Frühjahr nicht mehr. Ich habe eben den Schöffen gebe- rcn, daß er Euch auf halben Mai kündigen soll,''
„Sebulon," rief Kaspar und schlug mit der Faust auf den Tisch. „Bau' ich auf Deine Wiese oder nicht?"
„Nein?'
„Oder in Deinen Garten?"
„Nein."
„Und soll auch nicht im Hause meines ValerS wohnen bleiben?"
„Nein."
„Daun bau' ich aus dem Fleck zwischen dem Haus und dem Rhein, oder alle Teufel sollen mich zerschlagen und der Schnaps im Glas soll mir Feuer und Flamm' im Magen werden. Gme Nacht, ihr Leute!"
Damit stürzte er seinen Rum hinunter und stürmte nach Hanö.
Am andern Morgen früh kam richtig der Schöffe und kündigte im Namen des Sebulon dem Kaspar und seiner Frau die Wohnung auf Der Frau wurde es schwül nun es Ernst geworden war, und gern halte sie jetzt den Wieseufleck angenommen. Sie meinte, Kaspar sollte doch einmal hinauf gehen und ein gut' Wort an den Bruder wenden Aber nun hatte Kaspar seinen Kopf daraus gesetzt und war zu stolz, den untersten Weg zu gehen. Mit seinen zwei ältesten Jungen wunderte er an den Fluß und hieb alsbald die Bäume nieder, welche daselbst standen. Sebulon steckte einmal oben aus dem Fenster den Kops in der Nachtmütze heraus und sagle ganz ruhig: „guten Morgen, und wünsche gute Verrichtung."
Es war ein erbärmlicher Bauplatz. Zwischen dem Stammhaus und dem Leinpfad eingekeilt, tot er nur für eine Reihe Zimmer Platz. Desto besser, dachte Kaspar, da bau' ich drei Stöcke übereinander und nehme dem Sebulon dabei das beste Licht weg. Aber es mußte auch gegen den Fluß hin eine mächtige steinerne Brüstungömauer aufgerichtet werden, und das war kein Spaß. Für die Stallungen blieb so wenig Raum, daß man im alten Onanier gar ein halb Dutzend Ochsen mehr stellen konnte. Aber den Stall rückte dafür der Kaspar so, daß er dem Sebulon just auch das Fenster der andern Seite verdeckte, welches auf die Straße des Dorfes hinausging. So nahm er ihm die beste Freude, welche er bei der Arbeit hatte.
Unter Fluch und Verdruß wurde das Haus noch vor dem Winter unter Dach gebracht. Die Brüder grüßten sich nicht mehr, wenn sie sich begegneten, das Dorf lachte sie aus und stocherte dadurch ihren Eigensinn auf. Wenn der Kaspar etwas Neues zu machen hatte, nahm er einen ander» Schnett er vom nächsten Dorfe in die Kost. Seine Kinder aber thalen dem Ohm Schaden, wo sie mochten und konnten, und verschonten ihm sogar die Blumen und Früchte in seinem Garten nicht mehr.
Ein wenig besser wurde es, als im Frühjahr der Kaspar wirklich iir'S ncue Haus cinzog, aber viel bester doch nicht. Schon wenn man in der Stadt woh.t, ist's hart, einen Feind zu haben; auf dem Lande ist es noch härter. Denn in der Stadt kann man sich ausweichen, wenn man anders will. Aber aus dem Lande trifft man sich alle Tage, im WirthShauS, in der Gemeindeversammlung, im
Handel und Wandel, zumal Nachbarn; und dann schmeckt Einem nachher das Essen schlecht.
Einmal hatte der Kaspar dem Wirth gesagt: Ich wohne doch schön, kann rings um mich blicken und Euch recht in's Dorf sehen; das freut auch meine Frau, sie hat doch etwas Unterhaltung. Der Wirth sagte das dem Sebulon wieder, und am folgenden Tage kamen Maurer, bauten auf drei Seiten um Kaspars HauS auf dem Grund und Boden des Bruders zwei mannshohe Mauern und versahen sie oben aufs trefflichste mit eingekitteten Glasscherben. Zwischen diese Mauern setzte Sebulon eigenhändig junge Pappeln, besah und begoß sie alle Tage und gab dem Nachtwächter ein schweres Trinkgeld dafür, daß ec jede Stunde der Nacht znseheu sollte, ob Baumfrevel an ihnen geschähe. Die Kinder des Kaspar Hollen sich an den bösen Mauern nur zerschnittene Hände und Knie, die Pappeln aber wuchsen lustig und hatten im folgenden Frühjahre das Hans des Kaspar schon dermaßen eingesponnen, daß man-um vier Uhr Nachmittags Licht anstecken mußte. Da nahm es mit der schönen Aussicht für die Frau gleichfalls ein Ende. Und was noch schlimmer war, die Kinder wurden durch die Mauern von allen ihren alten Spielplätzen abgesperrt und lagen nun den ganzen Tag am Wasser, die Frau konnte sie nicht wegschlagen, und wenn gar hoch Wasser war, hatte sie den ganzen Tag Sorgen und Noth. Am Eirde mußte der Kaspar eine eigene Person nehmen, bloß um auf die Kinder zu passen.
Einmal im Herbst, kurz nach der Grummetmahd saß der Sebulon bei d.r Arbeit. Da trat ohne anzuklopfen der älteste Sohn seines Bruders in die Stube, stellte sich vor den Schneidertisch hin und fing an: „Ohm Sebulon, der Vater läßt Euch sagen —"
„Thu' Deine Kappe vom Kopf," sagte Sebulon, „wenn Du mit Deines Vaters Bruder sprichst."
„Davon hat mir mein Vater nichts befohlen»" antwortete der Bursche und ließ die Mütze sitzen. „Er läßt Euch aber sagen, daß oben, wo Eure Wiesen anfangcii, die Krippen nichts mehr taugen. Der Vater meint, das ginge Euch so gut an, wie ihn, und ob Ihr helfen und Geld beifteuren wollt, daß wir einen ganz neuen Stein- dainm machen und Weiden darauf stecken. Dann will er auch dazu thun."
Da sprach Sebulon: „er ihat'S nöchiger als ich; wenn im Frühjahre hoch Wasser kommt und nicht gekrippt ist diesen Herbst, geht ihm's Haus treiben. Sag' übrigens Deinem Vater: ich hätte doch mitgchutten, wenn er mir keinen Fleg l. wie Du bist, geschickt hätte."
Der Burs h' machte Kehri und trollte ohne Gruß ab. Als er seinem Vater die Antwort brachte, sagte der: „allein leg' ich'ö Geld nicht auS, um dem geizigen Satan seine Wiesen zu schützen. Gott sei Dank, reich bin ich, und mein Ackerfeld littst hoch) geht mir auch daS HauS flöten, ich kanu's auöhalten."
(Fortsetzung folgt)