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nach kurzem, obgleich heißem Kampf die Geistcrklopfer ans dem Felde. Letztere ließen mehrere Hüte, Shawls und einen Ucbcr- schuh auf der Wahlstatt zurück. Mehrere der Geisterklopfer sind bekannte Persönlichkeiten und sollen gerichtlich belangt werden. Sie können wegen Störung des Gottesdienstes zu einer Buße von 40 Pf. St. per Kopf verurthcilt werden. (Schw. M )
London, 27. Dec. Auch bei dein diesjährigen Wuh- nachtsfestc prangt auf der königlichen Tafel zu Windsor nach herkömmlicher Sitte der unter dem Name» Ko)-<A baron okbevk bekannte riesige Rinderbraten. Er wiegt dieses Mal drei Cent- ner. Geliefert hat ihn ein auf einer Meierei des Prinz-Gemahls, Norfolk Farm, gezüchteter Hochland Ochse. Der Braten bleibt bis zum Ncujahrstage auf einem Seitentische im Speisesaale des Schlosses aufgestellt. Seine Umgehung bilden der Kopf eines wilden Schweines und eine Auerhahn-Pastete, gleichfalls Gerichte, die um diese Jahreszeit im englischen KönigSschlvsse herkömmlich sind. — Auch die Insassen der Londoner Arbeitshäuser wurden am Weihnachtstage nach altem Brauche mit besserer Kost, als gewöhnlich, bewirthet. Sie erhielten Fleisch, Pudding, Kartoffeln, Bier, Thee, Zucker, zum Theil auch Tabak und Schnupftabak. Allein die City of London Union speiste nicht weniger als 3277 Personen. Tie Zahl derer, welche in London von Seiten dec Kirchspiel-Verwaltung Unterstützung erhalten. beläuft sich im Ganzen auf etwa 60,000 Personen.
Petersburg. 24. Tecember. Aus dem Gouvernement Kowno wird ein erfreulicher Fortschritt der Civilisation gemeldet. Bor ungefähr drei Monaten haben nämlich die Bauern dieser Provinz aus freien Stücken in den Kirchen das Gelübde abgelegt, keinen Branntwein zn trinken, und weder die Verlockungen der Verkäufer noch der Umstand, daß der Preis des Branntweins billiger gestellt worden ist, hat sie von dem einmal gefaßten Entschlüße abznbringen vermocht. Die Gutsbesitzer, welche aus der Branntweinbrennerei große Einnahmen ziehen, erleiden dadurch eine empfindliche Einbuße ihrer Einkünfte und viele haben die Brennerei vorläufig aufgegeben. Während früher in den Schenken und Posthösen an sechzig Wedro monatlich ausgeschenkt worden sind, werden jetzt kaum noch fünf daselbst consumirt. <H. Z.)
Ans Aust'ralien sind Nachrichten über den kühne» Reisenden Herzog Paul von Württemberg gekommen. Derselbe erfreut sich der besten Gesundheit, bereist den Welttheil nach den verschiedensten Richtungen, um seine naturhistorischen Sammlungen zu bereichern, und gedenkt im nächsten April wieder nach Europa und in seine Residenz Mergentheim jUrückznkehreu.
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Eine Königin.
Auf einem freien Wiesenplatz stand daS HauS des Tannenbauern, das schönste und stattlichste Bancrnhans weit in die Runde. Es war Samstag Abend, der Vorabend des Sab- bathS, und in Häusern, wo man »och auf gute alte Sitte hält, wird der schon in Ruhe und Stille gehalten, um dem Sonntag guten Weg zn bahnen.
So bot denn auch heute der Vorplatz vor dem Haus das Bild einer friedlichen Thätigkeit, nicht des ernstlichen Treibens der Wochentage, wo eine Arbeit die andere drängt. Die Ahne hatte Kunkel und Spinnrad bei Seite getragen und saß an dem sonnigsten Plätzchen, das der letzte Strahl der Abendsonne berührt, daS kleine Gleichen auf der Schvoß; der Bauer, ein stattlicher, wohlhäbigcr Mann, saß auf dem Sluhl und schälte Weiden, der Obeiknecht machte sich mit einer Reparatur zn schaffen, wäbrcnd der Handknecht eben die Reinigung des Stalles beendigt hatte. Selbst der Schneider, der die Woche Aber da gearbeitet hatte, war cingeladcn worden, über de» Sonntag zu bleiben und genoß mit den andern der Ruhe des Feierabends. Die Mägde saßen bei der Bänrin und schälten Kartoffeln, und die kleine» Buben purzelten auf dem Bode»; Liese, das größte Töchterlein, strich die neue Schürze, die ihr die Näherin zum Sonntagsstaat noch fertig gemacht; in den niedriger» Aestcn der großen Linde aber saß Margelst- das
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arme Kind einer verstorbenen Spinnerin, daS man um Gott's- willcn auf dem Hof d. palten hatte.
