und ließ sich in Neufchatel nieder. Sie bestand aus ge­wöhnlichen Bürgersleuten, welche durch ihr Gewerbe, durch Fleiß, Sparsamkeit und einfaches Wesen ein so reiches Vermögen erwarben, daß ihre Nachkommen dem Gewerbe der Vorfahren entsagen, dem Staats- und Hoflcben sich widmen und den Aufwand eines glänzenden Titularranges bestreiten konnten. Der erste dieser Bürgerfamilie, dessen Name aus plebejischer Dunkelheit hervortritt, ist ein Kauf­mann, Jeremias P., dessen Thätigkeit und Gesinnung die Blicke Friedrichs des Großen aus sich lenkten und dessen unbekannte Verdienste am 14. Februar 1750 mit dem Adelsbriefe belohnt wurden. Nach dem Geschmack der Zeit erhielt der adlige Emporkömmling ein Wappenschild mit der Divise:tzuill non äiloetis". (Was thut man nicht für seine Lieblinge.") Der Sohn dieses Jeremias war Jakob Ludwig v. P., der eigentliche Schöpfer des Ver­mögens , welchem seine Nachkommenschaft Rang und Stellung verdankt. Er war zu Neuenburg am 9. August 1722 geboren und starb daselbst in hohem Grcisenalter am 20. Marz 1814. Nach der Bestimmung seines Vaters sollte er sich zum Staatsdienste ansbilden, aber nachdem er einige Jahre wissenschaftliche Bildnngsanstalten besucht hatte, wählte er aus Neigung den Handelsstand. Auf die Vor­theile, die ihm die Erhebung seiner Familie gewährte, ver­zichtete er stillschweigend, wie wenn es Scheindinge wären, und statt sich in irgend einem Verwaltungsfache unter Acten begraben zu lassen, trat er als Herr seiner Ueber- zcugungen und Handlungen in das thätige Leben, um sich mit der vollen Kraft eines starken Geistes geschäftli­chen Bestrebungen hinzugeben. Verstand und geschäftliches Glück vereinigten sich, ihn auf eine so hohe Stufe der Achtung emporzutragen, daß ihn seine eignen mitstrebcn- den Berufsgenoffen in den größten Handels- und Fabrik­plätzen, Lyon, Bordeaux, Amsterdam und AntwerpenKönig der Kaufleute" nannten. Mit einem Erbe von 40,000 Frcs. oder etwas über 10,000 Thlr. eröffncte er 1753 sein Handelshaus in Neuenburg, und nach mehr als OOjähri-^ gem Geschäftsbetrieb hinterließ er seinen glücklichen Erben ein Vermögen von 40 Mill. Frcs. oder 10^,3 Mill. Thlr. Das Hanptquatier seiner geschäftlichen Feldzüge und Han­delsschlachten war Neuenbürg; hier standen ihm 30 bis 40 Gehülfen von bewährter Erfahrung zur Seite, welche ihre Befehle von ihm empfingen. Ein Netz von Comtoirs und Geschäftsverbindungen hatte sein rastloser Unternehm- I ungsgeist über zwei Hemisphären gesponnen. In allen großen Handelsoperationen diesseits und jenseits des atlan­tischen Oceans war er der glückliche Nebenbuhler des Hope­schen Haudelshauses in Amsterdam, der Vorläufer der Rokhschilde und Musterbild John CvckerillS. lieber die, von ihm überall aus eignen Mitteln errichteten Fabriken, Factoreien, Spinnereien, Handlungshäuser, Comtoirs, Niederlagen und Speditionsgeschäfte setzte er junge Leute, deren Rechtschaffenheit, Fleiß und Geschicklichkeit er erprobt hatte, nahm sie zu stillen Teilnehmern ins Geschäft und gewährte ihnen außer ihrem festgesetzten Lohne den 16. bis 10. Theil am Gewinn. Durch diese Verfahrungsweise wurde P. unermeßlich reich, und je mehr sein Reichthum zunahm, desto mehr wuchs die Dankbarkeit und der Fleiß

