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Der Gesellschafter.

Den 2V. Juni.

Beilage zum Nagolder Jntelliqenzblatt.

L8L8.

Wurttcnibergiseye Chronik.

Ueber die Vorfälle in Heilbronn »heilen wir un­fern Lesern folgenden Bericht mit. Das achte Znfamerie- Regimenk, welches in einer Bittschrift, um böbere Besol­dung und benere Behandlung, gleich anderen Regimentern, bmen wollte, kam am Nachmittag des 14. Iani in der Wlrlbscdaft des Bierbrauers Hentgcs zusammen, woselbst die Bittschrift unterzeichnet wurde. Der Verfasser die­ser Eingabe, Fourier Hartmann, wurde verhafte , wäh­rend die Unterzeichner noch in dex Bierbrauerei saßen. Hierauf zogen die Soldaten mit einer Masse von Civili- sten vor b»e Kaserne, um die Freilassung des Fouriers zu verlangen. Wegen des Geschrei's der Menge versuchten einige Offiziere das Tvor der Kaserne sperren zu lassen; doch scheiterten die Versuche anfänglich an dem Drängen der Menge und der Unbercitwilligkell der Soldaten. Hart­mann ward freigegeben und im Triumphe durch die Stadt von Bürgern und Soldaten in die Henkges'scke Brauerei geführt. Hierauf verbreitete sich bas Gerücht m der Stadt, daß auch zwei Schützen ungerechter Weise im Ar­rest sitzen. Eine wo möglich noch größere Menge sam­melte sich vor der Kaserne, um auch die Loslassung der Schützen zu verlangen. Nachdem auch sie erzwungen, strömie die Volksmenge mit den befreiten Schützen in die Hentgcs'sche Brauerei zurück, wo Toaste auf Hecker und die Nepudlick ausgebracht wurden. Um 7 Uhr zogen die Soldaten unter Vortragung der schwarzrotbgoldnen Fahne mit einer großen Anzahl von Bürgern auf den Turnplay, wo die Eingabe noch einmal vorgelesen und von Solchen unterzeichnet wurde, die sic noch nicht unterschrieben batten. Nachdem sofort der Kaufmann Herr v. Marchrbaler die durch ein falsches Gerücht beunruhigte Versammlung mit 1 der Nachricht berubigk halte, baß weder von dem Obersten > noch von dem Obcramtmann fremdes Milrlär verlangt !- worben sey eine Versicherung, welcye Beide mit ibrem ^ Ehrenwort bekräftigt ging der Zug wieder durch die Stadt auf den Markt vor den Löwen, wo eine in Heil­bronn noch nie gesehene Menschenmenge sich versammelt Hane. Hier ging alles obne wencre Störung vor sich; die Soldaten erschienen trotz der Aufregung pünktlich beim Verlesen und die Nacht verging rubig. Am 15. Iunr verbreitete sich aus einmal das unwahre Gerücht, der Fou­rier Hartmann sey aus den Aiperg gebracht worden. Zwar wurde die entstandene Unrube dadurch wieder beschwich­tig», daß der Oberst von Jmihurn mit seinem Eurenwort f^das Gcgentheil bekräftigte; allein die neu entstandene Auf- ^ regung sollte doch nicht obne Auöbruch vorüber geben. Gegen Abend zog ein gemischter Hauke Volk und Militär nach Weinsbcrg hinab und verlangte vorn Oberamtsrich­ter die Loslassung der dort gefangen gehaltenen Bauern, welche sich jüngst bei den Bauernunruben in dortiger Ge­gend vorangestellt hatten. Die Bürgerwehr mußte aus­

tkli Wirlhshausern das Militär zu

rücken, nahm aber, anstatt anzugreifcn, die Bajpnnette ab. In Folge wiederbolier Drohungen wurden die Bauern treigegeben, zogen, nachdem sie zuvor bcwirihek und mit einer Kollekte von 15 fl. beschenkt worben waren, unter dem Zujauchzen der Menge in ihre Heimakb ab, wurden aber durch eine andere Abtbeilung Militär wieder enige- fangen und sitzen jezt in Ochringen. Erst auf diese Vor­fälle hin wurden am. in Stuttgart die strengsten Maß­nahmen beschlossen. Nachts um 9 Ubr zog von Ludwigs­burg cm Regiment Reiterei, ein Bataillon Infanterie und eine Batterie reitende Artillerie nach Heilbronn ab. Die S. P. Z. behauptet, auch dieses Militär sep unter dem bäufig Wiederbollen Rufe:Hecker doch!" abgezogen, eni Ruf, in welchen jedoch die Neueret nicht einstlmnue. Daß von Stuttgart ebenfalls um 9 Ubr das vierte Regiment mit der Eisenbahn abzog, wird von Stuttgart gemeldet. Zeder Zug, von denen der lezke erst halb 1 l Ubr ankanz, wurde in Ludwigsburg von einer großen Bolksmasse tyl lauten Lebebochrufen auf Hecker, welche weitbin durch die 'Nacht erschallten, im Vordeifahre» begrüßt. Vo.n 17. seblen uns noch ausführliche Nachrichten; nur s-,v.iel wird uns geschrieben, daß Heildronn ruhig sey.

L u d wiqs b u rg, den 15. Juni. Dieser Tage wurde bier ei» Werver für Hecker verhaftet, der, mir sehr pul Geld versehen, in verfuhren versucht.

Gmünv, den 14. Juni. Im hiesigen Artillerie- Schießrdal bat sich beute ein großes Unglück ereignet. Wahrend der Schießübungen ist eine Kanone, nachdem schon mebrmal daraus geschossen war, und welche seit ei­nigen Jahren benüzr wird, zersprungen und har drei Fuß- arlllleristen plötzlich gelödiet, einen gefährlich und zwei leicht verwundet. Morgen findet die Beerdiguna der drei Gelödteicn statt, welcher auch die städtische Bürgerwehr beiwohnen wird.

Langensteinbach, den 12. Juni. Ein schweres Gewitter entlud sich heute zwischen 6 uns 7 Ubr über un­sere Gegend. Dasselbe rog sich von Westen über das Alp- thal her. Während ein ziemlich starker Ostwmd die Aus­breitung deS Gewölbes binderte, sammelten sich immer dichtere Wolkenmassen, denen Anfangs große Regentro­pfen, bald aber auch Schloßen von hex Größe eines Tau- benels und in solcher Menge eiustürzicn, daß nicht mir das östlich vom Flecken liegende üppige Geireidefeld größ- ten.tbeils zerknickt, sondern auch das Gras aut den Wie­sen niedergepriischt ist. An der hiesigen Kirche allem hat der Hagel 96 Fensterscheiben zertrümmert, während noch einige Dutzend weiter zersprungen sind. Noch größer soll die Verheerung in dem südwärts gelegenen Gemeindewald seyn, indem dort zwei Fuß lange Zweige von den Bäumen abgeschlagen worden seyn sollen. Schwer haben ebenfalls die benachbarten Gemeinden Spiekberg, Jttesbach, Weiler Auerbach und Dietenhausen gelitten.