Schwarzwald - Heimat
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Markensparen unerwünscht
Di,: Gültigkeit der Lebensmittelkarten ist auf vier Wochen (eine Zuteilungsperiode) begrenzt. Diese verhältnismäßig kurze Frist ist notwendig, um die Lebensmittelrationen der jeweiligen Versorgungsgrundlage anpassen zu können. Aus besonderen Gründen muhte jedoch noch eine Reihe Bedarfsdeckungsnachweise geschaffen wrden, die eine längere Gültigkeitsdauer besitzen. Es handelt sich insbesondere um die Reise- und Gast- stättenmarkev, die Lebensmittelmarken, die Nr- lanberkarten und Hochzcitskarten.
Pei diesen Bedarfsnachweisen ist die an sich ebenfalls erwünschte Bindung an eine kürzere Frist nicht möglich, weil der Bedarf von vornherein nicht feststeht und die ständige Nenausgabe erhebliche kartcntechnischc Schwierigkeiten mit sich bringen würde. Die Verbraucher verwenden diese langfristige» Marken gerne dazu, sie für eineiig späteren Bedarf aufznsparen. Werden solche Bc- darfsnachweise für ungültig erklärt, wie es von Zeit zu Zeit geschieht, dann werden sie zu den Verfallsterminen in großen Mengen beim Einzelhändler eingelöst. Da die Kleinverteiler jeweils nur so viel Waren geliefert erhalten, wie sie etwa für die normale Versorgung der Verbraucher
benötige«, treten durch diesen plötzlich auftauchenden Bedarf zum Teil sogar Bersorgungsstö- rungen ein. Das Aufsparcn von langfristigen Bedarfsnachwetsen ist deshalb durchaus unerwünscht.
Die Lebcnsmittejrationen sind Höchstsätze; die Verbraucher haben keinen Anspruch darauf. Wen» es bisher auch immer möglich war, die vorgesehenen Rationen voll auszuliefern, so muh doch andererseits darauf hingewiescn werden, daß die nicht iu Anspruch genommenen Mengen nicht nachträglich gefordert werden können. Aus diesem Grunde ist cs auch in keinem Falle möglich, verfallene Marken beim Ernährungsamt in gültige umzutanschen. Derartige Anträge werden immer wieder gestellt. Sie müssen aber aus den oben erwähnten Gründen abgelehnt werden, wenn auch noch so einleuchtende Gründe für den Verfall der Marken vorgcbraHt werden.
Es ist zwecklos, derartige Anträge zu stellen. Sie belasten die ohnehin schon stark beanspruchten Ernährungsämter unnötig. Wenn die Verbraucher die ihnen Anstehenden Rationen nicht voll benötigen, dann ist es zweckmäßiger, die Waren abzunehmen und diese aufznbewahren. Es besteht dann nicht die Gefahr, daß die Bedarfsnachweise verfallen.
Hermann Hoster ^
Ein Sohn der Stadt Calw. — Hervorragender Stilist
Kurz nach Vollendung seines 47. Lebensjahres ist der wie Hermann Hesse nnd Auguste Supper aus Calw stammende Schriftsteller Hermann Ho st er im Schwarzwald gestorben. Hermann Hoster, der tritt dem eigentlichen Namen Koch hieß und von Beruf Arzt war, ging in seinen Werken ähnliche Wege wie Hans Carossa in seinem „Arzt Gion", F. Klingler in „Darfst Du töten?" und Hermann Unger in „Sendung nnd Gewissen". Er erörterte in der Form des erzählenden Schrifttums ärztliche Probleme, so in seinem Roman unter Acrzten „Viele sind berufen" (1933) und in dem Roman eines Kurortes „Genesung in Graubünden" (1938). Beide Bücher wurden auch ins Dänische, Finnische, Holländische, Norwegische und Schwedische übersetzt. Als drittes Werk hinterläßt Hermann Hoster die Erzählung „Pfarrer Johannes Beuttler", die Geschichte eurer Adoption (1936), in der er sich ebenso wie in seinen beiden Arztromanen als hervorragender Stilist mit feiner Beobachtungsgabe und reicher menschlicher und beruflicher Erfahrung erweist. ^
Neue Oper von Hans Brehme
Der durch seine Volksoper „Der Uhrmacher von Straßburg" bereits bekannt gewordene, an der Staatlichen Hochschule für Musik in Stuttgart als Professor wirkende Komponist Hans Brehme, der oft und gern in Calw tveilt, hat eine neue drei- aktige Oper vollendet, deren Libretto Franz ILle- mens und K. E. Jaroschek nach dem Lustspiel „Der versiegelte Bürgermeister" von Ernst Rau- pach (1784—1852) verfaßt haben. Die endgültige Textfassung dieser heiteren Kammeroper, die ohne Chor, mit kleiner Orchesterbesetznng und in den Hauptrollen mit vier Solisten (einem lyrischen Paar, einem Tenor- und eineni Baßbuffo) auskommt, hat der Komponist selbst besorgt.
