Sdiwarrwald-lleimLt
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Oie Briefschretberin
Ost wenn sich der Abend neigt, stehe ich hinter meiner Gardine und schaue hinüber zu >enem Fenster. das mich in letzter Zeit oft angezogen hat. Aus vier Fenstern besteht drüben die Wohnung. Bestimmt an beiden Fenstern, wo die Blumentöpfe davor stehen, ist das Schlafzimmer was allein schon der Vorhang verrät, der am Abend früh zu- öezogen wird. Dann schlafen dort drüben die b-I- den kleinen Rangen in ihren bunten Schlafanzügen vnd erleben noch einmal den Tag, der zu Ende geht, im Traum. , ^
Für die junge Mutter ist dann der Tag noch lange nicht beendet. Sie hat sich in der Küche leise das Radio angestellt und zwischen Taffe und Tel- lern im Abwaschttsch bewegen sich ihre Hände oder sie steht am Plättbrett. Wenn sie das auch nicht tut, höre ich ihre Nähmaschine oft bis zu mir her- über summen.
Mit dem Scheiden des TageS wird eS in unserem Haus ganz still. Aus den Bäumen im Hof dringt der frische Geruch bis in die Zimmer. An der Mauer, wo der wilde Wein bald den Giebel erreicht hat, hört man hin und wieder einen Vogel singen. In den Zimmern selbst ist eS schon ziemlich dunkel, nur an den Fenstern ist noch Licht.
Um'diese Zeit beobachte ich »st die Frau mir
Aenüber.
Ihre Küche ist aafgeräumt, alles blitzt von Sauberkeit. Was sie nun beginnt, tut sie, wenn man sie genau beobachtet, mit einer besonderen Art.
( Dicht an das Fenster rückt sie den kleinen Tisch.
. Legt vorsichtig den Briefblock zurecht und taucht (behutsam den Federhalter in das Tintenfaß. So .sitzt sie dann schreibend, bis es so dunkel geworden, 'saß sie selbst am Fenster nichts mehr erkennen . kann. Dann schreibt sie noch den Umschlag, faltet' langsam den Bogen. Jede Bewegung an ihr ist Anmut und zeigt Wärme des Herzens. Wie be- (stimmt jedes Wort in diesen Briefen von Liebe und Wärme spricht, die Glück bringen, Glück, das einen Soldaten so in Feldpostbriefen erreicht.
( Wenn ich ein Maler wäre, ich würde die Frau malen, wie sie schreibend an ihrem Fenster sitzt. Dann würde alles an Glanz und Glück m ihren l Augen stehen, was sie in die Briefe schreibt an den ^geliebten Mann. Sehr viel, alles und am Ende doch .nur ein einziges Wort, dessen Inhalt ihr ganzes 'Leben ist — Liebe.
Schützt tzle Ernte vor Bran-gefahrk
Von jeher entfallen zwei Drittel aller Brände auf das Land. Der Großteil davon entsteht zur Erntezeit. Sträflicher Leichtsinn, gedankenlose Fahrlässigkeit oder gewissenlose Nichtbeachtung der gesetzlichen Bestimmungen sind in 60 v. H. aller Fälle die Hauptursachen von Bränden. Mit anderen Worten: 6 0 v. H. aller Erntebrände sind bei richtigem menschlichen Verhalten vermeidbar. Raucht deshalb nicht in Scheunen oder in der Nähe von Erntevorräten; gebraucht kein offenes Licht oder Feuer, sondern nur vorschriftsmäßige Laternen t Haltet die Schutzabstände zwischen Schobern und Lokomobilen, Antriebsmotoren, Eisenbahnen, Straßen, Wegen und Gebäuden unbedingt eink Achtet auf Funkenflug aus Schornsteinen, Rauchrohren und Antriebsmaschinen l Setzt Trecker in Scheunen oder Räumen mit feuergefährlichem Inhalt nicht in Betrieb, auch nicht beim Hineinoder Herausfahrenl Haltet Sand und Schaufeln stets bereit, da Brände von Leichtdieselkraftstoff u»d Sondertraktorenkraftstoff wie Benzinbrände nicht mit Wasser zu löschen sind! Haltet Zünd-^ Hölzer in sicherer Verwahrung, damit' Eure Kinder nicht zu Brandstiftern werdeni
Denkt daran! Wer sich durch Fahrlässigkeit am deutschen Ernteaut versündiat. bim dem Feind!
