den hier angekommen, die so erschöpft waren, daß sie in der Vorstadt zuerst nur im langsamen Schritt, dann gar nicht mehr weiter konnten und mit viehischen Hieben vollends bis zum Absteigeort gequält werden mußten. Dasselbe habe ich neulich mit dem Eilwagcn erlebt. Welche Marteranstolt für die Pferde überhaupt die Eilwägen sind, bedarf keiner Nachweisung, aber die Quälerei, die rohe Postknechte noch ubertieß in besonderen, aber häufigen Fällen an ihren Pferden üben, bedarf ausdrücklicher Erwähnung. Ich wurde kürzlich von einem solchen Burschen geführt, der gleich nach der Abfahrt die Peitsche umdrehte und aus Leibeskraft ununterbrochen auf eine besonders empfindliche Stelle, den Hüftknochen, losschlug. Als ich zur Menschlichkeit mahnte, ersah er sich das Sprunggclenk zum Zielpunkt seiner Hiebe, erwiderte mein Fürbitte mit Grobheit und setzte die Schinderei so durch die ganze Station fort. Von anderen Fällen will ich nur den noch anführen , wie kürzlich auf der Landstraße bei Tübingen einem Bauern unter der Wucht seiner Hiebe, das zum Tot erschöpfte elende Roß zusammensank und wie er es trotz den Einreden empörter Zuschauer mit verdoppelten Hieben wieder aufnöthtgte. Wie sehr unserem Volke dir Rohheit und Grausamkeit gur anderen Natur geworden ist, siebt man schon an dem Tone, womit die Pferde behandelt werden. „Alte Schindmahr" ist der gewöhnliche Zuruf, noch ehe das Thier irgend Veranlassung zur Unzufriedenheit gegeben hat, ein paar Hiebe geben den Kommentar dazu. Ist es ausgespannt und schleicht todcsmüde zum Stall, so bekommt cs zum Nachtisch ohne allen Grund noch ein paar solcher Anreden mit den erforderlichen Hieben. Nirgends wie in Württemberg bcmerir man diese wilde, häßliche, hämisch rohe Manier. Unser Volk ist — wir können es uns nicht länger verbergen — ein böses und rohes Volk.
Es ist nicht meine Absicht, mehrerlei Formen der Tierquälerei hier nahmhafl zu machen. Nur einen Haupt-Unfug, das Kälbcrbetzen, will ich hier noch erwähnen. Diese Sitte ist überhaupt ebenso dumm als grausam. Das Thier, das eben von der Kuh gerissen ist, und gewöhnlich kaum gehen kann, wird durch einen ungehorsamen Hund statt vorwärts getrieben zu werden, völlig verwirrt und zur Ab- müdung, zu der Erschöpfung, die ihm häufig den Schaum aus dem Maule treibt, kommt daher ein verworrener, hetzender Lärm, der cs vollends in einen Zustand der Verzweiflung bringen, der alle seine Säfre in giftige Gährung s'hen muß. Dabei rechne ich noch 'nicht die Bisse des Hunds, die Schläge des Treibers. Es ist nicht anders möglich, als daß dieser zum Unmenschen wird. Die säst unerträgliche Geduldprobe, ein Tdier, das nicht gehen kann und doch soll, das völlig verwirrt und verscheucht kaum vorwärts zu bringen ist, S «tritt für Schritt weiter zu Hetzen, zerstört jedes G-nckl tks Mitleids in ihm, er muß zum Scheusal werden und ich bade gesehen, wie ein solcher Mensch cur Kalo mit einem Regen von Prügeln mitten durck die Stadt trieb. Ader nicht minder grausam ist das Knebeln, wenn man die Thicre zu Wagen trans- portirt. Es ist schon bei früherer Gelegenheit auf das einfache Mr:re! ansmerksam gemacht worden, das der Verein gegen Thicrqnalerei in München, der sich so kräftiger Unterstützung durch die Regierung erfreut, eingeführt hat.
