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Und damit sie am Ende nicht noch Uneinigkeit zwi­schen uns werfen oder den Luxemburger zum Beistand her- deirufen, fubr der bedächtige Pfauentrm im Geiste seines Kollegen fort, so balle ich für dringend notbwendig, baß rasch gebandelt werde. Unsere gerechten Forderungen wol­len sie nicht erfüllen, was bleibt uns daher übrig, als mit Gewalt sie zu erringen? Deshalb begebt euch sezf ru­hig nach Hause, Freunde und Nachbarn, und erwartet den Beschluß, den ich im Verein mit unserem wackeren Geis­barl und euren Aeliesten und Obermeistern zur Reife brin­gen werde.

Pfauentritt's concio N>is8a est war für das Gesindel das Signal, den Rückweg anzuireien, denn die Rädels­führer trauten ihren eigenen Genossen nicht und suchten darum den Plan zur Ausführung so wenig als möglich unter der wandelbaren Menge zu verbreiten. Es blieben daher nur etwa zwanzig zur engeren Berarbung.

Von diesem allen batte Abraham Ben Jsmael keine Sylbe verloren und die Vorsicht riech ihm, mir der Menge davon zu schleichen und unemteckt das Gehörte zum Be­ste» der Stadl ru benützen. Allein die Hauptsache war sa noch nicht entschieden, der Tag der Revolution und das Wie der Ausführung sollte erst sezt beschlossen werden. Neitz genug für den muthigen Inden, die Dunkelheit sei­nes Verstecks »och ferner zur Vereitelung der verbrecheri­schen Plaue dei Aufwiegler zu benützen und dann bei dem Abgang der klebrigen eben so unentdeckl sich mit zu ent­fernen.

Und nun war er vcrurtbeilt, Dinge anhören zu müs­sen, vor denen ihm schauderte. So beschloß man unter- andern , den Moment der Ausfübrung auf den Mittwoch nach Pfingsten sestzusetzen. Wenn an diesem Tage das Natbsglöcklein die Versammlung des Raths anzeigen würde, wolle man in Massen auf das Naibhaus stürmen und die sämmtlichen Herren ermorden. Zu gleicher Zeit solle eine andere Parthie in die Häuser der Juden emfallen, so viel man deren habhaft werden könnie, todtschlagcn und was sich an Werth daselbst fände, rauben uns brüderlich ther- len. Alsdann sey ein neuer Nach aus den Bürgern zu erwählen, die Sradttbore müßten geschlossen und der Kai­ser Günther aufgefordert werden, mit Macht herbei zu zie­hen und seine Getreuen gegen allcnfallsige Angriffe zu ver- rheidigen.

Als Abraham auch von der Beraubung und dem Un­tergang seiner Glaubensgenossen hörte, erwachte die ange­borene Geldgier des Juden mächtig in seiner Brust, und die fürchterlichste Angst, den zusammengebäuften Mammon zu verlieren, überwog alle Entwürfe der Vernunft. Er sah sein Haus in diesem Augenblick schon bedroht, er mußte hinaus und schnell retten, was noch zu remn war; seine Besonnenheit hatte ihn verlassen. D ese übereilte Besorg, niß war sein Verderben. Denn als er nun den Versuch machte, begünstigt durch den Schatten der hohen Pfeiler, in den Klosterbof z i schleichen und von dorr ausdasPsört- cheu zu gewinnen, wurde einer der Verschwornen auf die Gestalt aufmerksam, packie sie mit raschem Griff am Kra­gen und zog sie zum Fackelschein.

