dieS Entzücken ffeiner Fräickekn Tochter bemerkt, so möchte ihn das weder entsirckttnoch erfreut haben, obgleich es ihn sogar später in der Anfangöstunde dieser Historie — fast rasend machte.
Auch Fernando war mit dem Kaufherrn, dem Fräulein und — seinem Erfolge zufrieden. Nur Walter, dem wo möglich noch kläglicher zu Sinne war, als dem ar» men Schiffer, wenn im Angesichte des Hafens ein über- müthiger Korsar ihm sein schönes Fahrzeug kapert, der arme Walter, den seine Herzenskönigin nun gar nicht mehr, auch nicht einmal als Marionette mehr ansehen wollte, da sie ihn doch früher nur ihren Lieblingspudel genannt, — der ließ traurig die Ohren hängen. Hätte er das leichte lustige Herz eines Franzosen im Leibe gehabt,, so hätte er sich aus der Sache vielleicht wenig gemacht: wäre such Vater ein altenglischcr Pächter gewesen, so hätte er seinen Gegner zum Spaß ein wenig zusaminengcbort; hätten seine Adern von dem mordlustigen Blute eines eifersüchtigen Welschen gestrotzt, so würde nur der Dolch seine Wuih gekühlt haben. So aber besaß er weder ein lustiges Franzolenherz, noch englische Borerfäusie,, noch einen italienischen Dolch. Er war zu Deutsch, d. h. zu bescheiden, um auf seine Vorzüge zu trotzen; und wieder zu Deutsch, d. h. zu-redlich, als daß er die Verliebten bei seinem Prinzipal hätte- verklatschen mögen; endlich auch zu Deutsch , d. h. zu wenig verliebt, um seinem Rival den Hals zu brechen. Was blieb ihm übrig? Er ärgerte sich und schwieg.
Ter schwarze Schlaukops spielte indcß seinen Roman immer weiter. Mit Bertha war Alles, was man zu sagen Pflegt, klipp und klar, sie saß fest, wie daS Vögr- lcin an der Leiniruthe. Von Walter hatte er nichts zu befahren. Das zweite nothwendige Hauptkunststück war nun noch, den Papa durchaus sür sich zu gewinnen. Nichts blieb unversucht. Mit der liebenswürdigsten Unverschämt- Mt — er besaß deren eine ansehnliche Portion, oder vielmehr, er war ganz ans diesem widerlich-süßen Brei zu- sammengckcttet — suchte er sich je länger je mehr in sein HauS und seine Gunst cinzudrängen. Bis auf einen gewissen Punkt gelang das; als aber Herr Willibald endlich merkte, worauf es abgesehen sei, zog er plötzlich eine andere Flagge ans.' Zudem wurde ihm aus guter Hand so allerlei von Spielwuth, Vagabundage, Schuldenmacherei u. s. w. in's Ohr geraunt, und nun war die Glückseligkeit am Ende. Ec duldete zwar den Architekten noch zuweilen im Hause, weil ihm sein Landhaus zu sehr am Herzen lag; suchte auf das von jenem in dem Herzen seiner Tochter angelegte Feuer, daS ihr nachgerade schon luftig zum Mündchen hcranSbrannte, so viel als möglich Wasser zu gießen. Leider beging er einen Mißgriff; statt die Flamme aus-, hatte er sie erst recht angeblasen — und sie brannte lustiger denn zuvor.
Eines Sonntags nach Tische machte er mit seinem Buchführer einen Spazierritt nach dem Landhause. Schweigend trabten sie neben eina..der.. Jeder hatte seinen cige- j ucn Gedanken. Walter hatte sich schon lange ^genommen, mit seinem Prinz pal frei und rund zu reden. Denn I im Innern war cs ihm nachgerade so schwül geworden,
daß er wie der Gefangene im Kerker — durchaus nach reiner Luft verlangte, und wäre sie auch nur durch ein fürchterliches Gewitter zu erlangen gewesen. Der fürchterliche Donner war diesmal nicht Gott Zeus, sondern der schlaue Italiener. Ob sie ihn zerschmetterten, oder ob er mit einem blauen Auge davon kam, oder was sich sonst im Verlaufe der Historie zugetragen hat — findet man in den folgenden Kapiteln.
3.
Es begab sich, daß der Architekt fünf Minuten nach dem Augenblick, wo der Kaufherr und sein Bnchführer auf's Land hinausgerilten waren, in Berlha's Arme flog.
„Endlich, endlich einmal:" rief er; es ist doch hart, daß ich dich immer nur auf einige Augenblicke sehen, diese Augenblicke nur stehlen darf! Wann wirst du einmal ganz die Meine sein?"
„Und bin ich's denn nicht schon?" lispelte Bertha, „ist nicht all' mein Sinnen und Trachten nach dir? Habe ich irgend einen andern Gedanken, einen andern Wunsch, als dich?"
„Aber wir werden beobachtet," murrte Fernando: „man trennt uns absichtlich. Tein Vater wird immer mürrischer, und auch dem stillen Walter trau' ich nicht mehr. Unser Ziel, daS wir so nahe glaubten, scheint sich mit jedem Tage weiter zu entfernen."
„Kleinmüthiger!" schalt ihn Bertha, „so bald gicbst du die Hoffnung auf? Keimst du mich so wenig, daß du glaubst, ich könne je einem Andern als dir angehören?"
„Das ist recht gut, aber leicht gesagt, meine Liebe! Gesetzt nun, daß dein Vater auf seinem Eigensinn bc- harrte, daß er dich enterben, verstoßen würde, wenn du mir folgtest, wie dann?"
Bertha erschrack. Daß es so weit kommen könnte, war ihr nie eingefallen.
„Wie dann?" fuhr Fernando fort: „Könntest du cs über dich gewinnen, dem Vater, dem elterlichen Hause und Allem, was dich daran fesselt, zu entsagen? Hättest du das Herz, mir in eine Welt zu folgen, die du nur aus Büchern kennst, wo so häufig jeder Schrill mit Gefahren verknüpft ist; welche statt, der goldncn Berge, die uns die Ronianschreiber vorgaukeln, meistens mir eiserne Wirklichkeit bietet? Würdest du mich genug lieben, um Allem, was das Leben nur angenehm machen kann, meinetwillen den Rücken zu kehren?"
Bercha war entschlossen.
„Und würde mich," sagte sie, „mein Fernando darum weniger lieben, wenn mein Herz und meine Hand das Einzige wäre, was ich ihm zu bieten hätte? Und dennoch kannst du mir zntraneu, daß ich nicht Kraft geling besäße, den bittersten Mangel an deiner Seite einem üppigen, aber liebcleeren, unbedeutenden Leben vorzuzichen?
(Fer-setzung folgt.).
Auflösung der Charade in Nr. 28 Rußland.