Die Reichsarbeitsgemeinschaft Schadenver
hütung, Kreisdienststelle Calw richtet an die gesamte Landbevölkerung deZ Kreises den dringenden Appell, besonders jetzt im Kriege im Interesse der Sicherstellung unserer E'r Nahrung alle Maßnahmen gewtffenhaft zu beachten, die zum Schutze unserer Ernte gegen Brandgefahr erforderlich lind.
Sportvorschau der Hitlerjugend
Die nächste große sportliche Veranstaltung der HI. ist der im Bann Schwarzwald am 22. August stattfindende Reichsschwimm» tag, der in den Orten durchgeführt wird, die ein Freibad besitzen. Es nehmen daran alle Einheiten teil.
Im Nagolde'r Stadion werden am Ä. August die Leichtathleten der Banne Freudenstadt, Mühlacker und Schwarzwald ihre Kräfte in einem Vergleichskampf messen.
Anläßlich des Tages der Wehrertüchtigung wird am 5. September ebenfalls in Nagold die beste Mannschaft im Wehrsportfünfkampf ermittelt. Jeder Stamm liest bis zu diesem Zeitpunkt seine beste Mannschaft aus, so daß 7 Mannschaften am Start sein werden.
Erstmalig in diesem Jahr wird der Reichssportwettkampf in Form der Herbstlei- stungsprüfung am 18. und 19. Sept. wiederholt. Hierbei erhalten die Jungen und Mädel, welche ihre Punktzahl, mit der sie beim RSWK. eine Siegernadel errangen, erhöhen konnten, die silberne Siegernadel. -
Ragolder Stadtvachrichten
Heute vollenden zwei stadtbekannte Einwohnerinnen ihr 83. Lebeusjahr: Frau Marie Benz, Oberlehrers-Witwe, Freudenstädker- straße 19, und Frau Marie Probst geb. Raas, Calwerstratze 13.
Nehmt euch der Evakuierten herzlich anl
An das Landvolk wird jetzt ein Appell gerichtet, in dem es heißt: Niemand verkennt, welche neue erhebliche Belastung die Betreuung der Volksgenossen aus den Luftnotgebteten für die Landbevölkerung darstellt, deren Kräfte ohnehin bis zum Aeußersten in Anspruch genommen sind und die gerade jetzt in der schwersten Arbeitszeit des Jahres stehen. Umgekehrt aber braucht wohl auch niemanden weniger als dem schollenverbundenen deutschen Landvolk durch viele Worte erst klargemacht zu werden, welches unvorstellbare Opfer diejenigen gebracht haben, die zum Teil ihre gesamte Wohnung, ihre Häuser, ihr ganzes Hab und Gut und bisweilen so manchen ihrer Angehörigen verloren haben, oder die doch mindestens ihr Heim verlassen mußten, ohne zu wissen, wann und wie sie es wieder sehen.
Es ist Sache des Landvolkes, diese Menschen so gut, wie es irgend möglich ist, über ihr Opfer hinwegzubringen, ihnen zu zeigen, daß sie nicht heimatlos- geworden sind, sondern daß für sie das ganze großdeutsche Vaterland wirkliche Heimat ist, wohin immer sie zunächst verschlagen werden. Diese Herzlichkeit kann den Luftkrieg-Verschickten gleichzeitig auch beweisen, daß er nicht Teilnahmslosigkeit, Mißgunst oder Eigensucht, sondern die dem Landvolk auferlegte Verantwortung für die Volks- ernähtung ist, wenn den Gästen an Lebensmitteln aus den Erträgen des Hofes nicht mehr zugestellt werden darf, als in den für sie bestimmten Rationen festgelegt ist. Von der strengen Einhaltung der Rationen hängt die gesicherte Ernährung des deutschen Volkes ab.
Dienstverpflichtet
Bums ... schll <lers zu mW quiet
. die Küchentüre bei Mül- -^_,chte dabei Zweimal jämmerlich. „Oelen könnte man mich auch einmal", 'brummt sie mit heiserer Stimme, „ich'bin in 'sämtlichen Angeln verrostet, daß Gott erbarm, selber was sind wir Alten denn beute schon wert? Die Mina kommt ja oft nicht einmal mehr dazu, mir mein wöchentliches Bad zu ' verabreichen!"
