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Deutsches Erntedankfest
/ Von Uairs RszrUing
In einem umschrankten Viereck stellen sich die Festzugsteilnehmer auf, die anderen in dichten Ringen außen herum, alle auf dem grünen Wiesenplan, daneben frisch gepflügte Sturzacker, auf denen das goldene Korn gewachsen ist, dahinter der Wald, noch im grünen, unversehrten Blätterschmuck, auf der anderen Seit« aber das Dorf mit seinen vielen Häusern, und über allem der blaue, mit leichten weißen Herbstschleiern überlaufene Himmel. Heimat! Heimat!
Und nun eröffnen mit lustigem Ernst die Kleinen vom Erntekindergarten das Fest. Sie drehen sich im Neigen, liebevoll angeführt von der NSV.-Kindergärtnerin. Und ihre Augen lachen, ihre Herzen beben vor Staunen und Freude, und sie singen in der goldenen Un- efangenheit ihrer kinderleichten Seelen:
Wenn ich groß bin, wenn ich groß bin, dann weiß ich, was ich werd', ich werde ein Bauer und kauf mir ein Pferd.
Wenn ich groß bin, wenn ich groß bin, geh' ich Hinter den Pflug und freu mich der Erde, die Ernte mir trug.
Wenn ich groß bin, wenn ich groß bin, im Haus schalt ich dann und wiege mein Kindlein und koch für meinen Mann.
Kommt die Ernte, kommt die Ernte, dann schlachten wir 'ne Gans, dann hängen wir auf den Erntekranz.
Was ist doch das! Die Alten lächeln beglückt.
Es ist erschauernd, wohin die Gedanken und Gefühle dieser Erntedankseierstunde führen. Hoch wölbt sich der Himmel über den Feiernden, weit erdehnen sich die Felder und Wiesen. Ueber diese Aecker ist Gott unsichtbar gegangen, und die Saaten sind herangewachsen, sem Hauch hat die Wiesen berührt, und die Blumen sind zahllos darauf erblüht; seine Hand hat die Bäume und Büsche gestreift, und sie haben grünes Laub und Mitten und Früchte getragen und sie, diese Menschen selbst, haben das, was aufgekeimt ist, gepflegt und sein Wachstum mi^ihren Hoffnungen begleitet, haben das, was gereift ist, geerntet, haben das Jahr über viel Sorgen und Mühen getragen. Sie fühlten nicht immer, daß ihnen auf ihren Wegen und in ihren Arbeiten nn-
Grund heraufgestiegen, gelten einer Sache, waren Ausdruck übervoller Herzen, find all« zusammen «in Vollakkord der Orgel des Lebens, sind ausgenommen worden von der großen Glock« oes Himmels, von dem überwältigenden Festraum des Tages.
In diesem weiten, weiten Feierraum ist alles beschlossen, was die weitgeschwungcne Horizontallinie saßt, auch jene Menschen, aus deren Dorf die Kirche auf dem Berg dort oben ragt. Ihre Glocken rufen die Menschen zu einer anderen Art, in den Mauern ihrer Kirche von Gott zu reden und ihm zu singen, und doch ist 'es derselbe Gott, oen man in der Kirche des nahen Dorfes verehrt. Derselbe Gott!
Wann wird endlich der Tag kommen, da die Menschen dieses und jenes Dorfes, von der alles überwallenden Urgewalt dieses Gedankens erfüllt sind und alles Nebensächliche und Zufällige,
,ungcn, ihre Kinder! Der Kreis des Lebens ist in wundersamer Weise geschlossen. Es ist ein herzklopfendes Glück in ihnen. Sie fühlen sich Unsagbarem, Unendlichem verbunden. Gott ist nie so nahe bei ihnen und so tief in ihnen gewesen als jetzt.
Weiter geht die Feier! Di« Schulkinder singen. Und sie sprechen nun miteinander in die Festesstille hinein:
Drum wollen wir dem Schöpfer danken für jede Frucht, die uns gereist, für alle Äehren, die da sanken, als hart die Sense sie gestreift.
Drum wollen wir zusammenstehen, ein Dankfest wollen wir begehen, ein Fest, da Stadt und Land bekunden:
Wir sind aufs innigste verbunden!
Und immer wieder wechseln Spruch und Lied und füllen die Herzen. Und die Augen ergötzen sich an den Volkstänzen, die lustig über die grüne Wiese binwirbeln, und am figurenreichen, bunten Bändertanz, der einen prachtvollen Schlichpunkt hinter die Vorführungen setzt.