Ern Lauscher! ein Verrälber! klang es wild aus dem Munde der Versammelten und: nieder mit ihm! war das schnelle Urtdeil Geiebart's. Man riß dem Zitternden die Pelzmütze ab und mit Staunen und Wuth erkannten alle den Juden Abraham, den Verworfenen rn einem christ­lichen Gotteshause. Stoßt ihn nieder! rief nochmals der

verwegene Rädelsführer und: stoßt ihn nieder, den Hund, der uns belauschte, unser Gottesbaus verpestet bat! riesen die übrigen ihm nach. Zwanzig Messer erhoben sich zu gleicher Zeit und der unglückliche Hebräer würde schon im nächsten Augenblick das Opfer seiner Unbesonnenheit ge­wesen sehn, hätte ihn nicht der bedächtigere Psauentritl in Schutz genommen.

Hier an heiliger Stätte wollt ibr einen Mord bege- ' hen? sprach er. Fürchtet ihr Nicht den Fluch der Väter ^ Dominikaner, die uns in den Hallen ihres Klosters eine sichere Zusammenkunftsställe gegeben haben? Bedenkt, daß sie unsere treusten Vervündeten sind und daß ohne ihren Beistand das gefahrvolle Unternehmen nicht gelingen kann.

Aber wenn wir den Hund laufen lassen, so verräth ! er alles! rief Geisbart.

Deshalb bitten wir den Pater Guardian, ihm, bis nach dem Tag der Ausfübrung, eine Wohnung unter der Erbe, bei Molchen und Kröten, anzuweisen, und sind wir einmal die Herren, dann werden wir schon Mittel finden, dem Verräiher eine kleine Feuertaufe zu geben, versezte Psaueniriit.

Recht so! sprach Geisbart beruhigt; oder wir über­geben ihn dem strafenden Arm der Kirche völlig, weil er ein christliches Verhaus besudelt hat.

Ohne auf die Bitten und das Jammergeschrei des armen Abraham zu .hören, packten ibn einige nervigle Fäuste und der Pater Guardian, der davon unierrichtek wurde, fand cs für höchst nothwendig, den Juden aus der Welt verschwinden zu lassen. Kurz darauf hacken auch dieVer- ! schwornen ihre Beratbung zu Ende gebracht und als die ! Glocken vom St. Sebalvusthurme die eilfte Stunde der Mitternacht verkündigten, war in dem Dominikanerkloster und aus den Straße» Alles in der tiefsten Rübe.

Und wieder läuteten die Glocken von St. SebalduS und riefen die frommen Bewohner Nürnbergs zum Gebet.

Es war der Morgen des zweiten Pfingsttages. Eine drü­ckende Schwüle, sowohl m der Atmosphäre als umer den j zusammengerotteten Rebellen, lag drohend über der Reichs­stadt. Schon am frühen Morgen waren die Berschwor- ncn in Schaaren hinausgezogen auf die Gritz, um beim Bechcrklang in WaldeSnachr die gereiften Pläne vollends auszubilden. Der aus eine unbegreifliche Weise sorglose Rath ließ sie nach Gutdünken schalten und walten, Waffen tragen und auf öffentlicher Straße Schmähungen ausüo- ßen und konnte sich durchaus nicht mit dem Gedanken ver­einigen, daß der Pöbel gegen die von Gott eingesezte Obrig­keit Böses im Sinn haben könne. Er hatte zwar schon vor längerer Zeit einen Gesandten nach Böhmen geschickt und den Kaiser ersuchen lassen, selbst zu kommen und de» Frieden wieder herzustellen, allein Karl, der in seinen Erb­landen viel zu thun fand und sich die Umstände auch wohl > nicht so arg vorstellen mochte, schickte blos einen Kommis­sär, Konrad von Heideck, der den Rath und die Bürger­schaft vergleichen und alle Beschwerden abstellen sollte. Dieser, bald einsehend, daß hier an keinen Vergleich mehr zu denken war, forderte die Glieder des Naibs auf, sich mit ihm aus der Stadt zu begeben, und rn Sicherheit ab­zuwarten, bis der Kaiser in Person und mit Macht dem Unheil steuern würde. Allein trotz dieser Einladung zogen nicht mehr als sechs Räche mit ihm ab, die andern blie­ben , um den völlige» Ausbruch der Empörung zu er­warten.

(Die FortKtzrmg folgt).