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ben scheint, mußten die Oestreicher hier weichen, und darauf hin zog sich auch der rechte und linke Flügel zurück. Das Ganze war also ein nicht gelungener Gesammtangriff. Uebcr die Operationen ist vorläufig noch nicht viel zu sagen. Wenn aber die ostreichischen Berichte davon sprechen, daß man aber­mals auf einen an Zahl überlegenen Feind gestoßen sei, so muß man mit Recht fragen.- warum sind denn die Oestreicher da, wo es gilt, immerfort in der Minderzahl?

Wie man aus Verona vernimmt, hatte F.Z.M. Graf Gyulai, in Folge von Rccstmiuationen, zu denen es zwischen ihm und mehreren der unter seinem Befehl gestandenen Gene­rale der zweiten Armee in Italien aus Anlaß seiner nicht vom Glück begünstigten Hecrführnng gekommen, selbst verlangt, vor ein Kriegsgericht gestellt zu werden, um sich zu verantworten. Nach einer andern Angabe hätten die fraglichen Generale seine Stellung vor ein Kriegsgericht verlangt.

Verona. So eben habe ich einen Trupp Gefangener von Garibaldi's Legion gesehen. Es ist der Mühe wcrth. Wie fechte» die Leute so brav und wie bunt sind sie zusammen­gewürfelt: Groß und Klein, Alt und Jung, Frack und Pale­tot, Blouse und Kittel, die phantastischen Abzeichen und Kopf­bedeckungen, Knirpse und Goliathe, jugendlich schüchtern und ausgemachte Gauner-Gesichter!

In Modena hat der Stellvertreter des Königs von Sardinien die Jesnitenkollegieii aufgelöst und ihre Güter con- fiscirt. Alle nicht eingebornen Jesuiten müssen das Land bin­nen 4 Tagen verlassen.

Mantua, 19. Juni. F.Z.M. Graf Gynlai wird, wie man vernimmt, nicht nach Wien gehen, wie cs anfangs hieß, sondern an die Spitze des Regiments, dessen Inhaber er ist, sich stellen und dasselbe gegen den Feind führen. (Ostd. P.)

DerPatrie" zufolge bat das 5. Armeekorps die Appen- nincn nun vollständig überschritten und Prinz Napoleon wird seine Verbindung mit der Armee am festgesetzten Tage bewirken können, wodurch ihr eine Verstärkung von 30,000 Franzosen und 10,000 Toscanern zngcsiihrt wirb. Prinz Napoleon war am 35. zu Parma.

Rom, 27. Juni. Die päpstlichen Truppen haben die Autoriiät des Papstes in Ancona, Ferrara, Forli und Ra­venna wieder hergestellt. (T. D. d. Fr. I.)

Paris, 22. Juni. Neuerdings taucht wiederum und zwar in sehr bestimmter Weise das Gerückt auf, der Kaiser von Rußland werde noch im Laufe dieses Sommers nach Paris kommen und seinen Aufenthalt in Fontainebleau nehmen, wo man bereits seit einiger Zeit die ehemals vom Papste Pius VII. bewohnten Gemächer restaurirt hat. Der französische Kaiser selbst wird spätestens bis zum 15. August nach der Hauptstadt zurückgekehrt sein. (H. N.)

Paris, 26. Juni. Gestern Abend war die Hauptstadt festlich beleuchtet und lauter Jubel füllte die Straßen; heute aber, wo sich zum unverminderten Siegesrausch auch noch die Sonntagsstimmung gesellt, ist die freudige Aufregung größer als je. Am Hof ist glänzender Empfang und man glaubt dort, Laß Napoleon während der Belagcrungsarbeitcn schwerlich in Italien bleiben, sondern nun bald nach der Hauptstadt zurück- kchren werde. Graf WalewSki soll, als er die Nachricht von dem neuen Erfolg der französischen Waffen erfuhr, ausgerufen haben, jetzt sei die Zeit zu neuen Unterhandlungen gekommen. Daß die Freunde des Friedens durch diese Erzählung in ihren Hoffnungen nicht wenig sich bestärkt fühlen, ist begreiflich.

(Fr- Pstz.)

Paris, 27. Juni. Der Moniteur bestätigt in einer Extra-Ausgabe, daß die östreichische Armee genöthigt worden, sich wieder auf das linke Ufer des Mincio zurückzuziehen, und fügt bei, daß sie die Brücke bei Goito gesprengt hätte». Ihre Verluste seien groß, die unsrigen geringer: es seien 30 Kano­nen und 3 Fahnen erobert und 7000 Gefangene gemacht wor­den. Niet hat sich mit Ruhm bedeckt. General Anger hat einen Arm verloren. (Die offizielle Depesche ermäßigt die An­gabe der Privatdepesche also um ein Namhaftes, und eine Tü­rmer Depesche gibt die Zahl der Gefangene» noch geringer, auf 6000 an.) <H. T.)