Markige und packende Worte des Stützpunkt- leiterS und OrtSbanernführers stellen den herrlichen, von innersten Strömungen erfüllten Volksfesttag in die großen Zeit hinein nnd umr. ' ten, die den einzelnen den, und Hi der Gehobenheit der Stunde erkennen die umstehenden, hartschaffenden Bauern nicht nur die Nöte, sondern auch die Notwendigkeiten der Zeit, denen sich keiner, der ein Mann ist und ein ehrlicher Kerl, entziehen kann, auch nicht entziehen will. Fühlen den Herzschlag eines ganzen und großen Volkes, der auch in ihren Herzen pocht. Das Unsagbare, das sie erfüllt, können sie nicht ksi Worte fasten, es ist das tief erlebte Glück, einem großen Volke anzugehören, ein Teil zu sein von ihm, ohne das man nichts wäre, zu dem man sich mit der Tat bekennen muß, das dem einzelnen aber auch unabdingbar verpflichtet ist, ihn nie lasten und verlosten wird.
zählige Male Gott begegnet ist — heute erkennen sie ihn. Heute steht es klar vor ihnen, daß all ihr Tun darin bestand, den Spuren der ewigen, göttlichen Schöpferkraft nachzugehen, wie Kinder die ersten sinnvollen Wörter in der Fibel- nachbnchstabieren. Das alles steht klar vor ihnen in diesem festlichen Ring.
So wird dieser Jestraum eine ungeheure Kirche, in der ihre pochenden Herzen dem Schöpfer danken und ihm ihre Loblieder singen.
Eben erst sind sie verhallt, eben erst die gesprochenen Worte verklungen. Kaum ruhen die flinken Beine vom Reigen. Wort und Lied,
Sprache, Gesang und Migen sind ans einem
Begegnung mit einer Aonnenblurne
das in den Mittelpunkt ihres Denkens getragen wurde, abfällt wie zu eng gewordene Kleider! Sind sie nicht gleichen Stammes und Blutes? Gehen sie nicht in gleicher Mühe und Arbeit und Hoffnung über denselben Boden? ^ind sie nicht leiblich und geistig demselben Boden entwachsen? Atmen sie nicht dieselbe Luft? Und wurden sie nicht durch zufällige geschichtliche Bindungen eines staatlich zersplitterten Deutsch, land eben konfessionell verschiedene Weg« geführt?
Wann wird endlich der Tag komme»?, da ihre Herzen alle ganz tief zusammcnklingen?
Er wird kommen, der Tag!
Heiterer Herbst
/ Von liarl Surkert
Die erste meine ich, die erste in jedem' Lahr. Denn gerade diese ist es,^die mir so tief Herz rührt. Mir kömmt es dann vor, als wäre es ein Wiedersehen. Und doch ist es stets eine ganz andere. Aber das krauche ich ja ."stießlich nicht zu wissen. Ich bilde mir ein, es müßte immer die gleiche Blume sein So An kleiner Selbstbetrug schadet doch nicht. Mit der Wahrheit allein ist es im Leben auch nicht getan, das Hab' ich inzwischen erfahren.
.Vielleicht winkt mir die Sonnenblume, diese früheste im Jahr, von so einem backsteinnüchter- nen, einsamen Bahnwärterhäuschen her. Viel
leicht grüßt sie mich an einem niedrigen, .kindischen Bauernzaun. Möglich, daß sie über eine grauernste Friedhofmauer ihr goldenes Gesicht hebt, oder die Gartenterrasse eines alten Adelsschlosses gefällt sich in der Glorie ihrer hochleuchtenden Farbe. Ich werde dann immer still dabei. So still wie man wird, wenn einen plötzlich Erinnerungen überfallen. Und von längstverwehten, längstversunkenen Bildern eriüllt, stehe ich dann schweigend vor der majestätischen Blume.
Eines von diesen Bildern, das allerfrüheste, sehe ich wie in mythischer Ferne. Ich war dort-
Voa dlaris Uarster
Nun atmet die Welt kn flammendem Zug« den Glutrausch verschwendeten Sommers au». Sanft gart der Most; rus dem hölzerne« Kr«>» steig« ein gesättigter Frühherbst heraus-
Senkt sich di« Still« auf brodelnde Reben, fallen im Garten die Birnen zuhauf.
Mägde mit sonnbraunen Armen heben di« Körb« Mit klappernden Nüssen auf.