Wie werde ich NSB.-Kindergiirtnerin?
Ein artgemätzer Frauenberuf mit reichen Entwicklnngsmöglichkeiten
Die zahlreichen Frauenberufe, die mithelfen, unsere deutschen Familien gesund und leistungsfähig zu erhalten, bieten unseren Frauen, bevor sie ihren eigentlichen Lebensaufgaben gerecht werden können, reiche Möglichkeiten zum Dienst an der Gemeinschaft und entsprechen sowohl dem mütterlichen Me;en der Frauen als auch ihrer späteren Tätigkeit als Hausfrau und Mutter einer gesunden Kinderschar.
Solche Berufe sind, um nur einige zu nennen: die Kinderpflegerin, die Kindergärtnerin, die Jugendleiterin, Volkspflcgcrin, Volkspflegehelfcrin sowie drc Krankenschwester und die Säuglingsschwester. Es ist natürlich nicht möglich, alle diese Berufe miteinander zu besprechen. Wir wenden uns heute deshalb der Frage zu „Wie wird ein Mädel Kindergärtnerin?"
Um dem Wunsche, Kindergärtnerin werden zu können, den viele junge Mädchen hegen, entgegenzukommen, hilft die NS.-Volkswohlfahrt zu seiner Erfüllung, indem sic in ihren Ausbildnngs- stättcn Mädchen von: 16. Lebensjahre ab aufnimmt, wenn sie die Mittlere Reife erworben, oder bei Volksschulbildung eine schulwissenschaft- lichc Aufnahmeprüfung abgelegt nnd bestanden haben.
Nach einer zweijährigen Berufsausbildung in einem NSB. - Kindergärtnerinnen - Seminar mit stoatffchr»: Schlußexamen kann die Kindergärtnc- *4» sodann als Leiterin von Kindertagesstätten nnd kleineren Jugenderholnngshcimen, als Grnp- Penführerin in größeren Erholungsheimen oder als Kreisrefercntin für Kindertagesstätten in den Kreisamtslcitungen der NS.-Volkswohlfahrt ein- zesetzt werden.
Entsprechend der größeren Verantwortung, die eine NSV.-Kindergärtnerin trägt, stellt ihre Ausbildung auch höhere Anforderungen.- Neben der Fähigkeit, auf die Kinder erzieherisch cinzuwirken, muß sie cs besonders verstehen, auch das Vertrauen der Eltern zu gewinnen. So ist dieser Beruf sicherlich einer der schönsten für junge Mäd
chen und Frauen. Er seht allerdings auch einen ganzen Menschen voraus.
Backe spricht zur Ernährungslage im Rundfunk
Am Sonntag. 28. November, spricht der mit der Führung der Geschäfte des Reichsministers für Ernährung und Landwirtschaft und Reichs- bauernführers beauftragte Oberbefehlsleiter Herbert Backe auf einer Landvolkkundgebung über die Aufgabe der Erzeugungs- und Ablieferungsschlacht im fünften Kricgsjahr. Die Rede, die sich über das Landvolk hinaus an das gesamte deutsche Volk richtet, wird im Anschluß a>> den t4-Uhr-Nachrichtendienst von allen deutschen Sendern übertragen. Damit vor allen Dingen den Landvolkangehörigen die Möglichkeit gegeben wird, diese für die Arbeit in den kommenden Monaten richtungweisenden Ausführungen zu hören, wird überall auf den Dörfern von der Partei nnd vom Reichsnährstand' die Möglichkeit zum Gemeinschaftsempfang geschaffen werden.
Vermeidet unnötige Reisen mit Kindern!