„Seien Sie bitte etwas leiser, Kollegin, die Spülschüssel hat heute einen harten Tag sbinter sich uns schläft bereits", bat mit geduö diger Stimme das kleine Türchen unter dem -'Spültisch.
„Ich kann nicht umhin", sagte plötzlich jemand, „mich der, Meinung unserer Kollegin c ichentüre mit vollster Ueberzeugung anzu« schließen..."
„Inwiefern denn, Herr Besen, Sie haben (doch keine verrosteten Angeln!", unterbrach ihn mit schnarrender Stimme die Kaffeemühle, „da könnte schon eher i ch ein kleines Liedchen singen, nicht wahr?"
„Bleiben Sie bei Ihrem Leisten, Kollegin ^Kaffeemühle, Sie haben scheinbar dem geisti- gen Faden unseres Gespräches nicht mehr sol- neu können, sonst würden Sie keine so unpassenden «Zwischenbemerkungen fallen lassen. Ich schließe mich der Meinung unserer Kollegin Küchentüre an, und zwar insofern (der Besen erhob die Stimme um mindestens 3ZL Tonstufen), daß die Ehrfurcht vor dem Alter sehr im Argen liegt und wir schrecklichen Zeiten entgegensetzen ..."
„Jetzt w.ieso?", schrie der Wasserhahn, der unaufhörlich Tropfen um Tropfen fallen ließ. „Was wollt Ihr Euch beklagen? Sie Herr Besen werden höchstens 2 Stunden im Tage bemüht — im übrigen stehen Sie in Ihrer Ecke und lassen den Herrgott einen guten Mann sei». Schauen Sie mich an! Mich quält man
tropfe ... tropse ... tropfe ... das ist ein Leben! In 2 bis 8 Jahren habe ich vor lauter Abnützung meine ganze kraftstrotzende Schönheit verloren."
Bei diesen Worten versuchte der Wasserhahn, durch eine Keine Linkswendung das Tropfen zum Stillstand zu bringen, was ihm jedoch nicht gelang.
„Nein, also dem Besen gebe ich recht. Vollkommen recht. Die Ehrfurcht vor dem Alter ist überhaupt nicht mehr da — schauen Sie mich an! Ich hatte 12 ZL Jahre lang als Kutterschaufel treueste Dienste getan, bis ich an allen Ecken verbeult war und meinem Lebenskameraden Kehrwisch die Hälfte seiner Haare ausgegangen waren. Dann setzte man uns aufS Altenteil. 6 Jahre lang genoß ich dies« wahrhaft Paradiesische Ruhe in einem Wandkasten (nicht wahr, meine liebe Frau Kehrwisch?), da plötzlich vor einigen Tagen erschreckten wir dürch ein fürchterliches Poltern, eine Hand fuhr herein und riß uns aus unseren schönsten Lebensabendträumen — wir standen überdies kurz vor der Silbernen Hochzeit —".
„Dann geht es Dir wie mir", fing nun wie- der der lange, schwarze Besen zu brummen an, „ich möchte nur wissen, was in die Menschheit hineingefahren ist, daß sie uns wieder aus unseren verstaubten Ecken holt..."
„Dienst am Volke, mein Lieber — es ist ?? scheint Ihnen in Ihrem Lebens- entgangen zu sein. Wenn pensio- sich freiwillig zur Arbeit melden und sich die Fabriken mit Werktätigen Frauen fullen und überhaupt das ganze deutsche Volk auf den Beinen i t, um seine Grenzen m schützen, dann wird es ;a auch Ihnen, Herr Besen, nichts schaden, wenn Sie täglich mit der Mrna durch die Stuben fegen."
