der Wuth mid dem Zorne deS Verwalters, als er nach einer Stunde Zuwartens unter immerwährenden Drohungen endlich von der armen Frau erfuhr, daß ihre Tochter ver­schwunden sei. Er lief im ganzen Dorfe umher, überall selbst suchend und Späher ausstndend und ließ in der gan­zen Umgegend Geueralmarsch schlagen.

Olga verfolgte unterdessen ganz allein den Weg nach Moskau; sie vermied jedes Dörfchen und verbarg sich jedes- mal sogleich ins Gehölz oder ins Gebüsch, sobald sie fürch­tete, bemerkt zu werden. Oft kreuzten sich die Straßen und sie stand dann bestürzt da nnd wußte nicht, welchen Weg sie einschlagen sollte; immer folgte sie aber dann ih­rem natürlichen Verstände, der sie lehrte, die Richtmig zu nehmen, welche ihr die Spuren von Wagen vorzeichnetcn, weil leicht anzunehmen war, daß die am häufigsten besuchte Straße wohl auch die sein werde, die zur Hauptstadt füh­ren würde. So war sie die ganze vorhergehende Nacht und den ganzen andern Tag fortgclansen, und oftmals hatte sie der Gedanke überkommen, wenn sie. beinahe zu Tode ermüdet, mit blutenden, von Kieseln und Wurzeln wund- gerissenen Füßen, a>r irgend einer Hütte vorüber kam, da­selbst einzusprechen und um Labsal zur Fortsetzung ihrer Reise zu bitten; aber die Furcht, als Landstreichern! in ihr Ort zurückgeführt und gepeitscht zu werden, hielt sie wie- der davon ab; sie dachte an ihren Iwan und setzte, so er­schöpft sie war, muthig ihren Weg weiter fort. Unterdes­sen war es stockfinstere Nacht geworden und eS war ihr unmöglich, einen Schritt weiter zu machen; sie zog sich mühsam noch bis zu einer Scheune fort, die sie in einiger Entfernung erblickte, und fiel dort, halb tedl vor Müdig­keit und Erschöpfung,, auf ein Bündel Stroh nieder.

Die ersten Strahlen der Morgensonne erweckten das junge Mädchen wieder aus tiefem Schlaft, der ihre Kräfte wieder hergestellt hatte; eben stand sie im Begriff, den Wandelstab wieder zu ergreifen, als ihr plötzlich ein Seuf­zer zu erkennen gab,, daß sie nicht allein sei. Zitternd und zagend schaute sie ängstlich um sich und erblickte einen mit Lumpen bedeckten Greis, der sich dieselbe Zufluchtsstätte zum Nachtlager erkor-N hatte. Er saß auf einem Heubün- del und schien beschäftigt, mit Birkenrinde seine durchlöcher­ten Sohlen ficken zu wollen. Ein langer, weißer, bis über die Brust herabwallender Bart floß Ächtung und Ehr­furcht ein.; eure liefe Narbe durchschnitt die Falten seiner Stirne. Olga fühlte außerordentliches. Mitleiden mit dem Greise und näherte sich ihwr.

Mein Vater/' sagte sie und bot ihm das Bischen Geld an, das sie selbst besaß,,ihcile düsen kleinen Zehr- Pfennig mit einem armen Flüchtling."'

Zu gleicher Zeit schob sie ihm de» Rest ihres Brodes zu'; der G-.sis betrachtete sie mit Erstaunen.

Gott lohne Dir deine Hülfe viel tausendmal, mein Kind," sagte er;,ein armer, alter rmd schwacher Greis, muß ich ans demselben Beden betteln gehen, den ich ver- lheidigk habe... ich habe an. tie Thürrw der Reichen ge­stopft und der. Reichs hat mich mit Härle zmückgewiesen; uup der Arme hatte noch hie und da ein Scherflein für Asch. Das-. Unglück bringt ihn Gott näher und heiligt iM Werft,"-

Hierauf brach er das Brod und verzehrte eS mit dem Mädchen. Reine Seelen öffnen sich dein gegenseitige» Ver­trauen wie die Blumen mit ihrem süßen Duste dem Achte. Olga erzählte ihren Kummer dem bettelnden Soldaten, der sie bis an die Thorr Moskaus begleitete, woselbst fis sich trennten.

Die Schönheit der Gebäude, die Menge und der Reichthnm der Kirchen, deren goldene, silberne und azurne Kuppeln in den Strahlen der Sonne erglänzten; der LurnS der ehemaligenHanptstadt, der ein ganzes Meer von Schweiß und Thränen gekostet: alle diese neuen Gegenstände versetz, ten Olga in ein mit Furcht vermischtes Erstaunen. End­lich ließ sie sich das Hetel des Grafen von R**"- zeigcin blieb aber lange vor dessen Thüre stehen, ehe sie eS wagte, hinciiizllgeheii.:

Unterdessen war ihr Andreas Petrowitsch, der, nach­dem seine Nachsuchungcn vergeblich gewesen, ein anderes Mädchen herauögelcsm hatte, zuvor, und schon seit ein paar Tagen in Moskau angekomnien. Bei seiner Ankunft hatte er nicht verfehlt, die arme Olga zu veeläumden; sie sei entflohen, ans Furcht, arbeiten z» müssen. Scho» hatte er Mafircgelu, in Betreff ihrer von dem Grafen empfangen, als man diesem ein junges Mädchen anmelden ließ, das flehentlichst u n die Gunst bitte, ihn sprechen zu dürfen. Petrowitsch hätte gerne diesen Besuch verhindert, denn er zweifelte nicht, das Mädchen werde Olga selbst sein. Das Baneniküid von fünfzehn Jahren, welcbes zweihundert Stun­den zu Fuß zurückgelegt hatte, um Gerechtigkeit von ihrem Gebieter anzustehen, schien ihm eine Anklage, die jeder Versuch der Rechtfertigung nur in um so grelleres Licht zu stellen geeignet war.

ES schickt sich nicht," sagte er zmn Graft» von R***, Last Eure Ercellenz durch derlei Leute belästigt werden; das ist Sache ihres Verwalters."

Der Graf, der gewohnt war, in Allem, was sein Haus oder seine Güter, deren Tisciplin oder Verwaltung betraf, sich ans seine betreffenden untergeordneten Beamten zu verlassen, balle auch schon einen Wink der Zustimmung seinem Verwalter zngenickt, als plötzlich die Thüre ansging und das junge Mädchen, heieiiistürzte, zu ihres Herrn Fü­ßen niederfallend. Andreas Petrowitsch erblaßte; dech kam er nickt außer Fassung. (Fortsetzung folgt.>

Homonyme.

Ein tedies, werthlvs Dinb erscheint Ihr Men,

Im bunten Chaos hupst Ihr aus und ab,

Bald steht Ihr einzeln, bald willS Euch g «falle Daß Ihr verbunden, bald trennt Euch ein Trab. In Euch liegt Himmrlsfteligkeit verschlossen,

Das Edelste, das Hehrste drückt Ihr ans. -- AuS häßlich dunklem Safte auSgeflossen,

Trugt Ihr Begeist'ruiig in die Welt, hinaus.>- So trocken und ft glatt geschliffen.

So fein, gedreht, ft doppelzüngig ganz,

Hab Ihr schon Nationen vorgepsiffen Und. Nationen eilten, raich zum Tanz,