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gedacht, mir einen jungen hübschen Burschen heran zu ziehen, der mich im Alter mit durchschleppte und künftig mein Krämchen übernehme — da hätten denn die Lentchen schon Brod — inzwischen, wenn sie dem Heinrich ein gutes Attestat geben könnten, daß er ein redlicher Mensch sei, nnd kein Spieler und kein Säufer und dergleichen — wenn er etwa ein kleines Kapitälchen sich erspart hätte, oder sie selbst wollten oie Gnade haben, ihn mit einer Kleinigkeit zu unterstütze!!, oder ihm wohl gar so ein hübsches faules Aemtchen bei Hose zuzuschanzen, daß er mir dabei noch beistehen könnte" —
„Was spricht er mir denn immer von dem Heinrich? Ich selbst will ja das Mädchen!"
„Herr! — Herr Kammerjnnkcr!" — ries der alte Gärtner, wie aus den Wolken gefallen und höchst erbittert — „Also bei ihnen ist meine Dore gewesen? Ha! das hätte ich wissen sollen! — Herr! ich bin nur em niedriger Mann, aber mein Haar ist mit Ehren grau geworden; mein Bischen Habe und Gut ist im Schweiße meines Angesichtes erworben, an mir und meinen Kinder haftet kein Flecken — nnd che ich zugeben wollte, daß meine Dore um schnöden Gut und Geldes willen so eine — so eine Mamsel in langen Kleidern werden sollte, ehe wollte ich" — Fabian ergriff hier das junge Psirsichstämmcken, bei dem er stand, nnd war in der blinden Wulh nahe daran, es umzubreche» — „ehe wollte ich, daß das Mädel, ob sie gleich das Nesthäkchen ist und ich ihr oft »nd gar zu sehr durch die Finger sehe, hier vor meinen Augen im Sarge läge!"
„Beruhige er sich doch, lieber Vater! Meine Absichten sind die redlichsten von der Welt. Ich will seine Tochter h ei- rathen!"
„Wie können sie da? nur sagen? So etwas können sie wohl dem einfältigen Mädel weiß machen — was könnet ihr Herren nicht? aber nicht dem alten Fabian! Zudem haben sie nicht schon eine Braut?"
„Ich habe diese vernachlässigt, aufgegeben, aus Liebe zu seinem Dorchen. Meine ehemalige Braut ist bereits mit einem Andern verehelicht."
„Ist das wahr?" —- fragte der Alte mit Verwunderung, aber auch mit mehrerer Achtung — „Wahrhaftig, sie sehen mir so offen und ehrlich in die Augen, wie ein junger Bauerbursch, und ich kann es nicht glauben, daß sie mit einem alten Manne, der sie nie beleidiget hat, nur einen Spaß machen wollten. Es ist viel, sehr viel von ihnen — eine so reiche, vornehme Braut um ein armes Gärtnermädel! — aber bei alle dem — wahrhaftig, ich bedauere sie und das Mädel, aber ich sehe doch keine Möglichkeit, daß ich ihnen mein Kind geben kann. Sie müßten ja von Stund an den Hof meiden, und meine Dore — die würde sich schön ausnchmen als eine gnädige Kammcrjun« kerö« Madam!"
„Das wird sich finden! sie oder keine Andere soll mein Weib werden! Ich liebe das Mädchen von ganzem Herzen; ich glaube auch, daß sie mir nickt abgeneigt ist" —
„Ha! was das Abgeneigrsein anlangt" — sagte der Alte in lustiger Laune — „warte, warte, Blitzmädel! jetzt geht mir ein Licht auf — ja, wahrhaftig, das will ich ihnen wohl glauben. Hat doch die Base schon lange darüber gescholten, daß die Dore gleich an das Fenster läuft, so bald ein Grünrock vorbeischackt — und ein großes Glück wäre cs schon für mein Kind, und man weiß freilich nicht alle Mal, was der liebe Gott mit einem hübschen Mädel im Sinne hat, und cs ist die Pflicht der Eltern, so etwas nicht von sich zu weisen — — aber ich alter Narr! was schwatze ich nur da? wie kann ich im Ernste an so etwas glauben?"
„Es ist mein Ernst, Vater! Hier hat er meine Hand; es ist die Hand eines ehrlichen Mannes!"