Also sprach ein Staubsauger, der zufrieden auf seinem langen Rohr in der Ecke lehnte
„Sie nrit Ihrem prall gefüllten Bauch brauchen noch große Töne zu spucken! Erst vor eint- gen Jahren haben Sie uns tr^us Gehilfen der
Ingenieure für Lufifahrtrüstuug
Wie der Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz bekanntgibt, bildet die Ingenieurschule für Luftfahrttechnik geeignete Facharbeiter, die ihre Gesellenprüfung in einem technischen Handwerk abgelegt haben, in sechs bis sieben Semestern zu Ingenieuren für Luftfahrtrüstung, Entwicklung und Forschung aus. Angesichts des vordringlichen Bedarfs an solchen Ingenieuren ist die Schule beauftragt worden, kriegsversehrte Soldaten, die nach ihrer Berufsausbildung geeignet erscheinen, in möglichst kurzer Zeit zu solchen Ingenieuren heranzubilden. Die näheren Einzelheiten sind bei den Arbeitsämtern zu erfahren.
Ä)lr sehen im Film:
„Anschlag auf Baku" im Tonfilmtheater Nagold
Der Ufafilm „Anschlag auf Baku" ist ein ausgesprochener Abenteurerfilm mit einem Macht- und wirtschaftspolitischen Hintergrund. Er spielt in der, Zeit, da das zaristische Rußland zusammengebrochen war und zum Ausgang des ersten Weltkrieges um das reiche Ostgebiet am Fuße des Kaukasus ein Jntev- essenkampf begann. Dieser zeitgeschichtliche Hintergrund gibt dem Film Beziehungen zur. Jetztzelt, da wieder in jenem Oelgebiet gekämpft wird und wieder es die Engländer sind, die ihre Hände- nach jenen Quellen ausstrecken. Ansonsten aber geht es sehr hoch her m diesem Film-, der eine reiche Skala an „aufregenden" Momenten enthält von dem Liebes- idhll bis zum Mordanschlag mit Gift und Bomben; Gefechte, Ueberfälle, Sprengungen und Brände halten die Spannung wach. Die Wirklichkeit sieht etwas anders aus, aber die britischen" Methoden sind doch richtig charakterisiert. In den Hauptrollen sind Willi Fritsch, Rens Deltgen, Aribert Wäscher, Erich Ponto, Paul Bildt und Lotte Koch zu sehen. ^
Lalwer Bieh-u. Schweinemarkt
Dem am Mittwoch, 11. August in Calw abgehaltenen Vieh- und Schweinemarkt waren insgesamt 10 Stück Rindvieh zugeführt. Darunter befanden sich 1 Stier, 5 Kühe, 3 Kalbin- nen nnd 1 Stück Jungvieh. Bezahlt wurden für Kühe 850—900 RM., für Kalbinnen 805 bis 850 NM.
Auf dem Schweinemarkt waren 92 Stück Mlchschweine zugeführt, die zu dem festgesetzten Höchstpreis verkauf t wurden.
Hausfrau langsam mit Jbrer modernen Technik in die Ecke gedrückt und jetzt, da Sie scheinbar des Arbeitens müde sind und Ihr Schäf- lein im Trockenen haben, haben Sie — jedenfalls mit Schlauheit und Tücke — solange intrigiert und sich womöglich krank gestellt, bis man mich, den Besen, und die zerbeulte Schaufel wieder aus den Schränken geholt hat. Das nenne ich Kameradschaft — alle Wetter!"
„Mein lieber Kollege", ergriff der Staubsauger wieder das Wort, „die Zeiten sind hart. Der Krieg bringt viel Leid und das einzige, was das Leben noch lebenswert macht, ist die Einigkeit untereinander. Ich möchte daher nicht versäumen, Ihnen reinen Wein einzuschenken. Haben Sie die Zeitung von gestern schon gelesen?"
„Ich bitte Sie, was hat die Zeitung mit meinem Schicksal zu tun? Das ist dock ein Einzelschicksal", sprach der Besen.
„Eben nicht! Das ist der springende Punkt", erwiderte ihm der Staubsauger, „ich empfehle Ihnen daher, gleich dort neben Ihnen unter den Vorhang zu greifen und die Zeitung herauszusuchen. Sie werden daraus ersehen, daß alle Hausfrauen Gas und Strom sparen müssen. Unter allen Umständen. Gas und Strom erfordern Kohle. — Kohle braucht das deutsche Volk aber zu weit wichtigeren Zivek- ken. Da heißt es für uns moderne Geräte also: zurückstehen! Nicht wahr, liebe Frau Bügeleisen?"
