Pianisten und Professor am Konservatorium, Hrn. Zim­mermann.

Dieser kannte den vor seinem Freunde sitzenden Herrn nicht, und trat mit einer stummen Begrüßung, nachdem er einige Worte mit Pradier gewechselt, an einen Flügel, dem er mit hoher Meisterschaft eine glänzende Improvi­sation entlockre.

Mein lieber Zimmermann, sagte dann Pradier in seiner Arbeit fortfahrend, es befindet sich da in meinem Nebenzimmer ein junges Mädchen, das mir zuweilen als Modell sitzt und eine wunderschöne Stimme hat. Wollen Sie die Kleine nicht etwas singen lassen? das würde zu­gleich auch den Herrn hier zerstreuen, dem das unbeweg­liche Sitzen natürlich nicht zusagt.

Mn Vergnügen erklärte sich Zimmermann bereit, die Kleine einzuführen; sie war 16 Jahre alt, batte ein sehr angenehmes, bescheidenes Aeussere und eine ausserst schöne Stimme.

Der entzückte Tonkünstler sprach nun zu ihr: Mein liebes Kind, S>e haben eine so entzückende Stimme und so ausgezeichnete Anlagen zur Musik, daß ich Sie mir Ver­gnügen in unser Konservatorium aufnchmen werde, wenn Sie es wünschen.

Ach, ich würde mich sehr glücklich schätzen, erwiedcrte das Mädchen, wenn es sich thun ließe, allein meine Eltern sind leider arm, all und krank, und da bin ich denn ge- nöthigd, Geld zu verdienen, um sie zu ernähren; ich sitze als Modell in den Künstlerwerkstaiten und singe in einem Kaffeehause der elysäischen Felder. Würde iw im Kon­servatorium ausgenommen, so brächte ich ja meine guten Eltern um ihre einzige Stühe.

Das soll kein Hinderniß seyn, warf eine kräftige Baß­stimme mit Entschiedenheit ein, nehmen Sie immerhin die Stelle im Konservatorium an, ich werde dafür sorgen, daß eS Ihren Eltern an nichts fehle.

Die Baßstimme war die des Unbekannten, der bis da­hin keine Sylbe gesprochen hatte.

Das junge Matchen heftete Blicke der Freude und des Zweifels auf ihn, wahrend Herr Pradier verstohlen lächelte. Hr. Zimmermann war entzückt über diese Großmuih.

Da aber der Unbekannte selbst den Werth seines groß- mütbigen Entschlusses nicht zu empfinden schien, so sagte endlich Zimmermann etwas verlegen zu ihm: Mein Herr, wollen sie mir wohl erlauben, Sie zu fragen, mit 'wem ich zu reden die Ehre habe?

Mit dem General Cavaignac, entgegnete eben so trocken und kurz dieselbe Stimme.

Der erstaunte Tonkünstler begriff jetzt, daß der Mann, der mit einem Worte 500,000 Mann Soldaten in Be­wegung setzen konnte, wohl auch Vergnügen daran finden möchte, ohne vieles Wortgepränge eine wohlthätige Hand­lung auszuüben.

Ein enthülltes (Heheimniß.

In den letzten Monaten, die so viele Schleier gelüf­tet und so manche Geheimnisse gelöset haben, ist auch die Geschichte eines Mannes bekannt geworden, der seit vielen Iahten in dem Jnquisitionsgefängnisse in Rom neben dem Vatikan eingekerkert gewesen ist, des Erzbischofs von Mem­phis nämlich. Unter der Regierung Leo's des Zwölften, vor etwa 25 Jahren, erhielt dieser Papst ein Schreiben von dem Pascha von Aegypten, in welchem derselbe mel­kte, er sey geneigt, mit dem größten Theil seiner Unter.