derer, die ihn hatten bereichern helfen, indem auch sie - mit ihm wohlhabend und angesehen wurden. Mehr als 20 seiner früher» stillen Compagnons sollen als Millionäre aus seinem Comptoir hervvrgegangen sein. Aber alle, die um ihn waren und mit ihm an demselben kaufmännischen Siegeswagen zogen, muhen mehr als das Zeugniß geschäft­licher Tüchtigkeit besitzen, sie mußten wie die Marichälle Napoleon's oder wie die Helden vor Sebastopol mit Ner­ven von Stahl und mit Muskeln von Eisen ausgerüstet sein. Zweihundert Meilen mit einer Postkutsche in einem Zuge zurückgelcgt, war für den reichen Kaufherrn nicht mehr als eine Gondelfahrt auf dem Neuenburger See. Heute in Petersburg, dann in London, zwei Tage daraus in Amsterdam, wo er alle Fässer und Tonnen anfkauste, damit seine Coucurrenten ihre vor ihm weggekauften Häringe entweder verfaulen oder ihm überlassen mußten, daun wieder in Lyon oder Wien, um Ballen seidener Teppiche zu kaufen überall war er gegenwärtig, wo die Spccu- lation die großen Kanfleute der Welt zusammenrief. Zu diesen Harten des GeschäftSlcbens stählte er sich durch Einfachheit und Genügsamkeit in der Lebensweise. Seine Sparsamkeit setzte ihn in den Stand, jene freigebige Groß- muth zu üben, durch wclebe die Sparsamkeit geadelt und vor Geiz geschützt wird. Darüber nur ein Paar Beispiele. Einer seiner Commis warf eine Feder als unbrauchbar weg. Der reiche Handelsherr hob sie mit einem Blick wieder aus, daß dem Diener die Dinte in der neuen Feder erstarrte, und las dann einen aus Bordeaux empfangenen Brief, worin ibn ein Geschäftsfreund um eine Frist für Ino Million Wcchselschnld ersuchte.Ich will Ihnen zeigen, wie man eine weggeworfcne Feder gebrauchen kann", sagte er zum Diener, und schrieb damit einen Brief, worin er für die Schuld ei» Jahr Frist gab und neue Kredite er- öffnete. Zwei Laienbrüder vom Hospiz des St. Bernhard traten bei ibm in der Dämmerung ein, um fick eine Unterstützung für das Kloster zu erbitten. Als der Dienst­bote beim Lichtanzünden ein Schwefelholz wegwars, rief P. in strengem Tone:Was machst du da? das andere Ende ist noch brauchbar." Er hob das Hölzchen ans. Die Mönche saben sich stumm an. Als P. darauf einen Beutel brachte und die Mönche verlegen »ach Dantcswor- ten suchten, unterbrach er sie:Aha! ich verstehe euch! eben dadurch, daß ich von jeher die beiden Seiten eines > Dinges, auch des Schwefelhölzchens, nützlich auzuwenden wußte, kann ich euch jetzt 600 Schweizer Livres geben". Eine ächt kaufmännische Maxime, welche beide Seiten nutzt.

Im Jahre 1815 wurde die Familie Ponrrali-s gegrast. Ueber den Sohn jenes großen Jakob ist uns nichts bekannt. Das jetzige Haupt der Familie ist sein Enkel, Graf Ludwig August, geb. 1796, königl. prenß. außerordentlicher Staats- ratl, und Oberstlieutenant der Artillerie im Fürslentbum Neuenburg, seit 1^22 mit Elisabeth von Landoz-Rollin vermählt/ Dieser Graf Ludwig Pourtalos-Sandvz über-- rumpelte mit Meuron das schloß in Neuenburg und war in der Nacht bei den Unterhandlungen mit den eidgenössi­schen Commissaren thätig. Von den drei Söhnen die>es PvnrtalsS diene» zwei in der preußischen Armee, außer­dem hat er fünf Töchter.

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