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Zernsprecher Nr. 9

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Montag, 25. Oftober 1925.

101. Jahrgang

Das Programm des Reichsinnenministers

Dr.KülKÄberdieBerwattungsreform

TU Berlin, 25. Okt. Aus der Tagung der demokratischen Frak­tionen berichtete Reichsinnenminister Dr. Külz aber die Arbeiten seines Ministeriums. Er wandt« sich gegen jede Debatte über die Staatsreform und hielt es für wichtiger, den Staatsinhalt zu fe­stigen. Auf dem Cebietc der Kulturpolitik müsse darauf hinge­arbeitet werden, datz Deutschland wieder als gleichberechtigt im Kreise der Völker gelte. Auf dem Gebiete der Minderheitenrechte müsse Deutschland alles vermeiden, was den Anschein erwecken könnte, als ob wir die berechtigten kulturellen und religiöse» Be­lange vöi.ischer Minderheiten nicht anerkennen wollten. Die Auf­gabe des kommenden Reichsschulgesetzcs könne nur die sein, die Interessen des Staates zu sichern und die Schulen von den Ein­flüssen fcrnzuhalt.n, die nicht hincingehörten. Das Reichsschul- gcsetz sei im allgemeinen fertig. Als erster europäischer Staat habe Deutschland jetzt das Reichsbühnengesetz vorbereitet. Das Gesetz zum Schutze der Jugend vor Schmutz und Schund stelle tat­sächlich nur eine Legalisierung schon bestehender Verhältnisse dar. Der Minister wandte sich dann dem Verbot des Potcmkinfilms zu. Es sei zweifelsfrei, daß der Film bestimmt gewesen sei. revolutio­när zu wirken. Die Frage sei nur die, ob der Film zur revolu­tionären Wirkung geeignet sei. Dieser Gesichtspunkt sei aber ver­kannt worden. Es sei verkehrt, zu behaupten, daß die Prüsungs- stelle reaktionären Beeinflussungen nachgegeben habe.

Die Verwaltungsreform einschließlich dem Finanzausgleich sei das zentrale Problem der Staatsentwicklung. Auf dem Gebiete des Vereins- und des politischen Rechts in den einzelnen Ländern würden oft die verschiedensten Entscheidungen gefällt. Diesem Uebelstand solle durch die Schaffung eines Reichsverwaltungsge­setzes abgeholfen werden. Bisher habe auch eine Stelle gefehlt, die darüber entschieden habe, ob ein Gesetz verfassungsändernd ist oder nicht. Diese Lücke solle durch das in Vorbereitung befind­liche Gesetz zur Nachprüfung der Gesetzmäßigkeit von Verfassungs­änderungen ausgefiillt werden. In Vorbereitung seien weiter das Gesetz zur Wahrung der Nechiseinheit und das Gesetz zur Samm­lung und Vereinheitlichung des Ncichsrcchts. Von großer Bedeu­tung sei auch das vorliegende Neichspressegesetz, das den Zweck habe, das Personen, die auf Grund ihrer Abgeordneteneigciffchaft immun seien, nicht als verantwortliche Redakteure zeichnen könnten.

Zur Frage der Kleinkalibervereine erklärte der Minister, diese Vereine würden nicht bekämpft werden, soweit es sich um eins Sportbewegung handle. Die Kleinkaliberbewcgung habe es aber abgelehnt, auf sportliches Gebiet zu treten. Eine Lösung lasse sich dahin finden, daß man den Besitz an Waffen im Prozentsatz zur Mitgliederzahl der Vereine kontingentiere. Der Minister bezeich­net« es weiter als völlig ausgeschlossen, in diesem Reichstag ein Gesetz durchzubringen, das den Artikel 48 der Verfassung ändere. Die Aufgabe des neuen Durchführungsgesctzes sei darin zu erblik- ken, daß der Inhalt und der Umfang der Befugnisse des Art. 48 staatsrechtlich und staatspolitisch klargestellt werden sollen. Un­bedingt notwendig sei ferner die Verabschiedung des Beamten-

Franzöfische Slörungsmanöver.

