ihre Vorliebe für das edle Waidwerk, zu dem sie die herr­lichen Forsten ihres weitgedehnte» Gebietes unwidersteh­lich hinzogen. Den Umfang dieser Jagdlust und den ganzen Zander dieser Waldesliebc zeichnet gar schön eine Sage, die Ludwig Uhland im ersten Hefte derGer­mania" nach einer handschriftlichen Urkunde ans dem Ilften Jahrhundert mittheilt, und deren Inhalt ungefähr fol­gender ist:

Die Pfalzgrafen von Tübingen besaßen einst auf dem Schwarzwalde ein Schloß und Dorf, Pfalzgrafen­weiler genannt. In diesem Schlosse wohnte vor Zeiten ein Graf von Tübingen, der nnrer andern Kurzweilen viel zu jagen pflegte. Eines Tages war der Graf auch zur Jagd in den Wald gezogen, da begegnete ihm da­selbst ein wunderkleines Jägerlein, das zwei Jagdhünd­chen mit sich an einer Kuppel führte. Das Männlein selbst nannte sich Meister Epp (Eberhard); von den Hündlein aber hieß das eine Will, das andere Wall. Der Graf hatte an dem Meister Epp und seinen zwei Hündlein so viel Gefallen, daß er sie mit nach Pfalzgrafcnwciler heim­nahm und lange Zeit bei sich behielt. So oft nun der Graf mit dem Meister Epp und den Hündlein in den Wald zog, so fing er so viel Wildprct, daß er nie ohne Beute nach Hanse kam. Außerdem ging cs dem Grafen, so lange er das Erdmännlein bei sich hatte, glücklich und wohl an Leib und Gut und an Allem, was er vvrnahm. Einstmals ging der Graf wieder zu jagen mit seinem Jä­germeister Epp und den zwei Hündlein Will und Wall in dem Wcilerwalde zunächst hinter Fehrenbach dem Schlosse. Wie sie nun in den Wald kamen, brachten die Hunde einen mächtigen Hauptlnrsch ans, der nicht von diesen Landen war. Der Hirsch nahm. die Flucht gegen Horb zu und nach einem Walde, der Wcilow genannt, von da aber Tübingen zu und dann gegen Gmünd, Ellwan- gen, Dinkelsbühl, Nürnberg nnd durch den Böhmerwald bis gegen Prag, durch welche ganze Strecke immer der Wald sich Hinsicht. Der Graf und sein Jägermeister Epp mit ihren Hunden Will nnd Wall zogen ihm immer nach je­den Tag, bis die Nacht einbrach und Morgens in der Frühe wieder weiter. Auf diese Weise kamen sie bis gen Prag und an die Burg daselbst, in welcher damals ein König von Böhmen mit seinem Hofgesinde war. Wie aber der Graf mit seinem Jäger und den Hunden an die Pforte kam, war sie verschlossen. Die zwei Jagdhünd- lein Will und Wall schlugen aber so hell an, daß sich Jedermann darob verwunderte. Wie dieß dem Könige hinterbracbt wurde, hieß er sie cinlasscn. Da zog der Graf mit seinem Jäger und den Hündlein in des Königs Saal, darin über 1000 Hirschgeweihe hingem Wie aber die beiden Hündlein unter das Geweih des Hirsches ka­men, den sie also gejagt hatten, sahen sie über sich aus und schlugen abermals so hell und wohl an, daß der König und alles Hofgesinde sich groß darüber verwunder­ten. Auf des Königs Befehl that man nun alle Geweihe der Hirsche, die zuletzt gefangen worden waren, herab und legte sie den Hunden vor. Als diese an das rechte Geweih kamen, sielen sie in dasselbe, gerade so, wie die Hunde thu», wenn sie einen Hirsch bestätigen. Daraus!

sagte des Königs Jäger, daß dieser Hirsch erst den Tag zuvor gefangen worden, so daß man wohl erkennen konnte, daß es derselbe Hirsch war, der zuerst im Weilcrwald bei Fehrenbach war aufgebracht worden. Da sich nun der König von Böhmen über die ganze Sache gar sehr verwunderte, so erzählte der Graf dem Könige von An­fang an bis zu Ende, wie ihm zuerst sein Jägermeister Epp, das kleine Männlein, sammt seinen zwei Jagdhünd- lein im Walde begegnet sei, wie ihm hernach jedes Mal die Jagd gelungen und er nie leer heinigegangen sei, und wie er diesen Hirsch zuerst im Weilerwalde angetrvf- fen habe nnd ihm immer nachgegangen sei bis hierher nach Prag. Da nun der König solche Abentheuer ver­nommen nnd des Grafen Name'gehört hatte, da kannte er ihn wohl und fand seinen Namen in etlichen Briefen geschrieben, aus denen eigentlich abzunchmen und zu er­weisen war, daß der Graf des Königs von Böhmen of­fener und abgesagter Feind war. Als der Graf dies merkte, crschrack er'nicht wenig. Der König aber sprach: er solle darob nicht erschrecken, denn er sei seines Leibes und Gutes fick,er. Die Herren und das andere Hofge­sinde, das dabei war, redete nun so viel hin nnd her, daß zuletzt der König und der Graf freundlich nnd ver­jüngt wurden und der König alle Ungnade fallen ließ. Nach einiger Zeit, als der Graf mit seinem Jägermeister Epp und seinen Jagdhündlcin Will und Wall scheiden wollte, bat der König ihn so ernstlich um die zwei Hünd­lein, daß er sagte, wenn er ihm diese schenkte, wolle er ihm nichts versagen, um was er ihn bitte. Darauf be­dachte sich der Graf und beredete sich mit seinem Jäger­meister Epp deßwegen. Dieser widerrieth ihm, cs zu thun, der Graf aber versagte dem König ungern seine Bitte, bewilligte sie ihm aber noch nngerner. Wie er also in langem Zweifel stand, wollte er es dem König doch nicht abschlagen nnd schenkte ihm zuletzt die Hünd­lein. Sobald das geschah, wollte das Jägermeisterlcin Epp von seinen lieben Jagdhündlcin Will und Wall auch nicht scheiden, sondern blieb auch bei dem Könige zu Prag.

Bald darauf rüstete der König von Böhmen den Grafen von Tübingen mit Knechten und Pferden auch andern Geschenken in königlichen Ehren aus und ließ ihn mit allen Gnaden abscheideu. Der Graf reiste wieder heim gen Pfalzgrafeuweiler nnd bald darauf kam ihn ein Verlangen an nach seinem Meister Epp nnd seinen Jagd- hündlein; das mehrete sich an ihm so sehr, daß er an­fing, an Leib und Gut abznnehmen, auch bald darauf starb. Hernach haben seine Nachkommen diesen Sitz Psalzgrafenweiler verlassen nnd ist auch die Herrschaft von den Grafen von Tübingen in fremde Hand gekom­men. Wiewohl diese Historie so schließt die Chronik seine Erzählung, von Bielen möchte für unglaublich geachtet werden, so kann doch nicht verneint werden, daß sich vor Zeiten wunderbare Sachen in deutschen Landen begeben haben.

Auflösung des Räthsels in Nr. 68: Vergä» glich.