie lebe mit dem alten Herrn Baron ganz ab- geschlossen. Im klebrigen sei Alles wohl, soviel man wisse. Ob man uns oder doch mich für todt halte, konnte uns Nie­mand sagen. (Forts, folgt.)

Allerlei.

Ei» Dienstmädchen, dem befohlen worden war, einen Herrn zu Tische zu bitten mit dem Bemerken,daß aufgetragen sei", fand den­selben vor dem Spiegel stehend, mit einer Zahnbürste sich die Zahne putzend. Sie entledigte sich ihres Auftrags und sagte, zu ihrer Her^ schüft zurückgekchrt:Der Herr wird sogleich erscheinen, er macht sich schon die Zähne scharf."

Druck und Derlng derÄ, W. Z »> s - r'schtu Buchhandlung. Siedakli»»: 4 öI,lk.