TU Paris, 25. Okt. Die offiziösen Aeußerungen zu der Unter­redung zwischen Briand und Hoesch befestigen durchweg den Ein­druck, daß das französische Außenministerium von dem Willen be­seelt ist, die Weiterführung der deutsch-französischen Verhandlun­gen nach Möglichkeit zu verschleppen. Es macht sich offenkundig der Einfluß Poincares geltend, der auch die Frage der interalli­ierten Schulden und die Natifizerung des Schuldenabkommens, die in gewissem Sinn von den finanziellen Verhandlungen mit Deutschland nicht zu trennen sind, auf die lange Bank schieben möchte, weil zurzeit die parlamentarischen Möglichkeiten außer­ordentlich ungünstig sind. Zum mindesten wird die französische Regierung die Absicht verfolgen, eine Hinausschiebung d«r Be­sprechungen bis Januar zu erreichen.

Diese politische Tendenz kommt am allerdeutlichsten imPetit Parisien" zum Ausdruck, der als der Regierung immerhin nahe­stehend zu betrachten ist. Das Blatt schreibt zu der Unterredung, Herr von Hoesch habe offenbar Briand die Begeisterung geschil­dert, mit der die Berliner Regierung die Idee einer deutsch-fran­zösischen Annäherung ausgenommen habe, die sich auf einer früh­zeitigen Rheinlandräumung aufbaue. Ohne Zweifel habe Briand, dessen versöhnende Politik bekannt sei, unter der Bedingung, daß die Interessen des Landes aufrecht erhalten würden, mit analogen Argumenten geantwortet. Diese Argumente könnten dahin zu- sa-mmengesaßt werden: Seien wir geduldig, suchen wir nicht zu schnell vorzugehen. Wir wünschen nichts als uns zu verständigen. Wir müssen aber auf der einen wie auf der anderen Seite gleiche Vorteile finden. Suchen wir also in Ruhe die Formel für diese Einigung mit ebenso viel Geduld wie mit gutem Humor. Man vergesse in Deutschland, datz sich nicht Frankreich allein mit der Rheinlnndbeietzuna zu beschäftigen habe. Auch England müsse

veriretungsgesetzes, das der Beamtenschaft eine Mitwirkung zu- gcstehe, wo ihre Verhältnisse in Mitleidenschaft gezogen seien. Vor allem gelte es aber, das allgemeine Beamtengefetz auf eine mo­derne Grundlage zu stellen. Die Arbeit der Reichsregierung gehe dahin, ein Beamtengesetz zu schaffen, das auch von den Ländern in seinen Grundsätzen übernommen werden könne.

Auf der Tagung der demokratischen Fraktionen hatte vor dem ReichSiunenmlnifler

Reichsfinanzminister Dr. Reinhold über die Finanzlage des Reiches

berichtet. Di« Prophezeiungen von einer Finanzkatastrophe hät­ten sich nicht bestätigt. Das Steueraufkommen im ersten Halbjahr des laufenden Jahres sei mit 127 Millionen über dir Hälfte des Voranschlags hinausgcgingcn. Die Erträge der Zölle zeigten ein großes Plus gegenüber dem Voranschlag. Zurückgeblieben sei nur der Ertrag der Vermögenssteuer und der Erbschaftssteuer. Sein Ziel sei, so erklärte der Minister, immer hart an der Grenze des Defizits hinzustreichen. Das sei bei dem augenblicklichen Zu­stand Deutschlands die allein richtige Politik. Der Minister er­läuterte dann im einzelnen das Nrbeitsbeschaffungsprogramm der Reichsregierung. Für die Arbeitsbeschaffung sollen hohe Be­träge aus den Anleihen bercitgestellt werden. Der Reichswirt- schaftsininffter sei mit Recht vor uferlosen Kanalbunten gewarnt worden. Aber dort, wo die Bauten begonnen seien und wo wirt­schaftliche Gründe für die Vollendung sprächen, müsse geholfen werden, selbst, wenn die Rentabilität des Kanals nicht ganz sichcrgestcllt sei. Für Landarbeiterwohnungen seien 30 Millionen eingesetzt worden und für Siedlungszwecke in der Ostmark 50 Millionen. Die Lage der Reichsfinanzen baffe weitere Bereit­stellungen nicht zu. Auf dem Gebiet der Zuckcrstcuer müsse noch etwas geschehen, vielleicht auf dem Wege, daß Zucker billiger und Branntwein teurer werde. Es sei anzunehmen, daß die Etats der Länder und Gemeinden durch die Erwcrbsloscnsürsorgc ge­fährdet seien. Es könne daher bei dem Finanzausgleich keine Rede davon sein, daß Ländern und Gemeinden etwas genommen werde. Es müsse zugegeben werden, daß sie mit sozialen Lasten überbürdet seien. Der Schlüssel zur Lösung der Frage liege da­rin, daß vom 1. April 1927 ab hoffentlich das Vcrsicherungsge- sch für die Erwerbslosen in Kraft sein werde, durch das den Län­dern und Gemeinden die Lasten wieder abgcnommen werden würden. Vor dem endgültigen Finanzausgleich müsse jedoch ein Jahr lang ein Provisorium Platz greifen. Die Nebcrgangszeit würde dann am 1. April 1928 zu Ende sein. Bei dem end­gültigen Finanzausgleich müsse das gesamte deutsche Sicuer- wesen organisch geregelt werden. Die Negierung werde deshalb beim endgültigen Finanzausgleich die gesamtdeutsche Belastung auf ein tragfähigcs und sozial gerechtes Maß bringen. Zu er­streben sei, daß die Verwaltungsreform noch vor dem endgül­tigen Finanzausgleich durchgeführt werde.