Paris, 29. Juni. Der Moniteur schreibt: Der Kaiser an die Kaiserin aus Cavriana, Dienstags: Unsere Truppen überschreiten den Mincio, ohne Widerstand zu finden, da der Feind sich jenseits zurückgezogen hat. (T. D. d. H. T.)

Dem e-dveetiser wird aus Paris geschrieben: Wir er­fahren aus verlässiger Quelle, daß die französische Armee bis zum 1. Oktober auf 850,000 Mann gebracht werden soll. LouiS Napoleon ist gegenwärtig der Ansicht, daß 250,000 Mann zur Verdrängung der Oestreicher aus Italien hinreichen werden. Was will er dann mit den anderen 600,000 Mann? Sind sie gegen Deutschland bestimmt? Oder will er den Mördcrhöhlen Englands einen Besuch abstatten? Wir hören aus verlässi­ger Quelle, daß die rotheu Republikaner, in Erwartung be­deutungsvoller Ereignisse, sich mit den gemäßigten Republika­nern geeinigt und mit einander eine förmliche Allianz geschlos­sen haben. (St.A.)

! London, 25. Juni. DieTimes" sagt, daß Preußen ! entschlossen ist, Frankreich Propositionen zu machen und daß deren Verwerfung gewisse Maßnahmen nach sich ziehen werde. Die Times tadelt stark diese Politik Preußens. Sie widerlegt das Gerücht von der Einstellung der Seerüstungen. (T. D.)

London, 28. Juni. DiePost" erklärt in einem ihrer ^ Leitartikel, diplomatische Verhandlungen seien jetzt lächerlich.

Preußen könne unmöglich die Alliirten am Mincio aufhalten ^ und keineswegs die Lombardei retten. Nach beendigtem Kriege ! möge die Lombardei einen Theil der Staatsschuld beibchalten.

! Uebrigens hofft das Blakt auf baldigen Frieden. (T.D.d.Fr.J.)

Die Stabt Erzernm in Kleinaflon ist von einem furcht­baren Erdbeben heimgesncht worbe». Es hielt 1012 Se- . cnnden an und warf viele Häuser in Trümmer. Es sollen an 3000 Menschen umgekommen sein. Man hat vor den Thoren der Stadl Zelte aufgcschlagen, worin die meisten Einwohner campiren.

Die Zwillingsbrüder.

Eine Erzählung von Gustav NieriH.

Ein Jünger des Apoll, aber weit über dessen Jugend hinaus, erklomm an einem schwülen Sommcrtage seufzend die sonstige Marterstraße des steilen Hammerbcrgs vor Freiberg in Sachse». Das Röckkein, welches den Abkömmling des heid­nischen Gottes bedeckte, glich, so wie seine Beinkleider, der Landkarte des deutschen Reichs^ war aber, trotz seiner bunten Zusammenwürseuing, ganz und reinlich. Golden war die auf seinem Rücken Hangende Leier nicht, sondern hölzern, und an­statt mit klingenden Saiten bezogen, mit zinnernen Pfeifen aus­gestattet. Neben dem fahrenden Minnesänger schritt bar-, aber leichtfüßig ein Mädchen von etwa 8 Jahren dahin, welches auf dem Rücken ein kleines Bündel und in der Hand ein Tam- bonrin trug.

Nur wenigen seiner Jünger Pflegt Apoll einen Ueberfluß an irdischen Gütern zukommen zu lassen. Daher hatte unser Leier- kastenmaun bloß einige Dreier im Beutel und obendarein nie ein gesundes Auge, indem das ankere erblindet war. Als da­her die rückwärts blickende Kleine ausrief:Großvater! dort kommt eine vornehme Herrschaft gefahren!" so beeilte sich jener, seine Leier in Bereitschaft, sich selbst aber auf den näch­sten Vorsprung des Berges zu setzen.

Ein Reisemagen, mit 4 Postpferden bespannt, neben wel­chen der Postillion einherging, kam langsam den Berg herauf ein günstiger Augenblick für Wegelagerer jeglicher Art! In dem Wagen saßen, je in eine Ecke gedrückt, ein ältlicher Herr und eine Dame, mit geschlossenen Äugen und der Ruhe pfle­gend, während die Pferde stöhnend und mit gekrümmten Nücke» die schwere Last bergauf förderten.

Bei diesem Anblicke ward dem Leicrmann die unter seinen Musikstücken zu treffende Wahl nicht schwer. Er rückte an dem Mechanismus des Instruments, handhabte die Leier und be­gleitet von des Mädchens gellender Stimme, welche von dem Basse des Alten unterstützt wurde, ertönte den Reisenden der feierliche Gesang entgegen:

Wie sie so sanft ruhn!"

Die Klänge verfehlten ihre Wirkung nicht. Der Herr und die