achtet eines gewaltigen Concertos von Gezisch und Verwün­schungen hinaus. Obwohl sich sträubend, muhte der Commis doch zu dieser Entführung lachen, was das Aufsichtspersvnale hinderte , sich in die Angelegenheit zu meugen.

Aus der Straße nahm Uaumi den Hut ab und gab seine Stirne dem eisigen Nachtwinde preis. Die Straßenlaternen umtanzten ihn. Er wollte die Augen schließen und sah Blu­menkränze auf wallenden Haaren, schwarze, sprühende Augäpfel, zauberhaft lächelnde Lippen. Und in nebliger Ferne erschien ihm das Schattenbild Scholastikas, deren Antlitz unter dem ungeheuren Kopfpntze des Marais ganz verschwand. Schola­stika hatte einen kurzen Wollrock, der ihren Wuchs entstellte, und dicke Schuhe mit Zinnschnallen an, welche ihre Fuße zur Unbill vergrößerten. Uaumi seufzte und zuckte die Achseln.

Gehen wir," rief er seine Schritte beschleunigend,ge­hen wir dorthin, wo mau Millionär wird."

Der Commis, der an seinem Streiche bei Weitem nicht mehr das frühere Behagen fand, lief die Rne Vivienne hinab und erreichte daS Palais-Royal. Neuer Glanz strahlte unserem Bretagner entgegen. Uaumi war aber bereits übersättigt. Durch einen schmalen Gang drangen sie in die Rne Mout- pensier.

Dort sehen Sie hin," sagte der Commis und wies mit dem Finger auf eine schwarze Laterne, auf welcher dunkelroth die Nummer 113 glänzte.

Uaumi sah hin.

DaS ist der Ort, wo man Millionär wird," fügte der Commis ernst hinzu.

Vaumi starrte noch immer die Laterne an. Als er sich umwaudte, um noch einige Erklärungen zu verlangen, war der Commis verschwunden.

Einige Minuten später gab's in dem Vorzimmer des Hau­ses Nr. 113 großen Tumult. Uaumi wollte trotz des Abweh- rens der Wächter eindringcn, und zwar mit seinem großen Hute und seinem Christdvrustock. Endlich ward ei» Vergleich ge­schlossen: man ließ Uaumi ein, doch mußte er Hat und Stock zurücklasscn, was er nicht ohne einen tiefen Seufzer that.

Hier war's nicht wie in der Oper. Kein Mensch achtete auf ihn. Die Spieler sind nicht die Leute, welche sich die Mühe nehmen, sich nach einem Neuankommendcn umzuschanen. Selbst im Juli 1830, als die Kanonen in der Nähe des Pa­lais-Royal donnerten, unterbrachen die Spieler ihre Partie Roulette nicht, und griff ja einer oder der andere zum Ge­wehre, um mitzukämpfen, so gcschah's nur, weil ihnen die kö­nigliche Garde den Eintritt ins Spielhaus verwehrte.

3.

Uaumi trat an den Tisch vor, an welcbem ein mit der Krücke bewaffneter Mann in gleichen Zeiträumen unverständliche Worte rief. Eine fünffache Spielrcihe umringte :hn, da aber der Sondircr mit seinem Kopfe alle diese gelbsüchtigen, schwäch­lichen Spielwüthlinge überragte, konnte er leicht den grünen Teppich und das darauf rollende Geld sehen. Nachdem er zehn Minute» der aufmerksamsten und genauesten Beobachtung gewidmet, begriff er von der ganzen Sache noch nichts, als daß ein Hazardspiel gespielt wurde. Uaumi's einziger Ehrgeiz in dem Momente bestand in dem Verlangen, ein Millionär zu werden; das sicherste Mittel hiezu aber war nach seiner Mei­nung, sein Geld auf den Tisch zu werfen. Er zog also aus der Hosentasche das einzige Fnnsfraukenstück, das in Gesellschaft eines Dutzend dicker Sons darin stak, streckte seine Hand über die Köpfe der Spieler und schleuderte sein Fünffrankenstück auf' den Teppich. Es rollte gerade auf eines der numerirten Fel­der, die den Teppich in seiner ganzen Länge bedeckten. Der Croupier drehte die Roulette. Uaumi verfolgte sein Fünffran­kenstück mit unruhigem Blicke. Gern hätte er alle seine Sous hingegeben, wenn er es hätte zurücknehmeu können, aber er wagte es nicht. Diese Menschen, die mit ganzen Handvoll Gold herumwarfen, imponirten ihm. Während er so in der Stille für sich wehklagte, hörte das Glücksrad auf sich zu drehen, und die eintönige Stimme des Banquiers sprach einige Worte in einer Sprache, welche im Marais von Dol ganz unbekannt war. Sechsunddreißig Fnnffrankenstücke, sehr geschickt geworfen,

reihten sich um das, welches der Sondirer in seiner Unklugheit hingeworfen. Er that einen Freudensprung und suchte seinen Cyristdornstock, um triumphirend ein Rad zu schlagen; aber leider hatte er seinen Stock draußen lassen müssen.

