Tages-Neuigkeiten.

* Nagold, 27. Scpt. Am letzten Freitag Morgen fand man in dem Walde zwischen Aichelberg und Simmersfeld die Leiche des in letzterem Orte stationirt gewesenen Landjägers, unter Umständen, die mehr ans Selbstmord schließen lassen, als daß, wie daS Gerücht verbreitet war, derselbe von frevelnder Hand erschossen worden wäre.

Aus dem Gäu, 23. Scpt. In der Pfarrkirche zu Tha ilfingen wurde , am Matthäi-Feicrtagc die Jahresfeier des KinderrcttungsvereinS im Bezirke gehalten. >Der zahlreichen Versammlung wohnten die Bezirksbeamten, die Geistlichen der Umgegend und die Ausschnßmitglieder an. Von Nab und Fern strömten die Freunde der Kinderwelt herbei, denn e§ galt, sich z» freuen über ein Werk des Herrn, das schon für den Anfang gesegnete Früchte trug. Nachmittags um halb 2 Uhr begann der Gottesdienst, eröffnet durch Gebet und kräftige Predigt über 1 Cor. 15, 58 von Pfarrer Amthor in Gültstein, unter Mitwirkung des Schnllehrergesangvereins. Sofort stattete, eine herzliche catechetnche Ansprache an die um den Altar versam­melten Kinder folgen lassend, der unermüdlich thätigc und um­sichtige Vorstand des Ausschusses, Pfarrer Hainlen in O.-Jet- tingen den Jahresbericht ab, woraus besonders hervorznheben ist, wie der Verein, der anfänglich eine Anstalt in einem Hanse bei Herrenbcrg, durch einen Hausvater zu leiten, im Sinne hatte, sich entschloß, an der Hand der Erfahrung der Familicn- crzichung den Vorzug zu geben. Es hatte dieß wirklich auch den erfreulichsten Erfolg, indem von den 41 Kindern, welche bis jetzt im Ganzen bei rechtschaffenen Eltern unkergebracht wurden, und die sich zum Tdeil in einem verwahrlosten oder der Verwahrlosung anbeimfallenden Zustand befunden hatten, bis auf 2 Alle erfreuliche Proben der Besserung ablcgtcn. Für 10 weiter augemeldete Kinder ist die Aufnahme zugesichert. Der Kinderrcttungsvcrein verdankt seine ursprüngliche Entste­hung einer Stiftung der Amtsversammlnng v.J. 1823, welche aus Veranlassung der Geburt unseres Kronprinzen, Kön. Hoheit einen Fonds gründete, ans dessen Zinsen jährlich die Versor­gung einer Anzahl armer verwahrloster Kinder bewerkstelligt wurde. Seit 35 Jahren besteht die Carlspflege nun; im I. 1856 traten aber christliche Männer zusammen, welche dar­an anknüpfend darauf bedacht waren, einigen Mißständcn ab­zuhelfen, und eine geregelte Familienerziehung einznführcn. Im Oktober vor. I. nahm das Werk seinen Anfang; und cS ist nicht leicht eine Gemeinde im Bezirke, die nicht ein solches Kind in eine taugliche Familie ausgenommen oder in auswär­tige Pflege übergeben hätte. Möge dieses Werk der thätigen Liebe gesegnet bleiben! iH. T.)

Aus dem Gäu, 23. Sept. Jn Mötzingcn lebte ein Ehepaar beinahe 51 Jahre im Frieden in der Ehe. ES war dieß der »ermögliche Bauer Knßmanl. Vor zwei Tagen legte er sich wegen Unwohlseins zu Bette und zu gleicher Zeit auch seine Frau. Zwei Tage darauf starb er Morgens früh und in derselben Stunde am gleichen Tage starb auch seine Frau. Er war 81, sie 71 Jahre alt! ' (U.S.)

Stuttgart, 22. Scpt. Gestern und heute trafen be­reits sehr viele auswärtige Architekten und Ingenieure mit den Babnzügcn hier ein, um den während der nächsten drei Tage stattfindendeu Verhandlungen der dahier abznhaltcnden eilften Versammlung deutscher Architeken und Ingenieure anznwobnen. Gestern Abend versammelten sich die fremden Gäste und die hie­sigen Theilnehmer im Emil Werner'schen Garten, wo die Musik der K. Leibgarde spielte, zu gegenseitiger Begrüßung und freund­licher Besprechung. Heute Vormittag 8'/s Uhr begann die erste Sitzung im Gebäude der Bürgergesellschaft. (St.A.)

Wer seine SechSbätzner ohne großen Nachtheil loS wer­den will, der besorge solche auf die Frankfurter Münze. So hatte ein Stuttgarter Bürger, gelegentlich des BesnebeS der dortigen Ledermcsse 500 SechSbätzner'bei derselben auSgewcchselt und dafür 198 fl. 35 kr. erhalten, was kaum »,,« kr.'auf das Stück ausmacht. Der Andrang soll aber auch ein fürchterli­cher sein, und trotzdem werde die Münze nicht müde, zu wä­

gen und anszuzahlen; sie wußte wohl warum; das SechSbätz- ncrsilber ist ein gutes Silber.

