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Der Gesellschafter.

Den 3. September 18ZO.

WiiTttembergifche Chronik.

Nagold. Am 1. September feierten wir bei der prächtigsten Witterung unser jährliches Missionsfest. Be­vor der ahnungsreiche Klang der Glocken die Festgäste zu dem Hause GotteS rief, war die trübe und ungeräumige Kirche so gedrängt voll, daß Biele außerhalb derselben ste­hen blerben mußten und nicht einmal den eigentlichen Zweck erreichten, um dessen willen sie ihren Weg gemacht hatten. Wohl ist in der Stadt Nagold für zahlreiche und gute Wirths Häuser hinlänglich gesorgt, ganz nicht aber für ein Helles und geräumiges Gotteshaus, das um seiner schönen Bauart willen schon einigermaßen dazu beitrüge, den Wan­derer aus der Ferne auf den Flügeln der Andacht empor- zuheben. Gleichwohl hat auch unsere dreßjährige Feier wegen ihrer überaus zahlreichen Theilnahme, die sie ge­funden hat, den doppelten wohlthuenden Eindruck hervor- gedracht, daß unser Missionswerk einmal Sache des Vol­kes «st und bleiben will, und daß ferner dasselbe trotz al­ler Ungunst und Gleichgiltigkeit von sogenannien Gebilde­ten und nicht Gebildeten dennoch auf festen Füßen steht. Als Redner traten auf: Dekan Stockmayer, Kapff, Mis­sionar Hausmeister aus Straßburg, Pfarrer Werner auS Fellbach und Or. Banh. Dekan Srockmayer eröffnet? die sieter mit einem Herzensgebet und hielt darauf eine Rede, worin er zuerst auseinanversezte, warum die dießmalige sieier^s Wochen früher statt finde als bisher. Der Grund diesür ist der, weilte Festgäste noch mehr bei Tag nach Hause kommen können, als wenn das Fest erst im Okto­ber gefeiert wird. Der Redner dankte sofort für die ein- gezangenen Gaben, die er aber nicht näher nennen konnte, sondern verwies hiebe» vielmehr auf den nachfolgenden ge­druckten Rechenschaftsbericht. Dann machte er die Frage: ob wir das begonnene Mlssionswerk liegen lassen wollen? Und bewies hierauf, warum diese Frage mit Nein zu be­antworten sey. Er wies in lebendigem Redefluß darauf hin, daß wir vielmehr durch das Wort Gottes aufs Be-! stimmteste ausgeforvert sind, durch reichlichere Gaben, christ-l lichcren Wandel und eifrigeres Gebet zur Förderung des ^ begonnenen Missionswerks deizutragen. Dekan Kapff ging ! mit seiner Rede von der äußern Mission zur innern über. ^ Er machte seinen Bortrag anziehend durch eine Erzählung, mit der er begann. Auf dem Museum zu Bern sey ein Glaskasten, in welchem sich ein Hund befinde. Dieser Hund sey auSgebalgt und erst nicht schön, sondern beinahe schä-, lug zu nennen. Es sey ihm diese Ehre, dort aufbewahrt; zu werden, darum widerfahren, weil er in der Umgebung ^ bes Klosters St. Bernhard in der Schweiz, dem höchsten bewohnten Orie Europas, gegen 40 Menschen dadurch das Leben gerettet habe, daß sie aus dem Schnee herausge- scharrr wurden, und so dem Tode des Erfrierens entgin­gen. Dieser Hund beiße Berry. Der Redner machte nun die Anwendung von breser Geschichte durch die Frage: Hast

du auch schon zur Rettung eines einzigen Menschenlebens beigrtrage»? Freilich, sezte er hinzu, nicht sowohl zur Ret­tung des leidlichen, als des geistlichen, göttlichen Lebens. Hiezu seyen nicht nur die Geistlichen berufen, sondern je­der Christ habe die Aufgabe, durch das Heil in Jesu Christo das Unheil der Verlorenen in der Well zu heilen. Hiezu sey überall Gelegenheck vorhanden: nicht blos hier in der Kirche, sondern auch m den WirthShäusern, nicht blos zu Haus, sondern auch draußen auf dem Feld und auf der Reise. Diese wichtige Aufgabe habe sich die innere Mis­sion gestellt, die dem Wesen oder der Sache nach schon lange da sey, nur der Nameinnere Mission" sey ein neuer. Dann gab er eine meisterhafte Schilderung von dem großen Umfang und weiten Gebiete der innern Mission. Diese erstrecke sich einmal auf den Staat, dann auf die Kirche und Schule, sowie auf das sociale und sittliche Leben überhaupt. Der Staat ftp krank, seine tiefen Schä­den habe die Revolutionszeit augenfällig bloßgelegt. Deß- haib müsse der kranke Slaatskörper geheilt werden und es sey eben Aufgabe der »nnern Mission, den verlorenen Gliedern im Staate nachzugeben und dieselben zu retten. Das geschehe z. B. in England und brachte treffliche Be­lege bet von einer gewissen Elisabethe Frey und einer ar­men Schneidernäherm, welche sich durch keine Hindernisse abhalten ließen, den Verlorenen in den Gefängnissen nach­zugehen, um ihnen die frohe Botschaft von einem Sün- derherlande zu dringen. Er erzählte, wie ihre aufopfern­den Bemühungen mit schönem Erfolg gekrönt worden seyen. Dann zeigte er, wie nothwendig es sey, daß hierin auch bei uns noch mehr geschehe. Namentlich sprach er sein tiefes Bedauren darüber aus, daß es noch an so vie­len rechtschaffenen Familien fehle, die sich bereit erklären, entlassene Strafgefangene in ihre Häuser aufzunehmen. Ferner habe die innere Mission auf dre Kirche einzuwir- ken durch Unterstützung der evangelischen Gesellschaft in Stuttgart, dre sich bemühe, christliche Traktate und Bilder um billigen Preis unter das Volk zu bringen, durch Un­terstützung des bekannten Calwer Verlagsoereins, dessen weil gehende Wirksamkeit bei wertem nicht genug geschäzt werde, durch Abhaltung und Anwohnung der Prrvat-Er- bauungöstunden, deren bereits gestifteten Segen er unum­wunden anerkannte, wobei er übrigens nicht verfehlte, dem Hausgottesdrenst seine gebührende Stelle einzuräumen.

(Der Beschluß folgt.)

Stuttgart, 29. August. Es geht hier das Ge­rücht, daß Hr. v. Gärttner, der schon vor dem März 1848 mit Hr. v. Schlayer Minister war, wiederum mit dem Finanzministerium betraut worden, Hr. v. Knapp aber wieder auf die Direktion der Eisenbahnen zurückge­treten. Hr. v. Gärttner war zugleich vom König ernann­tes lebenslängliches Mitglied der Kammer der Standes- herren, von deren Wiederaufleben kürzlich die Württ. Zrg. für den Fall sprach, daß die Verfassungs-Revision