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immer wieder in den Weg. Margarethen war unwillkür­lich die männliche und anmuthigc Haltung des Unbekann­ten aufgefallen, und trotz der Norwürfe, die ihr das Ge­wissen machte, blieb ihre Eigenliebe doch nicht gleichgültig gegen die Aufmerksamkeit, deren Gegenstand sie war.

Dessen ungeachtet fuhr sie fort, das wachsamste Auge auf sich selbst zu üben, aus Furcht, daß eine Geberde oder ein Blick, zu seinen Gunsten auogelcgt, den jungen Mann veranlassen möcktte, eine Ermuthigung für seine Handlungs­weise darin zu finden, und sie hatte sich das Versprechen abgelegt, ibm niemals Veranlassung zu geben, sich irgend einer Auszeichnung rühmen zu dürfen. Aber mit diesem heroischen Entschluß ging es wie mit all denen, welche die Vernunft allem gegen die Regungen des Herzens ver- rheidigr.

Margarethe brachte eines Tages einem alten armen Manne Speisen, als sie, in dessen Kammer tretend, Fried­rich an seinem Lager sitzen sah. Eine hohe Röche färbte sogleich ihr Gesicht und sie vermochte ,dre Verwirrung nicht so gui zu verbergen, daß Friedrich sich nicht für be­rechtigt gehalten bäkre, Entschuldigungen an sie zu richten, die bereits e n Geständnis' enibielten. Den folgenden Tag schickte Margaieche an idrer Stelle Gertrnde zu dem al­len Manne; aber einige Tage nachher traf sie Friedrich wieder m einem andern Hause.

Es war dies offenbar kein Aufall mehr, und wenn sie nicht auf das ganze Glück tbres Lebens Verzicht leisten ^ wollte, mußte Margaretde sich entschließen, den jungend Mann fast täglich zu seben. Dieses häufige Zusammen--^ treffen haue bald eine Vertraulichkeit zur Folge, deren Ge-^ fahren dem jungen Mädchen nicht eher klar wurden, als bis sie nicht mehr die Kraft besaß, dieselben zu flehen.! Margareide war durch den besten, aber auch durch den offensten aller Männer erzogen worden; sie wußte nichts von der Kunst jener abgeieiimen Lügen, welche die Welt Mil dem Namen der Schicklichkeit bemäntelt: gewohnt, allen Eingebungen ihres Herzens zu folgen und frei sämmt- 7 l. Emorücke desselben bemerkbar werden zu lassen, war sie bald außer Stande, vor Friedrichs Augen den Zustand ihrer Seele zu verbergen.

Berauscht über den so lang gewünschten Erfolg, ver­gaß Friedrich die Klugheit; seine immer deutlicher werden­den Anforderungen schüchterten endlich LaS edle Vertrauen des jungen Mädchens ein; sie schöpfte aus der Empssnb- Uchkeu ihrer verlezren Würde die Kraft, die ,'br bis. dahin gefehlt hatte, und verurtheilte sich zu einer gänzlichen Zu­rückgezogenheit , bis Friedrich auf eine so unbesonnen ge­äußerte Hoffnung Verzicht geleistet haue.

Damals war es, a:s dieser, nachdem er einen Brief an sic gerichtet hatte, der unbeantwortet geblieben wae, die List ersann, welche ihm Zutritt im Hause des Doktors Rousseau verschaffte. Seine ausdauernde Kühnheit brachte d,es mal bei Margarethen mehr Erstaunen als Zorn her­vor, und sein gewandtes Benehmen, umerstüzi von der unschuldigen Theünabme des alten Doktors. brachten bei dem armen Kinde eine verzweiflungsvolle Krisis hervor, welcher ihre künstliche Kraft nothwendig unterliegen mußre.