Der Komet, den wir jetzt allabendlich bei Hellem Him­mel mit bloßen Augen sehen, ist am 2. Juni von Donati in Florenz entdeckt worden und trägt dessen Namen. Außer­dem stehen noch 6 Kometen am Himmel, die aber dem bloßen Auge unsichtbar sind.

In Frankfurt will man die Jndengasse niederreißen, in Modena wird man eine bauen müssen. Da ist Juden verboten 1) mit Katholiken in einem Hause zu wohnen, 2) in der Nähe öffentlicher und namentlich wohlthätiger Anstalten, Häuser zu kaufen und 3> sogar mit Christen zu tanzen.

Berlin, 12. Sept. Hier ist ein seltsamer Vergiftungs­prozeß vorgekommen. Ein junges Mädchen hatte von einer Reise ungewöhnliche viele dicke und breite Oblaten zum Ver­siegeln milgebracht. Die Oblaten waren von verschiedenen Farben und dieiucn auch bei der Verfertigung künstlicher Blu­men, womit das Mädchen sich die Zeit vertrieb. Nach eini­ger Zeit wurde die Dilettantin im jBlumcnmachen schwer krank. Der Arzt erkannte alle Anzeichen einer Vergiftung durch eine Mineral-Substanz. Das Mädchen hatte die Oblaten häufig in den Mund genommen und sogar verschluckt. Die gelben ent­hielten Blei-Chromat. eines der stärksten Gifte. Die späte An­wendung von Gegengiften konnte die Kranke nicht retten. In Frankreich ist der Gebrauch giftiger Substanzen zum Färben der Oblaten streng verboten. Erst unlängst wurden die Papicr- und Specereihandlnngen durchsucht und alle Oblaten wegge­nommen, welche mit Schweinfnrter-Grnn, Blei-Chromat und ähnlichen Substanzen gefärbt waren. (H. A.)

Als die Hamburger Bundestrnppen zum Manöver aus- marschiren wollten, fehlten brauchbare Zündhütchen; mit den vorhandenen hätte kein Krieger einen Schuß thun können. In der Eile und Nvth mußten 30,000 Stück Hütchen von dem Bürgermilitär geliehen werden. Die Einen lachen darüber, weil kurz vorher die BnnbcSinspektion die Magazine rc. geprüft und alles gut gefunden hatte, die Andern ärgern sich, weil in den Ausgaben der freien Stadt die BnndeSsoldaten eine große Rolle spielen.

Turin, 19. Sept. Der ausgezeichnete Mechaniker Hipp aus Rentlingen ist mit seinem Apparat, wodurch die Jnduktions- ströme zur Telegraphie auf sehr große Distanzen ohne Zwischcn- batterien angewcndet werden, nach Frankreich und England ver­reist. Es sollen Versuche im Großen zwischen Paris-Basel und Wien, später vielleicht auch zwischen London und Wien, und endlich wohl gar zwischen der alten und neuen Welt ge­macht werden.

London, 20. Sept. Ans Valentin kein Wort. Der Telegraph schweigt. Wie ein Sterbender, dessen Kräfte allmälig abnehmen, dessen Athemzüge allmälig schwächer werden, so scheint das Kabel seine von Tag zu Tage schwächer gewor­denen Signale endlich ganz ausgchaucht zu haben. Fast könnte man dadurch auf die Vermuthung geleitet werden, daß es sich auf einer scharfen Felicnkante so lange abricb, bis die Kuvfer- drähte rissen. Aber wie ließ cs sich dann erklären, daß schon am 1. Sept. (so erfahren wir heute auS Ncw-Iork) in Ncw- Uork keine Spur eines Signals mehr vernommen wurde, daß die Nadel in Neufundland feit diesem Tage kein Lebenszeichen mehr von sich gab, während von drüben noch immer Signale, wenn auch nur sehr schwache, cingetroffen waren? In Amerika batte uian am 9. Sept. noch keine Ahnung davon, daß die Leitung so gewaltig und räihselhaft zu Schaden gekommen sei, während man hier schon auf die Anfertigung eines neuen Ka­bels bedacht ist. Diesmal soll die Umkleidnng nicht mehr aus Merall, sondern aus Hanf gearbeitet sein. Das vorliegende Hanfkabcl soll per Meile blos 86 Pfd. St. kosten, dabei leich­ter, biegsamer und zäher als das andere sein. 'Df;.)

Zwei amerikanische Schiffe, die vor ein paar Tagen m Liverpool anlaugten, hatten ungewöhnliche Eile. Sie schiff­en ihre Passagiere rasch auS, lichteten die Segel und fort v n-m sie. Als die Engländer sich die angekommenen Paffa- ,:ia.e näher besahen, waren'ö lauter arme unheilbare Blödsinnige, ihrer grade 99. Sie fallen natürlich der Gemeinde in Liver-