fern gebtN. Er war, wie scheu bemerkt worden, der Hofnarr deS Königs, welcher ihm alle gedenkbaren Titel und Ehren gegeben hatte, blos um ihn desto mehr mit seinen Ministern und Offizieren anfzichen zu können. Denn Seine Ereellenz, der Herr Obcr-Cereinonienmeistcr, Gehcimerath und Präsident der Academie der Wissenschaften, Freiherr von Gnndling gewannen durch alle diese Titel einen solchen Hochmukh, daß für jene Zeit nichts komischer war, als diese Würden, im Gegensatz zu der niedrigen Behandlung, die er alle Tage, selbst von den jüngsten Lieutenants, genießen mußte. Se. Ercellen; ärgerten sich alsdann, daß Sie bebten wie Espenlaub, und Ihre kleine aufgestülpte Nase braun und blau vor Zorn wurde, und dahin eben suchten eS seine Quälgeister zu bringen, worauf denn alle zur großen Ergötzung Des Königs ein ungeheures Gelächter erhoben, und Se. Ercellen;, wenn Sie gerade nicht besoffen waren, was beiläufig gesagt, sehr häufig der Fall war, entweder daö Weite suchten, oder mit gravitätischem Anstande bei dem gegenwärtigen Könige Protest gegen die Behandlung eines Mannes in Ihren Würden erhoben, wo sieh dann natürlich daS Gelächter mit doppelter Gewalt erneuerte. Wegen dieser, damals für komisch geltenden Austritte, war unser Narr dem Könige und seiner Umgebung unentbehrlich geworden. Hierzu kam, daß er ein lebendiges Le- ricon war und in den täglichen sogenannten Tabacks-Colle- gien über Alles und Jedes Auskunft geben mußte. Und diese, ihm allerdings nicht abznsprerl cnde, Gelehrsamkeit im Geiste seiner Zeit war das Beste an unsrem Narren, der übrigens eben so wenig Witz hatte, als ein Jagdhund, Wohl aber unter Umständen eben so falsch und bissig war als dieser. Dies wird wohl auch die folgende Geschichte wieder bestätigen.
Ter Freiherr von Gundlingalso, lag in seiner seltsamen Bekleidung, wozu, außer Schuhen mit rochen Absätzen, insonderheit eine ungeheure Alongenperücke von weißen Ziegenhaaren gehörte, in einem Graben, wie wir gehört haben, und zwar so, daß blos die Alongenperücke mit ihren mächtigen Locken zu sehen war, die sich von Zeit zu Zeit hin und her bewegte. Dies wurde ein Edelmann gewahr, der sich bei der Jagd verstreuet hatte, und da er, wer weiß welch ein seltenes Thier im Graben versteckt vermuthete, hielt er dem Narren gerade auf die Perücke lvS, traf aber zum großen Glück nicht, sondern die Kugel schlug dicht bei dieser vorbei in den Grabcnrand. Se. Ereellenz richteten sich sogleich voll höchster Entrüstung empor und riefen dem bestürzten Schützen zu: „Nichtswürdiger Bauerlümmel, was untersteht Er sich!" Dieser aber, da er bemerkte, baß das seltene Thier wohl zum Gefolge des Königs gehören müsse, entgegnete kein einziges Wörtchen, sondern rannte, als ob der Kopf ihm brenne, aus vollen Kräften dem nahen Walke zu. Damit jedoch war unser Narr nicht zufrieden, sondern da er in der Nähe einen Menschen beim Pfluge sah, wandte er sich mit hochmüthiger Miene diesem zu und rief: „Scheck Er sich mal näher!" Dieser aber entgegnete: „Dazu habe ich weder Zeit noch Lust, wenn Er aber bittet, werde ich kommen."
Eine solche Antwort war Se. Ereellenz nicht gewohnt; mit erhobenem Stocke schritten Sie also aus den verwegenen
Pflüger zu und wollten ihm ohne Weiteres daS Leder ab- bläncn, als Sie zu Ihrer Verwunderung gewahrten, daß dies der Herr Pfarrer des Dörfchens sei, den Sie Abends zuvor auf dem Schlosse des Edelmanns gesehen. Se. Er- cellenz ließen also den Stock fallen, und begnügten sich, den Pfarrer mit den Worten abzustrasen: „wie kann Er ein so grober Esel sein, weiß Er nicht, wer ich bin:" — „O ja," antwortete jener? „Er ist der Hofnarr deS Königs." Se. Ereellenz bebten vor Wuth bei diesen Worten, doch da Sie mit Ihren kleinen tiefliegenden Augen den starken Pastor vom Kopf bis zu den Zehen maßen, auch in der Nähe nirgendwo Hülfe gewahrten, ließen Sie den abermals erhobenen Stock wiederum zu Boden sinken und begnügten sich mir der Drohung: „Warte Er nur, ich wiils dem Könige sagen, Er Bauerlümmel Er, will ein Pastor sein und Pflügt hier selbst, wo hat er seinen Jungen?" Ganz ruhig erwiedcrte dieser: „Der Herr weiß vielleicht, daß Cincinatnö auch pflügeie und dieser war ein Diktator, ich aber bin mir ein armer Dvrfpaswr." — „Ja," versetzte der Narr, indem er mit den Augen seinen schlechten, durchaus bäuerlichen Anzug musterte: „als Cmeinatus pflügle, sah er aber nicht wie ein grober Bauer ans." — Gewiß aber auch nicht wie ein Narr," versetzte jener und trieb seine Ochsen an. Der Stock ging zum drittenmal in die Höhe, senkte sich aber auch wieder zum dritten Male nie« der, denn ln der Ferne bemerkte unser Narr einen Menschen aus dem Dorfe kommen, von dem er vermmhete, daß er ihm vielleicht nähere Auskunft über den groben Priester geben könne, den er sich fest vornahm zu stürzen, wenn es in seiner Macht stände.
Als er daher ihm nur »och nachgerusen halte: wer war der Kerl, der hier eben schoß," und die kurze Antwort zurückerhallen, „ich weiß es nicht!" ging er laut scheltend davon, und näherte sich bald jener Person, einem Bauer des TorseS, wie es sich erwies, den er ein Langes und Breites über den Pastor auSfragte, zu seinem Aerger jedoch nichts, einigermaßen diesem uachtheilig werden Könnendes erfuhr, als daß er noch Pl altdeutsch predige. Dies hatte der König allerdings bereits verboten; sobald dieser daher am Abend von der Jagd zurückkehrle, ließ unser Guudling es sich angelegen sein, den Pastor .nach Kräften anzuschwärzen, und seine Abenteuer des TagcS zu erzählen, worüber der König jedoch keineswegs ungehalten ward, wie der Narr vermachet hatte, sondern in ein lautes Gelächter ausbrach. Mehr Glück machte der Vorschlag: Seine Maje stät möchten geruhen, morgen früh (denn eS war zufällig Sonnabend) bei diesem Priester in die Kirche zu gehen, um ihn selbst predigen zu hören. Dieß müsse aber Staatsgeheimnis! bleiben, damit derselbe sich nicht die Nacht vorbei eiten könne, sondern man ihn ganz, wie er sich auS- drückte, in seiner Sauce antreffe. Er, Guudling, welle morgen schon auspassen, wenn es Zeit sei. Und siche , dem Könige gefiel dieser Vorschlag.
(Fortsetzung folgt.)
Auflösung deS Charade in Nr. 55: Saumseli g.