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Hei meines Hauses, Assor flog mit immer erneuerter Wuth die Treppen hinauf und hinab, um in der Hausflur, ke- sonder'H vor meinem Schlafzimmer, sich wie rasend zu ge­bärden. Ich mußte mich nun wieder zu Belte begeben, ohne irgend einen Grund dieser Erscheinung erforscht zu haben. An das Schlafen war nicht mehr zu denken, das Gebell dauerte fort und es blieb mir nichts übrig, als den Hund inS Zimmer zu rufen, wo der sonst so Muthige zitleind sich unter das Bett meiner Frau flüchtete und in der hintersten Ecke sich verkroch und um keinen Preis zu bewegen war, zu mir hcrznkommen. Nun wurde mir so angst und bange, daß ick nicht anders glaubte, als der Erhängte stehe an meiner Seite, ich zweifelte nicht, daß dieses Gefühl die Folge einer anrückenden Krankheit sey, ich wusch Kopf und Brust mir kaiiem Wasser, ich las, um mich zu zerstreuen, aber immer war mir zu Muth, als sehe mir Jemand und zwar mein verstorbener Nach­bar über die Achseln in das Buch. Kurz, ich war krank, und die zwei mir befreundeten Äerzte, die ich am andern Morgen rufen ließ und denen ich offen sagte, daß eine mir ganz ungewohnte Furcht vor dem Selbstmörder mich guäle, daß ich ohne Entsetzen kein anderes Zimmer be­treten könne u. s. w., stimmten mir mir überein, daß Mir-, tcl angewendcr werden müßten, um mein aufgeregtes Ner­vensystem zu beruhigen und heradzustimmen. Mein Hund blieb den ganzen Tag, ohne nach Nahrung zu verlangen, in seinem Schlupfwinkel liegen, und als er am Abend mit Gewalt vor die Thüre gelegt werten wollte, sing das alte Rasen und Würden wieder an und ich war abermals ge- nökhigt, die Runde im Haus herum zu machen. Ich konnte weder bei Tag noch bei Nackt ein Auge schließen, auch durchaus nichts genießen. Bei jedem Schritt, selbst bei jedem Atbemzug, war es mir, als steche mein verstorbener Nackbar an meiner Seite. Ich spraw darüber mir mei- nen Aerztcn und mit den Mcinigen, und war fest über­zeugt, daß alles dieß von einer krankhaften Aufregung, die unbewußt über mich gekommen war, derrübre. Bon jetzt an entfernte sich Assor jeden Morgen und ließ sich den ganzen Tag im Hause nicht mehr sehen. Trieb ihn. die Nackt nach Hause, so suchte er mit aller Gewalt sei­nen Schlupfwinkel unter dem Leite meiner Frau, that ich ihn vor die Thüre, so wüldete er zuerst, darnach heulte er; und als ich ihn einmal mit Gewalt zu mir an mein Bert und aus die Bettdecke zog. so.zitterte er am ganzen Leib und bellte als ob er mich gegen eine ganze Rone von Räubern zu schützen hätte. So dauerte der traurige Zustand 4 Tage und 4 Nackte. Plötzlich, wie das Uebcl gekommen, war, schwand es wieder. Es war mir nickt anders , als erwachte, ich aus einem Traum, und cs ist und bleibt mir unerklärlich, woher meine entsetzliche Furcht kam und wohin sie ging. Ueberall fuhlre ich mich beengt und belästigt, als ob ein.Mensch mir hart zur Seite wäre, als wenn ick seinen Athem mir dem mcinigen cinalhmen müßte. Wäre ick der einzige leitende Theil gewesen, so wäre mir nie ein anderer Gedanke gekommen, als daß ich krank gewesen sey; aber das ganz auffallende. Betragen meines Huntes,, kaffe» regelmäßigen Wandel wir seil meh­reren Jahren gewohnt sind, der Umstand, daß alle meine Hausgenossen nicht anders glaubten, als daß nach dem > Betragen teS Hundes eine fremde Person im Hause scyn ^ müsse; der weitere Umstand, daß meine Genesung und > Heilung so plötzlich erfolgte und daß in dem gleichen Au-1 genblick meinem Hunde, die gewohnte Ruhe, wiederkam; >

