ihm: „Wohlan, Lanmonier" — rief er lackend — „so so llst Du heut Abend Obcrgeneral sein, natürlich mit dem Beding, daß Du nicht etwas rhnst, wo ick dir in's Hand- we rk fallen muß; allein, was Essen und Trinken und die ganze Ehre betrifft, so bin ick selbst der Erste, der Deine Befehle erwartet."
Die altfranzösischc Lustigkeit kehrte zurück,^ allgemeines Lachen folgte einer pathetischen Anrede Hochc's an den neuen Obergeneral, nicht etwa zur Semiramis an ihm zu werden, und mitten unter der Fröhlichkeit hielt man am Graben, der die Gebäude umschloß.
Alles war hier still wie ein Grab, das Feuer im Innern fast erloschen, und die heisere Stimme eines Kettenhundes die einzige, welche die Fremdlinge begrüßte. Erst nach langem Lärmen und Rufen voll Drohungen und Flücken fragte eine Stimnre nach dem Begehr.
„Herbei, Schurke" — schrie Lanmonicr — „und zieh die alte Brücke nieder, oder ich lasse die Haken ab- schießen, und behandle Dich als Vaterlandsverräther."
— Die Stimme gab keine Antwort. „Abgestiegen, Dragoner von der Spitze" — fuhr Laumonier fort — „schießt den Kasten um."
In dem Augenblicke aber ward innen Helles Licht, und ein Mann trat mit einem Kienspan heraus gegen den Graben.
„Wer lärmt so spät in der Nacht an meinem Hofe?"
— fragte eine rauhe Stimme.
„Verirrte Bürger" — versetzte Lanmonier, dem Hoche Mäßigung empfohlen hatte — „die nach Chatcan- Morne wollen."
„Da müssen die Herren noch eine tüchtige Stunde weiter, seitwärs durch den Marais."
„Das ist nicht möglich" — rief Lanmonicr — „ermüdet und durchnäßt, wie wir sind, müssen wir hier den Morgen erwarten. Herunter mit der Brücke!"
„Und wenn ich nun nicht will?" — fragte der Mann trotzig.
„Sechs Karabiner halten auf Dick, Narr" — lachte Laumonier, — so wie Du einen Schritt znrücktrittst, liegst Du am Boden, und ich lasse das Nest niederbrennen."
„Und wenn ich öffne, werdet Ihr mir nicht minder nehmen, was ich habe?"
Solche Bestien wie Du verdienen nichts weiter" — cntgegnete Laumonier.
„Bist Du toll, Obergcneral" — flüsterte Hoche — „sollen wir hier liege» bleiben oder stürmen müpen?"
„Sei kein Thor, Citoyeu" — fuhr Lanmomer fort
— „öffne getrost, ich verspreche Dir bei meiner Bürger- chrc, Dir soll kein Haar gekrümmt, und Alles, was Tu uns gibst, baar bezahlt werden."
„Nun, wenn das ist, im Namen der heiligen Mutter Gottes von Niort!" — er ließ die Haken los, und die kleine Brücke sank herab.
Paarweis zogen die Reiter über den schmalen Steg, bei dem Manne hin, dessen hartes, finsteres Gesicht weder freundlicher noch trüber wurde. Endlich schloß er das Thor wieder, und mit Hülfe einiger Knechte, die jetzt
ebenfalls mit brennenden Spänen herbeikamcn, wies er den Reitern einen langen Brctterschuppen mit Seiten- und Onerwänden, wo sie ihre Rosse sowohl als sich selbst hinlänglich geschützt sahen.
Bald loderte in der Nähe des Einganges ein Helles Feuer, und ein paar ungeheure Töpfe und Kessel enthielten die Stücke eines frisebgeschlachteten Schafes und Hirse, die der Vendeer aus seinem Haushalte abgetreten hatte.
Während dessen hatten es sich der General und sein Gefolge in der Halle bequem gemacht, ein großes Feuer brannte, und alle Anstalten zu einem einfachen Mahle wurden gemacht, wobei rund umher die Offiziere auf denselben Klötzen saßen, die einige Viertelstunden früher die wilden Vendecrhänptlinge trugen. Lanmonier prangte gravitätisch in der Milte, und Alle bemühten fick, ihm die äußeren Ehren des Vornehmste» unter ihnen zu erzeigen. Sie schwiege», wenn er sprach, beurlaubten sich militärisch von ihm, um seinen Befehlen nackznkommen, Posten ausznstellen, nach der lagernden Mannschaft zu sehen, oder reichten ihm zehn brennende Späne auf einmal, wenn seine kurze Pfeife, waS bei'm vielen Sprechen und Erzählen häufig geschah, auSging. Lange Zeit war Lanmonier nicht so vergnügt gewesen, stuckend versickerte er, nur in den Tagen, wo er Volksrepräsentant war, solche Ehre genossen zu habe», und je mehr er dem Franzbranntwein znsprach, je mehr schwur er auch, daß Niemand der Obergeneralstelle würdiger sei als er, und nur die Republik und der Berg fähig waren, ausgezeichnete Menschen zu bilden.
Hoche hatte indessen alle Vorkehrungen der Sicherheit getroffen; die Familie des Vendoers gemustert, die scheuen und feindlichen Blicke der Knechte mißtrauisch beachtet und, nach einer kleinen Recognoscirung des Gehöftes, seine Posten rings ausgestellt, um sich vor plötzlichem Ueberfall zu schützen. Als er zurückkehrend an der Seite des Gebäudes hinabging, konnte er durch das erleuchtete Fenster in die Räume blicken, wo die Familie beisammen war. Auf der breiten Strohmatratze saß der alte Pachter und sprach leise, aber mit sehr heftigen und ausdrucksvollen Geberden zu seinen Hausgenossen. Mehrmals hob er den Arm, als führe er eine Waffe, und die Knechte, die nmhersaßen, nickten beifällig, während ein bejahrtes Weib höhnisch das Gesicht verzerrte und mit heftigen Mienen ein junges Mädchen bedrohte, die, wie es an ihren bittend gefalteten Händen schien, Einwendungen gegen die genommenen Beschlüsse machte. Mit einem Male wendete sich der Alte um, seine harten Züge waren brannroth vom glühendsten Zorne, die schwarzen Augen funkelten; blitzschnell hob sich seine geballte Faust, und hätte nicht die Frau sie ansgehalten, so würde sie mit gewaltiger Kraft auf des Mädchens Kopf herabgeschmettert sein, diese aber sprang jetzt schnell aut und verließ die Kammer. ' «Forti, folgt.!
Auflösung des Rälhscls in Nr. iOO: Zapfenstreich.