Die Strolche nickten einverstanden mit ihren Schel-! menköpfen. Der schwarze Bordoio sagte jedoch: 'S muß I in der Ordnung gehen. Ein Kundschafter muß voraus. ! Der Teufel ist ein Spitzbube und hat seine Mucken. Ein Kundschafter, ein zuoerlcißiger, muß her, oder ich thue keinen Streich ,n dem Geschäft.

Wiederum versezte der Angeber des ganzen Stück- leinS: Dazu wäre keiner besser, als der stumme Wentel, der seit ein paar Tagen hier umherliegt, und von dem ich euch gesagt habe. Er kennt Maus- und Hühnerloch im Försterhause. Aber zum Ganfen will sich ter Kerl nicht herbeilassen. Mit Korb- und Siebmachen und müs- stggangerrschem Bettel träumt er sich von Land zu Land, unk wenn ich ein Zuchthaus wüßte, das mich aufnähme, ohne daß ick vorher einen schlechten Streich begehen müßte, bat er mir gestern deutlich zu verstehen gegeben: ich ginge freiwillig hinein! '» ist nichts mit dem Buden anzufangen.

Da machte Bordolo ein wichtig-hochmükhigeS Gesicht und antwortete: Das wollen wir doch sehen. Führ Mich zu tem Burschen hin, wenn du sein Lager weißt, unk ich will lebendig verbrannt werken, wenn ia> den Kerl nickt alsogleich herumkriegr! Dreß gesagt, tranken die Schelme ihr Glas aus, und wanderten in den finstern Abend hinaus, kenn der Anzettler wußte allerdings die Heusckeuer, wo der Wendel seine Nachte einsam zubrachte.

Und so wurde es Nacht völlig, und wiederum Mor­gen, und der Förster sagte gegen neun Uhr zu seiner Urschel: Iich mache mich jetzo mit dem Gethier da auf den Weg. Gib mir noch emen Heitelbeertropfen auf die Reise mit» gegen den bösen Nebel. Wirklich lag auch überm Lande ein dicker dicker Duft, als Härte sich der ganze Him­mel bis über die Ohren in grauen Fils und Pelz gesteckt. Kaum zehn Schritte weit konnte man vor sich hin sehen.

Während der Förster die Hunde zusammenkoppelte, hing ihm das Madel die Schnapsflasche um, steckte ihm Brok in den Waidsack, küßte ihn auf die borstigen Ba­cken und sprach: Liebs Baterle, komm nur fein zeitig heut Abend heim; je früher, je besser, denn ich we ß nicht, wies kommt aber ich fürchte mich heute so zu sagen, allein das Haus zu hüten.

Ursel el! Urschel! sagte der Vater und drohte ihr schalkhaft mir dem Finger: das hör ich doch von dir zum erstenmal in meinem Leben! Du dich fürchten? Mach mich nicht lachen, Mädel. Schließ d>w ein und schau, ob meine Büchsen alle wohl geladen. Um fünf Uhr bin ich mit Gottes Hülfe wieder da. Schon früher, wenn der Fürst mich früher entließe, waS er jedoch nicht ihut, wie du selber weißt. Ich bring dir was Gutes aus der Hof- tüche mit. Leb wohl und gesund.

Der graue Herr marswirte mit se ner Koppel ad und Urschelr-dchlug sich die Banglichkett, von der sie über­fallen gewefiss, aus dem Sinn. Sie sang wie eine Lerche im Hause herum, fegte die Wohnung von oben dis unten, legte alles zurecht, machte Feuer in den Ofen unk auf den Herd, kochte sich eine Mehlsuppe und ern paar Kar­toffeln die Weiber sind, wenn alleine, gar nicht ver­schlecht speiste mit der Katze «md dem alten, allein daheim gebliebenen Karo, einem ergrauten, zahnlosen Gna- denbrotssreffer - das war bald geivan und sobald der Karo wieder entschlafen war hinterm Ofen und die Katze auf dem Fensterbrett angefangen, sich zu putzen und Toilette zu macken, holte Urschel das Spinnrad und lustig flog das Rädchen beim leisen Gesang der Spinnerin.