Die Gesundheit unserer Säuglinge und Kleinkinder ist auch im fünften Kriegsfall! noch ausgezeichnet. Kinderärzte bestätigen diese Festste!- M,g ans Grund ihrer großen Erfahrung. Die 'Rachitis spielt keine Rolle mehr. Milchbestrahlungen und Vigantolgaben an Säuglinge haben sich überall glänzend bewährt. Auch gelegentliche Störungen in der Gemüseversorgnng konnten die Kindcrgefundheit nicht wesentlich beeinflussen. Infektionskrankheiten treten vor allem nur noch vereinzelt auf. Die verschiedenen Schutzimpfungen haben sich hervorragend bewährt. Erkrankungen wurden in erster Linie auf dem Lande festgestellt, wo die Dipbtherleschutzimpfun- gen noch nicht in vollem Maße durchgeführt worden sind. Die Einrichtung von Jnfektions- krankcnhäusern ist trotzdem eine im Dienste der Bevölkerungspolitik vordringliche Aufgabe. Die Tuberkulose tritt gegenwärtig angesichts der vermehrten Infektionsherde etwas häpfiger,
aber keineswegs bösartig auf. Darum sollte jede verantwortungsbewußte Mutter jede unnötige Reise mit Kindern vermeiden. Gerade in den überfüllten Züaen und Wartesälen ist die Ansteckungsgefahr für Kinder groß. Bei sofortiger Behandlung iu besonderen Heimen ist «ine vollständige Ausheilung der Tubev- kulose jedoch durchaus wahrscheinlich.
Befugnis der Ehefrau bei Bombenschäden
Bei eingetretenen Kriegssachschäden vor allem also ans Fliegerangriffen, kann du Ehefrau im Nahmen der Schlüsselgewalt auch ohne Erteilung einer besonder» Bollmachi ihrenMann vertreten, wie der Präsident des ReichskrieaSschädenamtcs klargestcllt hat Die Ehefrau kann hiernach im Namen ihres Ehemannes ohne weiteres Anträge stellen, Vereinbarungen abschließen, Rechtsmittel einleger und Zahlungen entgegennehmen, soweit di, Schlüsselgewalt reicht, d. h., soweit es sich un> Sachgüter des häuslichen Wirkungskreises de, Frau handelt, z. B. einzelne .Hausrat- oder Gebrauchsgegenstände oder Kleidungsstücke.
Warum mllssen wir uns einschriinken?
Der Krieg bringt cs mit sich, daß unsere Versorgung mit allem, was wir zum Leben brauchen, nicht nur der Menge nach, sondern in manchen Fällen auch in der Qualität beeinträchtigt wird. Das kann nicht anders sein: die Rüstung zieht iimner mehr Material, immer mehr Menschen an sich, und was für den zivilen Bedarf noch bleibt, das kann nicht mehr das Allerbeste sein, sowohl was die Arbeitskraft wie auch was die Rohstoffe anlangt. Damit müssen wir uns also absinden; auch das gehört im weitesten Sinne zu den Kriegskosten. Geiviß sind Austauschmaterialien von an sich bewundernswürdiger Qualität geschaffen worden, gewiß verfügen wir auf einigen Gebieten über neue Rohstoffe und neue Verfahren, die'jene, welche sie zu ersetzen haben,. vielleicht sogar an Güte und Brauchbarkeit etwas übertrcffcn, aber solche Einzelfäüe ändern nichts Entscheidendes am Gesamtbild, und dieses Bild zeigt eben im Durchschnitt doch eine auch qualitative Einengung unserer Versorgung. Wir müssen sie guten Mutes ertragen; es gibt Schlimmeres als den kleinen Acrger über ein nicht gerade mehr luxuriöses Schreibpapier oder einen nicht mehr sehr widerstandsfähigen Schnürsenkel. Nur wollen wir über solchen Konzessionen, wie sie heute jeder von uns jeden Tag zu machen hat, nicht sozusagen die Theorie der Qualität vergessen, und wir wollen aus unvermeidlicher vorübergehender Zurückschraubung unserer Ansprüche keine Weltanschauung machen. Der Sinn für das Gute, das Streben nach nobler Vollendung muß uns erhalten bleiben. Wir schnallen den Riemen enger, um uns unserer Haut wehren zu können und um den Krieg zu gewinnen. Dann, nach dem Sieg, muß uns das Beste wieder gut genug sein.
Aus den Nachbargemeinden
Bondors. Es ist gewiß eine Seltenheit, wenn ein Schäfer seine Schippe verliert. Dieser Fall ist aber passiert im Oberfeld im Gewand Bodams- weg. Der Verlust ist durch Lautsprecher öffentlich bekannt gegeben worden.