Ich schreibe diese Zeilen mit der sicheren Aussicht aus- gelachk zu werten. Ich weiß wohl, daß man den, der sich für die Töiitk ve.kämpft, als Seefahrer Lang ver-
! spottet, ick weiß wobl, wie fühlende Herzen zu Haus einen I stinkenden fetten Schooßhund verwöhnen und verziehen, ^ mit vornehmem Lächeln auS der von ein paar runden Rap- § pen gezogenen Karosse vorüberkeuckende Jammcrgcschöpfe 1 lorgnetkircn unk den Mann, dem die Empörung über die l allgemeine Rohbeir gegen das Thür mit Gewalt den Mund i öffnet, als zu weichherzig verschreien. Lacht nur zu! Die Zeit wird kommen, wo diese Schinder, die ihr ungenirt ! gegen das Vieh wüthen laßt, an euch auch versuchen wer- « den, ob ihr Nerven habt. Schwere Fragen stehen am ! Himmel der Zeit; es stehen uns Bewegungen bevor, bei ! denen das Volk irgendwie jedenfalls betbeiligt seyn wird. Wohl uns, wenn die schweren Aufgaben in die Hand eines ^ zur Menschlichkeit erzogenen Volkes fallen: wehe uns, wenn ^ wir versäumt haben, es zur Menschlichkeit zu bilden, als eö noch Zeit war. Ihr werdet erfahre», wie der scharfe Hieb der Peitsche auf der wunden Haur schmeckt, das Messer wird in euren Eingeweide» wüblci, und ihr werdet merken, daß es Nerven gibt. Ihr werdet einseben, daß ihr mit dem feinen Sprüchlein: wären wir nur erst mit der Menschcnquälerei fertig, che wir gegen die Thierquälerei eisern, der menschlichen Bestialität Zeit gelassen habt, stattliche Mörder, Mordbrenner, Zungenausschneider, Au- genausstecker zu bilden. Das Todcsstöhnen der gehetzten, gepruschten, geprügelten, ausgehungerten, zerschundenen, zersetzten Kreatur, das eure Stumpfheit vor der sittlichen Weltordnung verklagte, wird in diesen Stunden wie ein Nacheschrei vor eurem geistigen Gehör ertönen. Ich rede kraß, nicht wahr? Ja kraß will ich reden, kraß wie die sckeuselige Qual ist, die mir auf jeder Straße begegnet, tie einen Wolf ,um Erbarmen rühren könnte und die ihr stumm mir anseht. Versuchen will ich, ob hie Rede noch eine Macht hat, ein menschliches Herz zu erschüttern. Freilich das verlorene Work des Einzelnen, des Alleinstehenden Hai keine Macht. Aber warum bietet nicht das Gesetz die zufammenwirkentc Macht aller Voikserzieher in Kirche und «Schule auf, um schon im Kinde den Samen des Erbarmens gegen unsere Mitgcschöpfe zu pflanzen und zu nähren? ES müßte von zwei Seilen zugleich gegen diese Verwilderung unseres Volks, gegen die wachsende Rohheit und Bosheit gearbeitet werden. Eine Wunde verlangt äußere und innere Behandlung zugleich. Die äu» ßer Behandlung wäre Gesetz, Verbot und Strafe, die innere wäre Erziehung der Gemüihcr zur Menschlichkeit. Daß diese das allein wirksame Mittel ist, leuchtet ein, aber jene soll ihr zu Hülfe kommen. Ueber beide scycn mir noch einige Worte gestattet. (Foits. folgt.)
Der arme Wt «siker nud fein Kollege
Ich habe, erzählt rn der Wiener Zeitschrift ein Menschenfreund, mich immer recht in die Seele hinein geärgert, wenn ich daö Wort hören muß: Man hört in unseren Tagen nichts Gutes mehr! Da sollte man doch wahrlich denken, unsere Zeit sey die aller schlcwieste ft-ft Adams Tagen, und die Menschen seyc» allesammt Lpitzbueen, Unmenschen und Hallunkcn. Ich fagtz Jedem ins Gesicht, es ist nicht wahr, unk wcnns auch Schufte genug gibt. Eine schlechte That wird überall erzählt, aber wenn mal eine gute geschieht, schweigt man davon. Die guten Menschen legen sich damit nicht an den Laden und lassen» nicht austrompeten, wie cs die Pharisäer machten.
Darum will ich auch nicht stille schweigen, wenn ich