dieß, und anderes könnte die Meinung rechtfertigen, als bestünde irgend ein besonderer Zusammenhang zwischen meiner Krankheit und Angst, zwischen der Unruhe und Wukh meines Hundes und zwischen dem Unglücklichen und seinem Wunsche, mir sein Herz aufzuschließe». Ich habe schom da und dort von einem seelischen Leib gelesen, von einer feineren Hülle der Seele, die dem sterblichen Auge unsichtbar und doch gewissermaßen materiell sey. Ich hielt das immer für eitles phantastisches und schwär­merisches Gerede. Heute und seit ich bas Erzählte erlebt habe, sind mir in der Tbar allerhand Zweifel aufgestiegen, ob nickt Kerner und seine Glaubensgenossen i» Einigem doch Reckt haben könnten? Gleicherweise las ich einmal, wo, weiß ick nicht mehr, daß die Organisation und der Instinkt der Hunde mehr ans sich habe, als man gemein­hin glaube. Wenn eine Wachtel, ein Rebhuhn oder sonst ein Thier eilenden Fußes über ein Feld hingelaufen sey,. so wittere es der Hund noch nach vielen Stunden und es sey fast unmöglich zu glauben, daß von dieser flüchtigen Berührung des Bodens nach so langer Zeit noch Theiie zurück, scyen, die irgend welchen Eindruck auf die Gerucks- werkzeuge des Hundes äußern können. Man muffe also glauben, diese Thiere seycn mit einem uns ganz unbekann­ten, von uns kaum geahnten Sinn begabt, durch den sie leisten, was wirklich wunderbar und unbegreiflich ist, uns aber gleichwohl natürlich erscheine, weil eS uns täglich vorkommt. In Summa: wenn es einen seelischen Leib gibt, in welchen die Seele sich kleiden kann, so glaube ich nunmehr, daß ihn ein Hund sehen oder wittern kann, wenn er auch für die Organisation unserer schwachen Sinne zu fein märe, um von uns gesehen werden zu kön­nen; item, es gibt Erfahrungen, die auch denjenigen, der mit seinem Glauben ganz im Reinen zu seyn wahnt, in Verlegenheit und Zweifel zu bringen vermögen.

Schließlich will ich noch bemerken,, daß seit jene»: vier Tagen und Nächten mein Hund durch nichts mehr zu bewegen ist, seine alte Lagerstätte vor meinem Schlaf­zimmer einzunehmen, obgleich ich ihm Teppiche und selbst schon meinen Achlasrock unrcrbrcitcte. Er har sich eigen­mächtig seine Ruhestätte im Holzstall auf hartem Reisack ausgesucht. Was endlich das geheime Anliegen des Un­glücklichen betrifft, so spricht das öffentliche Unheil ihn völlig frei von großer Verschuldung; dagegen soll eine ihm sehr nabe stehende Person bei ihm in Verdacht gestauten haben, als lebe sie in verbrecherischer Verbindung mitffh- rrm nächsten Blutsverwandten. Ob er Grund zu diesem schweren Verdacht gehabt habe, wird einst, der ans Lickt bringen, vor welchem Mitternacht ist, wie der Helle Mittag.

Ein Beispiel zur Nachahmung.

Wie groß dermalen die Noch,, die Geldnoch,. unter dem größten Theil, selbst der fleißigsten Gewerbeleuie ist, weiß Jedermann, da die Zahlungen um so spärlicher eni- geben. Das war auch bei einem soliden Schuhmacher der rall, welcher sich darüber gegen einen Kapitalisten , mit der Bemerkung ausspiach, daß ibm mit der geringen Summe von 25 fl. geholfen wäre, indem er alsdann wieverLebkr kaufen uno sein Geschäft fortberreibe» könnte, das sonst ganz darnieder läge. Der Ehrenmann zögerte keinen Au­genblick, dem überraschten, und dankbaren Schuhmacher das Geld mit der Bemerkung zu übergeben, er wolle es bei demselben nach uiw nach abverdienen lassen. Nehmt ein Erempel dran !