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Beilage zu Nro. 77. des GeseLLsehaftevs.
Freitag den 20. September 1850.
Eine Parallele.
„Der Stein, den die Bauleute verworfen haben,
ist
zum Eckstein geworden," so möchte man ausrufen, wenn man die schmähliche Behandlung, die dem Herrn Dekan Kapff auf den beiden aufgelösten Landtagen widerfuhr, mit den Berichten vergleicht, welche sowohl öffentliche Blatter als Privatpersonen über den Stuttgarter Kirchentag brachten. Dort wurde ihm auf absichtliche, bösartige Weise Hohn und Spott zu Theil, hier aber war er die Krone des Festes; dort wurde ihm das Wort abgeschnittcu, hier wurde er vom Präsidenten „der Mund der Versammlung" genannt; dort wurde er mit Unwillen auf der Tribüne gesehen, hier konnte man den Augenblick seines Auftretens nicht erwarten u s. w. Wir wollen sie nicht alle anführen diese viele» „hier unk dort", welche die schreiendsten Gegensätze bilden und den beiden Landesversammlungen zu großer Unehre gereichen; unsere Freude aber können wir nicht bergen über die glänzende Genugthuung, die die- ^ sein ächt christlichen, nie seine eigene, sondern stets nur Gottes Ehre suchendcn Manne so schnell geworden ist. Allerdings ist ein Kirchentag etwas anders als ein Landtag, soll aber ein Landtag ein Heidenlag scyn, und em Mitglied desselben seiner christlichen Gesinnung wegen verfolgt, angefein- ber und in demokratischen Blattern unwürdigem Spotte preisgegeben werden? Die Herren Abgeordneten der Linken werten antworte»: „Rem nicht seiner christlichen, sondern seiner politischen Gesinnung wegen," als ob man zweierlei Gesinnungen haben könnte; und die politische nicht ein AuSfluß der christlichen wäre! Nein, wir und mit uns noch Viele, glauben, daß das Verhalten gegen Kapff ein ganz anderes gewesen, und daß uberdieß die Revision der Verfassung längst zu Stande gebracht wäre, wenn mehr christlicher Sinn die Herren Abgeordneten beseelt und geleitet hätte.
Die Hinrichtung der Brüder Controjanm m Griechenland. -
Es war am Abend des 20 Januars 1836, als ich! mich, von einem mehrnwnatlschen Kommando aus Lake- nien zurückkehrcnd, dem Thore meiner Garnison Nauplia näherte Freudig grüßte ich die Vorstadt Pronia und! lenkte die Schritte meines müden Thieres der Festung zu,! da wurde meine Aufmerksamkeit durch ein Jnfanteriepikct! gefesselt, das ich am untern Ende des Glacis gewahrte.! Ein erhabner Gegenstand, der von mehreren Menschen-i gruppen in einiger Entfernung ängstlich und schweigend betrachtet wurde, schien die Ursache dieser militärischen Maßregel zu seyn; hier, auf dem gewöhnlichen Spaziergange der Nauplianer, Wachen ausgestellt zu sehen, deutete auf etwaS Ungewöhnliches; ich ritt näher und fand eine aufgeschlagene Guillotine. Düster schritt der Posten auf und nieder, und auf meine Frage, was dies bereute, erhielt ich die Antwort; Morgen früh werden die Con- trojanni geköpft, und damit das Ding da über Nacht Niemand forttragt, müssen wir hier mit geladenen Gewehren Schildwache stehen.
Der Name Controjanni war zu dieser Zeit in Griechenland wohl gekannt; sieben Brüder Controjanni stan
den an der Spitze einer furchtbaren Räuberbande, die namentlich in den Jahren 1834 und 1835 der Schrecken Moreas war, die Straßen unsicher machte, ganze Ortschaften plünderte und mordete. Die gräßlichsten Grausamkeiten und Schandthaten, wie man sic kaum in den Chroniken aus den Zeiten der Christenverfolgungen findet, verübten die Connojannis gegen ihre Landsleute und Glaubensgenossen : Greise und Weiber wurden mit teuflischer Wollust hingeschlacytet, Kinder gespießt, Männer wurden gefoltert und die Körper der Opfer oft auf die empörendste Weise verstümmelt. Lange wußte die Horde sich den Händen der Gerechtigkeit zu entziehen, doch endlich schlug auch ihre Stunde; bei der Plünderung eines Hauses in Dostizza, wurden die Räuber nach einer verzweifelten Gegenwehr von Gcnsdarmen aufgehoben, wobei die sieben Brüder Controjanni lebendig in die Hände der Sieger sielen. Nachdem sie eine Zeit lang im Fort Palamides gesessen, war ihr Prozeß entschieden: zwei der Brüder wurden zu lebenslänglicher Kettenstrafe, fünf zum Tode verurkbeilk.
Schon vor mehreren Monaten sollte das Tokcsurtheil vollzogen werden, allein griechischer Starrsinn und Pali- karenehrgefühl hatte dies zu verhindern gesucht und zur Erreichung dieses Zwecks sogar einen Mord als Mittel angewendct. So groß nämlich der Jubel über die Ge- fangennehmung der Controjanni im ganzen Lande war, so kräftig und allgemein man auch Anfangs ihre Hinrichtung verlangte, so empörte es doch, nach den Begriffen der Griechen, das Nationalgefühl, daß diese Helden durch die Guillotine hingerichiet werden sollten. Die Contro- jauni waren jetzt auf einmal Pal.karen, hatten für d>e Befreiung des Vaterlandes mitgefocbten, als freie Männer gelebt; als solche, als Griechen müßten sie auch sterben: erschießen solle man sie, nicht aber elenden Verbrechern des Auslandes gleich, durch die Carmagnola (so nennen die Griechen die Guillotine) hinrichren.
Solche und ähnliche Aeußerungen gaben sich besonders in Nauplia, wo die Hinrichtung stallfinden sollte, kund; man bat bei den Behörden um eine andere Todes- arl, machte Vorstellungen, als dies Alles nicht helfen wollte, wurde am Tage vor der bestimmte» Crekutton der zur Vollstreckung des UrtheilS von Athen hierher gekommene Henker von einem Griechen in seiner Wohnung erstochen. Griechische Bruderliebe ließ den Mörder unentteckt bleiben.
Durch diese Palikarenthat wurde nun zwar die Vollstreckung der Todesstrafe, in Ermangelung eines zweiten Henkers, aufgeschoben, das Unheil aber keineswegs geändert. Die Regierung schien, trotz allen Vorstellungen, jcht um so eher bei ihrer Bestimmung zu beharren, nur ein Scharfrichter wollte sich nicht so leicht finden, waS man bei so dewandlen Umständen, und da ei» Grieche überhaupt sich zu einem Henkersdicnste nicht hergidt, nicht auffallend finden wird. Doch auch dem wurde abgcholfen. Ein rn Athen lebender Mohr erklärte sich bereit, für ein Stück Geld das Wagstück der Hinrichtung zu übernehmen, wenn man ihm zur Ausführung zwei Eehülfen beigeben wollte. Dem Schwarzen wurden 1000 Drachmen (etwa 350 fl.) Honorar zugesprochen; zwei auf der Festung sitzende Verbrecher, ebenfalls Moslem, wollten als Helfer dienen, wenn man ihnen als Belohnung die Freiheit schenke
!