hierbei mitreden. Aber auch abgesehen davon könne Frankreich eine derartige Abmachung nicht eingehen. Es gebe einen Faktor von moralischer Bedeutung: Frankreich könne unmöglich seine finanzielle Wiederherstellung Deutschland verdanken. Wenn es zu einer Annäherung zwischen Leiden Länder» kommen solle, müßten andere als finanzielle Gründe mitsprechen. Stresemann habe Briand gegenüber den Wunsch ausgedrückt, das Rheinland vor der fälligen Frist zu räumen. Deshalb müsse die Regierung des Deutschen Reiches auf wirtschaftlichem und politischem Gebiet ent­sprechende Entschädigungen für Frankreich aufbringen.

Oeuvre" erklärt, Herr von Hoesch habe Briand versichert, die deutsche Regierung habe den festen Willen, die Verhandlungen mit Frankreich zu einem Erfolg zu bringen. Briand habe Herrn von Hoesch gegenüber bemerkt, daß man unter den schlechtesten Auspi­zien arbeite, wenn der ehemalige Kaffer seine Blicke nach Hom­burg v. d. Höhe sende und wenn die deutschen Blätter aus Lo­carno falsche Schlüsse zögen.

DerExzelsior" glaubt, daß, wenn auch Frankreich di« vorzei­tige Räumung des Rheinlandes abgelohnt habe, und wenn hier­durch die Verhandlungen zum Stocken gekommen seien, Briand doch seine Mitarbeiter ermahnte, sich nicht entmutigen zu lassen. Man versichere in der Umgebung Bviands, daß man mit Geduld zu einer Lösung kommen werde.

TU Paris, 26. Okt. Die republikanische Föderation, die in der Kammer mehr als 1l>0 Mitglieder zählt, hatte am Sonntag in Bapaume eine Tagung veranstaltet, bei der die schärfsten An­griffe gegen die Radikalsozialisten gerichtet wurden. Der Abg. Desjardins erklärte, Frankreich werde niemals die Schuldenab­kommen ratifizieren und für 62 Jahre hohe Steuer» festlegen, so­lange Deutschland nicht seine Schulden bezahlt habe und seine Verbrechen nicht anders als nur durch Reden in Locarno und Genf wieder gutaumachen bestrebt sei.

Tages-Spiegel.

Rcichsinneiiininistcr Dr. Külz nahm am Samstag zu de» Auf­gaben der Verwaltungsreform Stellung.

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Rkichsfinanzmiuister Tr Reinhold sprach über die finanzielle Lage des Reiches.

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In Frankreich versucht man die Fortführung der Verhandlungen über die Thoiry-Pvlitik z verschleppen.

Die belgische Stabilisier,ingsaftion ist mit Erfolg ei»,geleitet wor­den. Die Slnbilisierungsanlkihe ist gesichert.

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Auf der britischen Rcichskonferenz wurde der Handelsverkehr mit den Dominions behandelt.

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Das englische KriegsschiffValerian" ist in einem Orlan 18 Meilen südlich von den Bcrmnda-Jnscln gesunken.

