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Löhr, verhandelt werden. Gagern hat diesen Redakteur, welcher ihn beharrlich als Mörder von Robert Blum be­zeichnet?, wegenbeispielloser Berläumdung" gerichtlich be­langt und wird persönlich dort erscheinen.

Montag den 20. Nov. wurden in Berlin die sämmt- lichen Möbel der Nationalversammlung, die Schränke, die rothen Bänke und Sessel, nach Brandenburg traneporttrt. Sie wurden erst wie zur Schau aus die Freitreppe des Gebäudes gebracht und dann auf großen Wagen weiter geschafft. In Brandenburg selbst werden große Zurüstun­gen gemacht, und in der dortigen Domkirche sogar eine Röbrenbeizung angebracht. Die in Berlin befindlichen Ab­geordneten, selbst die Linke, geben mit der Beratung un­ter sich um, ob sie nicht trotz ihres seit dem 9. eröffncten Kampfes gegen die Regierung auch nach Brandenburg ge­hen, und durch ibr numerisches Uebergcwichl ihren Willen durchzusetzen versuchen sollen, da die Versammlung ohne Zweifel durch ihre Gegenwart erst beschlußfähig und sie demnach die herrschende Parrei seyn würden. Sie woll­ten am 23. darüber definitiv entscheiden. Der Beschluß der Sleuerverweigerung bedarf übrigens, um gültig zu seyn, noch der zweiten Lesung, die bis jezi noch Nichr vor- genommen wurde.

Oer Nationalversammlung sind bis zum 17. Novbr, über 700 Beistimmungsadressen zugegangen, darunter aber über 120 von Stadtverordneten und Magistraten, 140 von ganzen Gemeinden, die übrigen von Vereinen, Klubs, Volksversammlungen.

Die Aussicht auf eine nahe bevorstehende Aufhebung des Belagerungszustandes der Hauptstadt ist wieder in weite Ferne gerückt. Es sollen nun nächstens die Kriegs­gerichte in Thätigkeit gcsezk werben, zu welchen man (da nach dem Gesetze ein Commissär nöthig ist, wenn Kriegs­gerichte über Clvllpersoneu nchterch eilten Herrn Kammer- gerichtsratb v. Bülow gefunden bat, der sich zur Teil­nahme an diesem Geschäfte berbeiläßt, zu welchem viele andere Richter ivre Mitwirkung versagt haben. Der Jn- strukiionssenat hat sich gegen den Belagerungszustand aus­gesprochen, obwohl er beschlossen bat, diesen seinen Beschluß nicht zu veröffentlichen, sondern bloß beim Justlzminister Protest einzulegen. Namentlich hat dieser Gerichtshof da­gegen protestier, daß C-oilpersonen vor Kriegsgerichte gestellt werden sollen, und bat dieß für einen Eingriff in seine Rechte erklärt. Ebenso wurde gegen die Bestimmung der Wrangelschen Proklamation, er werde die gesetzlich beste­henden Behörden schützen, wenn sie den Anordnungen der Militärbehörde entsprechen, protestirt. Viele der ver­bastet Gewesenen, welche ohne Verhör nach viertägiger Dauer ihrer Haft wieder frei gegeben wurden, haben beim Kammergerichi Civilemschädigungstlagen gegen die Offiziere, welche sie verhafteten, eingereicht. Die meisten sind bloß wegen Ueberschreitung der Polizeistunde verhaftet worden. Das Militär wird nun auch, um Formfedler zu vermei­den, von jezt an so wenig als möglich selbstständig auf- treren, sondern meist nur auf Requisition und unter Ver­antwortlichkeit des Polizeipräsidiums agiren.

Sonstige Nachrichten aus Berlin: Dre Reichskommis­säre Simson und Hergenhahn sind angekommen, und ha­ben sich bereits nach Potsdam zum Könige begeben. Fort­während spricht man von einem Ministerium Beckerath- Camphausen, an welchem auch Simson und Grabow An- theil nehmen würden, allein es wird wohl noch nicht so Halb zum wirklichen Eintritt dieses Ministeriums kommen.