Auf einmal: klopf, klopf! geht ans Fenster. Wer da? ruft das Mädchen und springt bin. Ach, wie er. schrack sie! Draußen stand, umgeben vom weißgrauen Nc- delgrund, die Gestalt des stummen Wendel und bat, die gefalteten Hände erhebend» um ein Almosen. Jesus! wie sieht der Bube aus! sagte zu sich selber die Jungfer: dem muß es schlecht ergangen seyn !holte aus der Tlsch- lade ein Stück Brod, aus dem Gelbkörbchen m ter Kom­mode einen Kupferkreuzer und ging, beides dem Bettler zu reichen. - Zu ihrer Verwunderung schlug Wendel die Gabe aus; dafür heulte er, einem frierenden Hunde nicht unähnlich, rieb die rothen Hände, schauderte am ganzen Leib, zeigte nach dem warmen Ofen und bettelte noch be­weglicher alb vorhin um Einlaß. Komm herein auf eine Viertelstunde, aber nicht langer! antwortete ihm das be­sorgte Matchen, und öffnete ihm die Thüre.

Kaum stand jedoch der Wendel mit seinem abgehärm­ten Gesicht und in seinen Lumpen dicht vor ihr, als er mir verzweistungsvoller Geberde ihre Hand ergriff und sie in dir abgelegene Küche zog. Sie wollte schreien, er hielt ihr mit bittender Unterwürfigkeit den Mund zu. Nach rascher Umschau, ob nicht zu irgend einem Spalte ein Spion hereinluge, sing Wendel nun an, dergestalt mit Zeichen zu parliren, baß Ursula kaum klug daraus wurde. Immer heftiger bewegte Wendel seine Arme und Finger, verzerrt« das Gesicht mit unsäglicher Angst, und hatte der arme Teufel jemals sich zum Reden zwingen können, diesmal wäre es ihm gelungen. Die Zunge flog ihm im Munde bin und her, feine «lauen Lippen zitterten, sein Unterkiefer wackelte. Seine hohlen Augen begeisterten sich immer mehr und mehr.

Endlich verstand Ursula zu ihrem Schrecken, daß ihr eine Gefahr drohe, daß drei vier Männer um die Wege, die Böses im Schilde führte»; daß Wendel von denselben geschickt worden, das Haus zu »erkundschaften; daß ihm ter Tod beoorstehe, wenn er seinen Auftrag nicht ausrichttn, nicht zu den Dieben das Stehlen bezeich­ne» er aufs deutlichste zurückkehren würde.

Diebe? in der Nähe? fragte Ursula zitternd und leise. Wendel nickte. Du, ihr Kundschafter? Wendel, was ist aus dir geworden?

Wendel betheuerte nun seine Unschuld, und daß man ihn mit Prügeln oder deren Androhung gezwungen, den Gang zu thun. Zugleich zeigte er an, daß aus Liebe und Verehrung für Urschel er sich entschlossen habe, ibr den Anschlag zu verrathen, und sie zu bitten, augenblickli« zu entfliehen» denn in kurzem würden die Räuber da seyn, um ste zu tödten und daS Haus zu pliindern. Dabei fiel er, sie zur Flucht zu bewegen, vor ihr auf die Kniec, küßre ihre Füße, und heulte dumpf, mit Thräneu in ten Augen.-

Thue, wie er sagt; laufe davon! rief der Ursula die natürliche Zaghaftigkeit des Mädchens zu. Aber in dem Mädchen steckte viel vom Manne. Urschel erinnerte siä> alfobalt, daß ihr die Obliegenheit geworden, des VaterS Haus und Habe zu bewachen; daß ein halbes Dutzend von Jagdgewehren samml Munition zu ihrer Verfügung stank. Dieses bedenkend, und des Beistands vom Himmel sich versehend, antwortete Urschel dem Wendel, der sich vor ihr im Staude krummre, mit plötzlicher Entschlossen­heit: Nein, Wendel, nein; Lu meinst es gut, lch will das glauben. Aber mein Platz ist hier und ich werde mich vcnheitigen dis aufe> Blut, cs komme, was da wolle. (Die Fortsetzung folgt).