Ueber di« Zäune weh'n Scherzen und Lache», reif ist die Liebe und reif ist der Wein.
Kühl fährt der Abend km dämmernden Rache», heiteres, junges Gesinde, steig' ein!
mals meiner noch kaum bewußt. Könnte auch nicht sagen, wer mir die Wiege, die oauern- buitte, mit einem schönen Gedanken oder -.irr so von ungefähr, just unter eine Sonnenblume gestellt hatte. Aber ich weiß noch, daß .ch 'ste strahlende Blütenkrone über meinen erstaunten Kindesaugen für das Antlitz einer holden F^au hielt, die sich lächelnd und liebreich zu mir neigte.
Viel näher, viel irdischer sozusagen, stehen die vielen Sonnenblumen in meinem Gedächtnis, ivie sie die Weberrofel, dieses mühselige, verkrümmte Weiblein, in jedem Sommer um ihr zerflicktes Häuslein her auswachsen ieß. Eine wahre Pracht war das. Eine Parade in lauter Gold. Der geldschwerste Bauer im Dorf war damit zu Boden getrumpft. Warum sich die Rosel eine solche Hoffart erlaubte? Ein paar Kart ükfel stauden wären ihr doch sicherlich mehr von Nutzen gewesen. Aber wer weiß, es war das vielleichi ihre einzige Weltfreude.
Herrlich waren auch die Sonnenblumen um des Sebastians Bienenhütte herum. Ein ganzer Schwall von Honigduft wehte von ihnen her, und es war, als ob diese Blüten fort und kort wie Orgelflöten summten. Später einmal, i» einem Gefecht, als in die. Felder vor unserer Schützenlinie schwere Granaten einfchlugen, wurde mir dieser Duft, dieses Orgelsummen plötzlich wieder gegenwärtig. Ganze Fontänen von blitzgelben Sonnenblumen spritzten in de» glasklaren Augusthimme! empor.. Es war ein fast schmerzlicher Anblick. Damals war es auch, daß wir im sinkenden Abend einen mächtige» Kranz von Sonnenblumen auf einen frischaufgeworfenen Erdhügel legten, denn vierzehn Kameraden-ruhten nnnmchr darunter.
Und immer, wenn ich im hohen Sommer der ersten Sonnenblume begegne, muß ich auch an Flavia, die einstige Geliebte, denken. Sie ist mir längst entglitten. Bisweilen dünkt mich, e» müßte schon mehr als hundert Jahre her sein. Aber einmal schritt sie mit mir in diesem Daiein. War mein Stern, war mein Sturm, war meine Andacht, meine Glut, war der Glanz in meiner Seele, der Rhythmus in meinem Mut, war mir alles, was ein Manncsschncii erträumen kann. Ihr Haar, ihr göttliches Haar, wenn es, gelöst > von meinen Händen, über ihre kleinen, fast kind» j'haft kleinen Brüste hierniedcrrieselte, hatte Len tiefen, warmen Goldton wie er in einer blau- stillen Septemberstunde über den schon etwas müden, leise verzagenden Sonnenblumen liegt. Ja, ich weiß: irgendwo, irgendwann werde ich immer wieder vor so einer frühen Sonnenblume stehen. Ich liebe sie schwärmerisch, diese könia- liche Blume. Ich halte sie für einen der schönsten Gedanken Gottes. Aber ihr Anblick stimmt mich allemal ein bißchen wehmütig. Ich omme dann leicht iy ein Sinnieren hinein. Ich muß dann denken, daß so vieles für mich aus und vorbei ist. O Leben, o Lieben! Wo sind die Träume, diese sunkenheißen? Wo die Sehnsucht mit ihren purpurnen Flügeln? Wo bin ich selbst und alles, was ich gewesen bin? Das Niemehr- wieder, es fällt mir dann fast schwer auf das Herz! ^
Der Wiedergänger
Die Bauern Gustav Book und Karl Wendt- land lagen seit Monaten gegeneinander zu Felde. Die Bauernfehde ging um einen Wiesenrain. Als man sich nach dreivierteljährigem Streit nicht geeinigt hatte, wurde aus kzpser Gegnerschaft Haß. Dieser -wuchs in ihnen zu einem Ungeheuer heran, welches sie noch obendrein hätschelten, um die Wollust dieses Hasses besser genießen zu können. Schließlich beschloß Gustav Book — „)a, ja, Prozesse müssen sein!"— seinen Gegner zu verklagen. Nicht etwa, um v° Wiescnrain zu erlangen. Der war ihm gleich—I gültig geworden. Die Niederlage seines Feindes wollte er!