Kayh. Hier wurde d, r älteste Bürger unserer Gemeinde, der 83 Jahre alte Jmanuel Notter, zu Grabe getragen. Er hatte von 1881—1883 in Straßburg gedient. Gerne erzählte er, wie er öfters dorthin zu Fuß über den Kniebis ging, weshalb man ihn auch den „Straßburger" nannte. Jmanuel Natter war manchen Winter als Holzhauer im Herrenberger Stadtwald tätig.
Frauen trotzen dem Bombenterror
Muk und Entschlossenheit zeichnen sie aus - Beispiele höchster Tapferkeit und Aufopferung
Je mehr Männer an Re Fronten gerufen werden, desto mehr übernehmen es die Jugendlichen und die Frauen, Leben und Gut in der Heimat vor den feindlichen Luftangriffen zu schützen. Die jahrelange Aufklärungsarbeit des Reichslust- schutzbundes an der Gesamtheit der Bevölkerung und die gründliche Ausbildung der RLB.-Amts- trägerinnen bewähren sich dabei immer wieder auss neue. Nur einige Beispiele aus einer unerschöpflichen Fülle sollen bezeugen, mit welcher Entschlossenheit nnd Aufopferung sich die Selbstschutzkräfte und Amlsträgerinnen des RLB. in den schweren Prüfungen der Terrorangrisse ein- sctzten.
Dem Brandherd zu Leibe
Frau I. ist seit 1936 ehrenamtlich im Reichs- lnftjchiitzöund tätig, zuerst als Blockwart, dann Unlergriippeninhrerin für praktischen Brano- iwv3.,..Be,l einem Lontroltgang während eines Angriffs schlugen in ihrer Näye aus der Slrage und im freien Feld 79 bis 89 Brandbomben ein. Frau I. lief sofort zu den Einschlagstellen und deckte die gefährlichsten Braiiübomben mit Erde ab. Die Polizei wurde umgehend benachrichtigt. Durch das sofortige entschiostene Eingreifen von Man I. richteten die Bomben keinerlei Schaden an.
Außergewöhnlichen Scharfblick bei der Be- kampiung von Phosphor- und Siabtirandbmn- ben bewies Untergruppenführerin Etsriede Pf. 2 -a der Zugang zum Brandherd im vierten Stock ihres Hauses infolge Hitze und Qualm stark ge- ahrvet war, eilte Fräulein Pf. in SaS Nebenhaus, durchschlug dort im dritten Stockwerk die Mauer und bctämpste von hier aus den Brand auss neue. Die eiiitressende Feuerwehr über- nahm die Braydbekümpsiing durch dieselbe Maneroffnung. Lurch die Klugheit und Geistesgegenwart der Uiltcrgriippensüpreriii gelang cs ein Großfcner zu verhüten.
Kamps der Panikl
Der Ruhe »iio Besonnenheit vieler Amtsträge- rinueii des RLB. ist es zu daiiien, dag m gefährdeten Lettern Paniken vermiesen wurden und di« Menschen noch rechtzeitig ins Freie getanzten. hierfür nur e>n Beispiel'.
Bei einem Lcrrorangrisf erhielt das Haus der Neviergruppen-Fraueniachocarvelleriii ^rau K. Dresser durch Pyospyororandbomven Rs ins Erügefchoß und brannte sofort lichterloh. In gleichem Umfang gerieten fast alle anderen
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HNUstr der Sirupe cn Brano. Basel enuviccetle >lch ein« -,o grvge Hitze, dag ein Berblewen »» LUjlfchutzraum gefäyrucy wurde, fzrau L. veranlagte zuuächfl me Fn>a»en des eigenen Lusticyns- raumes, über die Sirage in den Luftscylltzrauia einer gegenuoernegeiloen uaortt zu stucyceu, dann lief >ie während des Angriffs von Haus zu Haus der gleichen Sirape, um auch die Jiriaifen der anoercn gesäyrdeien Lusticyutzräume zur Räumung aufzu,oroeru. Laoel mutzte pe tecl- weife sehr energljch Vorgehen.
Ais einige Zeit ipäier auch di« Fabrik infolge Funleiiftug zworeuiieil begann, >o vag die dar.» geretteten Menichcn in erneuter Ge>ayr waren, veranlagte Frau L. zum zioeiten Mme oi« Rau- ninng des Liiftfchutzraumes und brachte die E>e- läyrdetcn unter cine Brücke ln Sicherheit.
