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esellschafter.

Den LZ. August.

Biilaqe zu« Naqolder JnteliigenzAlutt.

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Württembergifche Chronik.

Nagold, den 12. August. Das schwere Gewitter, das in der Nacht vom 8. auf den 9. August ausgcbrochen, hat sich über ganz Württemberg verbreitet, es har in Wolf­schlugen in Thurm und Kirche eingeschlagen und ziemlichen Schaden a,«gerichtet, glücklicherweise ohne zu zünden. Da­gegen branme in Kirchheim u. T. ein Haus nebst Scheuer, wie auch in Nermgcn bei Horb eine Ziegelbütie ab. In unserem nahen Unter sch wandorf bat sich vor wenigen Tagen ein höchst trauriger Vorfall ereigne,, der zur Vorsicht mahni, um ähnliches Unglück abzuwenden. Man war nämlich m einer dortigen Scheuer mit dem Hinauf­ziehen von Fruchtgarben beschäftigt, als plötzlich der im Lachstuhl angebrachte Schwiebel (das Rad, in welchem das zum Hinaufziehen erforderliche Sail läuft) brach, der unten stehenden Hausmagd auf den Kopf fiel und ihr den Hirnschädel einschlug. Die Magd, ein sehr braves Mädchen aus Egenhausen, war so bedeutend vcrlezt, baß sie in den Händen der sogleich herbeigecilten Aerzte starb.

^NochrHwrf, den 14. August. Musik zu hören, ge­hört nicht zu den Seltenheiten, aber eine schöne geregelte Musik von Kindern aufgeführr ist geeignet, auch in weite­ren Kreisen bekannt zu werten. Es waren nämlich gesterni hrer die Altensi aiger Turner mit ibrer Musik, wel­che meistens junge Knaben bis zu 16 Zabren als Mitglie­der zählte, die zum Tbcil schwierige Stücke mit Genauig­keit und Geschmack produziricn, so daß alle Zuhörer nur das größte Lob aussprachen. Zeder muß Freute fühlen, wenn man bedenkt, daß diese jungen Bursche, statt ihre freie Zeit nick Jodeleien und Unarten auf der Gasse zuzu- bringcn, diese einer nützlichen und angenehmen Beschäfti­gung zuwenden, wodurch sie sich und Andern Vergnügen bereiten. Dicß verdient allerwärts Nachahmung!

Stuttgart, den 1t. August. Anfangs Septenksser wird unser Landtag zusammemrcten, um die Entwicklung unserer Verfassung unter dem Sonnenscheine der neuen Freiheit zu fördern. Einige abgestorbene Paragraphen werden fallen; zu der Freiheit der Presse, den Rechten, sich öffentlich zu versammeln und Waffen zu tragen, wer­den noch Ersparnisse im Staatshaushalt, Oeffentlichkeit der Staatsverwaltung, möglichste Selbstständigle» der Ge­meinten, Verbesserung der Schul- und Gewerbeverfaffan- gen, und gänzliche Dese.tigung der Feudallasten, der Adels­vorrechte, rer Kammer der Standesherren und der Ritter­bank, des Gemeinderaihs, der Abministeativjustiz und der Gesandtschaften hinzukommen, kurz ein neuer, so Gott will gedeihlicher Zustand-wird sich entwickeln, wenn ihn nicht die Partheiungen im Ländchen ober gewaltsame Zusam­menstöße von Außen hemmen und hindern. Bei der neuerdings von den Dänen gezeigten Neigung zum Frie­den, zweifelt man noch immer, daß es wirklich zu emem Ausmarsch der württcmbergischen Truppen nach Schleswig kommen werde. In Baden ist der Abmarsch auch verzö­

gert worden, wogegen die Truppen der weiter nördlich ge­legenen deutschen Länder bereits unterwegs sind. Hier in Stuttgart haben sich viele Freiwillige gemeldet. Vom 4. Jnfamene-Regiment sollen gegen 200 Mann gebeten ha­ben, sie zum 6. Regiment zu versetzen, damit sie den Kriegs­zug mitinachcn können. Der Abmarsch ist am 19. Ge­stern Abend wiederholte sich ein schon früher hier versuch­tes Gaunerstückchen: ein Lehrling des Bijouteriefabrikan­ten Oechslen hatte ein Säckchen mit 1000 fl. aff der Ach­sel, um es zu Bankier Benedikt zu bringen, als ibm in der Poststraße ein Unbekannter das Säckchen von hinten abriß und damit entfloh. Der Lehrling verfolgte ihn durch viele Straßen, immer rufend: Haltet ihn, haltet ihn l aber Niemand rührte sich, selbst eine eben auf dem Hospitalplatz sich sammelnde Abtheilung Bürgerwehr ließ die Sache un­bemerkt. Endlich als der Lehrling nicht nachließ, den Dieb zu verfolgen, warf dieser das Geld weg, um desto siche­rer entrinnen zu können, was ihm auch gelang.

In diesem Augenblick befinden sich die meisten würt- tembergiscken Abgeordneten zum Reichstage in Stuttgart; ihre Rückkehr, die in einer Vertagung der Reichsvcrsamm- lung wegen des Kölner Domdaufestes ihren Grund har, gab zu dem Gcrüchk Veranlassung, die Versammlung sey vom Volk gewalisam gesprengt und die Paulskirche demo- lirt worden. Dieses Gerücht entbehrt alles Grundes. Paul Pfizer ist wegen Kränklichkeit aus der dcmschen Relchsversammlung ausgetreten.

Tages Neuigkeiter:.

Die 58. Sitzung der verfassunggebenden Neichsver- sammlung vom 10. August beschäftigte sich ausschließlich mit der Wahl und Einberufung Heckers. Nach langer De­batte, deren Entscheidung sich übrigens schon aus der Ent­scheidung der Amnestiefrage vorausseben ließ, wurde die Ausschließung Heckers mi« 350 gegen 116 Stimmen ange­nommen. Fürst Leiningen ist nun zum Präsidenten des Reicheministerraths ohne Portefeuille ernannt; zum Han- delsminister Duckwitz mit Mevissen und Falati; zum Fi- nanzminister Beckerath mit Matby; zum Minister des Aus­wärtigen Heckscker mit Mar v. Gagern und Briegleb; zum Justizminisier Robert Mohl mi' Widcmann; zum Minister des Innern v. Schmerling mit Bassermann und v. Würtb.

Im Herzogthum Anhalt-Dessau hat die Ständever- sammlunz einstimmig den Beschluß gefaßt: 1) der Adel ist biemit abgeschafft. 2) Alle zur Bezeichnung des Adels dienenden Ausdrücke verlieren ihre Bedeutung und 3) dür­fen sie nicht mehr gebraucht werden.

Zn einem Garten in Köln wurden am 5. August bereits die ersten weißen reifen Trauben abgeschnitten.

Zn Berlin ist die asiatische Coolera jezt ausgebrv- chcn. 6 Fälle kamen in der Stadt vor, 4 in der Cbarite.

Die Gräfin Landsfeld (Lola Monte;) aus München hat sich in dem schönen Schlosse zu Pregny am Genfer«