„Nicht zu unserem Nachteil, lieber Kollege Staubsauger — ich wenigstens bin sehr zufrie- (den, wenn man mich nrcht mehr allzuoft benützt", lachte fröhlich bas nickelglänzende Bügeleisen und legte sich langsam wieder auf die Seite.
„Mit dem gleichen Recht könnten wir ja auch gekränkt sein und sagen, daß man uns vorzeitig auf das alte Eisen wirft. Wir alle ha- ben auch einmal bessere Tage gesehen und fügen uns nun in das Unvermeidliche", rief «ine niedliche, angestaubte Stehlampe hoch von einem Kasten herunter.
„Also, nun Hörem Sie ja allenthalben, Herr Besen, wie die Aktien stehen. Es dürfte für Sie also eine Ehre sein, dem deutschen Reicke auf diese Weise täglich behilflich zu sein."
„WaS nützt schon das halbe Kilowatt oder der winzige Kubikmeter, den ich im Schweiße meines Angesichts erspare", wendete unerbitt. lich der Besen wieder ein.
„Viele Wenig geben ein Viel. Rechnen Sie sich das einmal bei allen deutschen Haushaltungen auS! Und nun, gute Nacht und morgen frisch an die Arbeit, Herr Kollege — es ist doch eine Eh re für Sie, überhaupt noch dienstverpflichtet zu werden, nicht wahr? Schließlich ist es doch ein Beweis Ihrer Tüchtigkeit!"
Der Staubsauger seufzte nach dieser ungewöhnlichen langen Konversation und schlief bald in tiefen Zügen.
Mit einem unverständlichen Brummen machte der Besen hier eine kleine Kehrtwendung nach links — sei's, weil er seine Rübe haben wollte oder sich ein Kein wenig schämte? Das hat sich nie aufgeklärt. Aber sonderbarerweise quietschte auch die Kutterschaufel in diesem Btoment und legte sich mit ihrem struppigen Besen schamhaft auf die andere Seite...
M. Bertbold.
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(26. Fortsetzung!
Mutter 'Säbln nkckte vor sich hin: „Das weiß
Ich als gewiß. Herr Dieterich-nur-wie
mag mein Jörg nach Potsdam gekommen sein?"
„Nicht freiwillig."
„Ja, ja, ich Hab es nicht vergessen, nur — wie es Zusammenhängen mag?"
„O, das könnte ich schildern, als wäre ich dabek gewesen."
Fragend sah die alte Frau den Domänenpäch- ter an.
„Die Werber des Königs haben Ihn ausgespäht. Cr ist ein schöner, stattlicher Mensch, und in Potsdam können sie von dieser Menfchensorte gar nicht genug bekommen. Leider gibt es nicht viele wie Jörg. Es wird ein jeder verstehen, wie sehr man da hinterher ist. Man wird den Jörg belauert haben. Und gls er die Blumen für die Tante besorgen wollte, hat man ihn überfallen und fort- geschleppt. Das mag zuerst wie ein Unglück aus- sehen, aber ich erblicke in diesem Watten Gottes Hand. Der häßliche Verdacht, den man auf Jörg geworfen, wäre ihm hier zum Verhängnis geworden. Sein Aufenthalt in Potsdam aber wird ihm zum Segen gereichen."
,Za, ja, Herr Dieterich", ries die alte Frau eifrig, „das ist wahrt Das steht ja auch in den beiden Briefen. Mein Jörg soll ruhig dort bleiben. Bei Hug ist das Unglück ja auch zum Guten ausgeschlagen."
„So ist es recht, Mutter Sabtn. Der Jörg ist in Potsdam gut aufgehoben."
„Wie dürste ich mich gegen die Hand Gottes auflehnen. Er hat es so gefügt. Ich habe nicht- weiter zu tun, als zu danken.
Agnes streckte der alten Frau die Rechte ent- aeaen.
^,Wie ich mich freue, Mutter Sabin. So froh ist Ihr liebes Gesicht, wie seit langem nicht."
„Mir ist auch so leicht. Eine große Sorge ist von meinem Herzen herunter. Nur eins tut mir so leid, daß ich nicht schreiben kann, wie mein Jörg."
„Ach, wenn weiter nichts ist", lachte Agnes,, „das würde ich gern übernehmen."
