München, den 16. Januar. Gestern, wahrschein­lich Morgens zwischen 5 und 6 Uhr, während des Frü- gottesdrenstes, oder kur; vor Beginn desselben, wurden vom Altar der Michaelskirche Hieselbst die hölzernen, ver­silberten Leuchter sammt den Kerzen gestohlen. Der Dieb wird die Leuchter wahrscheinlich für silberne gehalten haben.

Vor einigen Wochen erhielt Herr v. Rothschild in Paris einen Drohbrief, worin er im Namen von vier un­glücklichen, durch Eisenbahnspekulationen zu Grunde ge­richteten Freunden höflichst ersucht wurde, 16,000 Frcs. in Bankbillets und Goldstücken in einer naher bezeichnercn Abendstunde unter einem Kandelaber auf dem Börsen

ihm das verlangte Glas zwar brachte, aber mißtrauisch des Geldes harrend, bei ihm stehen blieb. Er schien in­dessen die Demonstrationen der guten Frau, die ihre hohle Rechte hinhielt, nicht verstehen zu wollen, sondern unter­hielt sich mit einem Bekannten, den er dort anrraf, in trunkener Sprache über die Schädlichkeit der Opposition, über die Mißbräuche der Presse rc. Die Wirthin schien jedoch von der Unterhaltung nicht sehr erbaut, denn un­willig mahnte sie an Bezahlung und verwies ihn an die Tafel neben der Wand, auf der gedruckt zu lesen stand: Man bittet sogleich zu bezahlen. Mühsam erhob der Gepeinigte das sorgenschwere Haupt, las mit klopfendem

platze nieder zu legen, widrigenfalls sein Tod unvermeid- ' Herzen die inhaltsschwere Inschrift und wandte sich tief- lich beschlossen sey. Ungeachtet die Bittsteller ihm ihren seufzend an seinen Bekannten mit den Worten: Nun, da reichsten Segen versprachen, ging Herr v. Rothschild doch sehen Sie's selber, das sind die traurigen Folgen der nickt darauf ein, sondern stellte den Brief einem Polizei- Preßfreiheit.

Kommissär zu, dessen Nachforschungen jedoch ohne Erfolg! Posen, den 12. Januar. Am 9. Januar hat ein blieben. Wenige Tage darauf ging dem General - Dirck- abscheulicher Mordanfall in unserer Nähe bei dem tor einer der namhaftesten öffentlichen Administrationen ein ! an einem großen See gelegenen Städtchen Rogasen statt- Schreiben von derselben Hand zu, mit der gleichen Bitte' gehabt. In der Schenke von Studziniee, ganz nahe bei um 16,000 Frcs. unter Androhung des Todes. Fast' der Stadt, traf ein Gendarm einen fremden, ungewöhn-

gleickzeitig, oder nur ein paar Tage später, traf ein zwei-i lich großen und starken Mann, dessen Aeußeres ihm Wer­

ter Brief bei Herrn v. Rothschild ein. Wir wollen gern ! dacht einflößte, weßhalb er ihn aufforderte, sich zu legiti- glauben, schrieb man ihm, daß unser erster Brief Ihnen s miren. Der Unbekannte reichte ihm die verlangte Papiere nicht zugekommcn ist; dcßhalb haben wir angestanden, un-! hin, die jedoch der Gendarm, nachdem erste durchgelesen, sere Drohung auszuführen; aber bedenken Sie wohl, daß ^ für ungenügend erklärte. Kaum hatte letzterer dieß aus-

wir zur Verzweiflung gebracht sind und unser Leben, wie i gesprochen, als jener ein Doppelterzerol auf ihn anlegte