So wurde der Streit denn eines Sommer- tageS vor dem Amtsgericht vom Amtsrichter Groot?nfork ausgefochten. Grootensork, gütig und weise wie ein alter Bauernkönig, riet zum Vergleich. Dieser Vorschlag erzeugte jedoch einen solchen Protestorkan, daß der ituvengesichtige Schreiber Hinkepank erschrocken oas Tintenfaß umstieß und Amtsrichter Grootensork sogar einen Augenblick lang seine Sicherheit bedroht glaubte. Nach turbulentem Hin und Her Grach er denn Wendtland das Streitobjekt zu. Books Wut war grenzenlos, wenn er auch vorerst kein Wort sagte. Er rannte nach Hause, setzte sich mit hochrotem Kopf zu Tisch, tauchte den Lössel in die Suppe und blickte wie irrsinnig um sich. „Aet less'j man, ät man", sagte seine Frau, die sich hütete, ihn mit Fragen noch mehr aufzu- regen. Da fuhr es aus Book heraus: „Ick scheet (schieß! den lusige Keerl über'n Hoopen fHan- fenj!"brüllte er und knallte die Faust auf den Tisch.
Der Bauer Pflegte den Gedanken, Wendtland mit dem Schießgewehr zu bedrohen, in den folgenden Tagen in einer Art spielerischer Vermch- tllngswnt, wobei jedoch der Vorbehalt der Ber- nunftinstanz in seinem Schade^ diesen Gedanken
rische -V.-. » . . sicher Absicht und Saßtranm zu unterscheiden
vermochte. Völlig außer sich, faßte er den Plan, mit einem Jagdgewehr, .im Kornfeld versteckt, Wendtland aufzulauern, um ihn dann mit der Schrotflinte umzulegen oder — „hm!" — oder ihm wenigstens eins auf den verdammtigen Hintern zu brennen. Wendtland pflegte einmal in der Woche nach der nahen Kreisstadt zu gehen nnd noch am gleichen Abend zurückzukommen.
Am nächsten Tage lag^Book tatsächlich, fiebernd vor Aufregung, mit einer alten Donnerbüchse, die aussah, als hätte sie schon dem Prinzen Eugen bei der Belagerung Belgrads gedient, im Kornfeld nnd lauschte, ob der Feind nicht bald in Sicht kommen wollte. Er nahm einen großen Schluck aus der Wacholderbuttel, die er -- bracht hatte. Der Tag war sehr heiß gewesen. Gegen Abend hatte sich ein gelinder Wind erhoben, der nun genießerisch in der NenauSgabe des Sommers blätterte. Ein Junikäfer kam angebrummt nnd fuhr tolpatschig gegen Books Nase. Von da siel er herunter und krabbelte auf der Kartaune entlang. Book jagte ihn in die lucht. Waren es nicht mit einem Male zwei? ^wei braune Käfer spreizten die Flügel und summten davon. Kam denn dieser Lump noch immer nicht? Der Deibel sollte ihn holen! Book nahm noch einen Schluck aus der Flasche, im Falle, daß der kriegerische Mut sich verflüchtigen wollte, und starrte wieder angestrengt nach der Straße. Am Horizont zerlief die Sonne zu goldenem Metall und von den Wiesen wehte Heu- dust herüber. Den Bauer befiel Trauer. Er nahm gleichsam Abschied, wußte er doch, daß Amtsrichter Grootensork über diese Sache eine sehr ernste Ansicht haben würde. Mit einem Male kamen zwei „Uhlen" zu gleicher Zeit vom Moore her und faßten vor ihm auf der Krüppel- Weibe Posten. Book sah abergläubisch nach den beiden Nachtgesellen, die einander auf eine mw wahrscheinliche Weise glichen. Merkwürdiger weise vollführten die beiden auch jede ihrer Be wegungen völlig gleichartig. Wenn der eine nach rechts äugte, tat es der andere auch, wenn dieser auf feinem Ast wackelte und rüttelte, hielt es jener für unerläßlich, es ihm nachzntun. Es
schien Book, als kniffen beide jetzt das linke Katzenauge zu. Die beiden rechten Augen fixierten Book, so daß es aussah, als wollte das komische Doppelwesen da auf der Weide ihm ins Gewissen sehen. Ihm wurde unbehaglicher als je. „Pscht!" machte Book und drohte mit der Flinte. Was jetzt lautlos davonschwebte, das war merkwürdigerweise bloß ein Vogel. Gerade wollte Book sich darüber wundern, da kam Wendtland. Der Bauer geriet in schreckliche Aufregung. Sein Herz schlug gewaltig wie die Pauke auf dem Erntefest. Dann geschah etwas Unfaßbares. An sich war es gar nicht so erstaunlich, aber Book war außer sich. Wendtland war n st allein. Reben ihm ging einer, der Wendtland Merkwürdig ähnelte, nur schien er bei weitem älter zu sein. Book starrte den beiden nach. Die „Mordwaffe" sank ins Korn. Die Schritte der beiden Männer verhallten in der Ferne.