Die alte Frau bekam glänzende Augen.
„Genau wie ich'» sage, könnte es ausgeschrieben werden?"
„Genau so, Mutter Sabin."
Lügen haben kurze Beine
Während bet dem Domänenpächter Dieterich alle in froher Stimmung die Botschaft Jörgs vernahmen, lief der Kommissarkus von Sternemann wie ein gefangener Löwe in seinem Amtszimmer umher.^Er war ärgerlich wie selten. Seine funkelnden Augen suchten immer wieder dar Schreiben auf seinem Arbeitstisch.
Wie bissig die Herren in Berlin werden konnten! Als ob er nichts anderes zu tun hatte, als hinter dem Fischer und dem Torschreiber herzulaufen. Der Schauer — er sollte sich freuen — wenn er gelogen hatte! Er konnte schon hier sein, dieser Tropf, der ihm io viel Unqelegenheiten machte.
Der Kommissarius wurde immer wütender. Uno als endlich der Torschreiber vor ihm stand, fuhr er auf ihn los und brüllte ihn an:
„Wo zum Kuckuck treibt Er sich umher?" Sein mißtrauischer Blick flog über den Torschreiber hin. dann begann er zu schnüffeln und verzog angeekelt sein Gesicht.
„Er riecht wie eine Schnapsbuddelt Scham Er sich! Schon am Hellen Tage zu trinken. Nun brauche ich mich auch nicht zu wundern, wenn . Er a« Abend Gespenster sieht und Märchen erzählt, die andere Menschen in Ungelegenheiten bringen."
Der Torschreiber, der einen verwahrlosten Eindruck machte, begann zu zittern. Seine Augen flackerten in irrer Angst.
„Gespenster", lallte er. '
„Nun ja", erboste sich der Kommissarius, „hat Er mir nicht die Ohren vollgesäuselt von dem Jörg Sabin, der an dem Torhaus vorbeigeschli- chen sei? He, war es nicht so? Da wird Cr wohl auch zu tief in Seine Schnapsflasche geguckt haben und der Teufel Alkohol hat Ihm allerlei Bilder vorgegaukelt — rede Er endlich, und starre Er mich nicht so an. Kann Er das, was Er gesagt hat. aufrechterhalten?"
Dem Torschrsiber, brach der Angstschweiß aus allen Horen.
Ich muß mich betrunkener stellen, als ich bin, ging es ihm durch den Sinn, das ist im Augenblick meine einzige Rettung. So begann er in weinerlichem Ton zu greinen: „Was hat denn unsereins vom Leben. Immer einsam und glleln Der viele Aerger tagsüber, da kann es schon passieren, daß man am Abend Gesichter oer« . wechselt."
„Das ist unerhört!" schnaubte der Kommissarius. „So gibt Er jetzt zu, daß Er gelogen hat?"
„Nein, nein, ich lüge nicht, aber es ist nicht unmöglich, daß ich mich geirrt habe."
..Mein lieber. Freund, ich will Ihm einmal etwas sagen", entgegziete der Kommissarius grimmig. „Da auf dem Tisch liegen die Aussagen des alten Braumeisters Kaufmann, des Wirtes vom .Grünen Baum' und einer Reihe sehr ehrenwerter Beeskower Bürger, die einstimmig bekunden, daß Er den Jörg Säbin des Mordes verdächtigt Habe- Merke Er wohl auf, einstimmig. Er weiß doch, was das heißt? Warum hat Cr das getan. Tr muß doch einen Grund haben?".
Der Torschreiber sann angestrengt nach. Da hatte er sich >a eine wundervolle Schlinge gedreht. Dieser Braumeister, dieses alte Waschweib, quatschte irgend etwas vor, und die anderen plärrten es nach. Da — doch noch ein Lichtblick, hahaha, Schauer war nicht dumml
..Es ging an jenem Abend hoch her im.Grünen Baum', und geredet wurde noch viel mehr. Die Radtke lieferte den Gesprächsstoff. Es wurd» allerlei gemunkelt. Ich war es nicht, der den Ver» / dacht ausgesprochen, das hat ein anderer getan» Ich habe ihn nur aufgegriffen und weitergegebe», i Das ist mein ganzes Verbrechen."
Kortsetzuna kolat.tz /.