Menschenleben gerettet
Auch de, der ersten Hilje hauen sich die Mit- arocilcrinnen des RLB. üoeratl heloorrageuo bewährt. Nachdem Frau bk., Qrlsgrnppcnjacy- vearoeitcrin in Berlin, die eigenen vier Linder im Lustfchutzraum in Sicherheit gebracht nnd ihr Haus nach ^rairoooiiioen aogefUcht harte, erhieu I>e die Meldung, daß in der gegeilüoerliegendcn Luftjchutzgemeinichafl drmgeno Hilfe für Berichte georancht wurde. Trotz des starten Fiak- beichuises eitre sie zusammen mit einer Nacyva- rin mit einem stets bercitgeyaltcncn grogen Verbandkasten zur Schadenstelle. Hier war ein großer Leit der Bewohner verschüttet worden. Batten und Manenverk, die den Eingang versperrten, wuroen schnell zur Seite geraumr, und daun.leistete Frau R. in aufopfernder LLei>e erste Hilfe bei Quetschungen, Berbrennnngen, Angenverietziingen nud anocren Berwunonngen.
Selbst bei der Bergung von Verschütteten tön- nen Frauen wertvolle Hilfe teilten. Fräulein einem weiblichen Blockwart des RLB., gelang es, durch eine schmale Oeffnung im Fußboden Verbindung mit einem verschütteten Keller zu bekommen, aus dem sie noch Hilferufe hörte. Nach langen Versuchen war es möglich, einen Verschütteten ans dem Keller heranszuholen. Es gelang jedoch nicht, durch die Trümmer an die übrigen Verschütteten heranzukommen. Inzwischen trafen 25 Pioniere der Wehrmacht ein. Fräulein I. stellte sich mit ihren Selbstschutz- kraften dem Pioniertrupp zu Hilfeleistungen zur Verfügung und sorgte dafür, daß die geborgene« Verletzten sofort airfs best« versorgt wurden.
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Doctstmi
Und NUN wollte ich ihn vestichen. Was ich leit einem Jahrzehnt von ihm gehört hatte, war nicht viel. Daß er im Kriegsjahre siebzehn nach seiner Genesung geheiratet hatte, wußte Ich. Auch eine Tochter hatte er manchmal in seinen Briefen erwähnt. Aber das war auch ziemlich alles. Kaum ein Wort von dem inneren Menschen. Dazu war er zu spröde. Wie würde ich ihn vorfinden? War er ein Kerl geblieben, zu dem man noch immer aufblicken tonnte? Oder hatten wirtschaftliche Nöte ihn niedergezoaen? Daß er seinen Sorgenpacken zu tragen hatte, ging aus den Briefen hervor. Aber welcher Mensch gebt ohne Gepäck?
Du sollst mit leichtem Geväck gehen, Jobst! Damit Vergangenes dich nicht mehr drücken soll, schreibst du doch. Aber laß Nebendinge beiseite. Schreib an Angela! ^
Enke liest meine letzten Gedanken. Sie hat sofort erraten, daß es im Grunde nichts weiter als ein Vercr.ea.en vor nur feioer war, wenn ich fo lange bei dem Marsch an der Küste verweilt habe. Die Einleitung ist etwas langatmig geworden, weil sie in Wirklichkeit keine Einleitung war, sondern mehr eine Ableitung. Diese Niederschrift wird noch viele solcher Mängel aufweisen. Ich kann es nicht ändern. Was weih ich von den Gesetzen, nach denen man ein Buch schreibt! Ich hoffe, daß meine Leserschaft — Enke wird es sein und nczch Jahr und Tag Nase — über mein Unvermögen hinwcgsteht.
Ich will an Enkes Mahnung denken, aber der Faden an der Küste muß nun doch erst ablaufe».
Bald tauchte ein altes, strohgedecktes Häuschen auf, das mit seinen weißgekalkten Wänden schon von weitem ausfiel. Ein« Fischerkate sicher. Hcch und frei lag sie dicht am Hang, nur ein paar vom Wind zerzaüstc, verkrüppelte Kiefern deckten sie von der Landseite. Auf dem kleinen Hof war ein Mann in den sechziger Jahren. Als ich um einen Trunk Wasser bat. ging er schweigend ins Haus und kam mit einem Glas zurück. Er hatte eine müde Haltung.