„Morgen Nacht fahren sie All' furt nach Amerika." unterbrach der' Scbneider das gernbize Schweigen, indem Alle ihre Geschäfte besi-,gten, „ein ganzer Wagen voll, des Adler- wirths Ebriftoph geht auch noch mit."
„Mir z'lieb wohl," sagte der Bauer, „ich heb' keinen, mir ist's laug wohl daheim."
„Das glaub' ich," sagte etwas schüchtern eine der Mägde, „ihr habt gm reden, Vetter; „aber ich möchk' doch auch noch hinüber, so ein armer Tropf, wie ich, kann nichts Besseres thnn; wer weiß, was da noch aus Einem wird!"
„La möchi' ick lieber in einen Stadldienst;" sagte halb-- laut die andere Magd, „das ist nickt so weit, und verdienen kann man auch was, und auch schöne Kleider tragen."
„Und ich möckt' Soldat werden! ' schrie der kleine Michele, der hörte, daß es sich um einen Berns handle; aber ein rechter, mit einem Gaui und einer goldigen Trompct!"
„Und ich ei» Metzger!" rief ber Jakoble/ „da kommt man so weit 'rnm dnrch's ganze Land und kauft daS schönste Vieh; und was wirst du, Georg?"
„Ein Hofbauer," sprach dieser, der älteste Sohn und Erbe des Hauses, mit großem Selbstgefühl, besseres gibt'- nicht, und schöner ist's auch nirgends als da."
„DaS mein' ich gerade nickt, ich möckielliebcr eine Frau Schultheißin werden oder eine Stadtsrau," meinte Liese mit vornehmem Gefickt, „da hat man Geld genug und braucht sich nicht zn plagen."
„Frcilch, du weißt'S, fuhr die Bäuerin ärgerlich auf, „das ging mir koch ab, so ein Lnmpcnl-ebcn, wo man das Mehl taufen muß und bei jedem Bissen, dem mau scklnckt, weiß, für wie viel Kreuzer das ist."
„Na, was willst denn du werden?" rief min, de» Streit zu unterbrechen, der tluge Schneider zn dem Margetle- hinaus, mit der er schon feinen gnädigen Spaß haben konnte, „Schen- renpurzlcrin vielleicht?"
„Eine Königin," gab die ganz ruhig zur Antwort.
Ein tchalicndeö Gelächter erschallte drunten, das Gott's- willeukiud, daS arme Margetle eine Königin!
„Du bist nicht uukeck," meinte der Schneider, „wie willst's denn aiigreifen, baß du eine wirst?"
„Ja, dafür sorg' ich nickt!" rief Margetle lustig herunter, „mir hai's eben einmal geträumt, ich sei eine Königin mit einer gültigen Krön' aus dem Kopf, da werd'. ich's schon „och werben, weißt, Schneider, so was kommt'von selber, das kann man nicht lernen, wie's Schneiderhandwerk!"
^ Jetzt lachte man den Schneider aus, der gar nicht mehr Lust hatte, sich mst dem Mädchen einzulaffcn.
„Geh nur derweil runter, Frau Königin, und leere die ^ Kartvffclschalen in den Schweiukoben," rief die Bänrin hinauf.
Margetle hüpfte herunter wie ein Vogel und lachte Herz, lieh mit den Andern über ihr unkönigliches Geschäft; cs dunkelte auch und man mußte in's Haus.
Von dem Tag an hieß Margetle die Frau Königin und wurde gar vielfach auögelacht und verhöhnt mit ihrer KönigS- wnrdc. Sie ließ sich das gar nicht ansechten und ging fröhlich ihres Wegs; es war auch nicht möglich, ihr viel zii leide zu lyun, denn cm gutherzigeres, lustigeres Geschöpf gab's auf der weiten Welt nicht, alS das Margetle, sie sang vom frühen Morgen an, und wenn sie den ganzen Tag von Allen im HanS von einem Geschäft zum andern gejagt worden war, so hüpfte sie am Abend noch wie eine junge Wachtel.
lind etwas von einer Königin war doch in ihr, so dcmüthig und gutwillig zu Allem sie auch war, so gering geachtet als ein blutarmes Kind, — es konnte ihr doch Niemand zuwider sein. Die wilden Buden des Bauers hielten sie wohl zu Anfang für nicht viel Besseres als ein Hüudlein, an dem sie allen Mnthwillcn üben dürfen; da sollte sie bald auf allen Vieren gehen , wie ein Hund, bald aus sich reiten lassen, wie ein Pferd, bald schoben sie ihr die Steine von gestohlenen Zwetschgen in, die Tasche, die sie gegessen, damit sie die Strafe für den Diebstahl treffe, — die Bäuein schalt wohl hie und da darüber,