und seine Seele war ungemein betrübt, daß nun seine liebe Mutter lein ähnliches Bild von ihm haben sollte.

Lange vor der bestimmten Stunde ging er unruhig vor­dem Hause Horace Vernet's auf und nieder.

Endlich schlug die Stunde auf dem Thurm von Notre- Dame und Jean trat pochenden Herzens'in daSHaus, und auf Vernet's Ruf in das Atelier.

Ter Künstler saß in einem Hausrocke da und erwar­tete ihn. Auf einer Staffelei stand ein mit einem Tuche verdecktes Bild.

Du bist glücklich, mein Freund," rief ihm Vernet entgegen und reichte ihm die Hand.

Mein Gott, aber," rief er plötzlich aus,Du bist ja so bleich, siehst so verstört aus. Was ist Dir denn, mein Freund?"

Jean zitterte wie Espenlaub im Winde.

Ach, Herr Vernet," sagte er wehmüthig, und eine Thräne feuchtete seine Augenwinkel,aus dem Malen des Bildes kann nichts werden"

Vernet sah ihn erstaunt an.Wie!" rief er aus, Hast Tu Deine Meinung geändert und »willst Deiner lie­beil Mutter Dein Bild nicht senden oder trauest Du mir nicht zu, daß ich es ähnlich malen könnte und hast Pe- tetin Dich zugewendet?"

Ach, keins von den Dreien, die Sie da genannt ha­ben, trifft zu. Wie gerne würde ich meiner geliebten Mut­ter diese Freude machen, wenn ich konnte. Und wem könnte ich mehr Zutrauen als Ihnen, dessen Werke ich be­wundere und mit mir alle Welt? Am Wenigsten aber könnte es mir einfallen, bei gesundem Verstände dem Tüncher Petetin den Vorzug vor Ihnen zu geben. Aber"

Nun, was ist den dazwischen gefahren? Sich' mal her, Jean; es ist ja schon zu spät, daß Du reuig wirst!"

Er nahm das Tuch von dem Büre, das fast vollen­det war. Die Gestalt Jean's war fir und fertig, nur die Nebenwerke waren noch ansznführcn.

Jean starrte einen Augenblick das Bild an, dann stieß er einen Schrei der Freude aus und rief:Ach, mein Gott, das bin ich ja mit Leib und Seele!" Diese Freude wandelte sich aber augenblicklich in Schrecken.

Ach, Gott!" rief er aus,ich wollte es abbestellen, weil ich glaubte, es würde heute erst angefangen, und nun ist es schon fertig und überaus schön und sprechend ähnlich!"

Was fällt Dir denn aber ein?" fragte Vernet, der aus dem Allem sich nicht herausfinden konnte

Jean mußte jetzt sich aussprechen. Er erzählte Vernet die Unterredung mit seinem Herrn Kapitän; wie der von tausend Franken geredet und er schier ohnmächtig geworden sei. Er habe zwar dem Kapitän gesagt, daß er dem güti­gen Herrn Vernet gesagt habe, seine ganze Baarschaft, sein ganzes Vermögen bestehe in einem Franken und üund- siebenzig Centimes; mehr habe er sich nicht ersparen können, weil er Alles, was er bei dem Kapitän verdiene und an Sold erhalle, der allen, darbenden Mutier sende; aber Ver­hake ihn gründlich ausgclacht und gesagt, das sei Larifari, denn Herr Vernet male kein Bildniß unter tausend Fran­ken, und Herr Vernet habe daö gewiß nicht, verstanden.

«Im Grunde," sprach, nachdem er gemüthlich lachend

zugehört, Vernet zu Jean,mt Grunde hat Dein Kapi­tän recht, und ich dachte, der Frank und die fünfnndsieben- zig Centimes seien auch nur eine Abschlagszahlung; aber ich wollte folgenden Akkord mit Dir machen: die übrigen 993 Fr. 25 Cent, bleiben als unverzinsliche Schuld stehen, bis Du General geworden bist; dann wollte ich sie von Dir einfordern."

Jean sah den Maler etwa so an, als komme ihm der Gedanke, es sei unter dem rothen Sammtbarette, welches er trug, nicht ganz sicher und geheuer und schwieg be­denklich.

Ist der Akkord nicht recht?" fragte Vernet.

Ach, Herr Vernet," rief Jean ausich weiß wahrhaftig nicht, wie ich mit Ihnen daran bin!"

Vernet lachte laut auf.Nun höre, gefällt Dir daS Bild?"

Ach, wie können Sie fragen? ich bin entzückt davon!"

So? Nun, dann ist es Dein und es bleibt bei dem Akkorde. Da Du aber auf Urlaub gehst und Dein Geld brauchst, so will ich jetzt auch die Abschlagszahlung nicht, und die ganze Summe von tausend Franken mag denn stehen bleiben, bis Du General bist."

Ach, Herr Vernet"

Es bleibt dabei, mein Freund," schloß Vernet. Mach' mir jetzt keine Einwände mehr. Bist Tu einmal General, so sind Dir tausend Franken so viel, wie jetzt ein Centime oder wie eine taube Nuß; dann bin ich alt und kann nichts mehr verdienen, und die tausend Franken kom­men mir recht zu gut. Das Bild ist also Dein; abersiehst Du, es ist noch nicht fertig, weil ich es in Oel gemalt habe, und nicht, wie Petetin die seinigen, in Wasserfarben. Das trocknet langsam und will überhaupt Zeit haben. Ich schicke Dir das Bild in acht Tagen an Herrn Köchiin in Mühlhausen; da holst Du es ab und überraschest Deine liebe Mutter damit. Grüße sie herzlich von mir!"

Jean stand wie eine Bildsäule da. Alles kam ihm wie ein toller Spaß vor, den man mit ihm trübe; aber Vernet sah ihn so freundlich an: der Mann sah gar nicht aus wie ein Wintbemel kurz, es waren Räthscl, die er nicht lösen konnte.

Vernet mochte seine Gedanken ahnen.

Glaubst Du mir nicht?" fragte er.Ich gebe Dir mein Ehrenwort, daß das Alles wahr ist und kein Spaß, den ich etwa mit Dir treibe. Das ist meine Art nicht. Geh' in Gottes Namen, grüße mir Deine Mutter. DaS Bild aber holst Du in acht Tagen bei Herrn Köchln» in Mühlhausen ab."

Jetzt traten Thränen in des ehrlichen EtsasserS Augen und seine Lippe zitterte vor innerer Bewegung.

Herr Vernet," rief er aus,wie soll ich Ihnen danken?"

Sei immer ein guter Sohn, wie Du eS bis jetzt warst, und dieser Dank soll mir der liebste sein; kommst Du aber einmal nach Paris, Du magst dann Chasseur oder General oder Weber sein, so vergiß nicht, daö Ho­race Vernet zu Deinen Freunden gehört."

Jean küßte mit tiefem Gefühle die dargebotene Hand, und gelobte das treu zu halten. (Schluß folgt.)

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