> Am 18. waren schon über 19,000 Gewehre abgeliefert, I und die Entwaffnung der Hauptstadt dürfte bald als been- , bigt auzusehen seyn. Am 20. hat das Kammergericht be- , schlossen, daß eine Einstellung der richterlichen Befugnisse ! noch nicht Platz greifen könne, weil der Verkehr im Au­genblick noch Nicht gehemmt sey. Die vielen Gesetzesüber­tretungen, welche Vorkommen, verletzen sehr. Z. B. es werden Verhaftungszettel gedruckt, >n welchen die Angabe des Verbrechens ganz fehlt. Da werden die Leute einge- liefert, ohne daß weder Richter noch Beklagte ihr Verbre­chen wissen. So wurde Kammergerichtsasscssor Wolf in 80 Stunden in vier Gefängnissen herumgeschleppt, und dann ohne irgend ein Verhör wieder frei gelassen.

Der Kreisausschuß der preußisch - sächsischen Demokraten hat einen Aufruf an alle Vereine der Provinz erlassen, rn welchem es heißt:Dw Staatsbürger sind ver­pflichtet, Arrest zu legen auf alle königlichen Kassen." Die Demokraten haben einen Preis von 500 Thalern auf den Kopf des Generals Wrangel gesezt.

In Westpreußen ist ebenfalls große Aufregung. In Marlen»oerder forderten die Bauern von den Regie­rungspräsidenten Waffen, um nach Berlin zu ziehen. Als er jedoch dafür einige verhaften ließ, wurde ihm sein Haus gestürmt und bemolirt, und die Bauern wollten sich eben an den Kassen erholen, als das gütliche Zureden der Bür­gerwehr sie zum Ablassen von ihrem Verbrechen beachte.

Der Mörder des Antiquar Lieber in Heidelberg ist als ein früherer StudiosuS der Medizin, Helft aus Ra- dolphzell, erkannt worden.

Zn Dänemark ist das alte Ministerium abgetreten. Zn Betreff der deutschen Verhältnisse will bas neue Mi­nisterium Moltke, ohne die Rüstungen zu verringern, ei­nen mit Dänemarks Ehre und Wohl zu vereinigenden Frieden zu erlangen suchen. General Orholm und Etats­rath Treschow sollen dänischer Sens an den Friedensun- icrhandlungen in London Theil nehmen.

Die Wahl Louis Napoleons wird immer wahrschein­licher. Das Landvolk besonders ist ganz fanaftsirt für ibn. Wenn man sie fragt warum, so antworten die Bauern: weil er der Nesic seines Onkels ist, der uns von den Demagogen erlöst har." Sucht man ibnen anschaulich zu machen, daß der Neffe nicht das Geringste von seinem Onkel in geistiger Hinsicht geerbt habe, so bört man häu­fig die Antwort:Wir sind bisher m:t den Gescheibten schlecht gefahren; jrzl wollen wirs einmal mit einem Dum­men Prokuren." Die tiefe Abneigung des gemeinen Man­nes vor dek Republik, die ihm nichts als Lteuererhöhung und Anarchie gebracht, lst das Gebeimniß dieser Kandidatur.

Zn Paris ist das Gerücht verbreitet, von Seiten der Kabinete Englands und Frankreichs werde den übrigen Mächten ein Plan zu erner allgemeinen Pacifikation Eu­ropas vorgelegt werden.

Ueber Marseille soll in Paris die Nachricht ein­getroffen seyn, baß Mehmed Ali, der Vicekönig von Egyp­ten , mit Tod abgegangen und sein Sohn Zbrahim Pascha gefährlich erkrankt ist.

General Taylor ist zum Präsidenten der Vereimgten Staaten von Nordamerika gewählt worden.

Vor einiger Zeit haben m Konstantinopel die Juden das Haus eines ihrer Glaubensgenossen, Mercili Oglu, zerstört und seine Familie mißhandelt, weil er an einem rsraelitischen Festtage arbeiten ließ. Die türkische Polizei hat einen der Fanatiker in die Flohgefängnisse gebracht.