„Herr Kammerjunker! ich weiß nicht mehr, was ich sagen soll, nnd wenn ich sie so ansehe und an das Mädel dabei denke, wahrhaftig ich möchte lieber weinen! Ich sehe eS, sie meinen es ehrlich und gut — und das Mädel ist auch so — aber dennoch ist mir alles zu rund. Ich bin wohl ein alter Mann und habe in meiner Jugend bei einem fürstlichen Kunstgärtner gelernt und so manches in der Welt erfahren, aber — sie dürfen mir das nicht übel deuten, denn es soll ihnen eigentlich gar nicht
gelten — mir den Vornehmen sehe ich mich immer noch vor; bei denen kann ich mich selten zurecht finden."
„Wie soll ich eS denn aber anfangen, um ihn zu überzeugen ?"
„Wissen sie was, gnädiger Herr! mir fällt was ein. Ich habe da einen Schwiegersohn, und erwarte ihn alle Tage. Ter versteht sich auf so etwas besser, als unsereins, und wenn mir der zu der Heirath räch" —
„Er hat noch eine Tochter, Fabian?"
„Ja, sehen sie nur! Meine Schwester, die eine Priesters« wittwe ist, nahm nach dem Tode meiner Frau das älteste Mädchen zu sich, und hat sie im Christenthume und zu allem Guten erzogen. In die hatte sich nun ein ehrlicher, gestudierter junger Mann verliebt, und hat sie auch geheirathet. Tie guten Leutchen haben sich lange Zeit ärmlich und spärlich genug behel« fen müssen, aber nun hats keine Noch weiter. Denn der Eidam hat mir kürzlich geschrieben; daß er eine reichliche Besoldung gekriegt habe, und noch in dieser Woche herauf kommen werde, um sich bei dem Herrn, der sie ihm zugeschanzl, persönlich zu melden" —
„Wie heißt der junge Mann?" — fragte Arlheim angenehm beklommen.
„Er heißt Hermann!" — versetzte der Alte.
„Hermann! Hermann!" wiederholte Arlheim in froher Ueberraschung, schloß den Alten, der ihn schier für halbtoll hielt, feurig in seine Arme, rannte dann zu Dorchen, rief ihr zu: „Gib mir auch ein Sträußchen für deinen Schwager!" riß ihr eins aus der Hand, küßte sie auf die Wange, und war, ehe sich noch Dorchen besinnen konnte, auf und davon.
(Fortsetzung folgt.)
Allerlei.
— AuS Franken, 10. Septbr. Wie man einen bayerischen Postbeamten zurechtweisen kann, davon gibt folgender vor Kurzem in einer Provinzialstadt vorgekommeuer Fall ein Beispiel. Da kommt ein Handelsmann an den Briefschalter, begehrt für drei Gulden Sechsermarken und zählt dem Beamten drei Gulden in Secksern hin. Dieser nimmt seine Marken wieder zurück mit der Erklärung: er habe keine Zeit, so viele l?> Sechser zu zählen, er solle fortgehen und sich größeres Geld einwechseln. Der Beamte schließt den Schalter. Unser Handelsmann hat aber keine Lust, sich erst anderwärts gröberes Geld zu holen; alsbald klopfte er am Schalter und läßt sich gegen einen Sechser eine Sechsermarke geben. Kaum hat der Beamte den Schalter wieder geschlossen, so klopft unser Handelsmann wiederum und läßt sich gegen einen Sechser abermals eine Marke geben. Als er diese Manipulation viermal nacheinander fortgesetzt hatte, rief endlich der Postbeamte unwillig aus, er solle ihm nun doch seine Sechser geben, damit das fortgesetzte Klopfen und Oeffnen des Schalters für ihn ein Ende nehme. Und nun hatte der Postbeamte Zeit gesunden, die einzelnen Sechser nachzuzählen.
— Die Streitfrage, ob der Strauß zu zähmen und in der Zahmheit fortzupflanzen sei, ist durch den Direktor der Gu- bernial-Central-Baumschule in Hamm bei Algier gelöst worden. Mehrere Straußcnpaare wurden von Herrn Hardy gesetzt und brüteten Junge aus. Nach Herrn Hardy legt ein Strau- ßenweibchen im Laufe eines Jahres im Ganzen 50 Eier,, die zwar nicht so schmackhaft wie Hühnereier, aber durchaus eßbar sind und so viel wie 1200 Hühnereier wiegen.
R ä t h f e l.
Der fruchtbaren Erde unnütze Bürde,
Breit ich mich zum Schaden des Nützlichen aus. Ein dicker Kopf ist meine Zierde,
Und Spitzen steh'n mir aus selbem heraus.
Nie kümmert das Lob mich der Klugen hienieden, Ich bin mit der Achtung der Esel zufrieden.
Lruck nnd -Ucrlng dir E. W. Zals« r'schcn Buchh,ndiung. Sitt-Ulion: Hölzlc.
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