vorthaten. Ter Stadtschultheiß sah sich veranlaßt, hievon dem Hrn. Oberamtmann Kausler, der in einer Abendgesellschaft war, Mitthcilung zu machen, und dieser begab sich sogleich in Begleitung des Oberamtsaktuars und mehrerer Beamten und Landjäger auf den Platz vor dem Gasthaus zum Hasen, forderte die Leute mit lauter Stimme im Namen des Gesetzes auf, auseinander und nach Hause zu gehen, welchem Befehle auch der größere Thcil Folge leistete, während eine Gruppe von 30—40 Personen stehen blieb, auS welcher der Ruf „Bürger raus" mehrmals erscholl. In Folge dessen wurden mehrere Vrrhaflnngen vor- gcnommen, worunter dje Angeklagten Diez und Ger lach, welche beschuldigt sind, diesen Ruf gcthan und hiedurch zu gemeinsamen Ungehorsam ausgefordert m haben. Nun verlief sich die Menge ohne alle weitere Störung, der Leichnam wurde bewacht und am andern Morgen in aller Frühe ungehindert beerdigt. — Wir müssen offen gestehen, daß man allgemein ein interessanteres Ergebniß der Untersuchung dieses Vorfalls, von dem seiner Zeit in öffentlichen Blättern so großer Lärm gemacht wurde, erwartet hatte: kein Wunder, wenn die Theilnahme des Publikums sich zu Gunsten der Angeklagten aussprach, zumal da der Verchcitiger Becher sich seiner Clienten mit großer Wärme annahm und mit anerkannter Eloquenz die Anklage zu entkräften suchte, wobei er besonders auch das Benehmen des Ltattschulthei- ßen einer scharfen Kritik unterwarf. Der Wahrsp.uch der Geschworenen, welche alle 4 Angeklagten ciustunmig für uichtschuldig erklärten, fand daher allgeme ne Befriedigung. Obmann war Fabrikant Otto von Nürtingen.
(T. Ehr.)
In Bondorf und Nufringen hat die Scharlach- cpidemie Gottlob ihr Ende erreicht und ist auch die Fürsorge wieder aufgehoben worden. In letzterer Gemeinde kamen auf 270 Erkrankungen nicht weniger als 43 Sterbfälle. Derzeit herrscht dieselbe noch stark in Gärtringen, wo sie über 200 Personen, meist Kinder, ergriffen hat. (S.M.)
Jettcnburg, 23. Mai. Ein großes Unglück trug sich gestern Abend hier zu. Der von Calw kommende Fuhrknecht des Frachtfuhrmanns Botzcnhacdt von dort hatte sich auf die Deichsel hinter den Pferden seines schwerbepackten 3spännigen Wagens gesetzt und leitete von hier aus dieselben. Vor dem Schulhause, da wo die Straße eine starke Neigung gegen den Ort hin hat, wollte er von seinem Sitz, während des ziemlich raschen Laufes der Pferde, herun- terspringen, blieb aber unglücklicherweise an einem Nagel der Deichsel hängen, so daß der Sprung mißlang, und er zunächst vor das vordere Wagenrad fiel, welches sogleich über ihn ging, sowie einen Augenblick später auch das Hintere Rad. Es war ein erschütternder Anblick, den rüstigen und starken Mann sich wie einen krümmenden Wurm in der Straße herumwälzen zu sehen! Herbeieilende Männer trugen den Verunglückten in das nächste Wirthshaus, wo er unter unsäglichen Schmerzen nach 1'/, Stunden starb. Möge dieser Unglücksfall allen Fuhrleuten zur Warnung dienen, das Sitzen auf der Deichsel hinter dem Zugvieh aufzugeben. (T. Chr.)
