Paris, 19. Mai. In gewissen diplomatischen Sa. lonS der französischen Hauptstadt wird versichert, daß ebenso wie zwischen Frankreich, England und Oestrcich ein Ver­trag zum Schutze des türkischen Reichs unterzeichnet wurde, ein weiterer Traktat für gewisse Eventualitälen zwischen Frankreich, England und Rußland abgeschlossen worden sei. Während Frankreich vom Regen mit beispielloser An­dauer heimgesucht und überall von Ueberschwenimungcn be­richtet wird, scheinen dse französischen Besitzungen Rord- AfrikgS am entgegengesetzten Uebel zu leiden. Der gest­rige Sonntag war eine ununterbrochene Reihe furchtbarer Windstöße, welche überall ungeheure Staubmassen aufwir- bellen, Bäume umriffen und auf den Brücken K uder und Frauen zu Boden warfen, so daß eS namentlich für die Besitzerinnen von ungeheuren Unterröcken von Crinoline und gnmm'rtem Stoffe gefährlich war, sie zn über- chreiten. Dank den hohen Brustwehren hatte man kein Unglück zu beklagen. (StA.)

Die Abneigung gegen Napoleon versteigt sich bis zu dessen Sohn. Der kleine Prinz ist kränklich, sehr kränklich, er ist blind oder wird es nächstens, flüstern die Mißgünstigen, während Augenzeugen versichern, der Prinz ist kerngesund und sein blaues Auge ist schön und gut wie irgend eines.

Madrid, 16. Mai. Der Verkauf der National­güter hat 342 Millionen Realen eingebracht. Ein furchtbares Unglück hat ein der Olivcnkultur gewidmetes Thal der Provinz Granada betroffen, indem durch ei­nen in Folge der Regengüsse entstandenen Erdrutsch ba 2000 Oelbäume zerstört und 28 Häuser vergraben wurden. Das ganze früher so schöne Thal bietet ein trauriges Bild der Zerstörung dar.

London, 17. Mai. Gestern nahm der Prozeß ge­gen den des vielfachen Giftmords verdächtigen Arzt Pal- m e r ans Rugeley seinen Anfang. Die Eintrittskarten zum Sitzungssaale waren seit Wochen und Monaten vergriffen. Den größten Theil dieser Zeit (an vier Stunden) nahm die Auseinandersetzung der Anklage durch Attorney General ein, welche von Sachverständigen als ein Meisterstück ge­priesen wird. Was den Angeklagten betriffr, so machte seine Haltung, trotz des ziemlich allgemeinen Voruriheils gegen ihn, einen günstigen Eindruck. Er ist 31 Jahre alt, sieht aber vicl älter auS. Ec machte eher den Ein­druck eines lustigen Zechbruders, als eines verschmitzten Sünders. Keine Spur von Beängstigung oder Niederge­schlagenheit in seinem Wesen, aber auch nicht jene her­ausfordernde Frechheit, wie sie oft bei Schuldigen auf der. Anklagebank.beobachtet wird.

Zn manchen türkischen Provinzen sind j tzt die Chri­sten übler daran, als zuvor, wo sie den Türken noch nicht gleichgestellt waren. Am schlimmsten sieht eS in Sy­rien aus, wo es zu einer offenen Empörung unter den Türken zu kommen scheint. Man verfolgt und mißhandelt die Christen, wo sie sich blicken lassen. In Marasch bei Aleppo hat man das Haus eines Italieners, der nut dem Kadi in Streik gerathen war, angebrannt, daß die ganze Familie jämmerlich in den Flammen umkommen mußte.

Der Oelberg bei Jerusalem ist durch Kauf in die

Hände einer deutschen Kaufmannsfrau gekommen, welche sich vorgenommeu hat, die jetzt wüst l egende Anhöhe durch Anpflanzungen zu verschönern. Die Besitzerin ist die Wit we Pol lack, Theilhaberin eines großen HandlungöhauseS zu Königsberg in Preußen.

Die Russen in der Krimm werden beim Brüder« schafttrinken ungemein plauderhast und schwatzen Wunder­dinge ans. Um Sebaftopol herum haben sie 86,000 ihrer Leute, die theils an Wunden, thcils an Seuchen gestorben waren, begraben, und 100,000, die in der Krimm sonst zu Grunde gegangen sind, haben den Feind nie zn Gesicht bekommen. Ihren Gesammtverlust auf der Halbinsel und in den angrenzenden Landestheilen kann man nahe auf eine Viertel Million Soldaten berechnen. Den Belagerten fehlte es an Mörsern, deren 50 unterwegs waren, aber zu spät ankamen. Die Russen sagen: wir waren von allem, was in den verbündeten Lagern vorging, immer trefflich unter­richtet und hätten die Tschernaja-Schlacht nie geschlagen, wenn nicht der bestimmte Befehl ans Petersburg eingelausrn Wäre. Die Behauptung ist lächerlich, daß die Berichter­statter für die englischen Zeitungen uns etwas verratl en hätten, was wir nicht schon gewußt hätten.

Petersburg, 14. Mai. Der von dem Kaiser Napoleon hieher gesendete General Edgar Neu ist heute eingctroffen. Die Krönung des Kaisers ist auf den 24. August festgesetzt; es wird dabei das üblich? Ceremoniell beobachtet werden. (K. Z.)

Räthsel.

Ein ungleich Brüderpaar Beherrscht die ganze Well,

Die ungeheure Schaar,

Die stets vor ihnen fällt;

Des Einen Grausamkeit Erregt viel Furcht und Schrecken; Voll Liebenswürdigkeit Wird dich der Andre decken.

Sie gehen brüderlich Hin durchs ganze Land,

Und bringen beide dich Um Sinn und um Verstand;

Sind beide viel ersehnt,

Und ungern oft vernommen;

Doch wo ein Auge khränt,

Es trocknet, wo sie kommen.

Sie führen beide fort In unbekanntes Land,

Doch bringt zum alten Ort Zurück des Einen Hand;

Der Andre aber trennt Dich so von deinen Liebe»,

Daß Niemand mehr dich kennt, Selbst wer dir treu geblieben.

Auslösung der Charade in Nr. 40: Retter.