die Großmutter. Der Hans ist ja sonst ein guter Junge und mein Herzblatt, aber gerade darum soll er mir kein Taugenichts werden. Doch nun weiß ich Bescheid: erst untersuchen und dann strafen. Werts nicht vergessen! Ich danke für die gute Lehre, und Gott vergelts Ihnen, Herr Schulmeister,

Damit ging sie, die übrigen Knaben waren schon voraus, und der fremde Herr, der all diesen Auftritten üill zugcschen hatte, trat nun aus seiner Ecke vor und wollte eben VaS Wort an den wackeren alten Schulmei­ster richten, als poch! pock! an tue Thüre geklopft wurde, und wiederum fünf oder sechs Leute in die Stube traten. ES waren die alte Ursula, an der Krücke, Peter Stau« mann, Wilhelm BartelS, dann David Schmidt, der Waisen.Frieder, und endlich auch der Jonathan mit der Wittwe Seiler. Alle die, denen der brave «Schulmei­ster heute am Morgen ein Scherflein von seiner Armuth ins Haus geschickt halte.

Aber, Leute, was wollt Ihr? rief ihnen der Alte entgegen. Ihr wißt ja doch, daß ichs nicht leiden kann, wenn Ihr mir so daher kommt! Besonders Du, Peter Startmann, mit Deinem zerbrochenen Arm, und Du, Bartels, mit deinem schwachen Körper, und nun vollends Ihr, Frau Ursula mit der Krücke! das Gehen muß Euch ja sauer ankommen! Na, sezt Euch nur! Ruhet aus! Aber macht mir kein Geschwätz, Leute, wißt, ich kannS nicht leiden! Daher, Frau Ursula, auf die Bank! Gort helf Euch! Hättet lieber daheim bteiben sollen Alle wäre besser gewesen!

Nein, .nein, Herr Schulmeister! riefen die Leute durcheinander und drängtet? sich um den alten Mann herum, nein, das ist unser schönster Gang, wenn wir zu Ihnen kommen, um Ihnen zu sagen, w>e's uns ums Herz ist! Em dankbares Gemüt!) scheut keine Anstren­gung, und wir danken Ihnen alle im innersten Herzen und beten für Sie, lieber Herr Schulmeister, daß der licbeGolt alles vergelren möge, was sie unS Gutes lhun.

Stille, stille, stille doch, rief der brave Schulmeister mit verstelltem Zorn und rückte heftig an 'der Brille, um die Thräne der Rührung nicht sehen zu lassen, die ihm wider feinen Willen inS Auge schoß. Stille, Kin­derchen! Wenn ihr noch ein einziges Wort spracht, werd ich böse und laufe davon.

Die armen Leute schwiegen und sahen traurig zu Boden, denn das Herz war ihnen voll und gern hätten sie es vor ihrem lieben Wohlthäter ausgeschüttet. Der fremde Herr, welcher auch diesen Auftritt still beobachtet hatte, mochtS ihnen wohl ansehcn, denn er trat plötzlich vor und druckte dem Schulmeister herzlich die Hand.

Nichts für ungut, welcher Freund, sagte er, aber ich möchte doch wisse», was eigentlich die Leute zu Ihnen führt. Es scheint, wendete er sich dann zn den fiebri­gen,. Ihr mögt ihn wohl gern leiden, Euern Herrn Schulmeister, liebe Leute.

DaS war nun gerade, als ob man ein Schleusen­thor geöffnet hätte, so schossen und strömmten und spru­delten die Worte aus dem Munde der Leute heraus, uno.der wackere Schulmeister War nicht länger im Stande,

ihiieil Einhalt zu ihnn. Da kam es nun an den Tag, wie er seit vierzig Jahren gewirkt und gewaltet in dem Oorfe! Da kam es heraus, welch ein treuer Arbeiter er in seinem Berufe gewesen! Da kam eS heraus, wie er sich selbst das p.örhigste am Munde abgespart, um An. deren zu helfen, die des christlichen Beistands bedürftig waren. Da schwebte sein Lob auf Aller Lippen, und der bescheidene alte Mann stand verlegen und beschämt zur Seite, fast wie ein armer Sünder und übenührter Verbrecher, und wehrte nur immer mit den Händen, daß man ihn doch nur nicht gar so sehr preisen und toben solle. Endlich konnte ers wirklich nickt mehr aus- halken, sondern flüchtete sich ans der Stube in sein Gärtchen am Hause, wo er sich tief bewegt in der dich­ten GaiSdlatt-Laube verbarg.

Ein Viertelstündchen später kam der fremde Herr ihm nach und reichte ihm mit wohlwollendem Lächeln beide Hände hin.

O, Du frommer und getreuer Knecht, sprach er mit gerührter Stimme, und innigem Ausdruck, Du bist über Wenigem getreu g-wesen, ich will Dick über Biel setzen! Mich bat Gott hieher geführt an tiefem Tage, damit ich Dich kennen lernen und Dem stilles, wvhl- lhätiges Wirken mit eigenen Augen sehen und beobachten sollte. Gedntdig und unverdrossen hast Du gesäet guten Samen viele Jahre hindurch, und fragtest nicht danach, ob die Saat aufkeimcn und gedeihen werde zu Deinem Nutzen. Aber siede, jezk ist die Zeit der Ernte gekom­men, und bald wir^Du Weiteres von mir hören.

Ehe der gute, ganz überraschte und bestürzte Schul­meister Antwort geben oder nur eine Frage an den fremden Heren richten konnte, war dieser auS der Laube verschwunden und rasch aus dem Gänche» enteilt. Frie- deberg schüttelte leise den Kopf und dachte über die Worte nack, die der Frcmve zu ihm gesprochen hatte. Aber er fand keinen rechten Sinn in den Lodsprüchen desselben und in seinen Verheißungen, und so ließ er denn bald ab mit dem Forschen und Grübeln, besonders weil »un auch die Stunde herannahte, wo er zur Nach- mittagskwche einlänten und also wiederum seinen Dienst versehen mußte. Später, als die Kirche aus war, be­suchte er nach seiner Gewohnheit die Armen, Schwachen und Kranken in der Gemeinte, und am Abend, als er müde, aber zufrieden mit seinem Tagewerk, in sein stil­les «Stübchen zurückkehrte, da dachte er nur noch dank­baren Herzens seines himmlischen Vaters, der ihm gerade am heutigen Lage so viele frohe und erhebende Stunden geschenkt hatte. Des fremden Herrn erinnerte er sich wohl auch noch, aber nur, um ihn in sein Gebet ein-, zuschließen, als er sich endlich zur Ruhe begab. Sein Schlaf war sanft, denn eS war der Schlaf des Gerech­ten, dessen Seele in Gottes Hand ruhet.

(Schluß folgt.)

An Madame T...

Man hört mich stets von dir mit Lob und Achtung reden. Dagegen schimpfst und schmähst du mich;

Allein das Schicksal rächet sich A» uns ganz sonderbar, dennNiemand glaubt uns beeben.