Mit Book ging mit einem Male eine große Veränderung vor. Nun, da der „Anschlag" mißlungen war, wich der Krampf von ihm und er erkannte das Lächerliche und Bösartige seines Treibens. Er holte das Sacktuch aus seiner Tasche und Wischte sich den Schweiß von , der I Stirn. „So was! Düwel ock! Man könnte ja I Angst um seinen Verstand kriegen!" Oll Bur Book nahm als Medizin noch einen Schluck aus der Buttel. Dann kriegte er sich zu packen und wankte nach Hause. Daheim stellte er kopfschüttelnd fest, daß die Flinte gar nicht geladen war. Er war aber zu müde, um sich darüber den Kopf zu zerbrechen und schlief gleich ein.
Zur gleichen Zeit wurde auch in Wendtland eirte heilsame Kraft wirksam. Nachdem er den Prozeß gewonnen hatte und sich als Sieger fühlte, versickerte der Haß und er empfand plötz- tich ein starkes Bedürfnis zu edelmütigem Tun. Deshalb beschloß er, sich mit dem Bauern Book wieder zu vertragen. Amtsrichter Grootensork würde sich freuen. So kam es denn, daß in Books guter Stube der Friede feierlich geschloffen ward, und Bauer Book daS ^roße grüne Glas mit der Wafferperle im Fuß hervorholte, Wacholder eingoß und Wendtland zur Präliimnarie des Trin
kens nötigte. Nach dem vierzehnten Glas wurde Book von dem unabweisbaren Drang heimgesucht, seine kriegerische Aktion, die ausging wi» des Alten Fritzen Kartofselkrieg, zu beichten. Er erzählte stockend, was er hatte Schreckliches tun wollen. Da Wendtlands Wille zur Versöhnung genau so groß war wie der Trieb Books zur Beichte, so verzieh er alles, zumal der Wacholder zu gut war, als daß er ein erneutes Zerwürfnis zugelassen hätte. Auch empfand er den fernere« Gewinn seiner Handlungsweise, der darin bestand, daß er nunmehr eine 'sehr hohe Meinung von sich haben konnte.
Nur einmal gab es an diesem Tage noch einen Zwischenfall nnd das war, als Book im Laufe vieler Verbrüderungsproste plötzlich fragte, wer denn der Fremde gewesen sei, mit dem Wendtland gestern dahergekommen wäre. Jedoch Wendtland bestritt entschieden, in Gesellschaft gewesen zu sein und er lachte und kopfschüttelte, als Book das nicht glauben wollte. Dem lief nun ein merkwürdiger Schauer über den Rücken, den« er wußte plötzlich, daß es Urgroßvater Book gewesen war, dessen Bild in der Stube über dem Bett hing und aus dessen Glas sie hier tranken. Das stand für ihn fest. Zudem war Urgroßvater Books Bild gestern von der Wand gefallen. Mutter Book meinte allerdings, er habe eS selbst von der Wand gerissen, als er hastig umhergefahren sei und die Wacholderbuttel gesucht hätte, aber Book wußte es besser. Wenn der Ah« sich von der Wand bemühte und als Wiedergänger auf der Straße wandelte, dann hatte er ihn — Book — vor schlimmen Dingen bewahren wollen. Er hütete sich allerdings, seinen Glauben preiszugeben, denn er fürchtete etwaige spöttische Hinweise von Mutter Book auf den Geist deS Wacholder und zudem wußte er, von solchen Dingen durfte man nie laut reden, das hielte» sie nicht aus. Also schwieg er und hütete sein Geheimnis, an das er glaubte, solange er lebte.
k'risckriod Wilirstm pimvitr.
Herausgegeven im Aufträge öer NS.-Preffe Württemberg von Hans Reobtn». Mm a. D