Man ba' gesehen, welch verächtliche Kälte bei Fried­rich auf das erste Entzücken seines Sieges gefolgt war. D-e herzzerreißende Sc ne. welche durch ffmen Plötzlichen Abschied bcrvorgeriuen wurdebatte sie wohl die auf so heiiloie Weife erstickte Asche in seinem Herzen wieder aufs Rc>.,e angefachi? Ma gare.he und der gute Doktor hofften,

es, aber diese Täuschung sollte bald, wie jede andere, ver­schwinden^ ff l (Fortsetzung folgt.)

^Frage unch Antwort über deutsche Freiheit, Gleichheit, Brüderschaft im Jahre 1848.

Wo sengt die deulscke Freiheit an?

Wo Zeder mmmi, was er nur kann!

Und wo erst findet Gleichheit statt?

Wenn endlich Keiner mehr was hat!

Und wie stehrs mit der Brüderschaft?

Haß nur, Streit und Leidenschaft!

Eiche, Palme, Blume.

Kennst dn die Eiche, die kein Wetter bricht.

Wenn Stürme um sie brausen?

Kennst du den Mann, des Herze nicht Erbebt, wenn Kugeln sausen?

Es ist das ächte, deutsche Land,

Das keine Siurme rücken,

ES ist ein biedres deutsches Herz,

Das schlägt will alles brechen.

Kennst dn die Palme, die der Sonnengluth Znm Trotz sich hoher strecket,

Des Wüstenwandrers Todesmuth Zum Leben wieder wecket;

Der Sturm, der einst die Palm zerknickt.

Trägt jezt den Samen weiier.

Wohin des Deutschen Auge blickt.

Sieht er der Freiheit L-treiter.

Kennst auch di- Blume, die das magre Feld Erzeugt hat und gepfleget?

Wohl buntre gibts in manchem Zelt Bon Fürstengunst geheget,

Allein ihr Dust ist tödlend Erz,

Ihr Aenßrcs ist nur Täuschung;

Die Feldblnm adelt Geist und Herz

Ihr Blnhn ist von Bedeutung! I. M Wizemann.

An die Gewerbtreibenden der Stadt Nagold.

Der Gewerbeverem ist gesonnen, in hiesiger Stadt eine freiwillige Handwerkerschnle zu errich­ten, in welcher den jüngeren Gewerbtreibenden, Lehrlinge und Gehülftn, in den Kenntnissen, welche sie zu einem höheren uno gesteigerten Verrieb der Gewerbe nothwendig haben, unterrichtet werte» sollen. Die Fächer, in welchen demgemäß Umerricht gegeben werten soll, sind: l) Arith­metik und Geometrie, 2)Zeichnen, 3) Buchführung, 4)Pro- duktenkunde. Der Unterricht wird ganz unenrgeldlich er- theilt, und an zwei Tagen der Woche je in den Stun­den von 7 bis ö Uhr statlflnden. Es braucht keines Be­weises, daß bei der Vervollkommnung, welche unsere Ge­werbe entweder schon erreich: haben, oder bei der großen, inländischen und ausländischen Konkurrenz erreichen mus-, sen, wenn sie nicht zu Grunde gehm »vollen, auch die Ge-, werbrreibenden von Jahr zu Jahr weniger die Kenntnisse,, welche die oben bezeichneten Facher enthalten, enibehren. können. Mehr und mehr wird es in Bälde dahin kom­men , daß nur der wirklich kenntnißreiche Gewerbsmann sein Fortkommen findet. Wir wenden uns daher an alle die Väter und Lehrmeister, welchen es darum zu thun ist, baß ihre Söhne und Lehrlinge, zu nichtige» Leuten, welche sich einstens auch diirchzubnngcn vermögen, ausgebilter werden, mir der Bitte, dieselben zum Besuche der Hand­werkerschule zu veranlassen.

Diejenigen, welche die Handwerkerschule besuchen, werden geben», sich im Laufe dieser Woche bei dem Un­terzeichneten zu melden. Nagold, den 17 Dez

Der Vorstand res Gewerbevcreins:

Helfer Klaiber.