das Ihrige, an einem Faden hängt. Dießmal verlangte ^md ihn gerade vor den Kopf schoß, so daß er zusammen- man übrigens noch 1000 Frcs. mehr. Der bezeichnet ^ stürzte. Alle Anwesenden wurden vom Schreck gelähmt, Ort war wieder ein Kandelaber auf dem Börsenplätze, nur ein Bauer sprang auf den Böscwicht zu, um ihn Kommen Sie selbst, oder schicken Sie eine sichere Person,. zu ergreifen, doch schnell feuerte er auf diesen den zwei- Jhre Weigerung würde Ihr Todesurtheil seyn, schloß der ^ ten Schuß ab, wodurch es chm gelang, sich frei zu machen Brief, der abermals dem Polizeikommissär zugestellt wurde.! und die Eisfläche deS nahen großen Sees zu gewinnen, Dießmal war die Polizei glücklicher. Zur festgesetzten > an dessen jenseitigem Ufer ein kleines Wäldchen liegt, Stunde erschien ein Mensch an dem Kandelaber, khat als; dem er rasch zueilte. Inzwischen wurde er von allen in ob er bei dem Gaslicht etwas lesen wolle, bückte sich, um ! der Schenke anwesenden Personen, denen sich noch viele den dort hingelegten Geldsack aufzuheben, machte sich da- ^ Individuen aus der Stadt selbst zugcsellten, verfolgt und mit eiligst fort, ward aber sogleich festgenommen. Der da der See eine große Ausdehnung hat, noch früher ein-

Verhaftete, ein Student von der Universität Lüttich, stellte alle Theilnahme an den Drohbriefen in Abrede. Er wollte von zwei Unbekannten gegen eine Gratifikation von 20 Frcs. zur Abholung des Geldes überredet worden seyn. Man

geholt, als es ihm gelinge» wollte, das Wäldchen zu erreichen. Als der Mörder an seiner Rettung verzweifelte, blieb er plötzlich stehen, entledigte sich seiner Oberkleider und kniete auf dem Eise nieder. In der rechten Hand

fand aber in seiner Wohnung verschiedene Papiere mit hielt er ein zweites Terzerol und in der linken zwei lange

derselben Handschrift wie in den Briefen und daneben auch einen Dolch, eine Pistole und ein Paket Arsenik. Er konnte nickt mehr läugnen und gestand, daß er aus Noth und Verzweiflung gehandelt, daß er aber nie seine Dro­hung ausgefnhrt haben würde. Mitschuldige habe er nicht. Er ist etwa dreißig Jahre alt, und der Sohn eines vor einigen Jahren verstorbenen Pariser Druckers, den Cocke- rill an die Spitze einer seiner großen Unternehmungen in Lüttich gestellt hatte. Die Noth, in die er und seine Mut­ter durch dessen Tod verseht wurden, scheint seinen Ver­stand verwirrt zu haben. Der Prozeß wird nächstens zur Verhandlung kommen.

Alles hat seine gute und seine schlimme Seite, so auch die Preßfreiheit. Ein früher sehr geachteter Mann, von Geist und Talent, war durch das Laster der Trun-

blihende Dolche, womit er Jeden, der sich ihm nähern würde, ohne weiteres zu erschießen oder zu erstechen drohte; es gelang ihm auch wirklich, die Menge dadurch in einer gewissen Entfernung von sich abzuhalcen. Jetzt rief er laut in polnischer Sprache aus, daß man ihm vergönnen möge, ;u beten, und daß er sich dann selbst den Tod geben wolle. Aber während er noch mit lauter Stimme betete, wurde er von einem auf ihn gehetzten Hunde an der Schulter gepackt und niedergerisscn, und alsbald sprang ein schon bejährtcr Bürger, der mit einem Säbel bewaffnet war, auf ihn und lähmte seinen reckten Arm durch einen kräftigen Hieb. Glücklicherweise versagte das Terzerol, welches der Bösewickt auf den alten Mann abdrückre. Alsbald erhielt er auch einen zweiten Schlag mit einem starken Knüttel über den linke» Arm, wodurch auck die-

kenheit ganz heruntergekommen. Im seligen Taumel ^ ser entwaffnet wurde, und jetzt gelang es den hcrzugesprun- schwankre er jeden Tag von einem Wirthshaus in's andere, § genen Personen, sich des Verbrechers zu bemäcktigen, unS obgleich er zuletzt keinen Groschen mehr besaß. So trat l ihn geknebelt in die Stadt zu führen. Er ist ein Pole, er auch eines Morgens in ein Bierhaus, wo die Wirthin ! und nennt sich Anton v, Baby ns kl, Deutsch versteht