Zwar keinen Grund, doch vermuthete ich es. Ich wußte, daß ihre Brüder nicht in das Gehcimniß einge­weiht wären, denn sonst hätten sie nicht wieder an mei­nem Tische gesessen. Eine Person aber gab es, deren Intervention zwischen mir und meinem Weibe ich weit mehr fürchtete, als Jener; es war ein Bruder von So­phie Cavendish, der Marien von Kindheit an geliebt, und um sie geworben hatte, und welcher kurz nach ihrer Bekanntschaft mit mir entlassen ward. Diesen Menschen konnte ich nie leiden! Horace Cavendish war das Ge­genstück seiner Schwester; ernst bis zur Schwermuth, kalt u nd würdevoll in seinem Benehmen, sinnreich, schweigsam, zurückstoßend. Marie hegte eine hohe Meinung von ihm, obgleich sic die Lebendigkeit meines Wesens und das Un­gestüme meines Charakters vorgezogen hatte. Jetzt aber, da diese Eigenschaften sich gegen sie selbst gewendet hatten, konnte da nicht eine Ableitung des Gefühls sie bewegen, ihren Vetter zurückzuwünfchcn? Sie mußte gefühlt haben, daß Horace Cavendish sich eher vom Henker hätte den ^rm abhauen lassen, als daß er ihn erhoben gegen ein Weib! Keine Herausforderung würde ihn je zu de» Worten der Beleidigung gereizt haben, die ich bei mehr als einer Gelegenheit gegen sie ausgestoßen. Ich fing an, ihn zu hassen, denn ich fühlte mich klein in seiner Gegenwart. Ich sah, daß er mir überlegen war an Temperament und Erziehung, daß er meine Gattin zu einem glücklichern Weibe gemacht haben würbe. Doch fehlte mir der Vorwand, ihm mein Haus zu verbieten, j Er kam und kam und saß da, Tag für Tag über Men­schen und Ereignisse mit seiner ruhigen, abgemessenen, leidenschaftslosen Stimme redend. Er mußte es gemerkt haben, daß er mir verhaßtst!, und dennoch war er nicht zart genug, sich unserer Gesellschaft zu entziehen. Hielt er vielleicht seine Gegenwart für nöthig zum Schutze sei­ner Cousine? Glaubte er vielleicht, ich wüßte das Glück ihres Besitzes nicht zu würdigen?"

Doch sicher" sagte ich, die ^Fortsetzung seiner Erzählung fürchtendsicher trugen Sie »ach dem, was sich nun bereits ereignet hatte, Sorge, sich der Anreizun­gen zu enthalten, durch die sie zu einer so unwürdigen Handluüg verleitet worden waren?"

Ganz Recht. Ich trug Sorge dafür. Ich wurde mäßig wie ein Einsiedler. Unter dem Vorwände, daß es meiner Gesundheit nachthcilig sei, trank ich viele Mo­nate lang keinen Tropfe» Wein. Ich wurde wieder der, der ich früher war. Meine Schwäger nannten unch eine Milchsuppe. Mich kümmerte es nicht, wie sie mich nann­ten. Kühl und frei floß mein Blut wieder durch die Adern, und ich wünschte sehnlich, das Vertrauen meines Weibes mir wieder zu erwerben."

-Aber vielleicht machte diese gänzliche Enthaltsam­keit die Probe nur noch kritischer, wenn Sie ja einmal zufälligerweise gezwungen waren , Ihre frühere Gewohn­heit wieder aufzunehmen?"

Sehr wahr. Ich häufte ein Magazin auf gegen mich selbst! So kam es, daß eine Familien-Festlichteit gefeiert wurde, von welcher ich mich nicht frei machen konnte ; es war die Hochzeit von Sophie Cavendish. So­

gar mein Weib wich von ihrer gewöhnliche» Kälte gegen mich - ab, und bat mich , mit daran Thcil zu nehmen. Wir setzten uns zu Tisch; .S waren ungefähr 30 zum Lachen, Scherz und Fröhlichkeit geeignete Menschen. Man uöthigte mich, aus der Braut Gesundheit zu trinken, und meine Fran hielt ihr GlaS dem ineinige» entgegen, gleich­sam als Pfand der Versöhnung. Mit welcher Herzens­lust stieß ich an! Der Champagner erwärmte mein Herz; freiwillig nahm ich ei» zweites Glas. Dem Bräutigam wurde ein Toast gebracht, dann der Familie, i» welche Sophie heirathete, und dann der, ans welcher sie trat. Zuletzt ward noch die Gesundheit meiner Frau vorgeschla­gen. Daraus mußte ich ein volles GlaS leeren. Ich blickte ans sic zu fernerer Ermuthigung, fernerer Güte; aber anstatt des erwarteten Lächelns sah ich sie blaß, zit­ternd, ängstlich. Vielleicht erinnerten sie meine entstamm­ten Augen und mein erhitztes Wesen an jene verhängniß- vollc Nacht, von welcher her sich bas Entstehen unseres Mißverhältnisses leitete. Ja, sie zitterte, und mitten in ihrer Bewegung sah ich, oder meinte z» sehe», eine» Blick der Sympathie und des Einverständnisses zwischen ihr und Horace Cavendish. Wüthend wendete ich mich nach ihm um. Da blickte er mich mit Verachtung an: de» Blick wenigstens habe ich nicht falsch gedeutet, und ich rächte ihn!"

Unwillkührlich erhob ich mich von unserem Sitze, und ging einige Schritte nach der Fregatte zu, damit War- grave wieder Athem und Ruhe gewänne. Er folgte mir und hing sich an meinen Arm; den übrigen Theil der Erzählung sprach er mit leiser Stimme. (Forts, folgt.)

Charade.

1 . 2 .

Auf mir stellt man oft Zweikampf an.

Doch Niemand wagt sein Leben d'ran;

Es wird gezielt, gekämpft recht warm.

Man streckt den Leib, man regt den Arm,

Man kämpft mit Kugeln und mit Spießen,

Doch sieht dabei kein Blut man fließen.

3.

Auf mir macht man viel' Eomplimente,

Drückt sich herzinniglich die Hände,

Man scherzt und lacht, man macht Parade,

Man spricht von Dichtkunst, macht Ballade,

Und Jeder, Jede will gefallen,

Die Schönste aber nur von Allen Wählt man zur Königin sich aus.

Und Jubel tönt durch's ganze Haus.

Bon Zeit zu Zeit verstummen Scherz und Lachen, Um sich Bcwcgurg hübsch und sein zu machen; Dabei ertönen wunderschöne Klänge Und durcheinander fliegt's in bunter Menge.

I. 2- 3.

Ich bin geformt recht nett, und fein.

Bin nicht von Holz und nicht von Stein,

Hab' keinen Kopf und keine Hände,

Keinen Anfang und kein Ende;

Ich lause immer ohne Fuße Auf einer schönen grünen Wiese,

Und will ich einmal ruhig liegen.

Muß ich mich in ein Loch verkriechen.