wagte picht, cs zu brechen; sie wußte, daß gewöhnliche Troffst räche großen Schmerz nur vermehren. Jetzt trat eine Frau in'6 Zimmer, die wenig durch ihre Schönheit, mehr jeroch durch ihre Eleganz ansficl. Ließ war Mademoiselle Eochelet, die Gespielin der Kindheit, die liebste Freundin der Königin.
„Ach, da bist Du ja, meine gute Emilie," sprach Hortense mit einem trüben Lächeln. Sie ließ sie neben sich Platz nehmen.
„Du sichst cS, wie ich dem Unglück Trotz biete," sprach sie mit einer Stimme, die ihre heftige Rührung nicht vcr- rathen sollte; „diese Erde ist ein Thränenthal, und dieRcli- gion gebietet uns, unser Kreuz uul Geduld zu tragen."
Tbränen der Bewunderung entströmten den Augen der jungen Freundin. Unwillkürlich sank se vor der Königin aus die Knie. Die Königin umschlang ihren HalS mil beiden 'Armen.
„Wir wollen ihn beweinen, Emilie, usammen beweinen ; denn siehst Tu, die Stärke, von der ich vorhin sprach, war nichts als Heuchelei, die mir der Schmerz auSpreßte . . .. ich wollte meine Rolle als Königin spielen. O über die anmaßende Thorh ft! Gott hat mir ein Multerherz gegeben! Mein Kind war so schön, Emilie! Eingesalbter Kaiser in der Wiege! Mein Sohn wäre Napoleon gefolgt . . .. d, nn Du Haft es gesehen, Tu hast eö gehört. . .. Du weißt, ob jemals ein Kind größere Hoffnungen gegeben!"
Hier stand sie auf, und machte eine Bewegung, als ob sie sortgehen wollte.
„Aber nein! eS ist nicht möglich," s rach sie plötzlich, indem sie Mademoiselle Eochelet bei der Hand nahm; „es ist eine Lüge, ein entsetzlicher Jrrchnm! Tausendmal schon haben dieAerzle Schlaf fürTod g- uommeii. Komm, Emilie, kom; ! ich uitt meinen Sohn sehen. Sie wären nohl im Stande, ihn lebendig zu begraben."
Kaum hatte sie diese Worte gesprochen, als ein Geistlicher sich stillschweigend der Königin nahte. Sie sah ihm mit schrecklicher Angst entgegen. ^
„Mein Sohn..wollte sic dumpf und unarticulirt beginnen.
Ter Priester unterbrach sie: „Kinder werden Engel, wenn sie die Erde verlassen," sagte er mit heftiger Bewegung.
Tie Königin ward sehe bleich.
„Dank, mein Vater, Dank! wir wollen Gott für ihn bitten, meine Damen," fügte sie dann leise hinzu, und kniete vor dem Krucifir nieder.
Wäircnd dessen erschien ein Mann in der Thür des Salons. Er war von mittlerer Größe, fast hager zu nennen, und außer seinen ausdruckslosen Augen zeigte sein Gesicht eine merkwürdige Achnlichkeit mit Napoleon. Er ging ans die junge Königin zu, und wollte sie bei der Hand nehmen, allein sie zog sie zurück:
„O Sire," schrie sie mit einer herzzerreißenden Stimme, „Sire, geben Sie mir mein Kind zurück! . .."
Ter König schauderte zusammen.
„Wenden sie sich zu Gott, Madame, Ihr Sohn ist m -s immel."
Dieser Mann war Louis Bonaparte.
„Er ist ,'m Himmel, sagen Sie," wiederholte die junge Königin mit Kraft. „Gut, aber, mein Herr, unser armes Kind hat ein Vermächtnis der Rache himerlassen, und hat es uns Beiden zur Ausführung anvertrant. Die Schändlichen, Sire, die Schändlichen, die mein Kind vergiftet haben, sollen sie ungestraft bleiben? Wenden sic nicht den Kops, Louis! WaS i l> hier sage, muß Ihnen Ihr Herz schon lang gesagt haben. Sic sind Mann, mein Herr, zeigen Sie sich würdig dessen, was Gott anS Ihnen gemacht hat, und erniedrigen Sie nicht Ihre hohe Würde."
Louis schien tief er-,rissen.
„Ihr Schmerz verwirrt Ihren Kopf, und dies entschuldigt Sie, Madame.... allein glauben Sie, cS gibt Verhängnisse, welche die Resignation allein überwinden kann."
„Nein, Sire, nein, die Resignation ist die Waffe der Schwachen. Mnth, Energie brauchen wir. Und was haben Sie zu fürchten? Lind sie nicht der Bruder Napoleons, und ist Napoleon nicht der Herr der Well?"
„Hortense," erwiderte der König mit Bitterkeit, „dieser Schlag kam ans einer Höhe, die ich nicht erreichen kann. Kann ich ohne Armee, ohne Leute mich an einen Koloß wagen? Wissen Sic kenn nicht, daß wir von Spähern umgeben sind, die nur auf einen Vorwand warten, um Holland zu revolut oniren, meinen Thron za stürzen und die Krone ihrem früheren Bescher wieder zu geben? Nein, Madame, die Zeit ist noch nicht gekommen. Wir müssen unsere 'Racke vertagen und abwarten, bis die Hand meines Bruders sich mit der meinigen verbindet! Dann fügte er mit zärtlicher Betonung hinzu: „Hortense, dieser Palast ruft zu traurige Erinnerung in Ihr Gedächtnis zurück. Wir wollen ihn auf einige Monate verlassen.... Sie wissen, daß die Zeit alle Schmerzen vertilgt."
Ein bitteres Lächeln schwebte aus den Lippen der jungen Königin: „Sire," crw derle si , „es gibt Schmerzen, welche die Zeit nicht vertilgt, und die nichts ans der Well vergessen macht!" Hierauf wandte sic sich zu Matemoisellc Eochelet: „Folge mir, Emilie, denn Du allein und Gott wissen es, wie sehr ich leidr!" (Schluß folgt.)
Räthfel.
Fünf Namen für Einen.
Ich bin so gliederlos und bleich,
Man gab mir nicht des Va e.s Namen. Auch seh' ich ihm so gar nicht gleich, Nach einem seiner vielen Namen.
Heirathen darf ich lang noch nicht. Wenn ich den zweiten Namen habe;
Der dritte, vierte, wird mir Pflich, Bringt Vater- oder Mutter-Gabe.
Ach! wenn ich keinS von beiden bin, So wird der fünfte mir verliehen,
Dann bin ich in der Menschen Sinn, Als Beide besser noch gediehen.