„Sie müssen sich Ihr Brot sauer verdienen, Mann!"
„Weil ich Holz säge? Vielleicht tue ich es zu meinem Vergnügen."
„Die blanken Schweißperlen auf Ihrer Stirn sprechen dagegen. Darf ich Ihnen als Dank für ^ die Erfrischung bei der Bewältigung des Stubbens - helfen? Ich habe es nicht sehr eilig."
„Wissen Sie überhaupt, wie man eine Säge anfaßt?"
.Zeigen Sie es mir!"
So kam es, daß ich mich eine Viertelstunde lang als Holzarbeiter beschäftigte. Unbeholfen bin ich mir unter dem klugen, forschenden Blick des Alten vorgekommen: auf dem Büro meiner Schiffahrtsgesellschaft wurde kein Holz gesägt!
Die gelbliche Gesichtssarb- des Fi'chers siel mir auf. Seine Backenknochen standen spitz hervor.
„Das Sägen ist keine Arbeit für Sie, Mann. Sie sollten sich lieber in die Sonne legen. Krank müssen Sie sein."
„Das bestreite ich nicht."
„Was fehlt Ihnen denn?"
„Die Leber streikt. Aber bei einem Menschen in meinem Alter ist das nicht mehr wichtig."
„Nicht mehr wichtig? Mit der Leber ist nicht zu spaßen!"
„Das weiß ich. Trotzdem kann ich mich nicht darüber aufregen."
„Es kann eine ernste Angelegenheit sein."
„Sie umschreiben geschickt und zartfühlend. Aber nötig ist es nicht. Was wäre anders, wenn ein anderer hier an meiner Stelle Holz sägte und den kleinen Garten in OrdnunF hielte? Nichts wäre anders. Die Welt ginge nicht au» den Fugen. Aber halten Sie das Stück Holz fest, sonst fällt es Ihnen aus die Füße."
Ueberrascht richtete ich mich auf und sah den Alten an, dessen Züge fast heiter waren. Ueber- legene Ruhe ging von ihm aus.
„Sie sind ein sonderbarer Kauz."
.Ich lege keinen Wert darauf, genau so m denken wie andere."
„Sie haben eine Lebensanschauung, um die man Sie beneiden könnte. Sind Sie von Beruf Fischer?"
„Nein, ich bin gar nichts."
„Was waren Sie denn früher?"
„Warum wollen Sie das wissen?"
„Eine Unterhaltung mit Ihnen str igt mehr an als das Sägen. So geben Sie doch lntwort""
„Wenn es denn sein muß: Ich vln oer Gymnasialprofessor im Ruhestande Dokt- Eberhard Rathsack. Ist das ausführlich gen >? Worum machen Sie solch entsetztes Gesicht? 3ch bin ganz friedfertig. Nur eins kann ich so wc ng vertragen wie der Stier das rote Tuch: wenn man mir jetzt noch, wo ich endlich frei davon bin. meine Titel unter die Nase hält..."
Der ehemalige Gymnasialprofessor fuhr fort: „Wenn Sie mir versprechen, daß ich für Sie weiterhin der alte Rathsack bleibe, meinetwegen der Fischer Rathsack, dann dürfen Sie noch eine Weile sich zu mir in die Sonne setzen. Mit unserem Stubben sind wir ja fertig. Auf die Bank hier bin ich nicht wenig stolz, stolzer als einst aus meine Doktorarbeit über die Beziehungen zwischen Walther von der Vogclweide und Goethe. Mir ist nämlich heute noch unklar, worin diese Beziehungen bestanden habe» könnten. Aber diese selbstgebaute Birkenbank hat keine .Beziehungen', und darum wollen wir uns ihr zuversichtlich anvertrauen."
Ich bin sehr verlegen geworden, habe sicher einen feuerroten Kopf gekriegt.
„Ich bitte sehr um Verzeihung. Herr Rathsack, daß ich mich so arg daneben benommen habe —"
Er lachte herzlich und klopfte mir begütigend das Knie.
„Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Ich Hab» Sie um Entschuldigung zu bitten, daß ich Sie ein wenig genasführt habe. Aber hier in dieser schönen Kate will ich wirklich nur ein Fischer sein. Alles andere wäre abgeschmackt und stilwidrig. Oder können Eie sich vorstellen, daß Ich hier mit gestärkter Hemdbrust herumlauf»?"
«Fortsetzung folgt.»