thanen sich taufen und in den Schooß der katholischen Kirche aufnehmen zu lassen, wenn Se. Heiligkeit nur ei­nen Erzbischof mit einer genügenden Zahl anderer Geist­lichen senden wolle; am liebsten werde er es sehen, wenn man einen gewissen jungen Mann, den er nannte, zum ersten Erzbischöfe von Memphis erwähle und nach Aegyp­ten sende. Man hatte durchaus keinen Grund, an der Wahrheit dieser Mittheilung zu zweifeln, und nur die Ju­gend des Mannes, den der Pascha als Erzbischof wünschte, war em Hinderniß. Der Papst befragte das Kollegium der Kardinale, welche ihm den Rath ertheilten, das ge­fährliche Beispiel nicht zu geben, welches die Erhebung eines Novizen zu einem so hohen Kirchenrange seyn würde; aber Se. Heiligkeit konnte dem Wunsche nicht widerstehen, daS Reich der Kirche so ansehnlich zu erweitern, er ent­schloß sich deßhalb,. dem Wunsche des Paschas nachzukom- men und weihete den Jüngling als Erzblschofvon Memphis. Der neue Würdenträger trat mit einem zahlreichen Ge­folge von Geistlichen seine Reise nach Aegypten an und meldete seine Ankunft dort den Behörden, welche indeß den Erzbischof zurückwiesen und die ganze Sache für einen Betrug erklärten. Nach einiger Zeit gestand der junge Erzbischof selbst den Betrug ein, worauf er verhaftet und »ach Rom zurückgcsankt wurde. Er selbst harte den Brief an den Papst geschrieben und die Absicht gehabt, die Täu­schung dem heiligen Vater im Beichtstühle zu bekennen, so bald er die Weihe empfangen, weil das Beichtgeheim- niß nicht verrathen werden darf, und er gehofft hatte, spä­ter Absolution zu erhalten. Warum er seine Absicht nickt ausgcführt, ist unbekannt geblieben, genug, man konnte, da ihm die Weihe und der Rang als Erzbischof nicht wieder entzogen werden kann, weiter nichts thun, als den jungen Ehrgeizigen lebenslänglich einkerkern. Seit 25 Jahren sitzt der Erzbischof von Memphis nun in dem Gefängnisse und man kann bisweilen seinen Kopf an dem Kerkerfen­ster sehen, an welchem er frische Luft zu schöpfen sucht.

Nagold. (Berichtigung.) In Folge meiner in Nro. 78 dieses Blaues gegebenen Zusage kann ich jezr, auf Grund der von Herrn Inspektor Hoffmann aus Basel so eben erhaltenen Nachrichten, versichern, baß der im Gesellschafter Nro. 77 enibaltenen Sage von einer Geldzahlung, welche die Basler Missions-Anstalt an Theo­dor Mögling gemacht haben soll, auch nicht einmal eine anderart'ge, entstellte oder mißverstandene Tharsache zu Grunde liegt, sondern, daß sie ganz und gar Un­wahrheit ist.

Obwohl ich und ankere Missionsfreunde schon im Voraus davon vollkommen überzeugt waren, daß die Sache, so wie sie bargestcllt worden, eine lügenhafte sey, so war doch noch die Vermutdung vorhanden, daß ein Bruder dem andern, wenn er auch ein tief verirrter ist, eine Unterstü- zung hätte können zutommen lassen, welche möglicher Weise durch die Gefälligkeit jener Anstalt befördert worden wäre. Allein eS ist auch nicht einmal so viel Tbatiachliches vor­handen, und die Träger und Verbreiter jenes Gerüchtes sind allein durch eine, wenn nicht boshafte, so doch abge­schmackte Lüge getäuscht worden. Den 3. Okt. 1848.

G. H. Zeller.

Die Nachricht, welche zu obiger Berichtigung Veran­lassung gab, rührte von einem nahen Verwandten des Hrn. Mögling her, was wir uns hier zu erlauben bemer­ken. Anmerkung der Red.