lick in der Uebersetzung Luthers nicht in die Hände des Volks gelegt wissen will, darin eine offene Domonstra- tion gegen ihre Beschränkung des Bibellesens finden könnte, da im Wartsaal Protestanten und Katholiken zu warten in gleicher Weise berechtigt sind. Gestern waren nun L junge Leute, ein Schulprovisor und ein angehender Thev- log, beide katholisch, allein im Wartsaal. Man bemerkte von Außen, wie sie die offene Bibel anspiecn und ver­hafteten sie. Jetzt sitzen sie im Arrest und geberden sich ganz verzweifelt. <U. S.)

Ravensburg, 6. Sept. In der neuesten Zeit berichten öffentliche Blätter mehrfältig die besondere Tä­tigkeit der Jndustrieritter, sowie deren Habhaftwerdung. Nun hatten wir hier Gelegenheit, in dem Laufe dieser Woche solche Bursche zu arretiren, die noch überdies zu den gefährlichsten gehören. Die Details sind dabei so interessant, daß sie geeignet sind, die Oeffentlichkeit dar­auf aufmerksam zu machen. Zwei solcher Bursche hielten sich in einem Wirthshaus in Oelschwang, einer Vorstadt Ravensburg, auf. Sie machten großen Lärmen, ließen viel Geld aufgehen und regalirten alles, was in der Wirthsstube war. Nur einen Anwesenden übergingen sie mit ihrer Freigebigkeit. Ob nun dieser aus Pflichtgefühl von dem ihm verdächtigen Individuen, oder aus Rache, übergangen worden zu sein, der Polizei auf der Wacht« stube Anzeige machte, wissen wir nicht. Indessen ist das gewiß, daß die Polizeidiener in der gedruckten Fahndungs­liste ein genaues Signalement von zwei ausgeschriebenen Flüchtlingen fanden, das mit den bezeichneten zwei Bur­schen genau übercinstimmte. Es erfolgte daher ihre Ar- retirung und Vorführen vor Oberamt, wo man bei Bei­den gegen 100 fl. in Krvnenthalern fand; auch war der eine mit einer doppelten und der andere mit einer einfa­chen Pistole, jede scharf geladen, versehen. Die Erwerb­ung des Geldes wollten sie mit einem für sie glücklich herausgekommenen Loos in der bairischen Lotterie Nach­weisen, während sie über ihre Persönlichkeit alle möglichen Ausflüchte machten und mit der Farbe nicht recht heraus wollten. Als aber der Oberamtsaktuar den Einen auf seine früher« Bekanntschaften, die er mit ihm gemacht hatte, hinwies, stimmten Beide das B.atsr psemrvi au. Sie waren aus dem Kriminalgcfängniß in Tettnaug ent­flohen, wo sie wegen eines bedeutenden Diebstahls in Untersuchung standen. Dahin sind sic auch wieder abgc- liefert worden. (St.A.)

Tages- Neni.,keitc.

Wiesbaden. Wir haben bereits über einen Selbst­mord im Cursal berichtet. Man schreibt darüber der Voss.Ztg.:Der Unglückliche, dessen Heimath Amster­dam sein soll, hatte als Offizier in der niederländische» Armee lange Jahre auf Java gedient, und sich durch treue Dienstsührung manche Auszeichnung erworben. In wenigen Tagen durch das Roulette seiner Baarschaft be­raubt, machte er vorgestern seine letzte Habe zu Silber, um mit diesem noch einmal am grünen Tisch sein Glück zu versuchen. Die wenigen Gulden waren iudeß bald verschlungen, und von Verzweiflung übermannt setzte der

Spieler am Roulettetisch das Terzerol an den Mund, und war eine Leiche. Blutlachen im großen Saal zeig­ten der von dem traurigen Ereiguiß tief ergriffenen Ba- degcsellschaft noch am Nachmittag die Stelle, auf welcher der Unglückliche Mann sein Leben geendet. Es befan­den sich unter den vielen Augenzeugen dieses entsetzlichen Selbstmordes mehrere Damen, die ohnmächtig davonge­tragen werden mußten."

Nürnberg, 2. Sept. In Folge der günstigen Witterung hat sich der Hopfen so sehr erholt, daß wir eine gute Mittelernte zn erwarten haben, und dao heißt sschon Etwas. Da man immerhin auf 60,000 Kenn,er Hopfen rechnen darf, in Baiern jedoch nur 4245,000 verconsnmirt werden, so bleibt immer noch ein großes Quantum zum Erport. Wenn nun auch das bairische Ge­wächs nebst dem böhmischen, dem man in Altbaiern den Vor­zug gibt, sehr gesucht wird, so wird dasselbe dieses Jahr doch keinen reckten Zug nach England erhalten, da man dort, wo man durchschnittlich 250,000 Centner producirt, selbst auf eine ganz ergiebige Ernte recknct. Vom vor­jährigen Hopfen lagert hier, wo der Centralpunkt des Hopfenhandels sich gebildet hat, ein Quantum von viel­leicht 8000 Centner; dieser Hopfen läßt sich noch gut für die Winterbiere verwenden. Welcke Wichtigkeit übri­gens die Bierp rodukt i o u in Baiern hat, erhellt dar­aus, daß man den Werth des jährlick erzeugten BiereS auf 36 Mill. fl. berechnet und der Bieraufschlag jetzt 6,100,000 Gulden jährlich einträgt. Es ist diese Ein­nahme seit einigen Jahren um 900,000 fl. gestiegen. Vom Lcheffcl Malz werden 5 fl. Staatsausscklag entrich­tet und sind die Strafen bei Verfehlungen gegen die ge­setzlichen Bestimmungen sehr strenge. Von 5 Scheffel Gerste macht mau durchschnittlich mit Zusatz von 15 Pfund Hopsen 35 Eimer Wiuterbicr und von gleichem Quan­tum Gerste mit 25 Pfund Hopfen 30 Eimer Sommerbier.

Bei Bern bürg wurde der Gcrichtsbote Well­mann mit einer Drahtschlinge um den Hals anscheinend todt ans dem Felde gefunden. Mit Mühe konnte man die Drahtschlinge, die stärker als Tvpfdraht war, lösen. Ins Leben znrückgerufe» kann der Mann nur mit den Fingern Zeichen geben; doch hoffen die Aerztc ihn zu ret­ten. Auf die Entdeckung des Verbrechers sind 100 Thlr. Belohnung gesetzt. Die Diensttasckfe des Mannes war aufgeschnitten, die für Ränder wcrthlosen Papiere waren auf dem Felde zerstreut.

Das Verhältnis; des schweizerischen Neuenbürgs zu Preußen betreffend, diene Folgendes. Fürst ent hum Ncucubnrg fiel 1707 nach dem Aussterben der alten französischen Familie Lvugueville, au den König von Preußen, den die Stände des Ländchcns zur Herrschaft beriefen. Im Jahr 1806 mußte es der König an Frank­reich abtreten und Napoleon belehnte damit den Marschall Berthier als souveränen Fürsten. Im Pariser Frieden kam cS vergrößert an Preußen zurück. Der König gab ihm durch eine Verfassung die Rechte eines für sich be­stehenden Staates und so ward Nenenburg als 22. Kan­ton in die Eidgenossenschaft ausgenommen. Besteuerung ! und Gesetzgebung, waren zwischen dem Fürsten und den