Ulm, 28. Mai. Die heute erschienene „Ulmer Ztg." zeigt an, daß sie von heute an nicht mehr als polnische
Zeitung, im übrigen aber fortan in unveränderter Gestalt erscheine. Als Grund gibt sie an, daß eS ihr nickt ge- H
lungen sei, die Kaution zu stellen. (St.A.) li
Die Kaiserin Wiltwe von Rußland wird nach, ihrem F
Eintreffen in Wildbad eine etwa dreiwöchige Kur gebrau- ri chen; je nach dem Ausfall derselben begibt sie sich darauf ei
nach Friedrichshafen und dann noch einmal zur Nachkur nach Wildbad. Sie reist sehr langsam; ans Anordnung G der Aerzte werden überall Anstalten getroffen, daß möglichst S alle Aufregung verhütet wird. sel
S
Ta ges - Nenigke iten. ^
Wie sich doch die Leute immer wieder wundern, wenn de
eine alte tausendmal erlebte Geschichte unter ihren Augen fä
neu aufgelegt und von ihnen selber erlebt wird. Herr v. bl
Münchhausen in Hannover war lange Jahre hindurch w
der Vertraute und Freund seines Königs Ernst August, deS ni
selbstbewußten und souveränen Fürsten; die Hannoveraner ni
hätten ihn fast beneidet, wenn er nicht wüklich ein adcli- ih
ger Herr wäre. Noch nach dem Tote seines königlichen fc
Gönners wurde er Ministerpräsident, bis die rückschlagende ko
Welle der politischen Strömung ihn vom Minister und Prä- ar
sidemenstuhl weghob, und jetzt sehen die erstaunten Neulinge w
denselben Mann in dem Landtag aus der harten Bank der V
Opposition sitzen. Noch mehr, sie wollen sogar wissen, de
daß dem Manne, der derselbe geblieben ist, der Zutritt bei ft!
Hofe versagt sei. di
Berlin, 30. Mai. Die „Poscuer Ztg." enthält sei
eine Depesche aus Warschau, nach welcher der Kaiser auf dem Balle des polnisbe» Adels erklä!e, er habe eine ne
allgemeine Amnestie aller Flüchtlinge m.d Emigranten, von in
denen nur sehr wenige Personen ausgenommen seien, unter- ri
zeichnet. (T. D. d. Fr. I.) T
Am ersten Pfingstiage Nachmittags ereignete sich in di einem ösiemlichen Biergartcn vor den Thoren Berlins fol- de
gender, von den nachthciligen Folgen des Fanatismus M
Zcugniß ablegendcr Vorfall. Unter die bei ihren Gläsern da
versammelten Handwerkern mit ihren Kindern und Frauen sch
trat plötzlich der Prediger K. in Begleitung seiner Jünger ge
und Zöglingen und stimmte mit ihnen einen geistlichen Ge- hi
sang an. Die Anwesenden durch den offenbaren Mißbrauch ih
goltrsdu restlicher Formen in einem bekanmcn Bierlokale her- w
ausgcfordcrl. antworteten den unüberlegten Predigern in der S
Wüste mit der Melodie des vulgären: „Mädele ruck, ruck!" zu
worauf der Bußpcedigec sich erhob und in eine heftige so
Strafrede ausbrach. Die Folgen kann man sich selber aus- K
malen; nach einem augenblicklichen wüsten Durcheinander 3
behaupteten die Biergäste den Kampfplatz und der Mann Z»
der Umkehr und seine Jünger fanden sich vor den Thüren th
und Thoren wieder. (D. Z.) bk
In dem bei Emmerich an der Grenze gelegenen holländischen Städtchen S'Herrcnberg ist einem Fremden T im Gasthofe der Kopf abgeschnitteu worden. B
Wien, 27. Mai. Die Ocstr. Corresp. bespricht die E
beginnende Räumung der Fürstenthümer und bemerkt schließlich: dieselbe werde vollendet sein, bis all übrigen Bestimmungen des FriedeuSvert.agS bezüglich der Fürste»» ss
thümer ihren Vollzug erhalten weiden. (T. D. d. A. Z.) ^