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Amts- und Intelligenz
94.
für die Oberamtsbezirke
Nagold und Horb.
Freitag, den 2L. November
1848.
Oberamt Nagold.
Nachstehender Erlaß des Königlichen Ministeriums des Innern vom 20. v. Mts. wird hienut zurKcnntmß d^r Polizei-Behörden und des Publikums gebracht.
Nagold, den 16. Nov. 1848.
K. Oberamt. Wiebbekink. In den über die Revision der Zunft- Verfassung eingezogenen bezirksamtlichen Berichten, io wie in den von verschiedenen Mitgliedern des Gewerbestandes gemachten Eingaben ist unter den Ursachen der ungünstigen Lage der Gewerbe hauptsächlich auch der Hausir- Handel hervorgehoben worden.
In Beziehung auf diesen Handel belieben umfassende gesetzliche Bestimmungen, welche, richtig verstanden und genau angewendet, vorerst zum Schutze der aniaßigen Gewerbsleute imWesem- > licken auszureichen scheinen.
Nur die Vollziehungs - Vorschriften sind es, welche in einzelnen Beziehungen einer Abänderung oder Ergänzung bedürfen.
1) Rücksichtlich der den Zunftge- seye n unterworfenen Fabrikate und Maaren ist nach Art. 131 der Gewerbe-Ordnung von 1828 und der revidieren Gewerbe-Ordnung von 1836 der Hausirhandel, oder das Ferltragen auf den Straßen und in die Häuser Jedem, er sey Inländer ober Ausländer, zu jeder Zeit verboten.
E uer Ausnahme von diesem Verbote kann (Art. 134) von den Regierungsbehörden statt gegeben werden, es sollen aber dieselben nach der Instruktion vom24. Febr. 1831 (§. 6 Ziff. 4) bei Würdigung solcher Gesuche eine vorzügliche Strenge anwenden. Wenn diese Weisung vor 17 Jahren begründet war, so ist jezt, nachdem inzwischen die Zahl der Handels - und Gewerbsleute sich bedeutend vermehrt und über die Dörfer sich verbreitet hat, eine Beschränkung des Hausir-Handels auf das absolute Bedürfniß des Publi
kums geboten. Es sind daher bis auf Weiteres alle Gesuche um neue Patente zum Hausir-Handel mit zünftigen Maaren zurück zu weisen, es wäre denn, daß nach beigcbrachten amtlich bestätigten Beweisen in-einer bestimmten Gegend die Bedürfnisse des Publikums an gewissen Fabrikaten durch die ansäßigen Gewerbsleute nicht befriedigt werden sollten, in welchem Falle sodann die Er- laubniß, jedoch ausschließlich nur für diese Gegend, nicht zu erschweren ist.
Bon demselben Grundsätze ist auszu- gehen, wenn zum Aufsuchen von Arbeits-Bestellung ober zum hausirweisen Betrieb zünftiger Arbeiten Patente nachgesucht werben.
2) Nücksichtlich der dem Zunftzwange nicht unterworfenen Waaren und Fabrikate besteht ein Hau- sir-Lerbvt, wie es zu Gunsten der Zünftigen gegeben ist, nicht, und es ist daher dem Ermessen der Behörden bei Würdigung von Gesuchen um Hausir- Erlaudniß ein weiterer Spielraum gestaltet.
Eme größere Willfährigkeit in Cr- theilung der Berechtigung kann namentlich bet solchen Arbeiten und Artikeln statt finden, in welchen die seßhaft betriebenen Gewerbe dem Bedürfe des Publikums im Allgemeinen keine, oder in einzelnen Orlen und Bezirken gleichfalls keine, oder nur eine mangelhafte und unbequeme Befriedigung verschaffen.
3) Hinsichtlich des Hausir-Handels mit Giften, einfachen und zusammenge- sezten Arzneimitteln, mit medicinischen Geheimmitteln, mit Linnengarn, mit Spezereiwaaren, Druckschriften, getragenen Kleidern, altem Eisen u. s. w. wird auf §. 6 Ziff. 4 Buchstabe s — e der Instruktion vom 24. Febr. 1831 verwiesen.
4) Erscheint die Crtheilung einer Hau- sir-Erlaubniß in gewerblicher und polizeilicher Beziehung zuläßig, so darf sie gleichwohl nur erwachsenen Personen von gutem Prädikat, welche ihren Unterhalt auf anderem Wege zu er
werben nicht im Stande sind, gewährt werden.
Jüngere arbeitsfähige Personen unter 30 Jahren sind ohne die dringendsten Gründe nicht zuzulassen.
Einem im oder nach dem Jahr 1814 geborenen inländischen Israeliten, welchem die Erlernung eines ordentlichen Gewerbs möglich gewesen wäre, kann die Ermächtigung zu einem herumzie- hcnden Gewerbe von der Kreisregierung oder dem Bezirksamte nicht er- theilt werden. (Ministerial-Verfügung vom 14. Juni 1828 §. 34).
Wegen der Zigeuner wird auf die dießfälllgen besonderen Bestimmungen, insbesondere auf die Mmisterial-Verfügung vom 3. Nov. 1828 (Erg.-Bb. zum Reg.-Bl. S. 209) verwiesen.
5) Betreffend die Erneuerung von früher ausgestellten Paiemen, so kann rücksichtlich derjenigen Inländer, welche bereits ihren Nahrungsstand auf ein Wandergewerbe gegründet haben, von Verweigerung der Erneuerung keine Rede fiyn, es wäre denn, daß dem Berechtigten in der Zwischenzeit eine andere Nahrungsquelle sich eröffnet, oder daß er sich ein schlechtes Prädikat zu- gezogcn hätte. (Zu vergl. Instr. zu Vollziehung der revidirten Gewerbe- Ordnung, Z. 116, Neg.-Bl. von 1837 S. 527.)
6) Ohne besondere Erlaubniß der die Hausir-Berechtigung erlbellenden Regierungsbehörde darf kein Hausirer zur Ausübung seines Gewerbs sich eines Fubrwerks bedienen.
Bei Würdigung solcher Gesuche ist nicht allein auf die Persönlichkeit des Hausirers, sondern auch und zwar hauptsächlich darauf zu sehen, ob nach der Natur des Gewerbs, wie z. B. beim Handel mit steinernem Geschirr, der Gebrauch eines nur Pferden rc. bespannten Wagens erfordert wird.
Fuhrwerke, welche zu andern Zwecken dienen, z. B. zu Wohnungen, sind unbedingt auszuschließen.