Trotzdem war er noch nicht dessen gewiß, ob er auch be­rechtigt sei, all' das Silber, welches sein Fünfsrankenstück um­gab, eiuznstreichen. Während er noch schwankte, kam die Rou­lette von Neuem in Umschwung. Dieselbe Nummer kam her- aus. Dießmal stürzte ein Hagel von Lonisd'or auf Uaumi's Einsatz. Bei diesem Anblicke schwand seine falsche Scham; war er nun nicht ebenso reich, wie die, welche ihn umgaben? Und durch dasselbe Manöver, welches wir ihn schon im Parterre der Oper mit so vielem Glücke durchführen sahen, kam er bald in die erste Reihe. Jetzt setzte er sich nieder, zog seinen Schatz an sich und pflanzte seinen Ellbogen auf den Tisch.

Wie viel Gelb muß man haben, um Millionär zu sein?" fragte er einen alten Spieler, seinen Nachbar.

Dieser sah ihn von der Seite an, aber die naive Offen­heit in dem Gesichte des jungen Mannes beruhigte ihn sogleich.

Eine Million," erwiderte er.

Uaumi zeigte ihm das Geld, das vor ihm lag.Ist dieß eine Million?"

Bah," erwiderte der alte Spieler.Das sind erst fünfzehnhundert Franken."

Ich brauche eine Million. Sagen Sie mir's, sobald ich sie habe."

Gut," versetzte der alte Spieler.Wenn Sie mir je­doch folgen, so warten Sie nicht so lange." (Forts, folgt.,

Allerlei.

Dickens erzählt folgende Geschichte von einem ameri­kanischen Seckapitän:Auf seiner letzten Heimreise hatte der Capitän eine jnnge Dame von besonders anziehender Persön- lichteit an Bvrd. Fünf junge Herren, Passagiere desselben Schiffes liebten die junge Dame mit Innigkeit und sie ihrer Seits war in alle Fünf gleich innig verliebt und wußte nicht, welchem den Vorzug zu geben. Unfähig, sich allein aus der Verlegenheit zu ziehen, erbat sie sich Rath von meinem Freunde, dem Capitän. Dieser, ein Mann originellen Geistes, sagte zur jungen Dame:Springen Sie über Bord und heirathcn Sie den Mann, der Ihnen nachspringt." Der Schönen leuch­tete die Idee ein, und da sie besonders gern badete, nament­lich bei so warmem Wetter, als cs gerade war, ergriff sieden Vorschlag des CapitänS, während dieser für etwaige Unfälle ein Boot bemannte. Demgemäß, als am nächsten Morgen die 5 Passagiere auf dem Verdeck waren und andachtsvoll auf die junge Dame blickten, sprang diese kopfüber ins Meer. Vier von den Liebhabern sprangen ihr augenblicklich nach. Als die Dame und die 4 Ritter wieder in Sicherheit aufs Schiff ge­bracht waren, sagte die Erstcre zn dem Capitän:Was soll ich nun mit den Vier anfangen, sie sind so naß?" Antwortet der Capitän:Nehmen Sie den Trockenen!" Und die junge Dame that es und heirathete ihn."

(Woher stammt der Name Grog?j Dieses so beliebte Getränk verdankt seinen Ursprung dem englischen Ad­miral Vcrnon, welcher in der Mitte des vorigen Jahrhunderts lebte. Vor ihm bekamen die Matrosen den Rum rein und un« vermischt, er befahl, ihn mit einer gewissen Menge Wasser ver« auSzutheilcn, was den Seeleuten außerordentlich mißfiel. Nun trug der Admiral gewöhnlich einen Nock von kameelhaarcnem Zeuge, Grogramm, und so nannten sie ihn, sobald sie ihn sahen oder von ihm redeten, nur den alten Grog , womit denn auch bald die Mischung von Wasser und Rum bezeichnet wurde, welche sie täglich erhielten. Allmälig blieb der Name, die letztere zu bezeichnen, obschon der alte Vcrnon und sein Flaus- rock längst vergessen sind.

Die Weiber sind gerade wie die Katzen:

Sie lassen sich die weichen Pfötchen küssen.

Doch wenn sie sie im Ernst uns geben müssen.

Dann haben sie nur Krallen um zu kratzen.

Druck und Verlag der G. W. Zaise rächen Buchhandlung. Redaktion: Höljl«.