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Armenien ist von einen, schwere» Erdbeben heimgesucht worden, das großen Schaden verursacht hat.

Haudelssragen des britischen Reiches

TU London, 25. Okt. Der amtliche englische Funkspruch ver­breitete die Reden der Domimenvcrtrcter, die in der Diskussion über die Steigerung des Handelsverkehrs im Rahmen der Reichs­konferenz gehalten wurden. Der kanadische Ministerpräsident be­grüßte das Referat des britischen Handelsministers über die gün­stige Entwicklung des Handelsverkehrs zwischen Mutterland und Dominien. In den letzten vier Jahren habe sich die britische Ein­fuhr nach Kanada von 117 Millionen auf 163 Millionen Dollar vermehrt. Kanada begrüße jede Steigerung des britischen Im­portes, jedoch müsse sich Großbritannien stets der Konkurrenz der anderen Staaten bewußt sein. Vor allem bemühten sich die Ver­einigten Staaten, die bei ihrer Nachbarschaft zu Kanada schon einen gewissen Vorsprung gegenüber dem Mutterland hätten, die kanadischen Wirtschaftsbedürfnisse zu befriedigen. Hier könne nur eine weitere Vorzugsbchandlung Großbritanniens durch die kanadische Zollpolitik Helsen. Die kanadische Ausfuhr nach Eng­land habe sich in den letzten vier Jahren ebenfalls bedeutend gebessert. Der Redner begrüßte fernerhin die Arbeiten des im Vorjahr eingesetzten ReichswirtschaftHausschufscs. Die Wacht und das Ansehen des britischen Reiches seien besser in seiner wirtschaftlichen Lage verankert als in bewaffneten Kräften oder militärischer Macht. Die Reichsvcrtcidigung müsse sich allein aus die Erhaltung der Handelswege im Reich konzentrieren. Hier habe die Flotte ihre Hauptrolle zu spielen.

Besondere Beachtung müsse der Bevölkerungssragc und der Ansiedluiigspolitik in den Dominien im Sinne des sich verstär­kenden Ncichshailvets geschenkt werden. Man dürfe nicht ver­gessen, daß 65 Prozent der weißen Bevölkerung des Reiches al­lein im Mutterland ansässig seien. Von dem wirtschaftlichen Wohlstand dieser Menschen hänge die Zukunft des Reiches ab. Von hier aus ergösse sich immer wieder der neue Blutzusirom in die britische Reichseinhcit.

Der australische Ministerpräsident zollte dem Muticrland Worte der Anerkennung für seine Leistungen in und nach dem Kriege. Englands finanzielle Leistungen in der Schuldcnfrage wie in der Währuugsfrage seien über jedes Lob erhaben. Eng­land müsse seine Kräfte im Außenhandel stärker anspanncn und besonders auch im Handelsaustausch mit Australien jede aus­ländische Konkurrenz zu schlagen versuchen. Australiens Handel mit den anderen Dominien habe sich besser entwickelt, als sein Handelsverkehr mit dem Mutterland«. Die englische Wirtschaft müsse sich vor allem auf die Bedürfnisse der einzelnen Dominien einstellen und gegenseitig inüssen sich Mutterland und Dominien in der Zollpolitik entgegenkommen.

Die irische Delegation begrüßte die wirtschaftspolinschen Be­ratungen der Reichskonferenz mit der Feststellung, daß die Kon­ferenz jetzt auf dem besten Wege sei, ein Parlament der Klä­rung von Gedanken und Taten zu sein. Alle Teile des Reiches seien heute schon wirtschaftlich so verstrickt, daß ihr wirtschaft­liches Gedeihen von einander Abhängig sei. Neufundlands Ministerpräsident betonte, daß auch sei« Land Rcichswaren vor­ziehe und daß sich eine Zollkommission schon jetzt damit befasse, die Zölle für Rcichswaren zu revidieren. Nach kurzer Stellung­nahme des indischen Delegierten zu der Frage, wie der Reichs­handel durch die Vorzugsbehandlung der Reichswaren in den verschiedenen Ländern gehrten werden könne, schloß der britische Handelsminister diese Diskussion der Reichskonferenz.

Verschleppung der Thoiry-Berhandlungen